Marie Ellenrieder

 

Der schriftliche Nachlass

 

von

 

Edwin Fecker

 

 

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I. Einleitung

 

Der handschriftliche Nachlass der Konstanzer Malerin Marie Ellenrieder (1791-1863) umfasst mehrere Tagebücher, die zum Teil im Original und zum Teil in Abschrift erhalten sind, sowie eine größere Anzahl von Briefen, von denen bisher nur wenige veröffentlicht wurden.

 

Der erste Abdruck eines Briefes erschien noch zu Lebzeiten der Künstlerin 1862 in der Biographie des Kunstsammlers Sulpiz Boisserée,1 später hat Zingeler 1910 Teile einer Korrespondenz zwischen der Künstlerin und dem Fürsten Karl Anton von Hohenzollern publiziert.2 1925 hat Obser3 einen Brief der Künstlerin aus Rom an den Konstanzer Bistumsverweser Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg teilweise veröffentlicht und Hirsch hat 1928 Briefe zur Entstehungsgeschichte des Altarbildes in der St. Stephanskirche in Karlsruhe abgedruckt.4 Zuletzt hat Jorns zwei Briefe an August Kestner veröffentlicht.5

 

Von den Tagebüchern der Künstlerin ist bisher keines veröffentlicht worden, jedoch wurden immer wieder längere Passagen von verschiedenen Autoren zitiert. Besonders den Autoren des Kataloges der Ellenrieder-Ausstellung 2013 in Konstanz haben die Tagebücher gute Dienste geleistet.6

 

Hier soll der handschriftliche Nachlass möglichst vollständig wiedergegeben werden, sodass die Schriftstücke als zusammenhängendes Gebilde von Form und Inhalt Zeugnis geben von ihrer Zeit und gleichzeitig Schlüssel zu den verborgenen Charaktereigenschaften der Künstlerin sind.

 

Der erhaltene Briefwechsel wird in chronologischer Reihenfolge der Entstehungsdaten dargeboten. Die Briefe werden buchstabengetreu und unter Wahrung der originalen Interpunktion wiedergegeben, grundsätzlich erfolgt keine Normalisierung der Schreibungen. Der spontane Charakter der Texte soll, gemäß heutigen Grundsätzen einer Handschriftenedition erhalten bleiben. Dies gilt auch für die im Original erhaltenen Tagebücher. Ferner werden die Abkürzungen, soweit sie allgemein verständlich sind, beibehalten; sonst werden sie ohne weitere Kennzeichnung aufgelöst. Stillschweigend ausgeführt werden durch Überstreichung geforderte Geminationen. Dagegen ist der Text der nur noch in Abschrift erhaltenen Tagebücher der heutigen Schreibweise angepasst und enthält außerdem überwiegend nur jene Textteile, welche die Künstlerin im Zusammenhang mit ihrem künstlerischen Schaffen niedergeschrieben hat. Dieser Auszug wurde von Clara Siebert, der ersten Biographin Marie Ellenrieders,7 nach drei, heute verloren gegangenen Tagebüchern angefertigt.

 

Bei den originalen Texten bleiben Uneinheitlichkeiten der Schreibung, der Interpunktion, der Grammatik und bei Flexionsendungen erhalten. Vor allem werden Unregelmäßigkeiten bei Getrennt- und Zusammenschreibung oder Groß- und Kleinschreibung erhalten. Werden Eingriffe vorgenommen, so sind sie mit eckigen Klammen gekennzeichnet. Dies geschieht z. B. bei offensichtlichen Verschreibungen, wie bei der versehentlichen Verdopplung eines Wortes oder bei eindeutig wegen Flüchtigkeit oder Textverlust fehlenden Buchstaben oder Wörtern. Stillschweigend ergänzt werden fehlende Ä-Striche, I-Punkte, fehlende Trennungsstriche oder Punkte am Ende eines Satzes.

 

In der Leitzeile zu den Briefen werden die Bibliothek, das Archiv oder die Privatbesitzer genannt und teilweise verkürzt zusammen mit der Archivsignatur folgendermaßen wiedergegeben:

 

                        Staatsbibliothek zu Berlin = StB

                        Universitäts- und Landesbibliothek Bonn = ULB

                        Kunstsammlungen der Veste Coburg = KV Coburg

                        Staatsarchiv Coburg

                        Fürstlich Fürstenbergisches Archiv Donaueschingen = FFA

                        Fürstlich Fürstenbergische Sammlungen Donaueschingen = FFS

                        Stiftsbibliothek Benediktinerabtei Einsiedeln = SBE

                        E. Fecker Ettlingen

                        Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg Frankfurt a. M.

                        Erzbischöfliches Archiv Freiburg = EA Freiburg

                        Archiv der Freiherrn v. Gayling Freiburg

                        Universitätsbibliothek Heidelberg = Cod. Heid.

                        Badische Landesbibliothek Karlsruhe

                        Generallandesarchiv Karlsruhe = GLA

                        Stadt Köln, Historisches Archiv

                        Universität Köln

                        Stadtarchiv Konstanz

                        Rosgartenmuseum Konstanz = RM Konstanz

                        Thorvaldsens Museum Kopenhagen

                        Guido Staeb, Kuppenheim

                        Archiv der Grafen Douglas Langenstein

                        Universitätsbibliothek Leipzig = UB Leipzig

                        Deutsches Literaturarchiv Marbach am Necker = DLA

                        Bayerische Staatsbibliothek München = BSB

                        Monacensia. Literaturarchiv und Bibliothek München

                        Deutsches Kunstarchiv im Germanischen Nationalmuseum

                        Nürnberg = DKGNM

                        Bibliothèque nationale de France Paris = BNF

                        Staatsarchiv Sigmaringen = StA Sig

                        Goethe- und Schiller-Archiv Weimar = GSA

                        Österreichische Nationalbibliothek Wien = ÖNB Wien

                        Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel = HAB

                        Zentralbibliothek Zürich = ZB Zürich

 

Die Zeilenlage des Textes in den Handschriften wird in den Briefen nur beim Absendeort und Absendedatum, bei der Anrede sowie beim Briefschluss erhalten; in den Tagebüchern ist sie bei einer offensichtlichen Überschrift oder dem erkennbaren Ende eines Tagebucheintrages beibehalten.

 

Durch Anmerkungen werden dem Leser, soweit es möglich war, Hinweise zu den vorkommenden Personen und erwähnten Bildern gegeben. Die in den Anmerkungen zitierten Bildnummern beziehen sich auf das Werkverzeichnis in der Monographie Marie Ellenrieder, Leben und Werk der Konstanzer Malerin von Friedhelm Wilhelm Fischer und Sigrid von Blanckenhagen aus dem Jahre 1963. War keine eindeutige Identifizierung der beschriebenen Bilder möglich, so wurde versucht, zumindest auf eine Nummer des Werkverzeichnisses hinzuweisen, die mit dem Bild in Zusammenhang stehen könnte.

 

Öfters beziehen sich in den Briefen Bemerkungen auf Personen aus dem familiären Umfeld der Künstlerin. Sie war die jüngste von vier Geschwistern, von denen die ältere Schwester Maria Anna Ellenrieder (1788-1870), zunächst mit Johann Nepomuk Hutter (1780-1819) verheiratet war und nach dessen Freitod den Handelsmann Carl Ferdinand Martignoni (1782-1871) ehelichte. Bei mehreren Kindern aus den beiden Ehen war Marie Ellenrieder Taufpatin und der frühe Tod mancher dieser Kinder war für Künstlerin eine große seelische Belastung. Ein Blick auf die Stammtafel der Maria Anna Ellenrieder zeigt, dass sie während der Ehe mit Johann Nepomuk Hutter fünf Kinder geboren hat, von denen nur Anna Maria und Alexander das Erwachsenenalter erreicht haben. Alexander Hutter wurde Begründer des Berner Zweiges der Familie Hutter (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=5-774952). Er erlernte in Donaueschingen den Orgelbau und später in München die Glasmalerei. 1849 wurde er beauftragt, im Münster in Bern beim Restaurieren der Glasmalereien mitzuwirken.

 

Geradezu erschreckend war die Kindersterblichkeit in der zweiten Ehe der Maria Anna Ellenrieder mit Carl Ferdinand Martignoni. Im ersten Jahrzehnt dieser Ehe brachte sie zehn Kinder zur Welt, von denen nur vier das Erwachsenenalter erreichten. Erwachsen wurden u. a. Maria Anna Martignoni, die Künstlerin und Schülerin von Marie Ellenrieder war und Benedikt Martignoni, in dessen Nachkommenschaft der Konstanzer Hofbuchhändler und Verleger Ernst Ackermann einheiratete.

 

 

 

Der Aufbau der Briefe der Künstlerin ist weitgehend einheitlich strukturiert. Nach einem »Dank für einen erhaltenen Brief« und meist einer Entschuldigung für die zu späte Antwort, folgt eine Nachricht über das »gesundheitliche Befinden« und anschließend enthalten die Briefe meistens eine Textpassage »Was meine Kunst betrifft«, wo die Künstlerin über die in Arbeit befindlichen Gemälde und Zeichnungen oder über kürzlich fertig gestellte Werke berichtet. Damit gibt sie einen genauen Einblick in ihre künstlerische Tätigkeit und es wird daraus klar, dass das Werkverzeichnis von Fischer und Blanckenhagen aus dem Jahre 1963 noch zahlreiche Lücken aufweist. Die Briefe enden immer mit einem ausführlichen »Lebewohl«.

 

Die Adressaten der Briefe sind vorwiegend Carl Freiherr von Röder, in großer Zahl August Kestner, in beachtlicher Zahl der hohe und höchste Adel des Großherzogtums Baden und des Fürstentums Hohenzollern sowie befreundete Künstler. Überraschend wenige Briefe sind an ihren Förderer und Gönner Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg erhalten, was gemessen am registrierten Gesamtbestand seines handschriftlichen Nachlasses einigermaßen verwunderlich erscheint, zumal in der Korrespondenz zwischen ihm und seinem Bruder Johann Phillip, der von November 1810 bis Februar 1813 österreichischer Gesandter in München war, häufiger von der Künstlerin die Rede ist. Ferner sind die Briefe an ihre beiden Lehrer an der Münchner Akademie der Bildenden Künste Peter und Robert von Langer verloren gegangen. Sie befanden sich nach Angaben von Max Stern8 noch 1930 in der Münchner Staatsbibliothek im Nachlass Langer.

 

Die Korrespondenz mit August Kestner beginnt 1824 auf der ersten Italienreise der Künstlerin, wo sie ihm von ihren Studien in Florenz berichtet und endet 1838 mit der Ankündigung, dass ihre erneute Reise nach Italien unmittelbar bevorstehe. Während ihres zweiten Romaufenthaltes erführ sie wohl nicht die Aufmerksamkeit, welche Kestner ihr bei ihrem ersten Romaufenthalt zukommen ließ. Gründe dafür wären sicher mehrere zu finden. Jedenfalls kühlte die Freundschaft völlig ab, als August Kestner Ende September 1852 auf einen Besuch nach Konstanz kam, wo das Wiedersehen zu einer großen Enttäuschung wurde, worüber er in seinem Tagebuch schreibt »Sogleich zur Ellenrieder, deren Gesundheit und Freundschaft matt waren. Eine Viertel Stunde blieb ich bis sechs Uhr, wo sie zu Bett gehn mußte. Wir sprachen so, als wenn ich morgen wiederkommen möchte, falls ich später reisen sollte.« Er fuhr aber früh weiter und »mochte nicht die Ruinen meiner so teuren Freundschaft noch einmal sehen und ging fort, ohne sie zu sehen« (zitiert nach Marie Jorns, August Kestner und seine Zeit 1777-1853, Hannover 1964, S. 461).

 

Mit dem am 1. August 1789 in Offenburg geborenen Carl Christoph Freiherr von Röder, später Großherzoglich Badischer Kammerherr und Grundherrlicher Abgeordneter der 1. Kammer der Badischen Landstände, war Marie Ellenrieder nachweisbar seit Ende 1818 in Briefkontakt (Brief Röders vom 18. November 1818 im Rosgartenmuseum Konstanz). Damals wohnte Carl von Röder in Freiburg i. Br. und ging seiner künstlerischen Neigung dem Malen und Zeichnen nach; überliefert sind aus dieser Zeit Architekturzeichnungen des ehemaligen Klosters Tennenbach und ein Gemälde des Freiburger Münsters. Persönlich kennen gelernt haben sich die beiden 1820 in München. Zu dieser Zeit hielt sich die Künstlerin dort auf, um mit Unterstützung ihrer früheren Lehrer Johann Peter und Robert von Langer an den Entwürfen der Altarbilder für die Kirche in Ichenheim zu arbeiten. Carl von Röder, der in dem nur wenige Kilometer von Ichenheim entfernten Diersburg Grundherr war, ließ sich damals in München privat im Zeichnen und Malen von Landschaft und Architektur fortbilden. Belegt ist ferner, dass die Künstlerin 1821 in München ein Portrait von ihm fertigte, welches sich heute im Besitz des Rosgartenmuseums in Konstanz befindet. Der erste erhaltene Brief der Künstlerin an Carl Freiherr von Röder stammt vom 17. September 1825, wo sie sich für einen Kranz Alpenrosen bedankt, den er ihr zusammen mit einem Gedicht am 30. August 1825 gesandt hatte. Aus einem Brief Marie Ellenrieders vom 7. Januar 1826 an August Kestner wissen wir, dass Carl von Röder 1825 nach Rom und Neapel reiste, von wo er im Spätjahr 1826 zurückkehrte. Ab dann ist ein regelmäßiger Briefwechsel zwischen den beiden erhalten, der einen vorzüglichen Aufschluss über beider Leben gibt. Unter einem Brief der Künstlerin vom 20. Dezember 1862 schrieb er: » – Der letzte Brief Mariens an mich. Röder.« Angefügt ist ein Blatt, wo Röder notiert: »An den heißen Trähnen welche mir bei der Nachricht von ihrem Tode entquollen, erkannte ich, daß ich sie nach meiner Mutter am meisten geliebt. Röder.« Carl Freiherr von Röder starb unverheiratet am 19. April 1871 in Freiburg i. Br. Mit seinem Tod erlosch die katholische Linie der Röder von Diersburg.

 

Die meisten Briefe, welche Marie Ellenrieder an Carl von Röder schrieb, gelangten nach dem Tod Röders als Konvolut in den Besitz des Rosgartenmuseums in Konstanz. Manche der Briefe dieses Konvoluts enthalten keine Adresse, sie sind aber in früheren Jahren handschriftlich durchnummeriert worden und können daher heute eindeutig der Korrespondenz zwischen der Künstlerin und dem Freiherrn zugeordnet werden. In der gesamten übrigen Korrespondenz der Künstlerin gibt es darüber hinaus einige wenige Briefe, die, da sie keinen Adressaten enthalten, nicht eindeutig einer bestimmten Person zugeordnet werden können. Bei den meisten Briefen ohne Adresse gelang aber eine Identifizierung des Adressaten aufgrund des Briefinhaltes.

 

Es ist klar, dass die nachfolgende Sammlung bei weitem nicht alle erhaltenen Briefe der Künstlerin enthält. Manche schlummern noch in Privatbesitz ohne als Ellenrieder-Briefe erkannt zu werden, manche dürften noch in Privatarchiven adliger Häuser ruhen, die mir nicht zugänglich waren. Die hier zusammengetragenen 223 Briefe stellen natürlich nur einen kleineren Teil der Briefe dar, welche die Künstlerin insgesamt geschrieben hat; wenn es zehn Prozent der Gesamtzahl sind, dürfte dies der Wirklichkeit nahekommen.

  

Als Anhang 1 ist den Texten ein Verzeichnis der Ausstellungen beigegeben, an denen die Künstlerin mit Werken beteiligt war und als Anhang 2 wird die Literatur über die Künstlerin aufgelistet, wobei beide Anhänge keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Dennoch können beide Anhänge eine Hilfe bei der Interpretation des Inhaltes der Briefe und Tagebücher sein. Als Anhang 3 ist eine kurze Beschreibung des Lebens und Schaffens der Künstlerin angefügt, den ihr Zeitgenosse und Kunsterzieher am Gymnasium in Konstanz Gebhard Gagg verfasst hat. Diese Beschreibung gelangte in den Nachlass des Prälaten und Archäologen Johann Wilpert, der 1917 viele Werke Marie Ellenrieders aus dem Besitz von Gebhard Gagg erworben hat. Dieser handschriftliche Lebenslauf wurde bisher nicht veröffentlicht, ist aber deshalb von besonderem Wert, weil Gagg als Junge der Künstlerin Modell stand und sie daher gut kannte, und sich später als Zeichenlehrer mit ihrem Werk eingehend beschäftigt hat.

 

1 Mathilde Boisserée (Hrsg.), Sulpiz Boisserée, Briefwechsel/Tagebücher, Bonn 1862.

2 Karl Theodor Zingeler, Fürst Karl Anton von Hohenzollern und Marie Ellenrieder, in: Hist.-politische Blätter für das katholische Deutschland, 145. Bd., S. 454-460.

3 Karl Obser, Marie Ellenrieder in Rom, in: Oberrheinische Kunst, Jg. 1925/26, S. 222-223.

4 Fritz Hirsch, 100 Jahre Bauen und Schauen, Karlsruhe 1928.

5 Marie Jorns, August Kestner und seine Zeit 1777-1853, Hannover 1964.

6 Tobias Engelsing und Barbara Stark (Hrsg.), Einfach himmlisch! Die Malerin Marie Ellenrieder 1791-1863, Ausst.-Kat. Rosgartenmuseum Konstanz und Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz 2013, Stuttgart 2013.

7 Clara Siebert, Marie Ellenrieder als Künstlerin und Frau, Freiburg i. B. 1916.

8 Max Stern, Johann Peter Langer, sein Leben und sein Werk, Bonn 1930.

 

 

 

 

II. Briefe

 

1             [ZB Zürich Ms. M 8.10]1                                                                    Krauchenwies2 den 29ten Sp 1817.

 

            Ich nehme die Freiheit Ihnen Hochverehrtester Herr Inspecktor! die Nachricht zu geben daß ich den Kopf3 wovon Sie mir sprachen noch radieren kann; wenn seine Vollendung auf den Decempre für Trachsler4 früh genug ist. Mann kann doch in 4 Wochen viele Abdrücke machen! Es ist mir sehr lieb, wenn dieser Auftrag nicht schon an einem anderen ist gegeben worden; und wäre es der Fall so bitte ich daß Sie es mir gefälligst schreiben möchten; ich würde mich allsdan auf meiner Rückreise in Konstanz länger aufhalten.

 

Weil ich von Ihrer güte und Theilnahme überzeugt bin, so wißen Sie daß ichs hier recht gut habe; ja das beste Leben von der Welt! Sehr freundlich und liebevoll wurde ich von der Erbprinzeßin5 aufgenommen, male nun diese und ihre 3 Kinder, auch eine von den Hofdamen und so kann ich denn schon noch nach Zürich kommen, jennen Kopf zu zeichnen und zu radieren. Bis dorthin leben Sie wohl mit Ihrer lieben Familie und genehmigen Sie die Hochachtung und Verehrung Ihrer mit Freundschaft und Dank

 

                                                                                                                            ergebenen Marie Ellenrieder

 

Darf ich bitten Herrn Füßli6 meine Grüße und alles Schöne. Wenn Sie die radierten Köpf aus dem Thalhaus7 noch nicht erhalten haben, so können Sie es dort hohlen laßen, ich richtete es ihnen zuzuschicken als ich an jenem Abend noch einen Brief an Hr: v: Itner8 von Ihnen erwartete. Es sind 2 Abdrücke von meinem Vater9 und einen Rembrand.10

 

Ich freue mich sehr Sie wieder zu sehen!

 

 

1 Adressat nicht genannt. Der Brief befindet sich im handschriftlichen Nachlass von Johann Jakob Horner (1772-1831), Archäologe und Schriftsteller in Zürich.

2 In Krauchenwies, einer kleinen Ortschaft wenige Kilometer südlich von Sigmaringen, befindet sich ein fürstlich hohenzollersches Schloss.

3 Dabei dürfte es sich um die Radierung des Johann Jakob Steinbrychel (1729-1796) handeln, welche dem Neujahrsblatt »An die lernbegierige Zürcherische Jugend auf den Neujahrstag 1818. Von der Gesellschaft auf der Chorherren« beigeheftet ist. Vergleiche Fecker WV 18, Andresen WV 21.

4 Der Buchhändler Johann Georg Trachsler betrieb in Zürich im Haus zum »Gewundenen Schwert« seit 1814 zusammen mit seinem Bruder, dem Kupferstecher Martin Trachsler, die »Trachslerische Buch- und Kunsthandlung« (Paul Leemann-van Elck, Duck Verlag Buchhandel in Kanton Zürich von den Anfängen bis um 1850, Zürich 1950).

5 Antoinette Fürstin von Hohenzollern (1792-1847). Das erwähnte Gemälde ist nicht im WV bei Fischer u. Blanckenhagen verzeichnet. Registriert ist dort nur eine Kreidezeichnung ihres Sohnes Karl Anton Erbprinz von Hohenzollern (1811-1885).

6 Wohl Heinrich Füssli (1755-1829), Landschaftsmaler, Kupferstecher und Kunsthändler in Zürich.

7 Im Zürcher Stadtteil Thalacker.

8 Wohl Josef Albert von Ittner (1754-1825), Staatsmann und Schriftsteller in Konstanz.

9 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 47, Fecker WV 16, Andresen WV 23.

10 Vergleiche Fecker WV 10, Andresen WV 11.

 

 

2             [ZB Zürich Ms. M 19.9]1                                                                          Konstanz den 29ten May 1818.

 

Mein Verehrter Freund!

 

Auch ohne das Glück gehabt zu haben Ihr wehrtes Schreiben zu empfangen würde ich Ihnen dennoch Heute geschrieben haben. Den ich wollte Ihnen meine Ankunft bestimmen die ich auf den fünften nächsten Monats festgesetzt habe. Ich dumelte und dumelte mich mit den 3 Kinderchen daß sie Ihrer Vollendung nahe sind, und dachte mit herzlicher Freud an die Erfillung meines Versprechens; es thut mir sehr leid daß ich um diese Zeit welche Sie mir bestimmten nicht kommen kan sondern schon versprochen bin, ich komme einzig nur Ihren schönen kleinen Engel zu malen, und das Glück der Freundschaft das mir aus Ihrem lieblichen Hause gleich einem Sterne entgegenstrahlt wieder zu genießen, und ich hoffe nicht daß Sie an meiner unbegränzten Anhänglichkeit und zärtlichen Freundschaft womit ich Sie Beyde in meinem Herzen verehre zweifeln. – Und was die scheinbare Versprechungen anbelangt werde ich mich bemühen durch dehmühtige Bekenntnüß meiner sowohl eigener als fremder Schuld Sie zu Vergebung zu bewegen. –

 

Auch wollte ich sie fragen ob Sie albertirers Werk erhalten hätten den erst Heute erhielt ich Ihren Brief vom 16ten geschrieben. Ich könnte wohl ein bischen zanken über den Inhalt davon, aber meine heutige Zeilen sollen Ihnen meinen freundlichen Gruß bringen – Allen Zank und Hader sparre ich auf unser Wiedersehen!! Was ich aber stillschweigend übergehe, bringt Ihnen auf bittere Gedanken, und glaube ich bestürme die Kunst in diesen Mommente, aber Sie gehen sehr irre, den meine Augen und Gesundheitsumstände gebiehten mir Ruhe, die ich beym schreiben nicht finde, dafür weilt aber meinen Geist desto kräftiger bey meinen Freunden die ich hochschätze und Liebe, und so glaube ich meine Pflicht die ich mit Herzenslust erfillte abgethan zu haben.

 

Die Italienische Sprache nimmt mir auch viele Zeit, und ich frug Sie ob ich selbe in Sch: fortsetzen könnte, aber Sie haben entweder die Sorge oder Antwort vergeßen. Darf ich Sie aufs neue bitten! daß ich mit Ehren eintretten kan wenn ich wieder zurückkehre, den ich lerne es mit noch 3 andern Frauenzimmern.

 

Sie werden doch eine Freude haben das ich diese Sprache lerne, sie führt ja sichtbar einen gewißen Plan mit sich.

 

Ich freue mich recht herzlich auf unser Wiedersehen! und hoffe daß es keine Hinterniß haben wird, und sollte es der Fall seyn so bitte ich mir es mit rückgehender Post anzuzeigen. Sollte ich am 5ten noch nicht bey Ihnen seyn so ist es am 6ten man kan nie so ganz bestimmt die Sache angeben.

 

Empfehlen Sie mich Ihrer lieben verehrungswürdigen Frau Triumpfer meiner theuren Freundin viel 1000 mal und bitte sie, mich also mit Ihrer gewohnten Güte aufzunehmen.

 

Leben Sie wohl empfangen Sie die herzlichsten

Grüße bis auf unser Wiedersehn von

 

Ihrer

                                                                                                                         ergebensten Marie Ellenrieder

 

Über mein Gesudel verdiene ich auch ein Kapitel???

Sie sprechen gewiß auch italienisch –? das wäre un gran piacere per me!

 

bald hätte ich vergeßen |:ich mußte den Brief noch einmal aufbrechen:| Sie zu bitten daß doch dafür gesorgt wird das ich gleich an dem lieben Kind anfangen kan, den ich muß in 14 Tagen längstens 3 Wochen wieder zu Hause seyn. –

 

Herr v: Seckendorf2 den ich Portrait malte, läßt Sie freundlich durch mich grüßen. – Leben Sie wohl.

 

 

1 Brief adressiert an: »Se Hochwohlgeboren Dem Herrn Herrn W. Veit Triumpfor etc in Schaffhausen« (zu Johann Wilhelm Veith (1758-1833) siehe Howard Seymour, Two Portraits of Johann Wilhelm Veith by Jacob Merz, in: Schaffhauser Beiträge zur vaterländischen Geschichte, 72. Heft, 1995, S. 77-102).

2 Christoph Albrecht Freiherr von Seckendorff-Aberdar (1748-1834), Baden-Durlachischer Finanzminister. Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 72 und 73.

 

 

3             [Stadtarchiv Konstanz, J XII Fasc. 776]1                                                      [München, 4. August 1820]

 

            Im Jahr 1819 malte ich auf Verlangen der seligen Amalie DeTrey eine Copie von dem Porträt des seligen Rudolfs.2 Die Bezahlung ist von einer Zeit zur andern auf­geschoben worden, ich nehme daher die Freyheit es in Erinnerung zu bringen. Es macht 4 Luid’ors.

 

München den 4ten August 1820.

                                                                                                                                           Marie Ellenrieder

 

 

1 Rechnung in der Verlassenschaft der am 24.07.1820 verstorbenen Katharina Amalia Detrey, geb. Nieser. Sie war verheiratet mit Rudolph Detrey, einem Bruder des Schwagers der Künstlerin, Frédéric Detrey.

2 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

 

 

4             [RM Konstanz]1                                                                                                Am hl Conradustag 1820

 

           Guten Morgen lieber Vater! Ach! Vieleicht bin ich nicht die Erste, den schon bald wird es 6 Uhr schlagen. Gewiß seyt Ihr jezt  auf dem Weeg in die heilige Kapelle – Ich folge Euren Schritten. Ich bitte den heiligen Schutzgeist daß er Euch sicher begleite und durch alle Tage Eures Lebens mit jugendlicher Kraft Euch ausrüste. Ich bin erfillt mit guten Wünschen! ich werde sie zum Altar tragen und Erhörung finden, den er ist es ja selbst Derjennige der mir diese Liebe ins Herz legte und mir sie wohl zu verwahren geboht. – Den ganzen Tag will ich Heute im Geiste bey Euch seyn, den ersten bis auf den lezten Tropfen sey auf Euern Gesundheit getrunken. Gott segne Euch! Er erhalte Euch bis aufs höchste Alter in ununterbrochenem fröhlichem Sinne und in einer stillen Herzensruhe erfillt mit Himmlischen Frieden, und er laße sichs gefallen mich stetz mit mildem Erbarmen an seiner Hand den Kunstweg zu führen, daß es mir gelingen Möchte Euch noch viele Freuden zu machen. – Es thut mir leid daß ich an diesem fröhlichen Feste nur ein armes Briefchen bereiten kann und nicht einmal in gemeßenen Worten es verfaßte. Ha! was ist mir geschehn? Hat sich mit der Toten Natur des Winters meinen Geist auch entblättert? – Nein – ich will es versuchen; zu heilig ist der Tag mir, als daß ich nicht nachspüren sollte, unter welchem Schutt das kleine Fünkchen Pontischer Kraft verborgen liegt!

 

Wen aus der Höhe des Himmels

Ein götlicher Lichtstrahl niederthaut,

Durch den der erbarmende Schöpfer

Auf die Seinen herniederschaut;

So ist es die höchste Gabe die

Er spendet,

Wenn er Kindern christliche

Eltern sendet.

=

 

Gott sey Dank! – Seit ich von

meiner Mutter Schoß entsproßen

Habe ich dieß’ Holde Glück

genoßen.

Von Vater und Mutter so zärtlich

geliebt,

Hat nie ein Unglück mein Leben

getrübt.

=

 

Nur eine Trennung rieß gleichsamm

Ein Stück meines Herzens,

Mit in das Meer eines

Ungekannten Schmerzens.

=

Aber geweckt durch der

Vorsicht liebende Hand,

Blickte ich auf, und der Nebel

Verschwand.

=

Hoch in der Freude für

Alle Tugenden belohnt,

Sah’ ich gekrönt sie, wo der Alliebende

Tronht.

=

 

Vater! Nun ist mir die Freude

Des Daseyns gebehrt,

Nur Eines was mein Herz noch

Zu wünschen begehrt.

=

 

Ist – Daß der Finger Gottes

In das Buch des Lebens schreibe

Daß unser Väterchen noch lang

Auf Erden bleibe.

=

 

Das die Bilder unter den

Erbarmungen Gottes Gelingen,

Die zum Schauen Euch tiefer

Ins Vaterland bringen.

=

 

Und was noch immer von Oben

Mir Segnend gedeuth,

Sey Euch im Höchsten Alter

Zu sehen verleyth.

=

 

So lege ich nun alles in den

Göttlichen Willen,

Der die glaubende Hoffnung

Vermag zu erfillen

=

 

Lebt wohl liebes Väterchen

lebt wohl!!!

Amen

=

 

Herr v: Langers,2 Röder3 und Kludoschofski4 schließen sich Alle meinen Wünschen an, und Jedes insbesondere, leztere sagte wenn sie gut Brief schreiben könnte würde sie auch geschrieben haben. Wir sind recht froh und munter zusammen und genießen im fröhlichsten Sinne was der Himmel uns bescheret. Ich war gerne bey der Fr Pflegerin und war glücklich bey ihr – aber ungleich mehr bin ich es da. –

Lange habe ich keinen Brief mehr von Hause erhalten, bald macht es mich traurig und nachdenkend. – Hoffentlich wird sich nichts Unangenehmes zugetragen haben – am liebsten wäre mir wen Hochzeit Geschäfte es verhintert hätten!

Steht die braune Pelzmitze gut? und ist es nicht recht daß ich mit meinem Schwesterchen hielth? Fliegt doch bisweilen ein Gedanke mehr mir zu, wenn Ihr bey einem scharfen Nordwind seine Wohltath empfindet? – Wie es mir mit meiner Pelzpellerin ergeht. Alle Tage fühle ich diese angenehme Wohlthat mehr, es ist als ob mein Zimmerchen mit mir herum spaziert so warm umgiebt sie mich! –

Lebt jezt wohl! Ich grüße Alle 1000und 100000 mal so wie auch jenne die mir nachfragen, oder etwas von mir hören mögen. Ich sah im Kalender das der Lisi ihr Namenstag war, auch sie erhalte meine Glückswünsche und viele Grüße.

Mit unveränderter Liebe bis in Tod   

            Euer

                                           gehorsammes Kind

                                      Marie Ellenrieder

 

Grüßt mir auch den Hr Pather Johannes – und sagt ihm, auch hier hätte ich das Glück einen guten Beichtvater zu haben.

 

1 Brief ohne Ortsangabe (wohl München den 26. November) an Konrad Ellenrieder (1744-1834), Vater der Künstlerin.

2 Johann Peter von Langer (1756-1824), Direktor der Münchner Kunstakademie.

3 Carl Freiherr von Röder (1789-1871), schlug zunächst bis 1815 eine militärische Laufbahn ein, danach ließ er sich in Freiburg und München privaten Unterricht im Zeichnen und Malen von Architektur und Landschaft geben (vergl. Katalog der Karlsruher Kunst- und Industrie-Ausstellung 1823, Karlsruhe 1823, Nr. 2 und Nr. 59b). Er war lebenslang mit Marie Ellenrieder freundschaftlich verbunden.

4 Kludoschofski, Münchner Bekanntschaft, nicht ermittelt.

 

 

5             [Cod. Heid. 362b, fasc. 20, fol. 213]1                                                               Rom den 7ten Dec: 1822.

 

Also! – Aus dem heiligen Rom den ersten Gruß! Einen Gruß aus dem glücklichsten Herzen! – doch – es giebt gar kein Wörtchen den Gruß zu benennen den man aus der Hauptstadt der Welt an einen Freund versendet, an einen Freund, den man so sehr in Gedanken verehrt, und der gleich einem Schutzgeist vor vielen Jahren schon mir auf diese Bahne hindeutete! – Glücklich legte ich meinen Weg zurück; aber unwürdig betrette ich nun jede Stelle die mich umgiebt. Noch wenig kan ich Euer Exzellenz über Kunst sagen; wenn ich einst mehr mit ruhigem Auge betrachten kan, wird sichs deutli­cher bestimmen was zur nützlichen Anwendung sich auffaßen läßt. Soll ich mich nun abhärten an einem bangen Zweifeln für die Zukunft? Laßen Sie mich lieber der theuren Gegenwart danken, danken für Ihre liebevolle Empfehlung welche mir in der himmlischen Familie von Reinhold2 die glücklichste Aufnahme bereitete. Euer Excelenz haben mich der Perl in Schoß gelegt, und die Perl achtet die Niedrigkeit nicht der Fremdling’in und läßt sie rein hold Freundschaft, elterliche Liebe & Sorgfalt genießen. O Gott sey Dank! und Ihnen mein bester Freund! Alles was Gott in dieser Welt Gutes finden läßt, findet sich da vereinbart in diesem lieben Hause; ja das Beste! |:Durch das herbste Schicksal die größte Veredlung, die Verwanntschaft mit dem Himmel! –:| Da bin ich nun |:gegen mein Ihnen bekanntes Gesetz:| so oft als es hier möglich ist, die liebevollste Einladung kam mir entgegen, sogar den Wagen schickte mir die Frau Gesanntin, „damit ich nicht den Fuß an einem Stein anstoße“! – Aber ich müßte Ihnen noch viel und lang schreiben wenn ich alles erzellen wollte etc etc

 

Ich wohne auf dem spanischen Platze mit meiner li Freundin recht glücklich; Täglich gehe ich nun in Vatican und zeichne mir einzelne Kruppen von Figuren in Umriße; in den ersten Tagen gingen wir nach Crottaferrata und studierte nach Dominichino; beym schlechten Wetter bleibe ich zu Hause; komponiere, arbeite, oder thu’ nichts! oder ich schwelge in dem Übermaß meiner Seligkeit, den so wie es unter dem italienischen Himmel sich athmet, so giebt es kaum irgend ein Plätzchen der Erde! Und kom ich dan erst in den triummpfierenden Tempel; der so recht im Geiste der Liebe der Seele ihre Heimath verkündet! O! da sinkt man hin überwältigt von der Freude und dankt und schweigt.

 

So, jezt bin ich fertig mit der Skitze meines unwürdigen Ichs; ich wäre nicht so frey gewesen, hätte ich nicht die volle Überzeugung daß die Größe Ihrer Theilnahme über meine Unbescheidenheit hinweg blickt.

 

Leben Euer Excelenz wohl! Gott segne Sie, und erhalte Sie gesund; und mit Sehnsucht sehe ich jennem glückliche Tage endgegen, in welchem mir Herr v: Reinhold wieder Nachricht von Ihnen geben wird. Die lezte hatte mich groß erfreut, und das Bildchen für Herrn v: Bergstett3 werde ich mit Vergnügen mahlen, aber ich glaube, mit dem Verschicken sollte man auf eine Gelegenheit warten; es hatte erst kürzlich ein Bekannter von mir für ein Päckchen 12 Piaster Porto bezahlen müßen. Und dan kömmt mir sonderbar vor daß Herr Markg: Leopold4 die Madonna haben soll, ich habe sie für Hr Mr: Wilhelm5 gemahlt, und Ersterer hat ein anderes, ein neugiriges Kind vorstellend.

 

Nicht wahr? Sie empfehlen mich dem Herrn Minister recht schön, und grüßen mir meinen verehrten Freund Hr: v: Baden6, und meine Freundin Fr v: Vincenti7 1000 und 1000mal.

Mit Dank und Verehrung Euer Exzelenz!

                                                                                                

                                         unterthänigste Dienerin

                                                                                                                                           Marie Ellenrieder.

 

 

1 Brief adressiert an: »Seiner Excelenz dem Freyherrn v: Wessenberg«

Ignaz Freiherr von Wessenberg (1774-1860), von 1802 bis1827 Generalvikar des Bistums Konstanz.

2 Johann Gotthard von Reinhold (1771-1838), niederländischer Gesandter in Bern.

3 »Bibellesendes Mädchen«, das der bad. Staatsminister Freiherr von Berstett erwarb und 1837 der Kunsthalle in Karlsruhe zum Geschenk machte (KHK, Inv.-Nr. 513). Fischer und Blanckenhagen WV 251.

4 Leopold Markgraf von Baden (1790-1852), ab 1830 Großherzog von Baden.

5 Wilhelm Ludwig August Markgraf von Baden (1792-1859).

6 Karl Freiherr von Baden (1770-1830), Staatsrat, entfernter Verwandter Wessenbergs.

7 Anna Elisabeth von Hüetlin (1793-1866), seit 1818 verheiratet mit Carl August von Vincenti, Großherzoglich Badischer Hauptmann und Adjutant in Karlsruhe.

 

 

6             [GSA 52/I,3.4]1                                                                                                   [Florenz, 24. Juli 1824]

 

Dank, großen Dank! Sie haben nicht nur wie ein lieber Freund sondern wie ein Brüderchen für mich gesorgt: Aber werden Sie nun noch zu Ihrem thätigen Wohlwollen die Vergebung hinzufügen daß ich aus Mangel an Aufmerksamkeit die Post versäumte? – Als mir Herr Metzger2 sagte daß am Samstag der gewöhnliche Postag wäre, glaubte ich man gebe die Briefe auch späth an dem Abend auf; aber sieh’ da! es war die 3te Stunde am Mittag, und meine italienische Vollmacht war nicht abgeschrieben. Wenn Sie nur keine Sorge gehabt haben, und wenn ich nur wüßte womit ich dieß Übel wieder gut machte?

 

Was Sie aber besorgten geschah in aller Pünktlichkeit; es wurde nur aus dem Wechselhause ein Billiet geschrieben daß ich hinkommen möchte wo ich hernach die benannte Summe erhielt. Daß ich es aber ganz frey erhielt befremdete mich und wie kan Valentini3 so viel Güte für mich haben! – Die Predl4 sagt mir immer Sie hätten die Auslage für mich auf sich genommen. Dieß wäre mir aber sehr leid; beruhigen Sie mich dießfals, und gestehn Sie mir die Wahrheit.

 

Und was soll ich Ihnen nun auch über Ihren theuren lieben Brief sagen! Er war mir so erquickend als erfreulich, den, so sehr wir auch das Glück empfinden im Hause eines wahren Freundes zu wohnen, so kam uns beyden doch das Heimweh nach dem heiligen Rom. Seitdem wir aber zu arbeiten angefangen haben, seitdem findet das melankolische Schwärmen keinen Raum mehr – den ach! es sind der Kunstschätze so viele daß ein Jahr nicht hinreichte sie vortheilhaft aufzunehmen. Ich arbeite jezt in der Galerie di St Marko nach den wunderschönen Peruginos, die Predl geht auch hin, es kömmt sie aber viel schwerer an sich an Florenz zu gewöhnen als mich. O könnten Sie einmal an meine Thüre klopfen, wie freundlich würde ich Sie aufnehmen! Es betrübt mich zu sehr die Entfernung; ja es schmerzt mich. Aber bald wird Ihr Geist mir wieder in ein paar Zeilen erscheinen nicht wahr. Und bald werde ich auch die liebe Familie von Reden5 sehen, oder wird sich die Zurückberufung noch verzögern? für Sie ist es sehr angenehm, und für die Gesundheit wollen wir auch nicht bange haben, aber ich bedaure Sie, wen Sie sich von diesen Theuren Lieben Trennen werden. Der liebe Gott wolle aber alles gut machen, Sie bleiben doch auch nicht ewig in dem schönen Rom. Empfehlen Sie mich mit 1000 Hochachtungsvollen Grüßen, und daß ich mit großer Freude dem Wiedersehen entgegenblicke.

 

Bäse6 ist verreist, er soll immer nicht wohl gewesen seyn, und verschwand ohne bey seinen Freunden & Bekannten Abschied genommen zu haben, es kam nur ein Wagen voll Geräthschaften för das Haus des Herrn Metzgers gefahren, mit einer kl Anweisung daß sie Hr Metzger in Verwahrung nehmen möchte und daß war vor einem Monate. Ich würde ihn sehr bedauern wenn er aus Kränklichkeit seine Freunde nicht mehr besuchen konnte.

 

Leben Sie wohl! Gott erhalte Sie gesund, und freundliche Engel sollen Sie begleiten, wenn Sie zu Ihrer Erholung am frühen Morgen wen das Thau noch im Grase glänzt schöne Spaziergänge machen oder wen Sie auf dem lieben arabischen Pferdchen mit deßen Söhnchen ausreiten.

 

Die Predl sagt Ihnen auch schöne Grüße.

Mit Dank und Verehrung Ihre

Rom7 den 24ten Luglio

                                                                                                                               Freundin Marie Ellenrieder

 

Sollte Petroni wieder Anstand finden Ihnen das Gelt auszubezahlen und ich Sterbliche sterben sollte, so sollen diese meine Worte es bezeugen & bescheinen daß ich von Ihnen 80 Piaster oder unserns Geltes zweyhundert Gulden den 22 Luglio erhalten habe in Florenz und so schrieben sie dan meinem lieben Vater –. Conrad Ellenr

 

                                                                                                                                            Marie Ellenrieder

 

Darf ich Sie auch mit Grüßen beauftragen? – So sagen Sie der guten Louise deß Hr: v: Reinholds viel Liebes und geben Sie Ihr meine Atresse, daß wen ihre Herrschaft durch Florenz reist sie mich doch finden können.

 

Ich grüße auch freundlich und mit Hochachtung Hr. Thorwalzen8, Begas9, Hess10, Rittig11, die beyden Veit12 und ihre Frauen wie Oberbeck13 – und O! ich grüße das ganze liebe heilige Rom mit einer unvergänglichen Liebe & Anhänglichkeit! Jedes Steinchen, jedes Stäubchen begrüße ich! und die freundlichen Binien die ich hier so unendlich vermisse!

 

Der li Fr: Sirletti14 haben wir selbst geschrieben aber sollten Sie hinkommen, so vergeßen Sie ja meine dankbaren Grüße nicht zu wiederhohlen! Leben Sie Wohl! Gestern als am Sonntag waren wir in Fiesole es war schön!

 

 

1 Brief ohne Jahresangabe adressiert an:

 »All’ Illm: Sig.

Il Signore Augusto Kestner Consi-

gliere di Legazione dHannovera presso la

Santa Sede in

Roma

Villa Malta«

Die Jahreszahl er­gibt sich aus der Tatsache, dass die Künstlerin am 1. Juli 1824 von Rom nach Florenz reiste.

2 Johann Metzger (1771-1844), Gemälderestaurator und Kunsthändler in Florenz. Herrn Gerd Schwartz verdanke ich den Hinweis, dass Johann Metzger, nicht wie meist verzeichnet, 1772 sondern 1771 geboren ist.

3 Vincenzo Valentini (um 1760-1842), Bankier und preußischer Konsul in Rom.

4 Katharina von Predl (1790-1871), befreundete Malerin, mit der zusammen Marie Ellenrieder in Florenz weilte.

5 Franz Freiherr von Reden (1754-1831), Gesandter des Königreichs Hannover in Rom.

6 Johann Christoph Bernhard, gen. Carlo Baese (1790-1837), Maler aus Braunschweig.

7 Sollte laut Poststempel Florenz lauten.

8 Bertel Thorvaldsen (1770-1844), dänischer Bildhauer.

9 Karl Begas d. Ä. (1794-1854), Maler aus Hainsberg bei Aachen.

10 Heinrich Maria von Heß (1798-1863), Maler aus Düsseldorf, später Professor in München.

11 Peter Rittig (1779-1840), Historienmaler aus Koblenz, seit 1816 in Rom.

12 Philipp (1793-1877) und Johann Veit (1790-1854), Maler aus Berlin, seit 1815 in Rom.

13 Johann Friedrich Overbeck (1789-1869), Hauptvertreter der Kunstrichtung der sog. Nazarener, lebte seit 1810 in Rom.

14 Frau Sirletti war in Rom die Hauswirtin der Malerin.

 

 

7             [GSA 52/I,3.4]1                                                                                         Florenz den 24ten Aug. [1824]

 

O Daß Ihnen diese Zeilen noch in Rom erreichten! den ich will jedem Wörtchen einen Theil meiner Glückswünsche auflegen zu Ihrer bevorstehenden Reise. Freylich war mir diese Nachricht unerwartet und sie betrübte mich im ersten Augenblicke weil es immer einen Entschluß gegen Gefahr ist. Doch, da Sie aber mit so lieben Freunden seyn werden, bin ich beruhigt und freue mich darüber: oder sind Sie vieleicht gar schon mit dem liebsten Ihrer Freunde abgereist? So folge Ihnen mein Andenken im Gebethe zu Gott daß Sie recht glücklich unter seinem Schutze fortsetzen mögen diese schöne Reise, und nachdem Sie recht hohe Freuden genoßen und Nutzen geärndet auch gerne wieder zurückkehren. – Wehrend ich diese Zeilen schreib, lit es in die heilige Meße. Ich kniete also für mein Fensterchen und hörte sie für Sie an; aber was vermag das Gebeth einer Unwürdigen! lieber schickte ich Ihnen ein Engelchen daß Sie dan zwey Beschützer hätten wie der hl Johannes in Klopstoks Messiade.2 Reisen Sie aber nur getrost, der Herr ist ja selbst mit seinen Auserwählten!

 

Wäre ich nur bey Ihnen wie nach der Ponte Salara! Nun muß ich Ihnen aber doch auf Ihre gefälligen Fragen antworten, was ich nemlich gearbeitet habe und wan & wie ich mich von Florenz trenne.

 

Mein Plan wäre nun gemacht, so gegen die Mitte Oktobers abzureisen. Gerne aber blieb ich über den Winter hier. – Den hier last sichs vortrefflich Studieren und da wir bey dem so sehr einsichtsvollen braven Herrn Metzger3 wohnen sind wir an dem besten Ort der Welt. Freylich aber „winkts mit Vatergrüßen drüben“ und ich liebe recht, was zuerst mich liebte! Ich nehme daher meinen Entschluß nicht zurück, und gehe in Gottes Nahmen, es erwartet mich eine hohe Freude, die höchste meines Lebens wen der liebe Gott meinen Vater gesund erhaltet, und eine theure Schwester die meiner mich vor den andern mit Sehnsucht erwartet, und die ich mehr liebe als mein Leben. Aber – schwer wirds mir doch immerhin mich von dem süßen Italien zu trennen wo ich so die Erbarmungen Gottes in so vollen Zügen trank. Nie hat ein Unfall meine beglückte Seele betrübt, aber nicht immer wird Gott mit seinen gerechten Priffungen schonen darum zittere ich verwehntes Kind vor der Zukunft meines Lebens.

 

Ich werde mich in Bologna und vieleicht in Venedig aufhalten, und was ich hier noch zu sehn und zu lernen habe beunruhigt wahrhaftig, den die Zeit flieth vor meinen Augen wie Rauch. Ich möchte auch nach Pisa ins Campo Santo.

 

In der Galerie der Akademie mahlte ich die 4 Heiligen aus dem großen Bilde der Him­melfahrt Maria v: Perugino im kleinen, ziemlich ausgeführt, und glaube hierin ein nützliches Studium für mich gemacht zu haben.

 

Auch zeichnete ich nach diesem Meister, und machte einige Compositionen, unter anderen auch eine ganz andere für meinen Hl Bartholomaius4; nemlich nicht mehr das Beginnen der Marter. Sondern wie er sitzend auf einem Wölkchen als Kirchenpatron erscheint und zwehe Engel neben ihm die seine Atributen tragen, und so empfielt er die Kirche dem Schutze Gottes, Unten auf der Erde würde ich das Dorf mahlen. Diese Schitze möchte ich nun fleißig ausführen. Auch nahm ich mir vor ein kl Bildchen zu mahlen, wozu die Studien und die gemalte Skitze schon gemacht sind. Es stellt die Hl Apolonia5 vor und ist in der Größe wie jennes das ich früher in Rom malte.

 

Daß ich Herrn v: Redens6 so lange noch nicht sehe, betrübt mich wahrhaft. Auch freue ich mich wieder wen ich überlege, daßes so, recht gut für die Theuren Lieben ist, und gönne Vielen diese Freude die mit Ihnen bekannt zu seyn das Glück haben.

 

Leben Sie jezt wohl mein lieber Freund! Grüßen Sie mir Ihre Reisegefärthen von Herzen. Gott sey mit Ihnen, und ich hoffe daß Sie wenn sie zurückgekehrt mir schreiben werden.

 

                                                           Mit treuer Verehrung Ihre Freundin Marie

                                                                                                                       Ellenrieder

 

Es ist in dieser Zwischenzeit wieder einen Wechsel nach Rom abgegangen. Ich werde also Hr Petroni7 schreiben daß er das Gelt an Hr Valentini8 abgeben möge. Ich warte aber noch ein paar Postage vieleicht sind Sie davon benachrichtigt worden es thut mir recht leid, wenn es sie in den lezten Tagen vor Ihrer Abreise beunruhigt hätte. In der Zukunft kan ich hier das Gelt aus einem schweitzerhaus auch frey erhalten. Ich bin froh, um Ihrer zu schonen.

Aber Sie vergaßen mir zu sagen, ob Sie das Gelt von Petroni erhalten haben??

 

 

1 Brief ohne Jahresangabe adressiert an:

           »All’ Illm: Sig: il Signore

Augusto Kestner Consigliere dell

Legazione di S. M. il Rè d’Hannovre

in

Roma

nell Villa Malta.«

Als Jahreszahl ist nur das Jahr 1824 möglich.

2 Aus der Bibliothek von Marie Ellenrieder ist erhalten: Friedrich Gottlieb Klopstock, Messias,  Wien, Ph. Bauer, 1817. - 5 Bde. 280, 225, 321, 348, 310 S. mit je einem gestochenen Frontispiz.

3 Johann Metzger (1771-1844), Gemälderestaurator und Kunsthändler in Florenz.

4 Fischer und Blanckenhagen WV 338.

5 Fischer und Blanckenhagen WV 336.

6 Franz Freiherr von Reden (1754-1831), Gesandter des Königreichs Hannover in Rom.

7 Petroni, Bankier in Rom, nicht ermittelt.

8 Vincenzo Valentini (um 1760-1842), Bankier und preußischer Konsul in Rom.

 

 

8             [GSA 52/I,3.4]1                                                                                              [Florenz, 29. Januar 1825]

 

Lieber Freund!

 

Kaum getraue ich mir Ihnen nach der Versäumniß von Wochen und Tagen das neue Jahr anzuwünschen. Und hätte ich sie nicht nach Freundes Pflicht schon so lange im Geiste an Sie abgesannt meine Wünsche, ich dürfte mir selbst nicht vergeben. So aber seyen sie schriftlich nachgetragen, aus des Herzens tiefen Grunde mit der Bitte zu Gott, daß er sie alle erfillen möge mit seinem besten Segen; und so werden Sie es nun nicht verschmehn.

 

Seyen Sie mir nun herzlich willkommen nach so langem Ausbleiben und Stillschweigen was uns Alle in große Sorgen sezte, welches auch leider nicht ohne Ursache war. Aber Gott sey Dank es hat sich geendet nach seiner ewigen Liebe der seine Kinder nur prifft um ihnen desto mehr schenken zu können.

 

Sie sitzen nun in süßen Träumen auf Ihrem traulichen Zimmer welches Sie mit Rosenduft empfing und die Ihnen auch darinn fortblühn werden so lange Sie wollen. Aber für mich hat die Stunde zum Aufbruche geschlagen. Zwar geh’ ich zum Vater und Schwestern, und es freut mich; aber es ist mir nicht möglich das Gute zu verkennen daß ich bisher so ungetrübt in aller Glückseligkeit genoß; & welches ich vieleicht jezt auf immer verlaße.

 

Von meinem Kunstleben habe ich nicht Lust Ihnen viel, wie Sie es verlangten zu schreiben, den ich würde Ihnen mit den vielen Widerwärtigkeiten* die mich in der Ar­beit verhinderten nur lange weile machen. Endlich aber sind sie überstiegen. In Zeit von 3 Wochen werde ich mit Gottes Hilfe mit dem Carton fertig seyn. Dan habe ich noch die Skitze zu mahlen; ach! und noch 1000 Dinge von Außen zu sammeln! es schwindelt mir wenn ich daran denke. Und die lieben Meinigen zellten mir unlängst in einem Briefe nur noch 70 Tage zu.

 

Wegen der Kleidung von mein Bartholomeus2 verstand ich Sie nicht recht. Ich gleidete ihn wie die Apostel alle gekleidet sind. – Was Sie aber von den Mahlern sprachen die ich lieben sollte dieses haben Sie aber so recht pünktlich errathen.

Ja freylich führe ich mit Herz und im Munde den braven Perugino und den Gottseligen Fiesole. Masaccio, Ghirlandajo, Lippi, Poticcello und Benzzopozoli sind sammentlich meine Freunde, meine Rathgeber – und ach! daß ich würdig wäre zu sagen meine Brüder, in dem Gebiethe des Strebens. Aber leider fehlt es mir an Beharlichkeit in der Aus­übung und in allem Guten. –

 

Wie mir Frau v: Reinhold3 schreibt, reisen Herr v: Redens4 erst nach Ostern von Rom ab, dan wäre ich freylich nicht mehr so glücklich sie in Italien noch zu sehen; welches mir sehr leid thut. Ich tröste mich mit der Hoffnung daß es vieleicht im Vaterland geschehen wird. Ich danke der Frl Elise 1000 und 1000 mal für ihren lieben theuren Brief beantworten werde ich ihn aber ein ander mal, empfelen Sie mich indeßen mit den hochachtungsvollen Grüßen an Alle in dieser lieben Familie.

 

Möchten Sie auch der li Frau v. Reinhold sagen ich hätte den lieben Brief vom 25 Jen­ner erhalten und ich wäre sehr dankbar dafür, und ich hätte Lust ihn alsogleich zu be­antworten, aber es fehlt mir wahrhaftig zu solchem Vergnügen die Zeit. Denn wir sind Beyde sehr fleißig und versäumen keinen Abend 2 Stunde nach der Natur zu zeichnen; einen Kopf um den Andern. Die Predl5 welche Sie freundlich grüßen läst malt soeben das Porträt des rußischen Gesannten und es wird ihr aus diesem Hause viele Ehre und Liebe erwiesen.

 

Herr Metzger6 liest mit großem Vergnügen das Büchen was Sie von der Kunst schrie­ben,7 und wünschte es zu besitzen. Verzeyn Sie mir wenn ich Sie darum bäthe, da ich mich an niemand anderem zu wenden wußte; und im Falle daß Sie mir würklich eines für Ihn schicken möchten so geben Sie es nur gefälligst Herr v: Reinhold welcher mir in einer Zeit ein Päckchen zu schicken hat, welches ich mit nach Teutschland nehmen muß. Es freut mich herzlich, daß Fr v: Reinhold meine Apolonia8 so gut plaßierte. Diese Ehre ist freylich die Mahlerinn nicht werth. – Aber Sie irren sich wenn Sie glauben ich hätte es Ihnen geschenkt, sie haben es mir abgekauft. –

 

Sie sollten auch mein Studium sehen! wie das lieb und heimlich ist. Es ist 4eckicht pajonatzo angestrichen, das Fenster in der Mitte und ein süßes liebes Öfelchen darin.

 

Nun leben Sie wohl! Gott sey mit Ihnen. Schwerlich werde ich Ihnen noch einmal vor meiner Abreise schreiben, dafür aber wenn Sie es mir erlauben soll es aus der Heimath geschehn. – Und wen Sie mich mit einem Briefchen erfreuen wollen, so schreiben Sie mir auch noch mehr von Ihrer Zizilianischen Reise und den Landschaften und von der klaren Luft etwas, und gewiß herrlich krupieren sich die fremdartigen Bäume und Gebüsche – und die Muscheln haben Sie gewiß selbst gesucht? Ich möchte durch Ihre Au­gen schauen, den alles wird sich aufs neue vor denselben gestalten; so wie Sie es auch selbst sagten.

 

Ihre treue Verehrerin & Frd Marie Ellenrieder

 

Fl den 29 Jenner.

 

* Dieser Punkt steth mit dem vorigen im Widerspruche. Haben Sie aber kein Mitleiden, den es drang nicht bis in das innere Labirint meines Herzens; und wenn ein Wölkelchen das Fensterchen davor verdunkelte, so schien sogleich die Sonne wieder.

 

 

1 Brief ohne Jahresangabe an August Kestner in Rom. Als Jahreszahl ist nur 1825 mög­lich.

2 Fischer und Blanckenhagen WV 338.

3 Johann Gotthard von Reinhold (1771-1838), niederländischer Gesandter in Rom, seit 1806 verheiratet mit Maria Schuchmacher.

4 Franz Freiherr von Reden (1754-1831), Gesandter des Königreichs Hannover in Rom.

5 Katharina von Predl (1790-1871), befreundete Malerin, mit der zusammen Marie Ellenrieder in Rom und Florenz weilte.

6 Johann Metzger (1771-1844), Gemälderestaurator und Kunsthändler in Florenz.

7 »Über die Nachahmung in der Malerei«.

8 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

 

 

9             [GSA 52/I,3.4]1                                                                                               [Florenz, 3. Februar 1825]

 

            Ich habe mit Hr Metzger2 noch über Ihre Meinung wegen der Bekleidung meines Apostels3 gesprochen, und er ist mit Ihnen einig, er versteth nemlich daß das Ge­wand etwas leichteres erhalte als jennes das so wie von grobem Tuch sich schwerfällig wirft und daß es den Carackter des überirdischen an sich trage, und weil die Darstellung schwebend in der Luft ist, so müße es leichte Bewegungen an sich nehmen. Sonst meint er aber nicht daß das Kleid und der Mantel anders seyn soll als mann sie gewöhnlich Aposteln giebt. Herr Metzger der in allen Hinsichten ein vortrefflicher Mann ist, hat mir schon viele gute Räthe gegeben; und er ist mir von großem Nutzen, und er ist auch der­selbe der mich auf die Änderung meiner Composition gebracht hat. Er sucht auch überall den Geist der Eitelkeit zu unterdrücken, und geth mit dem Beyspiel von Rechtschafenheit und biederem teutschem Sinn voran, und er besitzt eine Gemüthsruhe die wahrhaft auferbaulich ist. Und von seinen Kindern lernt man die heilige Unschuld, wenn sie so wie Engelchen die italienische Litaney singen der älteste ist 4 Jahr der 2te ist 2 Jahr, und der 3te kam vor 4 Monat auf die Welt. Diese lieben kl Wesen sind oft bey mir, und sie stören mich nie, den sie sind gehorsam und sanft wie die Täubchen. Und Hr Metzgers Frau ist eine sehr brave liebe Frau, die uns beyden mit Freundschaft und Gefällig­keit zugethan ist.

 

Sonst haben wir hier aber gar keine Bekannte, diese liebliche Sphäre macht aber alles äußere leicht entbehren. Ich war nun so frey Ihnen hier einen kl Überblick unsers häus­lichen Klückes zu schildern. Und wenn Sie erst sehen würden das hl Kirchlein! und wenn sie mir so nah wie in Rom wohnten, gewiß brächten Sie mir selbst die Blumen für das hl Fensterchen. Leben Sie wohl! Leben Sie glücklich! Und freyen Sie sich recht wohlich des milden Climas, wen Sie so beym süßen Sonnenschein auf Ihrem wohlgebauten Schimmel ausreiten und das Fillen ist sicher schon recht groß!

 

Das sollte ich Ihnen doch auch noch sagen, daß ich bemerkte das hier der Fasching viel angenehmer gehalten wird als in Rom. Die Masken haben schon angefangen, und frey sind sie und lebenslustig ohne ausgelaßen zu seyn. und man merkt durch das fröhliche Gewimmel auch in den kleinsten Sträßchen das Fasching ist. überhaupt gefällt es mir hier sehr wohl. |:Das Grandiose und Ernste ausgenommen, was Rom so einen besonderen Carackter gibt:|; genießt man hier viele Vortheile mehr, und gefälliger und freundlicher sind hier die Menschen; und wir haben ein paar schöne Mädchen kennen gelernt die wir für Gelt, zum Modell haben können, zu welchem man um keinen Preis in Rom gelangen könnte, den genti di Garbo non fanno modello heist es dort, und so kan man über all’ anfragen und beschämt zurückkehren.

 

O Hätte ich nur Zeit! Mädchen bekäme ich da, rein in der Unschuld und schön wie die Engel!

 

Mein Gelt habe ich nun aus einem teuschen Schweizer Haus beziehen können. Grüßen Sie mir auch alle unseren lieben teuschen Künstler.

 

O Grüßen Sie mir mein

heiliges Rom!

 

 

1 Brief ohne Jahresangabe adressiert an:

 »All’Illm: Sigr

Il Signore Augusto Kestner

Consigliere della Legazione di S.

M: il Rè d’Hannovere in

Roma

villa Malta«

Als Jahreszahl ist nur 1825 möglich.

2 Johann Metzger (1771-1844), Gemälderestaurator und Kunsthändler in Florenz.

3 Hl. Bartholomäus (vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 338).

 

 

10         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                                [Konstanz, 2. Juli 1825]

 

            Länger soll und darf und kann es nimmer dauern mein langes Stillschweigen gegen einen Freund den ich so sehr in meinem Andenken verehre. Genehmigen Sie nun also den schönsten Gruß aus meinem heimathlichen Lande, in daß ich Gott sey Dank glücklich zurückgekehrt bin, und das nicht viel weniger schön als Italien mir auch wie­der – ja mehr als zuvor gefällt; den bey dem Schönsten lernt man das Schöne kennen. Und wo der Himmel ein Elterlich Haus bescheert, und ein Väterchen schenkt und Geschwister, und alles mit dem Hauche seiner Liebe beseelt, wer sollte da nicht glücklich seyn! Freylich so ruhig wie in Rom und Florenz sind meine Tage nicht mehr, den die Zahl meiner Bekannten ist hier groß; und wirklich hat mich die Freude und die Unruhe anfänglich |:so neu aus meinem Eremitenleben heraus:| gleichsam aus einer gewißen Faßung gebracht und ermüdet und dieß ist die Ursache warum ich Ihren lieben theuren Brief so lange nicht beantwortet habe. Ich hoffe nicht daß Sie diese Versäumniß Wandel nennen; den schweigend oder redend bleibt meine Freundschaft auf ewig dieselbe.

 

Allerliebst überraschten Sie mich mit dem holden Gedichtchen wahrlich! ein ander Englein hat Ihnen vorgeschwebt, als Jennes war, ja es verkündete mir ganz die Eigenschaft Ihres eigenen Begleiters. Gut, daß Sie in Sich mit so himlischem Glücke und heiterem Sinne begabt sind, den oft und schwer werden Sie die Trennung der theuren Familie Redens2 empfinden; und gerne möchte auch wißen wo diese Lieben nun wären. – Sie haben jezt das Ganze Geschäft alleine.3 Ich würde Sie bedauern, wen ich von Ihrer Thätigkeitsliebe nicht überzeugt wäre, ich freue mich also mehr, den es scheint mir Ehre & Beförderung in Allen Hinsichten – , genehmigen Sie also meine aufrichtigste Freude darüber, und meinen Glückswunsch. Aber nun werden Sie weniger Zeit zum Schreiben haben und mich lange nach einem Briefe schmachten laßen. Sie hatten recht daß Sie nach Cicilien4 giengen, schwerlich wären Sie jezt dazu gekommen; ich danke Ihnen herzlich für die Nachrichten die Sie mir davon mittheilten, und wahrlich ich preise Sie glücklich ein so herrliches Land gesehen zu haben!

 

den 2ten Julli.

 

Und Nun – ! was geschieth! – Gestern erhielt ich Ihr liebes Briefchen! Welche Überra­schung und welche Freude war dieß für mich! Sie kamen mir zuvor, den unvollendet lag mein Brief noch im Pulte, ich schrieb ihn vor einigen Tagen und wurde daran gestört. Jezt aber soll keine Hinterniß mehr mich davon abwendig machen; ja mit dem schönsten Danke eile ich Ihr unendlich liebes Briefchen zu beantworten, und alles was Sie von mir wißen wollen will ich Ihnen erzellen, wen Sie mich gedultig anhören wollen. Aber womit kan ich Ihnen die Artigkeit erwiedern die in Ihren Zeilen mich so freundlich ansprechen; dafür kan ich nur danken.

 

Wie sehr würde es mich freuen wen Hr: v: Redens hier durchreisten dan bäthe ich sie mir recht viel von Ihnen zu erzellen; und wie angenehm war es mir zu vernehmen daß deß theuren Hr: v: Reinholds5 Haus Ihr liebstes Ort geworden ist; ja da ist es einem wohl bey diesen Edlen, und ich freue mich daß Sie dieses Glück genießen.

 

Es ist noch nicht lange, erfreute mich Fr v. Reinhold mit einem lieben Brief; darf ich Sie bitten mich aufs dankbarste und schönste zu empfehlen bis ich selbst Zeit finde es in einem Briefe zu thun.

 

Ich bin eigentlich zu bedauern; ich wollte gleich nach meiner Ankunft das große Bild vom hl Bartholomeus6 malen, aber es fand sich ein Mißverständniß mit der Leinwand zu demselben, ich erhielt sie erst vor kurzem. Nun sollte das Bild vor dem Winter fertig sein und kaum fing ich die lezte Woche daran an. Ich bin also gewöhnlich von Morgens 5 bis 12, und von Nachmittag 3 bis ½ 8 Uhr an der Arbeit. Ich habe aber ein vortreffli­ches Lokale, es wurde mir nemlich der Rathhaussaal7 eingeräumt; der ganz nahe bey unserer Wohnung ist; Das Gebäude steth mit 3 Seiten im Waßer, und for der 4ten stehen hohe Linden, es ist ganz prächtich und 15 Kreuzstöcke8 hat das Zimmer wo ich darin male. Nicht wahr! in meinem Vaterland ist man gefällig! Ach! und so geht es immer seit meiner Rückkehr, ist eine Wohltath vollendet, kommt eine andere, und so hat mich also mein Gott noch niemals gestraft; desto schwerer werden einst die Leiden werden, für so viel unverdientes Gut! Von den Überraschungen gleich nach meiner Ankunft ließ sich vieles sagen; Sie sangen mir unter anderem ein Lied, daß ein Neffe allerliebst dichtete und sein Freund in Musig sezte, und alles war mit Blumen Tepichen und Leuchtern verziert. Dan entsprooß der Erde ein sia ben venuta, gesähet von Kreßigsalat gleich unter meinem Zimmerfenster in unserem lieben Gärtchen. Dan wurden mir Sa­chen gestickt und genäth und gestrickt, und verziert zum Geschenke gegeben; dan fand ich meine aufgefillten Kästen & Comoden wieder und so manches theure Besitzthum! was ich in Italien zu benützen verlernte stand mir alles zur Bequemlichkeit hingestellt, und so war mir dann so wohl!! so wohl! Das mein Vater Gott sey Dank gesund ist, und gleichsamm verjüngt haben Sie schon gehört, Als ich ihn neulich mit einer großen Composition überraschte, |:die Anbethung der hl 3 Koenige mit mehr als 36 Figuren:|9 so sagte er „nun muß ich auf ein neues wieder Alt werden, den ich werde warten müßen bis es gemalt ist.“ Das gute Kind für welches ich damals jennes Bildchen malte, ist noch immer krank, es hat ein außerordentliches Talent zum Zeichnen, und sucht mich in al­lem zu übertreffen, er komponierte nemlich am anderen Tage nach meiner Composition, eine Steinigung des hl Steffanus mit 40 Figuren; und er macht wirklich die Wunder­barsten Sachen. Bis ich meine Leinwand zum großen Bild bekommen hatte, malte ich an den 2 hl Jungfrauen10 von welchen Sie noch das Skitzchen sahen. Von Florenz kan ich Ihnen nichts berichten als daß ich da meinen großen Carton fertigte, und das meine Umgebung zwar immer dieselbe blieb; aber damit ganz zufrieden, ja höchst glücklich war. Die Umgebung von unsern 3 Familien, besteth in vielen Kindern, die eine Schwester hat 3 die andere 6 Kinder, worunter einige sehr nett sind, und ein paar sehr intereßant; der Sohn meiner ältesten Schwester zeichnet sich nemlich aus, daß er vom hiesigen Liceum einer der allerbesten ist, und einen Wandel ohne Tadel hat; es bestädigt sich hierin, daß der liebe Gott da wieder giebt, wo er genommen hat, den er ist in Allem das ähnliche Bild seines verstorbenen sehr geachteten Vaters. Es thut uns sehr leid ihn bald nach Freyburg ziehen zu sehen, wo er auf der dortigen Universidet seine Studien vortsetzen muß.11

 

Mit der Hoffnung Sie zu sehen sieht es nun übel aus; – kämen Sie aber so wären Sie von allen den li Meinigen gekannt, und da wir alle so eine sehr große Freude darüber hätten, so würden Sie vieleicht auch ein wenig Freude haben. Daß Versprechen wegen dem Porträt12 erinnere ich mich oft, aber so unartig ich damals mich wiedersezte, so geschieth es mit der Ausführung. Mein Vater erinnert mich auch immer daran. Bald werde ich also gehorchen.

 

Schreiben Sie ein andermal auch Ihre Attresse, Sie werden jezt wohl eine andere haben. Grüßen Sie mir auch hochachtungsvoll die li Bunsischen13, und unsere teuschen Künstler, vorzüglich Heinrich Heß,14 Torwalzen,15 die beiden Veit16 & ihre Frauen, Rittig.17

 

Alle die Meinigen empfehlen sich Ihnen aufs Schönste und Nun lieber Freund! Leben Sie wohl! Leben Sie glücklich & angenehm, reiten Sie fleißig auf dem arabischen Pferdchen spazieren; und trinken Sie Seligkeiten, wenn Sie mit Ihrer reinen Seele die Wunder der Natur betrachten; oder wenn Sie sonst in göttlichem Frieden |:den die Welt nicht geben kann:| Ihr Dasein, und Ihre Bestimmung empfinden. Gott sey also mit Ihnen, und Er erhalte Sie gesund.

Von Herzen

 

                                                                       Ihre Freundin Marie Ellenrieder

 

Ich bin so frey ein klein Briefchen an Hr Zwerger18 beyzuschließen, er schrieb mir ein­mal nach Florenz, daß er im Sommer nach Neapel gehe, sollte er dort seyn, so behalten Sie dies Briefchen bis er zurück kömmt, ich bath ihn nur um einen Gefallen den er mir vor seiner Abreise nach Teuschland erweisen möchte; den er sagte damals, daß er auch bald zurückkehre.

 

 

1 Brief ohne Jahreszahl adressiert an:

»All’Illustrissimo Sigr:

Il Signore Consigliere della Lega-

zione di S. M. il Rè d’Hanovre

Roma

villa Malta«

Für den Brief an August Kestner nach der Rückkehr der Künstlerin aus Italien kommt als Jahreszahl nur das Jahr 1825 in Betracht.

2 Franz Freiherr von Reden (1754-1831), war bis 1825 Gesandter des Königreichs Hannover in Rom.

3 Bezieht sich auf die Ernennung August Kestners zum Chargé d’ affaires am 13. April 1825.

4 Ende des Jahres 1824 unternimmt August Kestner zusammen mit zwei Freunden eine Reise nach Sizilien, von der er Weihnachten 1824 zurückkehrt (vergl. Marie Jorns, August Kestner und seine Zeit 1777-1853, Hannover 1964, S. 151ff.).

5 Johann Gotthard von Reinhold (1771-1838), niederländischer Gesandter in Rom.

6 Fischer und Blanckenhagen WV 338.

7 Ehemaliges Rathaus am Fischmarkt in Konstanz.

8 Gemeint sind wohl die Fenster, die mit Kreuzstöcken versehen waren.

9 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen erwähnt.

10 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 334.

11 Valentin Joseph Friedrich Detrey (1805-1839). Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 173 und 174.

12 Das Versprechen löste sie später ein; das Portrait wurde aber im 2. Weltkrieg zerstört.

13 Christian Freiherr von Bunsen (1791-1860), Gesandter Preußens in Rom.

14 Heinrich Maria von Heß (1798-1863), Maler aus Düsseldorf, ab 1827 Professor an der Akademie in München.

15 Bertel Thorvaldsen (1770-1844), dänischer Bildhauer.

16 Philipp (1793-1877) und Johann Veit (1790-1854), Maler aus Berlin. Beide weilten seit 1815 in Rom.

17 Peter Rittig (1779-1840), Historienmaler aus Koblenz, seit 1816 in Rom. Das in der Literatur angegebene Geburtsjahr »1789« scheint nicht zutreffend zu sein (vergl. Norbert Suhr, Peter Rittig, Johann Anton Ramboux und Anton Dräger – drei Nazarener aus der preußischen Rheinprovinz, in: Ausst.-Kat. Landesmuseum Mainz, Die Nazarener – Vom Tiber an den Rhein, hrsg. von Norbert Suhr und Nico Kirchberger, Regensburg 2012, S. 65).

18 Johann Nepomuk Zwerger (1796-1868), Bildhauer aus Donaueschingen.

  

 

11         [DKGNM, Nachlass Metzger, I,B-24]1                                                             [Konstanz, 8. Juli 1825]

 

Mein lieber Hochverehrter Freund!

 

Empfangen Sie meinen wärmsten Dank für Ihrem theuren lieben Brief, er athmet die nemliche Güte und die herzliche Theilnahme, und die besten Räthe, wie ich sie als höchst Beglückte in Ihrem Hause genoß. Aber freylich zu späth kam die Erinnerung für die Höhere Stellung der Engel,2 es gefällt mir aber so wohl, daß ich, wen es mir möglich ist das gemalte rein herauszubringen, ich mich dazu entschließen werde sie so wie Sie sagten aufzuzeichnen. Mit der Färbung bin ich auch vollkommen zufrieden; aber mit Einem lieber Freund! kan ich nicht schonen. Ich muß, ich muß Sie bitten, daß Sie mir diese Skitze schicken, ich thue mich so hart weil ich bey all meinen Bildern immer nach den Skitzen meine Vorkehre traf. Ja ich fordere Sie auf im Namen Jesu und beym heili­gen Fensterlein!3 daß Sie sie mir schicken, auch wenn sie unvollendet wäre. Es thut mir sehr leid Sie so quellen zu müßen. Schreiben Sie hiezu welche Wünsche Ihnen noch dabey übrig bleiben; die Ausführung mit dem Pinsel könnte zu sehr Ihre angestrengten Augen angreifen, ich verstehe Sie schon, ich habe Sie immer verstanden.

 

Ich schreibe Ihnen Heute nichts von meinem heimathlichen Leben Sie haben dieß von meiner li Freundin gehört. Auch mangelt mir immer die Zeit, den so ruhig wie ich in Italien lebte, so ruhig sind meine Tage nicht mehr. Die Leinwand zum Bilde blieb lange aus, ich arbeite also den ganzen Tag von Morgen früh bis Abends Späth, und habe daher wenig Ruhe; bis an dem großen Bilde anfangen konnte, machte ich den Carton zu jenen 2 hl Jungfrauen4 für ein kleines Bildchen; und malte es unter und über, auch untermalte ich ein kl Hl Johanevangelist;5 und dachte mir in meiner lezten Krankheit eine Composition aus, die Anbethung der hl 3 Könige mit 36 Figuren.6 Ich wünschte sie Ihnen zeigen zu können, ich ließ die hl 3 Könige mit ihrem Gefolge durchs Gebürg herab kommen.

 

Ich freue mich sehr auf Ihr Porträt. Und danke der guten Predl7 schon im voraus und Ihnen für Ihre Gedult. Sagen Sie der Predl daß mich ihr Brief sehr gefreut habe, ich werde ihr nicht mehr schreiben bis sie mir aus Venedig wird geschrieben haben. Die kl Hexe! die sieth jezt Venedig, und ich sah es nicht! Doch war ich mit meinem Reisegefährten dem braven Hochachtungswürdigen Herr Baethe8 sehr zufrieden, ja es war mir, als ich mich auf einmal in meiner lieben Heimath sah, als hätte ein Engel mich über Berg und Thal getragen und so mich in die Arme der lieben Meinigen gebracht. Gott vergelte es ihm. Aus Carlens Heimath bekam ich gleich Berichte, sein Onkel dankte mir nemlich für die Gefälligkeit die ich ihm auf der Reise erwiesen hätte; aber ich versichere Sie ich tath ihm gar nichts.

 

Sind Sie auch in meinem lieben Zimmerchen? Sie sagen mir gar nichts von dieser heiligen so unbeschreiblichen lieben Wohnung! O! daß ich Ludovico & Rudolfo bisweilen singen hören könnte; wie schön müßte es in dem großen Zimmer wiederhallen wen die unschuldigen Stimmen das Lob Gottes verkündeten. Ich male nemlich das große Bild im Rathshaussaale er ist 4eggicht und hat 15 Kreuzstöcke und ist unserem Hause ganz nahe. O daß ich noch einmal Ihre lieben Kinder an mein Herz drücken könnte!! Ich habe doch ein schönes Leben bey Ihnen gehabt! den lebendige Engelchen wandelten um uns! Sagen Sie auch Ihrer lieben Frau meine hochachtungsvolle Grüße und meine Liebe womit ich sie in meinem Andenken verehre. Und der guten Angiolina sagen Sie auch viele Grüße. –

 

Herr Fries9 wird auf dem Lande sein! Das Hr Hof,10 bey der Fr Schwester der Sigr Annina freut mich, aber ich tachte mir er wohne bey Ihnen. Sagen Sie ihm viel schöne Grüße von mir, und den Wunsch daß Gott ihn bey seiner Arbeit segnen wolle, und daß ich mich oft in seiner Nähe denke, und mich an seinem Fleiße auferbaue.

 

Leben Sie wohl! mein lieber Freund! Gott schenke Ihnen Gesundheit und so viel Glück als ich es wünsche. Ich dachte oft daran daß Sie einmal sagten, daß Sie Geschäfte wegen nach Teuschland reisen müßten, und ich sah immer dieser freudigen Überraschung entgegen. Ja kommen Sie doch! und hohlen Sie Kraft an der Vaterländischen Luft.

 

Leben Sie wohl! und genehmigen Sie noch 1000mal die Versicherung meiner vollkomensten Hochachtung und wahrer aufrichtiger Freundschaft.

 

Konstanz den 8ten Julli                                                                                                           Marie Ellenrieder

 

Meiner geliebten Predl wünsche ich eine gesegnete Vollendung ihrer Bilder, eine glückliche Reise, und Glück in allen ihren Unternehmungen.

 

Empfehlen Sie mich auch gefälligst Hr: v: Redberg11 & Andere Bekannten.

 

Denken Sie lieber Freund! Heut puzte ich mit Terpentin und einem steifen Pinsel das Gemalte mit der ganzen Contur der beyden Engel aus, und bin nun froh über die Ausführung meines Entschlußes wodurch ich das Andenken an Ihren weisen Rath so lange ich sein werde dankbar verehre.

 

den 9ten Julli. Gestern gieng ich noch zu Hr v: Scherers,12 sie zu fragen, ob sie eine Co­pie nach jennem Coreggio wollen. Aber sie trugen mir nun auf Sie zu bitten, jenne alte Copie zu kaufen, wie sie ist, ohne etwas daran machen zu laßen, wenn man sie für 20 Louidors bekömt, auf ein oder 2 Loudors mehr soll man nicht schauen. Und dan möchten Sie gütigst die Versendung übernehmen, auf der Blindram, aber ohne goldene Rame. Sie werden mir aber wohl noch vorher schreiben müßen, ob die Leute den Kauf eingehen. Wenn Ihnen aber Hr Gschwend13 das Gelt giebt, können Sie es sogleich be­zahlen, Hr v: Scherrer würde es dan alsogleich in St Gallen dankbar erlegen. Mit den Briefen habe ich 5 Paul Unkösten gehabt; ich mag es aber nicht verlangen. bringen Sie es in Cognito in die Rechnung, und schenken Sie es dan der guten Angiolina. Den den Reichen bin ich nicht geneigt etwas zu schenken, es ist genug das ich Zeit verloren habe!

 

 

1 Brief ohne Jahresangabe adressiert an:

           »All’Illustrissimo Sigr.

Il Signore Giovanni Metzger

Pittore celebre. Borgo Corboloni

No. 4707 Palazo della Commenda

in

Firenze«.

Die Jahreszahl ergibt sich aus einem Eintrag fremder Hand (wohl Metzger selbst).

2 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 338.

3 Fenster von ihrer Wohnung in Florenz zur Kirche.

4 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 334.

5 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 348.

6 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

7 Katharina von Predl (1790-1871), befreundete Malerin, mit der zusammen Marie Ellenrieder in Rom und Florenz weilte.

8 Carl Baethe, Reisebegleiter der Künstlerin auf der Rückreise von Florenz nach Kon­stanz.

9 Ernst Fries (1801-1833), Maler aus Heidelberg.

10 Nikolaus Hoff (1798-1873), Zeichner und Kupferstecher aus Frankfurt.

11 von Redberg, nicht ermittelt.

12 Die Familie der Freiherrn von Scherer wohnte auf Schloss Castell bei Tägerwilen im Thurgau. Marie Ellenrieder hat Albertine von Scherer mehrfach portraitiert.

13 Gschwend, nicht ermittelt.

  

 

12         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                                 [Konstanz, 23. Juli 1825]

 

            Es wird mir in diesem Augenblick nicht mehr zu Theil als daß ich Sie grüße. Und es thut mir sehr leid daß ich in dieser Zwischenzeit mein Wort nicht hielt, jezt hätte ich durch Herrn Buß2 eine allerliebste Gelegenheit gehabt. Nehmen Sie indeßen diese Abdrücke, es ist aber auch nicht die ganze Sammlung, weil ich nicht von allen Blättern Abdrücke mehr habe.

 

Da dies mein Landsman ein sehr artiger gebildeter junger Man ist, möchte ich ihm doch gerne gönnen daß er Hr: v: Reinholds3 könnte kennen lernen; Sie könnten Ihn wohl hin begleiten.

 

Leben Sie wohl! mein Lieber Freund.

 

Constanz den 23ten Julli                                                                                                           Marie Ellenrieder

 

 

in Eile

 

 

1 Brief ohne Adresse an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich als Adressat eindeutig August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.

2 Wohl Empfehlungsschreiben für Franz Joseph Buß (1803-1878), ab 1833 Juraprofes­sor an der Universität Freiburg, der 1825 als Student zusammen mit Hofrat Joseph Schmiderer eine Reise nach Italien unternahm (zu Franz Joseph Buß vergl. Julius Dorneich, Der badische Politiker Franz Joseph Buss, Diss. Freiburg 1921, S. 5)

3 Johann Gotthard von Reinhold (1771-1838), niederländischer Gesandter in Rom.

 

 

13         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                     Constanz den 20t August [1825]

 

Mein lieber Freund!

 

Verzeyen Sie wenn ich Heute eine Bitte an Sie thue. Meine liebe Predl2 schrieb mir aus Livorno; daß sie sich einschiffe nach England; und daß sie von Florenz sehr viele und bedeutende Empfehlungen mitbekommen hätte; daß sie aber dennoch wünschte eines aus Rom auch zu erhalten; und ersuchte mich daher Sie zu bitten. Nicht wahr? lieber Freund das können Sie thun, und wenn es möglich ist thun Sie es gewiß! Der Himmel wird gewiß der guten Predl ihr Unternehmen begünstigen und ihr Arbeit segnen; und wirklich man darf sie in allen Hinsichten empfehlen; sie wird Porträtte malen und sie hat das Glück es recht gut aufzufaßen.

 

Sie werden meinen Brief, und meinen 2ten Brief mit den radierten Blättern erhalten habn. Schade, daß ich nicht damals die versprochene Zeichnung fertig hatte. Es geth aber im Frühjahr ein junger Künstler von hier nach Italien, bis dorthin wird doch einmal das Gesicht halten müßen.

 

Hoffentlich werden Sie doch und Hr: v: Reinholds3 wohlauf seyn. An meinem Bilde arbeitete ich diese Zeither imer vom Morgen bis in die Nacht.

 

Leben Sie wohl! Leben Sie Alle wohl! Mit dem herzlichsten Andenken bin ich Ihnen stetz nahe, und wünsche ein Stündchen; ach! nur ein Stündchen wieder einmal bey Ihnen zu seyn.

 

Ihre Freundin

 

                                                                                          Marie Ellenrieder

 

Die Predl hat die Attresse so schlecht geschrieben, daß ich sie nicht recht zu lesen weiß, ich lege sie also bey. Wenn Sie das Briefchen an die Predl lesen mögen, es enthält ein paar Antworten, worüber sie mich fragte. Die ich aber sonst nicht weiters sage.

 

 

1 Brief ohne Adresse an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich als Adressat eindeutig August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.

2 Katharina von Predl (1790-1871), befreundete Malerin, mit der zusammen Marie Ellenrieder in Rom und Florenz weilte. Sie plante damals eine Reise nach England, wo sie eine gewisse Zeit erfolgreich tätig war (vergleiche Edwin Fecker, Die Malerin Katharina von Predl, verheiratete Grassis de Predl (1790-1871), in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Niederbayern, Bd. 131, Landshut 2005, S. 37-70).

3 Johann Gotthard von Reinhold (1771-1838), niederländischer Gesandter in Rom und später in Bern.

 

 

14         [DKGNM, Nachlass Metzger, I, B-24]1                                                  [Konstanz, 7. September 1825]

 

            Was ich im ersten Briefe an Sie schrieb, widerhole ich jezt, und noch eben so oft als ich an Sie denke.

 

Um was ich Sie aber in diesen Zeilen bitte – ist daß Sie Herrn v: Röder2 in Ihr liebes Haus aufnehmen; er ist es mehr würdig als ich es war. – Und ich zweifle auch nicht daß Sie es möglich mächen können da die gute Predl3 abgereist ist.

 

Leben Sie wohl! Ich grüße Sie alle von Herzen.

 

Constanz den 7ten Sept.                                                                                                            Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Jahresangabe an Giovanni Metzger in Florenz. Die Jahreszahl ergibt sich aus einem Eintrag fremder Hand (wohl Metzger selbst).

2 Carl Christoph Freiherr von Röder (1789-1871), mit ihm verband die Künstlerin eine lebenslange innige Freundschaft.

3 Katharina von Predl (1790-1871), befreundete Malerin, mit der zusammen Marie Ellenrieder in Rom und Florenz weilte und kurz zuvor nach England abgereist war.

 

 

15         [RM Konstanz, 1]1                                                                                   [Konstanz, 17. September 1825]

 

Ein herzlicher Jubel, war es für uns Alle, als wir Ihre Federzüge wieder erblickten; denn wir waren so begierig zu hören, ob Sie kommen, oder wohin Sie gegangen, und wie der Saurbrunn  Ihnen bekömmt, und Gott sey Dank, die Nachrichten über Ihre Gesundheit waren gut. Aber – lieber Freund, was haben Sie gethan! Schon wieder sehen wir uns alle beschenkt. Nimmer können wir Ihnen genug danken  –  Jedes verwahrt nun ein neues Gut von Ihnen, und wie schön haben Sie es gewählt  –  ein theures bleibendes Andenken! kein Anderes mehr darf dieses verdrängen, nie würden wir mehr für Sie bethen; hören Sie daß! –

 

Und wie niedlich und herzlich erfreuten Sie mich mit dem schönen Gedichte und dem Kränzchen, warum haben Sie mir es so lange vorenthalten? Sie dachten gewiß es wäre zu schön für mich, und da hatten Sie recht.

 

Daß Sie bald wieder Ihre Arbeiten vornehmen können freut mich auch herzlich, sind Sie dan nur nicht zu fleißig und folgen Sie diesem Rath, oder vielmehr – machen Sie es wie ich. – Nur langsamm gehe ich zu Werke, und plage mich nicht. Ich dürfte mir eigentlich hierin herbe Vorwürffe machen, denn ärmlich nur haben sich seither meine Studien gemehrt. Ich muß auch mehrere davon verwerffen, weil ich in der Composition einige Veränderungen vornahm. Doch, bis im Frühjahr mit Gottes Hilfe werde ich zimlich alle beysammen haben. Dan – wird mir aber Angst werden wenn Sie mit Ihrem priffenden Auge weniger Sehen als Sie erwarten. – Vorerst will ich mich aber freuen, wen Sie kommen, wenn wir Sie wieder sehen! und jezt trauern daß es noch so lange dauert. –

 

Leben Sie nun wohl. Ich ende schon, den ich kann nicht so lange artig sein wie Sie, ich will daher einem Engelein2 den Auftrag geben daß er für mich schreibe, den nur ein Englein vermag so liebliche Zeilen wie die Ihrigen sind zu erwiedern.

 

Mit herzlicher Verehrung Ihre

 

Konstanz den 17ten September                                                                                            treue Freundin

                                                                                                                                            Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Jahresangabe an Carl Christoph Freiherr von Röder (1789-1871). Die Jahreszahl 1825 ergibt sich aus dem im Rosgartenmuseum Konstanz erhaltenen Gedicht Röders mit dem anhängenden Kranz aus Alpenrosen, der mit Offenburg den 30ten August 1825 datiert ist.

2 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 387.

 

 

16         [GSA 52/I,3.4]1                                                                               Konstanz den 16ten November [1825]

 

            Heute mein lieber Freund habe ich Sie wieder um etwas zu bitten. Doch eine Freude muß ich Ihnen zuerst erzellen. In diesen Tagen kam eine unaussprechlich liebe junge schöne Dame mit ihrem Gemahl hier durchreisend mich zu besuchen sie heist Bischof2 und ist eine geborene Kestner: ich kan Ihnen nicht sagen wie mich dieß freute. O! es war eine liebliche Erscheinung. Nimmer kan ich das freundliche seelenvolle Aug vergeßen, und die liebliche Stimme mit welcher sie ihren Namen nannte, und mir von sich & Ihnen erzellte. Aber bedauern Sie mich, ich genoß dieses Glück kaum ein halb Stündchen, sie ließen sich nicht überreden länger zu bleiben, weil gerade sehr schlechtes Wetter war & sie sich deßwegen nach Hause sehnten. So verschwand daß holde Wesen gleich einem augenblicklichen Traume! Sie trug mir auf Sie herzlich zu grüßen. Sie erzellte mir auch von Hr v. Redens3 und es ist nicht lange, erfreute die li Frl Elise mich auch mit einem theuren Briefchen; den 20ten reisen sie von Karlsruh nach Berlin ab. Daß sie aber in einer Entfernung vorüber giengen schmerzt mich sehr.

 

Nun sollte ich aber mit meiner Bitte kommen. Es wird in kurzer Zeit ein sehr lieber Freund von unserem Hause nach Rom kommen, und das ist, Baron Röder4 aus Offenburg. In allen Hinsichten ein vortrefflicher, ausgezeichneter Mann; Ich wollte ihm einen Brief an Hr v: Reinholds5 mitgeben, aber es ist sein Wunsch in Rom ganz ungekannt glücklich zu seyn und nur seinem Studium zu leben und die Zeit recht thätig zu benützen. Er malt sehr schön Landschaft & Archidecktur, er malte zum Beispiel das herrliche Münster in Freyburg, und wählte zu deßen Verschönerung der Moment, wo der Bischof den hl Segen ertheilt und das Volk auf die Knie sich wirfft. Von diesem Allem wird er Ihnen nichts sagen, und er verboth mir es auch.

 

Da er aber auch gar so lieb & brav ist möchte ich ihm doch einen Freund gönnen; und wer ist dieser Tugend wohl fähiger als Sie, Nicht wahr lieber Freund! Sie werden ihm gut? Er wird Ihnen mit nichts beschwerlich fallen, den er kennt nichts anderes als selbst andern zu dienen & sich liebenswürdig zu machen. Nur um dieß bäthe ich Sie in meinem Namen, ein wenig auf eine Wohnung für ihn bedacht zu seyn, damit er zu guten Leuten kömmt; wenn vieleicht Sirlettis6 Wohnung frey wäre – freylich möchte ich ihm was beßeres gönnen, am liebsten in Torwalzens Hause7, wo zugleich auch der Tisch ist. Und dan empfehlen sie ihn nur als einen teuschen Künstler sonst könnte er geprellt werden. Er wird auch niemals mehr scheinen wollen daher wollen wir von ihm schweigen, und so dadurch seinen Willen erfillen; Ihnen allein vertraue ich dieß Kleinod |:von einem Menschen:| an, und hoffe daß er Ihnen so lieb werden wird, wie er es uns allen ist; und wie er es auch ewig bleiben wird. Er versprach in 8 Monaten wieder zurück zu kehren; aber ich hoffe es wird ihm beßer gefallen.

 

An meinem Bilde des hl Bartholomeus8 war ich diese Zeit über recht fleißig, aber ich kan es dennoch vor dem Winter wie ich hofte nicht fertig bringen; doch hat es aber etwas gewonnen, Gott sey Dank, und ich bin sehr froh darüber, denn es wollte mir gar nicht mehr gefallen, und ich fühlte so in aller Schwere die harte Aufgabe einen Apostel zu malen. –

 

Nun leben Sie so fortwehrend wohl, wie ich es bis jezt von Ihnen erfuhr; und erlauben es Ihre Geschäfte so erfreuen Sie mich wieder einmal mit einem freundlichen Wörtchen.

 

Ihre

                                                                                                                               treue Verehrerin & Freundin

                                                                                                                                                Marie Ellenrieder

 

den 17ten

 

Noch unverschloßen lag dieser Brief in meinem Pulte; und nun kan ich Ihnen noch mit Herzlicher Freude für Ihren lieben Brief vom 6ten Dieß danken. Nur schade daß er nicht ein paar Tage früher kam, ich hätte im Wirthshause den Auftrag geben können; wenn jemand unter diesem Nahmen ankäme. Und so wäre meine Freude vollkommen gewesen. Den ich hätte sie gleich in Verwahrung genommen sie hingegen kam des anderen Tages erst, an dem sie wieder abzureisen beschloßen sie versprach es aber auf ein andermal.

 

Daß Sie eine Gelegenheit finden meine geliebte Predl9 zu empfehlen freut mich & ich danke Ihnen 1000mal. Und mit einem Auftrage erfreuten Sie mich ja auch höchlich. Da wird aber was Rechtes herauskommen müßen für Sie! Aber wie kan meinem Sinne etwas so liebliches & Gutes Einfallen, daß Ihrer würdig wäre? Am liebsten dächten Sie mir selbst etwas aus; dan wollte ich es versuchen. –

 

Daß Sie den Brief mit den radierten Blättern nicht erhalten haben, thut mir leid, den es waren viele – Doch ist es beßer als jenne Porträt Zeichnung, den dies hätte ich nicht gern wieder gemacht; wohl aber die Blätter ersetze ich Ihnen gerne, und es thut mir leid, daß ich es nicht gewußt habe als der liebe Hr v: Röder von hier abreiste. Den theuren lieben Reinholdischen 1000 hochachtungsvolle Grüße. sagen Sie Hr: v: Reinholds, daß Herr v: Wessenber[g] mit seiner Fr Schwester und den 2 jungen Gräfinen in Mayland war, und von da nun glücklich zurückgekehrt ist.10 – Wir haben einen schönen Sommer gehabt, und sehen einer Segensreichen Weinlese entgegen; daher wirds ein lustiger Herbst werden. Mein Vater springt gewiß wieder über das Feur. – Leben Sie wohl!!!!!

 

 

1 Brief ohne Adresse und Jahresangabe an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich als Adressat eindeutig August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.

2 Caroline Bischoff, geb. Kestner, Nichte August Kestners, verheiratet in Basel, war laut einem Brief Kestners an seine Schwester Charlotte 1825 bei Marie Ellenrieder in Konstanz zu Besuch (vergl. Hermann Kestner-Köchlin (Hrsg.), Briefwechsel zwischen August Kestner und seiner Schwester Charlotte, Straßburg 1904, S. 145).

3 Franz Freiherr von Reden (1754-1831), war bis 1825 Gesandter des Königreichs Hannover in Rom.

4 Carl Freiherr von Röder (1789-1871), mit ihm verband die Künstlerin eine lebenslange innige Freundschaft.

5 Johann Gotthard von Reinhold (1771-1838), niederländischer Gesandter in Rom.

6 Die Wohnung in der auch Marie Ellenrieder in Rom wohnte.

7 Casa Buti.

8 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 338.

9 Katharina von Predl (1790-1871), befreundete Malerin, mit der zusammen Marie Ellenrieder in Rom und Florenz weilte.

10 Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg (1774-1860), von 1817 bis 1827 Bistumsverweser von Konstanz.

 

 

17         [GLA 56, Nr. 5255 b]1                                                                            [Konstanz, 26. November 1825]

 

Schon lange nahm ich es mir vor, wieder einmal an Euer Excelenz mich schriftlich zu wenden, den für mündlich das Glück zu haben ist für dieses Jahr meine Hoffnung vorüber, so sehr ich auch die ganze Zeit von Morgen bis Abends an dem Bilde des hl Bartholomeus beschäftigt war; und trotz aller Anstrengung gelang es mir nicht damit fertig zu werden. Ich muß also überwintern und es dan im Frühjahr vollenden, daher verließ ich das Bild |:das im Rathshaussaale steth:| und arbeite nun zu Hause und möchte diesen Winter wen mir Gott Gesundheit schenkt recht fleißig sein, ich hätte so viele kleinere Bestellungen und möchte auch gern den Versuch machen meine Madonna2 in Kupfer zu radieren. –

 

Meine Freude ist dan desto größer, je länger meine Wünsche werden gedaurt haben Euer Excelenz persönlich kennen zu lernen. Ich wünsche und hoffe daß jenne Reise ins südliche Frankreich auf Ihre Gesundheit eine wohlthätige Wirkung gethan habe.

 

Ich hätte heute eine Bitte an Euer Excelenz wen ich sie sagen dürfte. – Meine Freundin, die mit mir in Rom & Florenz war, reiste nach London um da ihr Kunstglück als Porträtmahlerinn zu versuchen, sie sorgte daher bey allen ihren Bekannten um Empfehlungsbriefe, und sie hat auch wirklich deren sehr bedeutende erhalten, vorzüglich durch den rußischen Gesannten in Florenz3 den sie zu allgemeiner Befriedigung vortrefflich malte. Da man aber der guten Empfehlungen nie zu viel haben kann, so nahm ich mir vor Euer Excelenz zu bitten, da Sie gewiß Verbindungen in England haben mir ein gutes Wörtchen für sie einzulegen. Sie ist sehr glücklich im Auffaßen und hat den schönsten Farbensinn; und in Hinsicht Ihrer Ausführung ist sie Tadellos! Nicht wahr, Euer Excelenz verzeyen mir diese Bitte, und laßen mich wenn es möglich die Erfillung hoffen. Sie heist Catarina von Predl4 und ist eine Bayerinn. Dan sendeten Sie es gefälligst an mich da ich eine Gelegenheit weiß, wo sie es frey erhalten kann.

 

Leben Euer Excelenz nun wohl, und dürfte ich bitten Ihrer verehrten Frau Gemahlin mich unterthänigst zu empfehlen. Verschmehen Sie auch nicht die Versicherung meiner tiefen Verehrung     

Euer Excelenz.

 

Constanz den 26ten Nov:                                                                               unterthänige Dienerin

                                        Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Jahresangabe adessiert an:

»Seiner Excelenz

Dem Herrn Minister

Freyherrn von Berstett

in

Carlsruhe«.

Aus dem Inhalt des Briefes lässt sich die Jahreszahl auf 1825 bestimmen.

2 Vergleiche Fischer und Blankenhagen WV 329A; Edwin Fecker, Die Druckgraphik der badischen Hofmalerin Marie Ellenrieder (1791-1863), Heidelberg 2002, WV 29; Andreas Andresen, Die Deutschen Maler-Radirer (Peintres-Graveurs) des neunzehnten Jahrhunderts nach ihren Leben und Werken, Leipzig 1872, 4. Band (Marie Ellenrieder), WV 1.

3 Aleksej Pschwerzkoff (1791-1828), russischer Gesandter in Florenz.

4 Katharina von Predl reiste im Sommer 1825 nach London.

 

 

18         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                              [Konstanz, 7. Januar 1826]

 

            Heute lieber Freund nur 2 Worte. Also nichts von Ihrem lieben Briefe und den lieblichen Bruchstücken die sich darin befanden. Nur den christlichen Wunsch zum neuen Jahr, den Gott an Ihnen erfillen möge. – Ich war etwas unwohl und fühle mich davon geschwächt; daher bitte ich Sie nur, daß Sie diesen inliegenden Brief Rödern2 behalten möchten bis er zurückkömmt aus Neapel, seine Fr Mutter schloß ihn mir bey und da sie nichts davon weiß daß er dahin gegangen ist, so könnte der Brief zu lange auf der Post liegen müßen und der Gefahr ausgesezt seyn verlohren zu gehen.

 

Vergeben Sie mir diese Bitte und leben Sie wohl. Grüßen Sie mir von ganzem Herzen die theure Familie von Reinhold.3

 

Außer den paar Tagen daß ich krank war lebte ich stetzfort glücklich Gott sey Dank, und war auch fleißig ein bischen.

 

Ach! daß ich es auch nicht wieder vergeße; sagen Sie doch gefälligst dem braven Zwerger,4 daß er seinem Fürsten bisweilen schreiben soll, er beglagte sich mit großer freundschaftlicher Theilnahme als er vor einiger Zeit hier durchreiste; und erkundigte sich bey mir nach ihm und sein Begleiter versicherte mich im Vertrauen daß es den Fürsten schmerze etc.

 

Leben Sie wohl! mein lieber Freund; und bleiben Sie mir im neuen Jahr, was Sie im Vergangenen mir waren. Gott sey mit Ihnen und er erhalte Sie immer gesund, bis Sie einmal ein bischen heimwehkrank werden, daß Sie sich aufmachen und nach Ihrem Vaterland ziehen; und aber im vorbeygehen Ihre Verehrerin nicht vergeßen, die am Bodensee ihrer harret.

 

Constanz den 7ten Jenner 1826                                                                                              Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief an August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom.

2 Carl Freiherr von Röder (1789-1871).

3 Johann Gotthard von Reinhold (1771-1838), niederländischer Gesandter in Rom.

4 Johann Nepomuk Zwerger (1796-1868), Bildhauer aus Donaueschingen, Schüler von Thorvaldsen. Zusammen mit Zwerger reiste Marie Ellenrieder 1822 nach Rom.

 

 

19         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                             [Konstanz, 25. April 1826]

 

            Ich bin eigentlich zu späth daran Ihnen meinen Antheil an der Freude zu bezeugen die Sie in so lieblicher Umgebung und der allerschönsten Natur in Frescadi2 genoßen; sie mahlten es mir so lebhaft, daß wen Sie mir nicht so lieb wären ich Sie hätte beneiden müßen ich könnte daher auch nicht schweigen, ja ich muß Ihnen sagen daß mich Ihrer liebliche Beschreibung ganz entzückte.

 

Sie forderten daß auch ich Ihnen dergleichen Freuden mitheilen sollte; aber genöße ich Sie auch, – so schön wie Sie, ist mein Herz nicht würdig die Sache aufzufaßen. Doch klagen darf ich nicht, den so theur mir auch Italien war, so theur ist mir auch meine Heimath wieder, und so viel ich auch bisweilen entbehre, so groß ist mein Dank, den nicht wieder darf die Zeit für mich kehren, es wäre zu viel Glück! Ich habe genug, Gott sey Dank. Er hat mir mein Vater gespaart er hat mir in allen Hinsichten eine liebliche Heimath geschenkt, und thue ich mich auch bisweilen in der Kunst sehr hart, so ersezt mir der Frieden der Seele |:wen schon ohne alle eigene Verdienste:| es doch immer in unendlicherem größerem Maaße.

 

Am liebsten wäre es mir, ich könnte den Sommer über in Constanz bleiben, allein später muß ich nach dem Unterlande ziehn und vieleicht erst im Winter wieder zurückkehren können. In wenigen Tagen geh ich an das Bild des hl Bartholomeus.3 Von 5 angefangenen kleineren Bilder habe ich bisher nur 3 bereits fertig gemacht, ich zeichnete aber den Winter fleißig nach der Natur, Köpfe und trapierte Figürchen. Und nun bestädigten Sie mir Ihren Ehrenvollen Auftrag was mich herzlich freut. Und ich stimme ganz mit Ihnen überein, daß ein Kniestück nicht übel wäre, ich habe noch in Florenz eine hl. Cecilia componiert mit einer kleinen Orgel auf der Schooß4 worauf sie mit der rechten Hand spielt und mit der Linken die Orgel hält, wenn ich daran komme würde ich Ihnen dan eine kleine Skitze davon machen. Und es müßte dan die erste Arbeit sein nach dem was angefangen ist, und den paar Paar Porträten in Mannheim. Nur muß ich Ihnen bemerken, daß wen mir ein Kirchenbild aufgetragen wird, ich ein solches vor all’ anderem unternehme, dieß beobachtete ich seit seit mehreren Jahren. Und soeben stehe ich in Unterhandlung wegen einem Hauptbilde in eine Dorfkirche aus dem Bezirksamte Lörach.

 

Von meiner Freundin Predl5 habe ich die besten Nachrichten sie hat 5 lebensgroße Porträte zu mahlen und zu 2 historischen Bilder Aufträge, sie hat Freunde da gefunden die sie beschitzen und die ihr die allerbesten Hoffnungen für die Zukunft machen, den im May wird eine Kunstausstellung seyn wo sie den auf einmal öffentlich wird bekannt werden. Für ihre Bilder hätte sie 40 Louidors Eingangszoll erlegen sollen; wie aber der Mautbeamte die Kiste öffnete, sieh’ da! da war alles grau und schimmlich – da hieß es, daß man diese Dame nicht so sehr in Schaden bringen könne, und sie durfte damit ziehen ohne einen Kreutzer bezahlen zu müßen; stille aber im Herzen entzückt eilte sie nach Hause und am zweiten Tage standen die Bilder so schön wie nach ihrer Vollendung da. So beschützt in allen Vorfällen die weise Vorsehung von Oben, meine geliebte Predl. Gott sey Lob & Dank. Ihre Atresse ist. /28. Soho Square London/.

 

Das ich Ihr liebes Briefchen aus Frescadi erhalten daß es mich innig erfreute und herzlich dafür dankbar bin, habe ich Ihnen schon bezeugt: aber es umständlich zu beantworten, dazu schlug das süße Stündchen so lange nicht! doch ist es jezt gekommen ich eile es mit aller Treue & Liebe zu umfaßen, die jenner Treue & Liebe gleicht womit ich Sie in Gedanken verehre. Ja wenn Sie wüßten wie oft ich im Geiste bey Ihnen weile! oft sehe ich Sie glücklich oft aber es weniger, wen der Schwarm der Weltsinder um Sie zu groß wird. Bisweilen fahre ich mit Ihnen nach der Ponte Sakara und villa Severina und zum Grabe des hl Bartholomeus. Dan sehe ich Sie wieder auf dem weißen Pferd wie damals auf dem Berge und ein andermal begegne ich Sie wieder, da halten Sie still und o! wäre dieser Augenblick eine gewünschte Wirklichkeit was wäre daß für ein freudiges Wiedersehen!

 

Daß war aber recht Streichmäßig daß Sie Ihr Porträt verschniten, ich würde das fehlende schon hinzugedacht haben, und wen ich am Ende nur noch die Nase dazu bekommen hätte, aber anstadt dieser fand sich ein anderes Papierchen; ich  ahne indeßen die Augen die recht ähnlich sind, und verwahre sie in meinem Gebethbuch, damit wen ich vor Gott stehe auch Ihrer im Gebethe nicht vergeße. Ich habe seither auch das meinige gezeichnet man findet es ähnlich doch frapant kan, glaube ich, keiner sein eigenes Portät machen. Der Erste der nun durch hier nach der heiligen Stadt wandert, dem hänge ich es an. Das Verschneiden überlaße ich Ihnen weil Sie so gut mit umgehen können.

 

Dem lezten Schreiben nach von Hr: v: Reinholds6 ist Hr: v: Röder7 noch in Rom, in dem Falle bäthe ich, daß man ihm mit dem Reibstein verschonen sollte; ich weiß bestimmt daß es ihm lästig wäre; er ist ein ängstlicher Reiser und hat nicht gern Sorge; und er ist uns Allen so lieb daß wir ihm damit nicht lästig fallen möchten. Seine Freundschaft gegen uns bestäth in höheren Dingen als nur in einer so kleinen Gefälligkeit und ich vorzüglich bin Röders große Schuldnerinn. Es wäre mir also sehr lieb der Stein käme mir durch die Spedition zu; er mag mich Fracht kosten was er will so reuts mich nicht, und ich wäre sehr froh ich bekäme ihn einmal; und da Röder sich noch in Oberitalien aufhalten wird, so wäre also diese Gelegenheit nicht die schnellste. Grüßen Sie ihn mir, ich bitte aufs freundschaftlichste, und sagen Sie ihm daß wir alle mit großer Sehnsucht dem Widersehn uns entgegen freuen.

 

Vorzüglich bitte ich Sie auch mich den theurn Reinholdischen zu empfehlen, und daß ich herzlich dankbar wäre für die beyden Briefe die ich recht bald beantworten werde.

 

Grüßen Sie mir auch meine bekannten Teutschen und wen Sie mir schreiben sagen Sie mir auch etwas von diesen. Sie schreiben Mir auch ein Wort ob Heinrich Hess8 aus München noch in Rom ist, und wie seine 9 Musen ausfielen etc etc Vergeben Sie mir meinen Vorwurff; und beßern Sie sich, daß auch ich Ihnen vergebe!

 

Leben Sie nun wohl mein lieber Freund; und verschmehen Sie nicht, wen ich Sie aufs neue meiner vollkommenen Verehrung versichere.

 

Ihre

 

                                                                                                                       treue Freundin Marie Ellenrieder

Constanz den 25ten Aprill.

 

 

1 Brief ohne Adresse und Jahresangabe an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich als Adressat eindeutig August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.

2 August Kestner weilte im Herbst 1825 zusammen mit der Familie von Bunsen in Frascati (vergl. Hermann Kestner-Köchlin (Hrsg.), Briefwechsel zwischen August Kestner und seiner Schwester Charlotte, Straßburg 1904, S. 145).

3 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 338.

4 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

5 Katharina von Predl (1790-1871), befreundete Malerin.

6 Johann Gotthard von Reinhold (1771-1838), niederländischer Gesandter in Rom.

7 Carl Freiherr von Röder (1789-1871).

8 Heinrich Maria von Heß (1798-1863), war ab 1827 Professor an der Akademie in München.

 

 

20         [Stadt Köln, Historisches Archiv, B.1018]1                                            [Stuttgart, 18. September 1826]

 

Verehrte Herrn!

 

Schon lange trage ich ein großes Verlangen Ihre schöne Gemälde Sammlung2 zu sehen, nun wird mir dieses Glück zu Theil, aber nur auf einen einzigen Tag, dürfte ich Sie also ersuchen mir es ein Stündchen früher als es gewöhnlich erlaubt ist zu kommen? –

 

Mit großer Verehrung

 

Ihre

 

Stuttgart den 18ten Sep                                                                                                ergebenste Dienerin

                                   1826                                                                                                  Marie Ellenrieder

 

Für Morgen wäre meine Bitte.

 

 

1 An die Gebrüder Boisserée.

2 Die Sammlung mittelalterlicher Gemälde der Gebrüder Boisserée und Johann Baptist Bertram wurde von 1819 bis Juni 1827 in Stuttgart gezeigt.

 

 

21         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                       Carlsruhe den 30ten Nov. 1826

 

            Zanken Sie mich nicht lieber Freund! Den wenn Ihnen ernst war Nachrichten von mir zu erhalten, so bin ich wirklich ein bischen späth. Laßen Sie mich aber vorerst für Ihr liebes Briefchen danken, daß so freundlich mich ansprach und mir jenne goldene Zeit, so lieblich vergegenwärtigte, als wären Sie mir nahe und Ich bey Ihnen in dem lieben heiligen Rom!

 

Daß Sie nun von Hr v: Reindolds2 verlaßen sind bedaure ich, und wirklich weiß ich nicht wo sie sich aufhalten ich nahm mir daher vor, den Brief an die Frl Marie Ihnen beyzuschließen; Sie schicken ihn ihr gewiß recht bald, nicht wahr? Ich ließ ihn offen es ist nichts darin, was Sie nicht wißen sollten und enthällt die gleichen Nachrichten die ich Ihnen hätte geben können; nehmen Sie aber ja keinen Anstoß, an dieser meiner Schreibsparsamkeit! und lesen Sie ihn, und bedauern Sie mich ein wenig, aber nicht viel – den Sie wißen schon, das eigentliche Glück kömmt nicht von dieser Welt. Bin ich aber wieder am Bodensee dan schreibe ich Ihnen, wenn Gott will recht fröhliche Nachrichten sowohl von den lezten Residenzischen Tagen |:die gewiß noch ein gutes End nehmen:| als von dem fröhlichen Kreise der li Meinigen.

 

Was ich Ihnen früher vom Porträtmalen sprach waren nur die Bilder der Fr Großherzogin,3 und die 2 kleinen & jennes für eine Freundin. Erstere wurde gehindert mich kommen zu laßen und wahrscheinlich wird nichts daraus werden weil sie aufs neue wieder mit einer Tochter verreist, es wäre mir sehr lieb, den ich sehne mich herzlichst nach ruhigen heimathlichen Tagen, wo ich beßer der Kunst pflegen kan, um so mehr, da ich so viele angenehme Aufträge von historischen Gegenständen habe. Und zwar auch ein Altarbild mit einer Madonna und dem Kinde,4 ohne Jennes, daß ich gewiß noch in die katholische Kirche zu mahlen bekomme.5 Wenn ich es aber nicht bekomme, so ist es eine verdiente Strafe für meine Vermeßenheit ein so großes Bild malen zu wollen. – Mit dem großen Bild würde ich aber nicht eilen derfen, daher soll auch die hl Cecilia6 wills Gott mitunter angefangen werden. Zum Köpfchen habe ich ein schönes Fräulein gefunden die mir saß, Sie wißen ich mache alle Theile einzel zuerst, ehe ich zum Carton schreite.

 

Nicht ein Reisender, sondern eine Reisende, wird Ihnen die Porträtzeichnung7 gebracht haben; und – waren Sie so glücklich daß diese es Ihnen selbst übergab so haben Sie gewiß die Zeichnung gar nicht angeschaut! Es ist unsere liebenswürdige Frl Courtin bey der Herzogin de St. Leux.8

 

Von Baron Röder9 erhielt ich die Zeichnung noch nicht, es war nemlich bey seiner Ankunft seine Mutter tödlich krank, und darauf wurde auch er tödlich krank. Der Gute er versprach mir alles selbst zu bringen, und so muß ich jezt noch Gedult haben.

 

Daß aber der Hr Spediteur keine Fracht verlangte kan ich nicht begreifen. Ist es Jenner in der Strada Babuina? Wenn nicht die schöne Befriedigung die Sie bey Ihrer früheren Bestellung ihm leisteten schuld ist; – so sagen Sie ihm doch meinen schönsten Dank.

 

Sagen Sie allen meinen lieben Freunden und Bekannten 1000 schöne Grüße.

 

Und nun leben Sie wohl li Freund! Leben Sie glücklich und zweifeln Sie nie an meiner Verehrung & Freundschaft mit welchr Sie in meinem Andenken fortleben, bis sie alle ausgelebt sind, die Tage meines Lebens.

 

                                                                                                                      Marie Ellenrieder

 

Könnten Sie mir nicht einmal eine kl Zeichnung von jenner Orgel machen, von der Sie sprachen?

 

 

1 Brief ohne Adresse an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich als Adressat eindeutig August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.

2 Johann Gotthard von Reinhold (1771-1838), niederländischer Gesandter in Rom.

3 Sophie von Baden (1801-1865), ab 1830 Großherzogin. Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 105.

4 Gemeint ist wohl das Altarbild für Kappel am Rhein, das nicht beauftragt wurde.

5 Gemeint ist wohl das Altarbild für die katholische Stadtpfarrkirche St. Stephan in Karlsruhe.

6 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

7 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

8 Hortense de Beauharnais, Königin von Holland, Herzogin von St. Leu (1783-1837) erwarb 1817 das Schloss Arenenberg am Schweizer Ufer des Bodensees, wo sie sich bis zu ihrem Tod häufig aufhielt. Sie war mit Marie Ellenrieder durch den Freiherrn von Wessenberg bekannt geworden und galt als Mittelpunkt der Konstanzer Hautevolee (vergl. Dominik Gügel, Joseph Freiherr von Lassberg und sein Konstanzer Umfeld, in: Joseph von Lassberg – des letzten Ritters Bibliothek. Ausstellung im Bodman-Haus, Gottlieben, 2001, S. 139 ff.)..

9 Carl Freiherr von Röder (1789-1871).

 

 

22          [Pfarrarchiv Kappel a. Rh.]1                                                                   Carlsruhe den 8ten Dec. [1826]2

 

Sie verlangten Hochwürdigster Herr Comissarius! so schnelle und bestimte Nachrichten, daß es mir unmöglich ist, Sie nach Wunsch zu befriedigen.

 

1. Bin ich mit meiner Composition noch nicht einig,3 daher kan ich die Höhe und Breite noch nicht genau angeben; ich denke aber so 8 Schuh hoch, & 5 Schuh breit, dan wäre es von der Größe wie jenne Seitenbilder in Ichenheim.4 (Nierenberger Maaß.)5

 

2 Die Vollendung könnte ich auf künftigen Oktobr nicht schwerlich zu Stande bringen. Denn ich hänge von mir selbst nicht immer ab, wie gerade jezt in Carlsruh, wo sie mich beauftragten die Kinder des Hr Marggraf Leopold zu mahlen,6 ich dränge zwar nach Hause, aber es wird eine Hinderniß um die andere es unmöglich machen.

 

3. Der Preis dächte ich, könnte auf 800 f kommen, oder 1000.

 

Nun muß ich Sie mit etwas anderem plagen; ich frug nemlich in meinem lezten Brief an meinen Vater ob die Gelter für das Bild nach Ortenberg7 eingegangen wären, allein er glaubte es wäre an mich gekommen, und es fand sich die Suscripzion vor, wovon ich Ihnen hier eine Abschrift beylege; Es thut mir sehr leid Ihnen Hochwürdigster Herr Comissarius damit lästig fallen zu müßen. Aber ich habe keinen andern Weeg, den ein solches Geschäft könnte doch würklich meine Sache nicht sein, um so mehr, da man mich wegen dem Auftrag zum hl Steffanus8 von Haus zu Haus schickte und man michs empfinden läßt daß man nicht geneigt ist meine Wünsche zu erfillen. Übernehmen Sie es also aus christlicher Liebe und ist es beysammen, so kann es an meinen Vater geschickt werden, den für den hiesigen Aufenthalt reicht noch meine kleine Baarschaft hin.

 

Mit tiefer Verehrung Euer Hochwürden,

 

 ergebenste Dienerin

                                        Marie Ellenrieder.

Ich dachte soeben das Original der Schrift werde

beßer sein, als die Kopie.9

 

 

1 An Dr. Vitus Burg (1768-1833), Großherzoglich geistlicher Ministerialrat und Pfarrer in Kappel am Rhein (Herrn Hermann Bürkle, Ortenberg, danke ich für den Hinweis auf den Schriftverkehr im Katholischen Pfarramt von Kappel a. Rh.; zu Dr. Vitus Burg vergl. Edwin Fecker, Die Altargemälde von Marie Ellenrieder in der Pfarrkirche von Ortenberg, in: Die Ortenau, Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden, Bd. 93, 2013 S. 396 ff.).

2 Die Jahreszahl 1826 ergibt sich aus dem vorhandenen Schriftverkehr im Katholischen Pfarramt von Kappel a. Rh.

3 Gemäß dem im Schriftverkehr vorhandenen Vertragsentwurf sollte es sich um ein »Altarblatt auf einen Nebenaltar, die heilige Maria mit dem kleinen Jesuskind vorstellend« handeln (freundliche Mitteilung von Herrn Dieter Weis, Ettenheim).

4 Fischer und Blanckenhagen WV 362 in Ichenheim misst 243 x 153 cm.

5 Nach Nürnberger Maß misst 1 Schuh = 30,4 cm.

6 Prinzessin Alexandrine geb. 1820, Prinz Ludwig geb. 1824 und Prinz Friedrich geb. 1826. Die Portraits sind weder bei Fischer und Blanckenhagen noch im Verzeichnis der Zähringer Bildnissammlung von Gerda Franziska Kircher, Karlsruhe 1958, aufgeführt.

7 Fischer und Blanckenhagen WV 338.

8 Fischer und Blanckenhagen WV 367.

9 Die Nachschrift bezieht sich auf die im Brief erwähnte Beilage.

  

 

23         [RM Konstanz, 2]1                                                                                    [Karlsruhe, 21. Februar 1827]

 

Bange Sorge lieber Freund! hatte ich um Sie; den von allen Seiten hörte ich daß Sie so sehr krank wären. – Wie sehr mußte mich also Ihr lieber Brief vom 16ten Januar freuen! Gott sey Dank daß Sie uns wieder gegeben sind! und so heiter drückten Sie sich in ihren Zeilen aus, als wäre Ihnen kein Leiden begegnet, und ich glaube es auch noch nicht recht, bis Sie es mir mündlich erzellen werden. Ich dachte in jennen Tagen daß dieß bald geschehen werde und ein kleines Briefchen war schon geschrieben worin ich Ihnen meine Ankunft in Offenburg genau bestimmte, aber sieh da! es kamen Briefe von Hause die mich warnten bey der ungewöhnlich strengen Kälte nicht zu reisen, und zur gleichen Zeit wurde ich beauftragt den Hr Großherzog in Pastel2 zu zeichnen, was ich sonst hier noch arbeitete erzelle ich Ihnen dan mündlich; und bis dorthin werde ich dan auch mit einem großen Auftrag erfreut werden, um den ich die ganze Zeit über umsonst bath. – Da ich den kl Hl Johannes3 auf die Ausstellung4 noch zu vollenden habe, so kan ich vieleicht erst in 3 Wochen abreisen, vieleicht noch später; auf alle Fälle kan ich mich aber in Offenburg nicht lange aufhalten, den ich müßte zu viele Besuche da machen, da ich durch das Bild in Ortenberg5 in mehrere Verbindlichkeiten kam, still und ungestört will ich nur Sie sehen, und dan, den Herrn Pfarrer von Ortenberg. Ein gewaltiger Drang logt mich in meine heimathliche Einsamkeit, den bald werdens 8 Monate daß ich von da weg, kein wahres Kunstleben mehr hatte. –

 

Denken Sie doch, von Baden aus hätten wir Sie bald einmal überrascht, meine Freundin |:die Frau von Vincenti:|6 hatte Lust das Bild in Ortenberg zu sehen, der Tag war schon gewählt, aber durch Hinterniße wurde dieser Spaß uns vereitelt: – Ich bin nun sehr begierig nach welchem Bade Sie im Frühjahr reisen werden, – wen der Arzt Ihnen jennes in Überlingen anriethe? da wären Sie uns nahe!

 

Ich bedarf Gott sey Dank kein Bad, den außer einer kl Halsentzindung war ich immer wohl.

 

Ich wollte diesen Brief einem jungen Mahler7 mitgeben der von hier nach Hause im Schwarzwald reist er ist ein Schühler von Cornelius,8 hat viel Talent und auch schon viel Geschicklichkeit erworben, durch ein Mißverständniß hat er Schicksale hier gehabt, man nahm sich aber seiner an, alles eilte ihm zu Hilfe; meine Freundin both ihm ihren Tisch für Mittag & Abens an; Durch sein artiges Benehmen und wahren Verdienste ist er uns recht lieb geworden; daher bäthe ich für ihn wenn er am Freytag mit dem Postwagen abgeth und bis Montag in Offenburg warten muß, daß er die Aufnahme bey Ihnen wie bey meiner Freundin genöße, damit er weniger im Wirthshaus brauchte. Er ist erst 20 Jahr alt und hat vor 6 Jahren seinem Vater noch die Kühe gehüthet.

 

Nun sage ich Ihnen mein Lebe wohl auf ein baldiges schönes freudiges Wiedersehen!

 

Empfehlen Sie mich hochachtungsvoll Ihrer verehrten Frau Mutter und empfangen Sie noch 1000 herzliche Grüße.

 

Mit inigster Verehrung Ihre

 

Carlsruh den 21ten Februar                                                                                                 Freundin   

                                  Marie Ellenrieder

 

Da es schon Mittwoch ist will ich diesen Brief gerade noch bis Freytag behalten.

 

 

1 Brief an Carl Freiherr von Röder (ohne Adresse und ohne Jahr). Nach seiner Rückkehr aus Italien im Spätjahr 1826 erkrankte Röder schwer (s. Brief der Künstlerin vom 30. November 1826 an August Kestner), demnach und aufgrund der übrigen im Brief erwähnten Tatsachen ist der Brief eindeutig auf den 21. Februar 1827 zu datieren.

2 Ludwig I. Großherzog von Baden (1763-1830), Fischer u. Blanckenhagen WV 42.

3 Hl. Johannes der Täufer als Knabe, das Kreuz bindend (datiert 1827), nicht bei Fischer und Blanckenhagen. Abgebildet im Ausstellungskatalog Rosgartenmuseum Konstanz, Konstanz 1992, Kat.-Nr. 38.

4 Kunstausstellung in Karlsruhe im Mai 1827 (s. Kunstblatt, 8. Jg., S. 179, 1827).

5 Fischer und Blanckenhagen WV 338.

6 Anna von Vincenti, geb. von Hüetlin (1793-1866), Freundin der Künstlerin, war seit 1818 verheiratet mit Carl August von Vincenti (1792-1824).

7 Johann Baptist Kirner (1806-1866), Maler aus Furtwangen. Siehe Brief vom 23. April 1827.

8 Peter von Cornelius (1783-1867), seit 1825 Professor an der Akademie in München.

 

 

 

Marie Ellenrieder Ortenberg

 

24         [RM Konstanz 3]1                                                                                         Karlsruhe, 23. April [1827]

 

Lieber Freund!

 

So lange dachte ich damals nicht, daß Ihr liebenwürdiger heiterer Brief vom 4te Märtz unbeantwortet bleiben könnte; – Mündlich es zu thun war meine Absicht, aber Abhaltungen aller Art verzögerten meine Abreise bis jezt, nun kömts mir aber zu nahe an die Kunstausstellung2 als daß ich nicht noch bleiben sollte: daher wende ich mich noch einmal schriftlich an Sie. –

 

Das Sie Kirner3 so freundlich aufnahmen danke ich Ihnen herzlichst; und daß er Ihnen Einiges von mir erzellen durfte, war gut, damit Sie aus dem angegebenen Fehler gerißen waren deßen Sie mich beschuldigten! Überhaupt gehen Sie so entsetzlich mit mir um, daß ich aus Furcht Offenburg wohl werde umgehen müßen! Da Sie gewiß noch wenig arbeiten, so könnte es Ihnen einfallen ein bischen hieher auf die Ausstellung zu kommen? Und ich hoffe Sie haben auch etwas eingeschickt? Hier kämen Sie mir weniger furchtbar vor! Und Sie werden doch nicht so stolz geworden sein daß Sie unseren teuschen Arbeiten nicht auch einen Blick schenken möchten: Wen Sie nicht kommen so besteche ich Ihr Arzt, daß er Sie nach Petersburg ins Bad schickt.

 

Sie nehmen gewiß auch Theil, wenn ich Ihnen sage, daß mein 5 Jähriger Wunsch |:ein Altarbild in die hiesige Kirche mahlen zu dürfen:|4 erfillet ist. Großmüthig und liebreich hat der Herr Großherzog5 selbst den Auftrag ertheilt.

 

Ich stehe also vor einem großen Beginnen, und zittern. Sobald ich nach Hause komme gedenke ich mit den Studien anzufangen.

 

Von Hause habe ich Gott sey Dank immer gute Nachrichten und nun habe ich Ihnen alles gesagt was ich weiß.

 

Jezt leben Sie wohl! Leben Sie klücklich und kommen Sie bald zur Versehnung hieher und laßen Sie sich nicht so leicht zurückhalten das Gute zu thun.

 

Empfangen Sie indeßen 1000 herzliche Grüße, und empfehlen Sie mich schönstens Ihrer verehrten Frau Mutter. Und indem ich ein bischen meiner Rache zu verstummen gebiethe – versichere ich sie der treusten Verehrung

 

Carlsruh den 23ten Aprill                                                                                Marie Ellenrieder

 

wen die Ausstellung am ersten anfangt, reise ich am 5 ten hier ab.

 

 

1 Brief ohne Jahreszahl mit folgender Adresse:

                       »Seiner Hochwohlgebohren

Dem Freyherrn Carl von Röder

in

Offenburg«

(Das Jahr ist durch den Postaufgabestempel »Carlsruhe 23. April 1827« eindeutig bestimmbar).

2 Kunstausstellung im Badischen Kunstverein Karlsruhe (Kunstblatt, 8. Jg., S. 179, Die Kunstausstellung in Karlsruhe im Mai 1827. Marie Ellenrieder zeigt: Hl. Anatolia und Hl. Victoria sowie Hl. Johannes ein Kreuz zusammenbindend. Ferner das Porträt des Großherzogs von Baden und drei Kinderbildnisse in Pastell).

3 Johann Baptist Kirner (1806-1866), Maler aus Furtwangen.

4 Fischer und Blanckenhagen WV 367 (Kunstblatt, 8. Jg., S. 116, Kunstnachrichten, Carlsruhe, 18. März 1827. »Fräulein Ellenrieder hat den Auftrag erhalten, für den Hauptaltar der katholischen Kirche einen hl. Stephanus zu malen.«).

5 Ludwig I. Großherzog von Baden (1763-1830).

 

 

25         [Pfarrarchiv Kappel a. Rh.]1                                                                     [Karlsruhe, Ende April 1827]2

 

Hochverehrtester Herr Comissarius!

 

Daß Sie in Carlsruh nicht zu mir kammen, hat mich im Herzen geschmerzt; es war freylich sehr schlechtes Wetter aber ich wollte dennoch zu Ihnen gehn, allein meine Freundin hielt mich gewaltsam zurück, weil ich damals schon mehrere Tage unwohl war; und so schwanden Sie aus der Residenzstadt ohne mich arme nach Ihnen Sehnende besucht zu haben! Und ich hätte so viel mit Ihnen zu reden gehabt. – Sie sprachen mir von Einem Künstler den ich Ihnen aus Gewißenhaftigkeit ausgeredet hätte; Wir leben jezt in einer beßern Zeit für die Kunst, die Gemeinen Leute wie die gebildeden fangen an das Beßere vom Schlechten zu unterscheiden; und so, wenn Sie ein wohlthätiger Beschützer sein wollen, riethe ich Ihnen anders. Für die Madonna3 schlüge ich die Frl Seidler4 aus Weimar vor, die dem Herzog von Gotha eine sehr schöne Madonna5 malte; diese unterichtete mich in der Art zu mahlen wie meine Madona mit dem Kinde6 |:das doch überall noch gefiel:| gemalt ist. In diesem Falle würde ich sie fragen ob sie es für 800 f unternehmen würde; den Hl Hilarius würde ich Ihnen dan nach dem großen Bilde7 mahlen, wenn ich dürfte; aber ich will Sie auf einen jungen Künstler aufmerksam machen, der ist ein Schüler von Cornelius in München8 veräth ein ausgezeichnetes Talent. Der Herr Großherzog nahm ihn in Schutz, und die Herrn Marggrafen wurden so sehr für ihn eingenommen, das jeder aus ihnen eine reiche Gabe schenkte, und mir versicherte Herr Marggraf Leopold9 selbst, daß er sich herzlich freue hier ein neues Vaterländisches Talent empor kommen zu sehen. Er ist ein Schwarzwälder heist Kirner,10 und ist von vortrefflichen Sitten wovohn alle seine Preise und Zeugniße zeugen. Dieser könnte zwar jezt schon mit einem solchen Auftrag benachrichtigt werden, den da er einer der besten liebsten Schüler von Cornelius ist, würde dieser sich gewiß thätig um ihn annehmen, daß es schon jezt ein sehr gutes Bild geben könnte, und da er von keiner Seite her noch Hoffnungen dieser Art haben kan, so würde er es gewiß wohlfeiler unternehmen, so wie ich auch die Bilder nach Ichenheim um eine kleinere Summe lieferte;11 als es jezt geschehen würde. Aus Liebe für meinen Beruf, und aus Pflicht das Gute zu befördern, fühle ich mich aufgefordert, Ihnen dieß auf Ihr Gewißen zu legen; Und ich darf dieß auch dreist thun, den nur in der Überzeugung daß von meiner Seite alles geschehen wird, und vorausgesezt, daß ich große akademische Hilfe zu jennen Bildern genießen werde, haben Sie sich so großmüthig und werkthätig um mich angenommen, welches ich lebhaft anerkenne.12

 

Aber Urtheilen Sie gnädiger, wenn Sie gern von mir sagen möchten daß es Undank wäre daß ich das Bild nach Kappel13 nicht malte, so viel Unkösten in Italien geha[…………]14 muß ich auch in finanzieller Hinsicht auf mich denken, drum konnte ich jennen Akord von 800 f nicht unterschreiben, hätten Sie meine ehrlichen Bedingniße hinzugefügt, würde ich es unterschrieben haben, und mein Wort nicht wieder gebrochen.

 

Als aber nun der Auftrag zu dem Großen Bilde mir zu Theil wurde, war ich frey – und gewiß nicht ungerecht, den von diesem Bilde des hl Steffanus15 sprach man mir schon ehe ich nach Italien reiste. Von Rom sendete ich schon die Composition16 ein, die man auch jezt noch beybehielt. Und Sie selbst sagten am Tische in Ortenberg, ja wen Sie dieses bekommen so müssten wir freylich warten.

 

Halten Sie mich übrigens nicht für beßer als ich bin, nur bleiben Sie mir gut, und nehmen Sie mich ferners in Ihren Schutz und laßen Sie mich in Ihr frommes Andenken empfohlen sein. Ich bin ja ihre Vaterländische Malerin, die nur Ein Streben kennt |:aber in der Erwartung zitternd:| befriedigen zu mögen.

 

Mit tiefster Verehrung

Ihre   

Dankbare Dienerin Marie Ellenrieder

 

Von den Geltern für das Bild in Ortenber[g], habe ich noch eine große Summe rückständig. – Wenn sie also noch nicht in den Händen des Herrn Pfarrers Fey17 ist, dem ich jezt geschrieben; so bäthe ich herzlichst es zu befördern. Und nun habe ich noch eine Frage zu beantworten, wie bald das Bild nach Carlsruh fertig sein müße; sie sezten mir einen Termin von 3 drei Jahren. und früher werde ich damit nicht fertig werden den es soll groß werden.

 

1 Brief ohne Jahreszahl adressiert an: »Seiner Hochwürden Dem Herrn Geistl. Rath und Comissär Dr: Burg in Kappel (per Kippenheim) am Rhein«.

2 Die Jahreszahl 1827 ergibt sich aus dem vorhandenen Schriftverkehr im Katholischen Pfarramt von Kappel a. Rh., der von Herrn Dieter Weis, Ettenheim, ausgewertet und mir freundlicherweise von Herrn Hermann Bürkle, Ortenberg, zur Kenntnis gebracht wurde. Da der Brief den Postaufgabestempel »R.2.CONSTANZ 1. MAI« trägt, ist zu vermuten, dass die Künstlerin, die sich damals in Karlsruhe aufhielt, den Brief ihrem Vater zur Kenntnis nach Konstanz sandte und dieser ihn bei der Post in Konstanz aufgegeben hat.

3 Betrifft den gescheiterten Auftrag für das Madonnengemälde in Kappel a. Rh. (vergl. Brief vom 8. Dezember 1826 an Dr. Vitus Burg).

4 Louise Seidler (1786-1866), befreundete Malerin in Weimar.

5 Auf Bestellung des Prinzen Friedrich von Sachsen-Gotha (1774-1825), seit 1823 Herzog von Sachsen-Gotha malte die Künstlerin »Maria mit dem schlafenden Kinde, dem kleinen Johannes und drei Engeln in ganzer Figur« (vergl. Bärbel Kovalevski, Louise Seidler 1786-1866, Goethes geschätzte Malerin, Berlin 2006, Werkliste G 66).

6 Bärbel Kovalevski wie Anm. 5, S. 176 ff.

7 Bei dem Großen Bilde handelt es sich um den »Tod des hl. Stephanus« in der katholischen Stadtpfarrkirche in Karlsruhe (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

8 Peter von Cornelius (1783-1867), Direktor der Münchner Akademie der Künste.

9 Leopold Markgraf von Baden (1790-1852), ab 1830 Großherzog von Baden.

10 Johann B. Kirner (1806-1866), seit 1824 Student an der Akademie der bildenden Künste. In München (vergl. Carina Mahlbacher, Johann Baptist Kirner 1806- 1866, Badischer Hofmaler, Diss. Stuttgart, 1983).

11 Laut einer Kostenzusammenstellung für die neu erbaute Kirche in Ichenheim, die mir Herr Hermann Bürkle, Ortenberg, freundlicherweise zukommen ließ, betrugen die Kosten für die 3 in die Kirche gelieferten Gemälde der Künstlerin Demoiselle Marie Ellenrieder 1650 Gulden.

12 Die Kartons zu den Altargemälden von Ichenheim hat die Künstlerin während eines längeren Aufenthaltes in München im Jahre 1820 unter Anleitung ihres früheren Lehrers Prof. Robert Langer an der Akademie der bildenden Künste ausgearbeitet.

13 Wie Anm. 3.

14 Textverlust infolge des Siegels.

15 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

16 Bei Fischer und Blanckenhagen WV 367 wird diese Komposition nicht erwähnt.

17 Anselm Fey (1776-1839), seit 1822 Pfarrer in Ortenberg.

 

 

26         [EA Freiburg, FK 12207]1                                                                              [Karlsruhe, 1. Mai 1827]

 

Vertrag

mit der Fräulein Ellenrieder von Konstanz

über

die Fertigung eines Altarblattes an den Hochaltar in der katholischen Kirche dahier

betreffend

 

1.) Die Fräulein Ellenrieder von Konstanz macht sich verbindlich an den Hochaltar der katholischen Kirche dahier nach beygehender Skizze ein Altarblatt um die Summe von 4000 fl. mit Worten – Viertausend Gulden – binnen drey Jahren zu fertigen.

 

2.) Derselben wird für Fertigung dieses Altarblattes nach der vorgelegten Skizze die Summe von – Viertausend Gulden mit allerhöchster Genehmigung Seiner Königlichen Hohheit des Großherzogs unter der Bedingung zugesichert, daß die Arbeit binnen den nächsten drey Jahren gefertigt werden müße; wenn nicht Hinderniße, deren Hebung nicht in der Gewalt der Künstlerin liegt, eine Verlängerung der Arbeitszeit fordern sollte, was die Fräulein Ellenrieder dann nachzuweisen sich verpflichtet.

 

Dieser Vertrag wurde doppelt ausgefertigt und jedem Theile ein Exemplar zugestellt. Karlsruhe den 1ten Mai 1827.

 

                        Genehmigt.                                                    mit Dank und Freude

Karlsruhe den 12ten Mai 1827.                                                         Marie Ellenrieder

Ministerium des Innern, Katholische Kirchen Section.

                                  

Engeßer

 

1 Der Vertrag über die Anfertigung des Altarbildes Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367) ist von fremder Hand geschrieben und nur die Unterzeichnung »mit Dank und Freude Marie Ellenrieder« ist eigenhändig. Für das Ministerium des Innern, Katholische Kirchensektion in Karlsruhe unterzeichnete deren Direktor Johann Evangelist Engesser (1778-1867).


 
 

27         [Stadt Köln, Historisches Archiv, B.1018]1                                                         [Stuttgart, 9. Mai 1827]

 

Hochverehrteste Herrn!

 

Diesen Morgen kam ich hier an, und verbleibe den ganzen Tag. Nun könnte mir keine größere Wohlthat geschehn, als wen ich wieder kommen dürfte mich bey Ihren heiligen Bildern zu stärken.2 Darf ich Sie wirklich um jenne freundschaftliche Güte wieder bitten, womit Sie mich im lezten Sommer beglückten? –

 

Mit tiefer Verehrung und dankbaren

Grüßen

 

Ihre

 

den 9ten May 1827.                                                                            Dienerin Marie

                                                                                                                     Ellenrieder

 

 

1 An die Gebrüder Boisserée.

2 Die Sammlung mittelalterlicher Gemälde der Gebrüder Boisserée und Johann Baptist Bertram wurde von 1819 bis Juni 1827 in Stuttgart gezeigt.


 

28         [RM Konstanz 4]1                                                                                               Stuttgart, 9. Mai [1827]

 

Denken Sie doch lieber Freund! am lezten Samstag konnte ich wieder nicht reisen, ich war ganz unwohl; dazu bekam ich die Nachricht von Hause daß unser liebes Franzeli2 auf den Tod krank wäre; und hätte große Sehnsucht nach mir und gaben mir die Hoffnung daß ich ihn gewiß noch antreffe wenn ich meine Reise beschleingte, was konnte ich nun wohl anders machen als mit dem Eilwagen über Stuttgart zu reisen, dan komme ich 4 Tag früher nach Hause als wen ich den Samstag abgewartet hätte und über Offenburg gegangen wäre. Daß es mich eine große Überwindung gekostet hat darf ich ihnen nicht erst sagen, den meine Freude auf Sie wieder zu sehen war groß.

 

Warum sind Sie auch nicht nach Carlsruhe gekommen? und in welches Bad werden Sie reisen, damit ich Pläne machen kann; Sie auf eine andere Art zu begegnen.

 

Leben Sie wohl! mein hochverehrter Freund! und empfangen Sie meine 1000 Grüße, mit aber |:Sie dießmal nicht gesehen zu haben:| betrübtem Herzen

 

Stuttgart den 9ten May                                                                                  Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Jahreszahl mit folgender Adresse:

»Seiner Hochedelgebohren

Dem Freyherrn Carl von Röder

in

Offenburg«

(Die Jahreszahl ist aber durch den Postaufgabestempel »Stuttgart 9. Mai 1827« eindeutig bestimmbar).

2 Franz Hutter (1814-1829), Neffe der Künstlerin.

 

 

 

29         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                     Constanz den 18ten May 1827

 

            Fast möchte ich zittern lieber Freund! weil ich Ihnen sagen muß daß es ähnlich so gegangen ist wie Sie es prophizeyhten. Meine Freunde riethen mir Karlsruh so bald nicht zu verlaßen, wen der gewünschte Zweck in Erfillung gehen sollte. Es wurde mir dan das Porträt des Herrn Großherzogs2 aufgetragen mit noch 3 andern die ich für ihn malen mußte, so nahe an der Quelle war es also ein leichtes mein 5 Jähriger Wunsch bittend vorzutragen; und sieh’ da, großmüthig wurde mir der Auftrag erteilt in die katholische Kirche daselbst ein Altarbild zu malen. Den Tod des hl Stephanus3 vorstellend wovon Sie vieleicht schon eine flüchtige Skitze bey mir sahen; er stirbt in den Händen seiner Freunde, sieth den Himmel offen und Jesus zur Rechten des Vaters mit Engeln |:im Jünglingsalter:| umgeben. – Nun machte ich mich reisefertig fröhlich ausgesehnt mit allem was mich früher unangenehm betraf, und so bin ich wieder in meiner lieben Heimath seit wenigen Tagen.

 

Empfangen Sie nun meine herzlichsten Grüße und innigsten Dank für Ihre lieben beyden Briefe von welchen ich einen durch Röder4 erhielt. Wie gerne möchte ich Ihnen so sinnreich und lieblich, die Niedlichkeit Ihrer Artigkeit erwiedern wovon Ihre Zeilen überfließen. Aber was nützte es mich, Sie würden doch nicht mit mir zufrieden sein! – – Oder freuen Sie sich über meine Freude??? oder empfinden Sie, was ich bisweilen empfinde mein Bedauern über das allzugroße Unternehmen im Vergleich der schwachen Kräfte??? –

 

Die Einladung zu Ihnen nach Rom zu kommen klang recht wohlautend, daß wäre aber zu viel Glück. Nie würde dieses freywillig wieder geschehn; nur hingeschickt dürfte ich gehorchen. – Sie haben sich doch recht viele Mühe um ihr eignes Porträt gegeben; ich war ja schon zufrieden mit den freundlichen Augen die ich von jennen Bruchstücken besonders verehre. Und nun zeichneten Sie mir noch das Proviel der schönen Victoria,5 dieses sah ich aber noch nicht, den Röder behielt es, mich zu zwingen es selbst bey ihm abzuhohlen. Ich wäre auch ohnehin über Offenburg nach Hause gereist aber die Krankheit eines geliebten Neffen, der Todkrank Sehnsucht nach mir hatte, zwang mich einen nähern Weg zu nehmen: mit diesem geth es aber wieder recht gut.

 

Und nun lieber Freund, sollte ich Ihnen auch ein Wörtchen sagen über den schönen Dank, nicht daß ich ihn mein nenne, sondern daß ich ihn bewundere wie schön er aus ihrer himmlischen Seele floß. –

 

Jezt wollen Sie noch Rechenschaft haben was ich alles im Unterlande malte. Also die obere 4 Porträte. 3 Porträtte im Pallai des Hr Marggraf Leopold, seine Frau6 & 2 Kinder. Ein Engelschöner Junge meiner Freundin der Fr v: Vincenti7 und mein kl Johannes der das Kreutzchen bindet8 wovon Sie den Carton sahen. einge Kleinigkeiten, und ein paar vorläufige Studien zu dem großen Bilde, und eine Composition zu einem kl Hausaltar. und viele Dingelchen ins Zwickbuch. Dieses und nicht mehr machte ich in dem großen Raum von 10 Monaten. Man war aber, mit mir zufrieden Gott sey Dank. Auch der Lohn war schön & liebreich.

 

So gut man es mir aber auch im Unterlande machte, so gieng ich doch gerne wieder nach Hause zu meinem lieben Vater Schwestern, Kindern, und in die schöne Gegend und alle meine angewohnten heimathlichen Bequemlichkeiten. Später werde ich es gar schön da haben, indem mein Vater im Begriffe ist mir ein Studium bauen zu laßen von 20 Schuh hoch und so in alle 4 Eckke. Sollte ich nicht zittern wen ich so von Unternehmungen spreche die ich nicht verdiene, um nicht gestraft zu werden!

 

Wie werden Sie indeßen in allem vorwärts gegangen sein! und wie vielen Freunden freundlich begegnet, und den Freunden erhabener Freund gewesen! –

 

Leben Sie wohl! Leben Sie glücklich, und erfreuen Sie mich bald mit guten Nachrichten von Ihnen. Besuchen Sie einmal Ihr Vaterland wieder, und sind Sie kein so stolzer Römer.

 

Empfangen Sie meine herzlichsten Grüße und sagen Sie auch mein lieben Bekannten viel Schönes. Der verehrungswürdigen Frau Flora Veit9 bin ich eine Antwort auf ein liebes Briefchen schuldig aber es gebricht mir immer so sehr an Zeit. – Nicht wahr dieser sagen Sie, daß ich sie herzlich in Gedanken verehre. Und dem ganzen süßen Rom sag ich meinen Dankbaren Gruß.

 

 

Mit immer gleicher Zuneigung voll inigster Verehrung

                                                                      

                  Ihre Freundin Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich eindeutig August Kestner Geschäftsträger S. M. des Königs von Hannover in Rom bestimmen.

2 Ludwig Großherzog von Baden (1763-1830), vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 41.

3 Fischer und Blanckenhagen WV 367.

4 Carl Freiherr von Röder (1789-1871).

5 Vittoria Caldoni (1805-ca.1872), Modell aus Albano, 1820 von August Kestner entdeckt und von vielen Künstlern in Rom mehrfach gemalt, gezeichnet und modelliert (vergleiche Amrei I. Gold, Der Modellkult um Sarah Siddons, Emma Hamilton, Vittoria Caldoni und Jane Morris, Ikonographische Analyse und Werkkatalog, Diss. Münster und New York, 2009).

6 Sophie Wilhelmine Markgräfin von Baden (1801-1865), ab 1830 Großherzogin  (Fischer und Blanckenhagen WV 105).

7 Otto von Vincenti (geb. 5. Mai 1822), Fischer und Blanckenhagen WV 198.

8 Ausstellungskatalog Rosgartenmuseum Konstanz, Konstanz 1992, Kat.-Nr. 38.

9 Flora Veit, geb. Riess (1797-1862), Gemahlin von Johann Veit.

 

 

30         [Boisserée,1862]1                                                                                               Constanz, 18. Mai 1827.

 

Hochverehrteste Herren! Welche Überraschung! Als ich zu Hause das Bild des heiligen Christoph2 aufrollte, und den Besitz eines noch größeren Geschenkes vor mir sah! – Wenn also wirklich dieser schöne Christuskopf3 mein ist, so empfangen Sie tausendmal den wärmsten Dank dafür. Wie kann ich Ihnen eine solche Großmuth vergelten; ich kann Ihnen nur den Wunsch anbieten, daß, wenn dieß heilige Bild mich zum Guten hinweist und stärkt, der Segen davon auf Sie zurückgehen möchte; so wie sich auch ohnehin mein Gemüth erhob, um himmlische Vergeltung für so viel liebevolle Güte, womit Sie mich bei Ihren kostbaren Kleinoden aufnahmen.

 

Leben Sie wohl bis auf ein schönes Wiedersehen, und verschmähen Sie nicht die Versicherung meiner tiefsten Verehrung.

 

Ihre dankbarst ergebenste Dienerin

                                                                                                         

                                                                                          Marie Ellenrieder.

 

Wann werde ich Sie wohl mit meinem grünen Bündelchen wieder begegnen?

 

 

1 An die Gebrüder Boisserée. Das Original dieses Briefes ist nicht erhalten. Hier wird der in der Biographie von Sulpiz Boisserée, 1862, Bd.1, S. 499 abgedruckte Brief wiedergegeben.

2 Vergleiche Die Sammlung der Alt-Niederländer- und Ober-Deutscher Gemälde der Brüder Sulpiz und Melchior Boisserée und Johann Bertram, lithographiert von J. N. Strixner. Mit Nachrichten über die Altdeutschen Maler von den Besitzern, Stuttgart, 1821, Dritte Lieferung, Nr. 2.

3 Wie Anmerkung 2. Fünfzehnte Lieferung, Nr. 1.

  

 

31         [RM Konstanz, 5]1                                                                      Constanz, Am Himmelfahrtstage [1827]

 

Kein Augenblick sey es aufgeschoben, Ihnen innigst verehrter Freund unsere allseitige Freude über den Anblick Ihrer theuren Zeilen anzukündigen; eben kam ich aus der Kirche vom heiligen Abendmahle, empfänglicher jeder hohen Freude als sonst kam mir die höchste die mir unter der Sonne von einem Freunde hätte zukommen können; so lieblich entgegen! Wie kann ich Ihnen würdig genug dafür danken, da ich des Ganzen unwürdig bin. – Wie kann ich ihre lieblichen sanften Worte erwiedern, da mir die Holdseligkeit fehlt. – Wie soll ich Ihnen für die Geschenke danken, da ich Ihre veraltete Schuldnerin bin. –

 

Lange harrten wir auf Nachrichten von Ihnen; und wenn es keiner Entschuldigung gleicht, so laßen Sie sich erzellen daß ich in diesen Tagen immer an Sie schreiben wollte da ich aber im Sinne hatte Ihnen ein kleiner Bothe des Himmels ins Briefchen zu malen, so war es für die unruhige Zeit die wir hatten zu umständlich. Und nun kamen Sie mir zuvor. Beßere stärkere Gesundheit hätten wir aber lieber von Ihnen vernommen; doch forwärts geths der früheren Kraft entgegen; Gott sey Dank. – Wo werden Sie nun den Saurbrunn trinken? Würde unsere freundliche Seegegend nicht am wohlthätigsten für Sie sein?

 

Mein Vater, meine Schwester trägt mir auf Sie zu bitten zu uns zu kommen, bey uns zu wohnen, und ich fordere Sie auf im Nahmen Jesu, (wen Sie nur im geringsten glauben daß es so für Sie gut wäre) uns diese Freude, Ihre Herzerhebende Nähe nicht zu versagen. Tausent mal unterstreiche ich diese Worte im Geiste, um sie näher an Ihr Herz zu rücken daß Sie sie erfillen möchten.

 

Gerne will ich Ihnen dan verzeyen, daß ich Sie spröde soll umgangen haben.

 

Daß mir die schöne Albaneserin2 zukam ist eigentlich recht gut, den in Zeit von 2 Monaten kömt Hr Kestner3 hieher, er bekam Urlaub seine Mutter zu besuchen und versprach hier durch zu reisen.

 

Und nun welche, großmüthige Versöhnlichkeit! – was Sie mir ernstlich zu senden verweigerten, sieh’ da! das erscheint in so lieblicher Farbe; in der Farbe der Unschuld. Sie haben mir wirklich eine rechte Freude mit diesem schönen Rosenkranz gemacht. Die Perlen sind wie Tropfen aus dem Lande wo nur Milch und Honig fließt. – Sogleich beschloß ich den ersten Rosenkranz daran für Sie zu bethen, und die Peppi4 stimmte gleich mit ein, mit dem Zusatz alle Andern auszuschließen daß er ja nur alleine Ihnen gellte, der Vater will die Litaney vorbethen, und des unschuldigen Fränzchens5 Gebeth der sich auch dazu anboth, wird gewiß erhört werden; Haben Sie nur Vertrauen und folgen Sie dem Rath Ihrer besten Freunde. –

 

Und jezt was soll ich Ihnen über die beyden Ringe sagen. An dem Herzchen, erquickten wir uns am meisten. Eine fleischliche Hülle nur; aber Inhalt schwer vom reinsten Golde. – Wir loosten und mir fiel das Blümchen zu; Ich triumpfierte weil ich die Gerechtigkeit liebe; allein die Peppi wollte es ungiltig machen, und that es auch, indem sie mich unter Thränen bath das Herzchen zu behalten weil es mich doch unendlich mehr freuen müßte, und so besitz’ ich nun was selbst das Schicksal mir verweigerte. Von uns Beyden also den herzlichsten innigsten Dank! – Wenn wir nur auch Etwas erfinden könnten Sie auf eine so niedliche Weise zu erfreuen, wie Sie es stetz vermögen! –

 

Was Sie übrigens von uns hören mögen, ist zimlich gut. Mein Vater befindet sich immer vortrefflich wohl! Gott sey Dank; Die Pepi ist auch gesund und pflegt wie eine Heilige unser geliebtes Fränzchen, das gerade Heute wieder eine neue Operation erlitt, nach der er sich wieder trotz aller Schwäche ganz beglückt fühlt. Die andern Beyden Schwestern sind auch wohl mit einem ganzen Häufchen von Kindern. Und meine Lebensweise ist jenner gleich die Sie kennen. Nur der Auftrag schwerer als damals; den das Bild in die katholische Kirche nach Carlsruh muß groß werden, ich weiß nicht ob ich Ihnen vom Gegenstande selbst, schrieb. Es soll den Martirertod des hl Steffanus6 vorstellen; wie er noch lebt als seine Freunde kamen ihn zu begraben, noch einmal sieth er den Himmel offen wo ihm Jesus erscheint mit 4 Engeln; etc etc Noch bin ich nicht an den Cartons, da ich alle Studien die ich nach der Natur zu machen habe, so wohl Köpfe als Hände Füße & Traperieen, vorerst auf einzelnen Blättern, sammeln möchte. So vielen Schwierigkeiten ich auch entgegen sehe, und so schwach an Kraft ich mich in allen Hinsichten fühle, so habe ich doch den Muth noch nicht verlohren, oder vielmehr übertäubt noch stetzfort die erste Freude über diese ehabene Aufgabe; die ernsten Vorwürffe meines Gewißens daß ich derselben unwürdig bin. Im Rathause habe ich die Gliederpup aufgestellt, und zu Hause arbeite ich nach den lebenden Modellen; ich habe schon bey 6 Köpfe, und mehrere Hände & Füße.

 

Erlauben Sie mir nun noch einmal den Rath zu wiederhohlen zu uns nach Constanz zu kommen; die Peppi und der Vater und meine eigene Sehnsucht bestürmen mich Sie dringend darum zu bitten. Sie könnten leben bey uns nur wie Sie wollten, still, ruhig, pflegen sagt die Pepi wollte Sie Ihnen, daß Sie gewiß zufrieden sein müssten; ein wahres Fest wäre es für uns. Überlegen Sie nun geliebter Freund und erfillen Sie unsere Wünsche. Wir haben Hier einen sehr geschickter wohlerfahrener Arzt, der vieleicht beßer auf Sie zu wirken verstünde.

 

Nun lieber Freund! leben Sie wohl, und laßen Sie bald wieder ein Wörtchen von sich hören; bis wir, auf was Art es auch geschehen soll uns sehen werden. Mit innigster Verehrung grüßen wir Sie viel 1000mal, und nehmen Sie sich in Acht nur im Scherze an meinem Andenken zu zweifeln damit ich Sie nicht etwa über Ihre Kleinglaubigkeit bestrafe.

 

Ihre

                                                                      

                                                                                                                           herzlichst ergebenste

den August. 1827.                                                                                                  Freundin Marie Ellenrieder

 

Möchten Sie dieß Engelein7 mit einstimmen laßen – wen in erhabenem Gefühl Ihr reines Gemüth nach dem Himmel schaut.

 

Es singe Ihnen fröhliche Töne ins Herz, und verkünde Seegen und Gesundheit, mit Allem was sonst noch von Oben uns Erdenkinder glücklich macht.

 

Adio carissimo amico!

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus dem Inhalt lässt sich eindeutig Carl Freiherr von Röder bestimmen.

2 Vittoria Caldoni (1805-ca. 1872) aus Albano, Lieblingsmodell zahlreicher Künstler in Rom. 1820 von August Kestner entdeckt (vergl. August Kestner, Römische Studien, Berlin 1850, S. 81 ff.).

3 August Kestner (1777-1853), Geschäftsträger S. M. des Königs von Hannover in Rom.

4 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

5 Franz Hutter (1814-1829), Neffe der Künstlerin.

6 Fischer und Blanckenhagen WV 367.

7 Vielleicht Fischer und Blanckenhagen WV 392.

 

 

32         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                    Konstanz den 23ten August 1827

 

            Wie herzlich bedauerte ich Sie und Ihre verehrte Frau Mutter und uns Alle; daß so besondere Fügungen über Sie komen mußten, und unsere Freude auf so lange verschoben zu sehen. Doch klang es mir festlich, indem mir nichts schöneres vorkömt als ein würdiger Man in seinem erhabenen Berufe fürs Vaterland würkend zu sehen, und mit Großmuth auf seine eigenen Angelegenheiten verzichten. –

 

Schöner wird dann unserer Aller Freude sein. – Es ist Ihnen immer alles so schön gelungen. Über Ihre Unternehmungen schien bewunderungsvoll stetz ein freundlicher Engel still leitend gewaltet zu haben. Also sehe ich mit fröhlichem Herzen, die anderhalb Monate vorüberziehn, deren lezten Tage, nicht wie die verfloßenen Freudbringenden Tage leer und verlaßen heraufsteigen. In jennen Tagen war uns recht bange um Sie!

 

Versagen Sie mir auch meine herzlichste Bitte nicht, daß Sie nemlich gerade bey uns absteigen, in welcher Stunde der Nacht auch Ihre Ankunft hier komen mag. Ich vergaß dieß in der Freude den lezten Zeilen nach Mayland beyzufügen.

 

Und nun leben Sie wohl!

 

Wenn Sie mir erlaubten, bäthe ich Sie noch um eine Gefälligkeit die mich sehr freuen würde. Wenn Sie gütigst bey dem Colorario in der Strada Frattina ein paar Loth von dem hellen gelben englischen Oker mitbringen würden. Er hat einen wunderschönen milden Ton, seitdem er mir ausgegangen glaube ich kein Fleisch mehr recht mahlen zu können.

Ihre

                                                                                                                                  treue Freundin Marie

                                                                                                                                                     Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich eindeutig August Kestner  (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.


 

33        [RM Konstanz, 6]1                                                                               [Baden-Baden, 30. August 1827]

 

Liebster Freund!

 

Durch Ihr langes Ausbleiben in Italien, wurde mir eine große Freude genommen. Wären die Meinigen mir nicht so lieb, ich würde sie sehr um das Glück beneiden. Vieleicht sind Sie jezt da! oder wenn auch nicht, so sind Sie doch wieder im Vaterlande, Gott sey Dank!!! 1000 & 1000 mal seien Sie mir willkommen und auf herzlichste gegrüßt dieß ist doch eine innige Wonne für uns Alle, daß wir Sie wieder haben! und Sie so glücklich aus dem gefährlichen Lande zurückgekehrt sind, wie groß denke ich mir nun die Freude für Ihre liebe Frau Mutter auch diese zu sehen war mir nicht vergönnt, ach! wenn Sie doch nur anstadt nach Gaiß2 nach Baden gekommen wären!! Doch brav waren Sie, überbrav! Daß Sie mir schrieben; empfangen Sie nun meinen schönsten Dank dafür. Ich sehe daraus daß Sie in Italien nicht trübsinnig geworden sind, und haben großmüthig zu verzeyen nicht verlernt; auch die kleine Rache wird dem Seegen weichen müßen!?

 

Wann – werde ich Sie nun einmal wieder sehen? – Meine Freundin die Fr v: Vincenti3 bleibt noch den ganzen September hier, von da kehren wir nach Carlsruh zurück, dann muß ich später nach Mannheim, erst nachher werde ich späth im Winter über Offenburg nach Hause gehen können.

 

Wären Sie anstadt Gais hieher gekommen, und würden Sie mit uns gehalten haben, hätte Ihr Leben jenem in Rom geglichen, den wir gingen hinaus mit Pinsel & Balette und malten nach der Natur; einmal den Waßerfall bey Gerolsau,4 und 2mal im alten Schloß, und ins Zwickbuch wird alle Tage etwas aufgenommen. Es ging mir wie Ihnen, als mir Fr. von Vincenti erklärte daß sie nach Baden gehe, schien mir flugs eine Baadekur nicht unpaßend und faßte also auch schnell den Endschluß mich ihr beyzugesellen, ich lebe indeßen doch auch hier der Kunst und habe ein allerliebstes kleines Studium.

 

In der Hoffnung, daß Sie mich nicht ganz ohne Nachricht laßen, sage ich Ihnen nun mein herzlichstes Lebewohl. Empfehlen Sie mich Ihrer verehrten Frau Mutter und sagen Sie Ihr daß ich den herzlichsten Antheil an Ihrer Freude nehme. Daß ich aber mit schwerem Herzen an ihrem verschloßenen Hause in Offenburg vorübergieng.

 

Mit aller Freundschaft & Verehrung

Ihre

Baden den 30ten Aug.                                                                                                treue Freundin

                                                                                                                                          Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Jahresangabe adressiert an:

 »Seiner Hochedelgebohren

Dem Freyherrn Carl von Röder

in

Gais

oder Konstanz

oder Offenburg.«

Durch die Erwähnung des datierten Gemäldes »Geroldsauer Wasserfall« ist das Jahr 1827 wohl als sicher anzunehmen.

2 Badekurort in der Schweiz.

3 Anna von Vincenti, geb. von Hüetlin (1793-1866), Freundin der Künstlerin.

4 Fischer und Blanckenhagen WV 266.

  

 

34         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                    [Konstanz, 28. September 1827]

 

            Empfangen Sie unsere herzlichste Theilnahme über die glücklichen Nachrichten von Ihnen. Es war recht schön von Ihnen, daß Sie nicht ruhten bis Sie alle Ihre Lieben umarmen konnten; aber uns ließen Sie ohne Trost ob Sie wieder den Weeg über Constanz nehmen? Mann wird Ihnen nun so viel Liebes erweisen, daß Sie uns darüber vergeßen werden! Wir hoffen indeßen doch noch immer daß Sie kommen, nur widrigenfals müßte ich mich dazu entschließen Ihnen dieses Papier zuzuschicken welches Sie bey uns liegen ließen.2 Doch nehme ich aber noch keinen Abschied und mit meinen Glückwünschen auf die Reise nach Rom warte ich auch noch. Es ist jezt ein junger Künstler hier, der von seinen Eltern nach Italien geschickt wird, es ist Fritz Mossbrucker,3 vieleicht würde es Ihnen Vergnügen machen eine Gesellschaft dieser Art zu bekommen er ist ein vortrefflicher Mensch und sehr hübsch, er ist wirklich in diesen zwey Hinsichten schon ein angenehmer Reisegefährte, und als Künstler schon recht geschickt. Für ihn wäre es ein wahres Glück den er hat die Sprache noch nicht gelernt. Überlegen Sie es, und schreiben Sie mir dan. Ich kan Sie auch zugleich versichern daß Sie einen wahren Beschützer an ihm haben würden, den er hat Muth und Verstand genug.

 

Leben Sie nun wohl lieber Freund! und empfangen Sie meine innigsten Grüße mit Jennen der li Meinigen und allen die Sie gesehen haben.

 

Ad un bel rivedere!

                                                                                                               Ihre

 

Constanz 28ten September.                                                                                      Freundin Marie

                                                                                                                                              Ellenrieder

 

1 Brief ohne Adresse an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich eindeutig August Kestner  (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.

2 Am 3. August 1827 war August Kestner in Konstanz zu Besuch.

3 Friedrich Mosbrugger (1804-1830), Maler aus Konstanz, weilte vom Herbst 1827 bis Sommer 1829 in Italien (siehe Friedrich Noack, Das Deutschtum in Rom, Stuttgart 1927, Bd. 2, S. 407).


 

35         [EA Freiburg, FK 12207]1                                                                         [Konstanz, 29. Oktober 1827]

 

Hochverehrter Herr Director!

 

Soeben bekam ich einen Brief aus Italien, mit einer Aufzeichnung zum Altare.2 Nur um mich zu befriedigen sendete mir mein Freund Herr Metzger3 aus Florenz mir diese Zeichnung,* den er beruft sich auf den jungen Herr Bergmüller,4 der damals gerade in Florenz war, mit dem er sich ernstlich über diesen Gegenstand besprochen habe. Jenne Zeichnung die ich dafür schickte und die Sie auch gesehen haben, wäre ganz verwerfflich und er räth den Hochaltar von der Wand etwas zu entfernen, damit er dem Volke mehr sichtbarer würde, Herr Bergmüller versprach mit der grösten Bereitwilligkeit noch vieleicht eine andere Idee auf seiner Rückreise zu sammeln. Mögen Sie doch noch keine Order gegeben haben, damit so alles recht ganz nach Ihrem Wunsche, und nach der Großmütigen Erlaubniß deß Herrn Großherzogs ausgeführt werde, und Sie können denken, wie viel mir daran liegt, weil man so leicht einem Bilde durch eine Umgebung schaden kan.

 

Madam Werner wird meine beyden Briefe erhalten haben, wo ich ihr von der Vorsetzung der Studien sprach, und Sie hat es Ihnen gewiß mitgetheilt. – Nun habe ich die ganze Composizion auf eine große Wand in unserer Scheune aufgezeichnet um zu sehn wie es sich ausnimmt, und Gott sey Dank, es sieth nicht übel aus.5

 

Daß ich das Bild in dem Saal der Dompropstey mahlen darf macht mich ganz glückselig, und höbt mich aus 1000 Sorgen.

 

Nun schließe ich mit der wärmste Bitte den Auftrag wegen dem Bau des Altares dem jungen Hr. Bergmüller aufzutragen der nun bald nach Carlsruh zurückgekehrt sein wird.

 

Leben Sie wohl Hochverehrtester Herr Director! Und vergeben Sie mir daß ich so sehr sudelte. Ich wollte die Post nicht versäumen, weil ohnehin diese Comission schon so lange verzögert wurde.

 

Die Nachrichten die man von Freyburg hat6 erfült jedes fromme Herz mit Freuden & Dankesträhnen, nicht wahr? Sie legen mich ehrfurchtsvoll dem Herrn Großherzog zu Füßen.

 

Mit innigster Verehrung Ihre

 

Constanz den 29ten Oktober 1827                                                                     gehorsamste Dienerin

                                                                                                                                        Marie Ellenrieder

 

*sie gefällt mir aber sehr, sie ist so einfach & so edel!

 

 

1 Adressat nicht genannt. Es handelt sich aber sicher um Geheimrat Johann Evangelist Engesser, Direktor der Katholischen Kirchensektion im Ministerium des Innern in Karlsruhe.

2 Für das zu malende Bild Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

3 Johann Metzger (1771-1844), Gemälderestaurator und Kunsthändler in Florenz.

4 Karl Joseph Berckmüller (1800-1879), Architekt aus Karlsruhe, Schüler von F. Weinbrenner.

5 Das Haus in Konstanz in der Zollernstraße 2, indem die Familie Ellenrieder wohnte, hatte der Vater der Künstlerin 1789 erworben und im Jahre 1830 durch einen Neubau ersetzt. Im Jahre 1834 ist das Haus auf Marie Ellenrieder übertragen worden (vergl. Fritz Hirsch, Konstanzer Häuserbuch, Heidelberg 1906, 1. Band, S. 92)

6 Am 16. Oktober 1827 bestätigte Großherzog Ludwig durch Publikation im Badischen Regierungsblatt die Gründung des Erzbistums Freiburg (vergl. Karl-Heinz Braun, Die Gründung der Erzdiözese Freiburg und die Klosterfrage im 19. Jahrhundert, in: Theodor Hogg (Hrsg.), Wo Gott die Mitte ist, Ordensgemeinschaften in der Erzdiözese Freiburg in Geschichte und Gegenwart, Lindenberg 2002, S. 82-91).

 

 

36         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                       [Konstanz, 30. Oktober 1827]

 

            Ihre beiden Briefe lieber Freund! habe ich erhalten; und nachdem ich mich darin gefügt, Sie dießmal nicht mehr zu sehen fieng ich an, an Ihren Zeilen eine herzliche Freude zu haben. Ich schob es daher nicht länger auf Ihren innigst dafür zu danken. – Die Art wie Sie über die Composition sprachen sezte meinen Geist in lebhafte Thätigkeit Ihre Meinung zu meinem Vortheile zu überlegen; und ich will das Geistige Gewebe nicht vergeßen. Seit Ihrer Abwesenheit versuchte ich das ganze Bild in seiner Größe nach Quaderaten an eine Wand in unserer Scheune aufzuzeichnen.2 Und Gott sey Dank, es nimmt sich nicht übel aus, auch arbeite ich nicht mehr so im Ungewißen, da sich das Ganze überschauen läßt; mancher Fehler wurde auch deutlicher und so fand sich das jenne Jünglingsgestallt auf die sie mich aufmerksam machten um einen halben Schuh3 zu lang war. Auch wollen sich die Faden des Gewebes noch nicht überall gelenkig bewegen.

 

Von unserem gnädigsten Großherzog habe ich die Erlaubniß erhalten dieses Bild in dem schönen Saale der hiesigen Domprobstey4 zu mahlen, welches eine große Wohltat für mich ist.

 

Ich hoffe daß wir bald Nachricht bekommen daß Sie glücklich nach Rom gekommen sind, und noch viel Angenehmes in jennen schönen Tagen die sie noch bey teuschen Freunden und unter teuschem Himmel genoßen; jezt werden Ihnen freylich die südlichen Natur Übigkeiten behagen, wo keine vergrumpfelten Bäume wachsen, und der Himmel wärmere Töne mahlt!

 

Hr: Friderich Mosbruker5 wird nun bald auch bey Ihnen sein, Ihr schönes Anerbiethen Sie aufsuchen zu derfen, nehme ich dankbar für ihn an. Ich werde ihm daher Ihre Attresse mitgeben, und wenn Sie ihm gern einen Gefallen erweisen mögen, so werden Sie mir eine rechte Freude dadurch machen.

 

Leben Sie nun wohl! und empfangen Sie meine herzlichsten Grüße, bis auf ein anderes längeres Wiedersehen. All’ die Meinigen tragen mir auch Empfehlungen auf, Eine von unseren Damen ist Braut.

 

Mit innigster Verehrung

Ihre

 

Constanz den 30ten Oktober                                                                                        Freundin Marie

                                                                                                                                             Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich eindeutig August Kestner  (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.

2 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

3 1 Schuh = 30 cm.

4 Dieses Gebäude in der Rheingasse 20 war als säkularisiertes Domstift zeitweise das Konstanzer Quartier von Großherzog Ludwig.

5 Friedrich Mosbrugger (1804-1830), Maler aus Konstanz, weilte vom Herbst 1827 bis Sommer 1829 in Italien (siehe Friedrich Noack, Das Deutschtum in Rom, Stuttgart 1927, Bd. 2, S. 407).

 

 

37         [DKGNM, Nachlass Metzger, I,B-24]1                                                    [Konstanz, 1. November 1827]

 

Hochverehrter Freund!

 

Der Überbringer dieses Briefes ist Herr Moosbrucker,2 Mahler, (Bruder des Archideckten3). Er wird keinen Dienst von Ihnen annehmen weil er sich alles Nöthige selbst verschaffen kan; wenn Sie ihn aber freundlich empfangen und ihn mit guten Räthen ausstatten mögen, so werden Sie dieses an keinen Unwürdigen verschwenden, er ist ein sehr lieber Freund aus unserem Hause. Eines wird er aber nicht befolgen, er geth durch, wie alle Andere stracks der Hauptstadt der Welt entgegen. –

 

Ihr lezter Brief lieber Freund! schien mir ein Engelsbothe selbst zu sein. Sie führen fort mich zu leiten, und Ihr Leitung war gut, den ungleich beßer nimmt es sich jezt aus, seitdem ich oben das Bild in einen Bogen hielt. Ich fuhr um einen ½ Schuh höher; Herr Mosbrucker wird Ihnen mein weiteres Verfahren erzellen.

 

Die Aufzeichnung des Altares gefiel mir sehr, ich habe sie auch sogleich abgeschickt. Tausend & 1000 Dank dafür, aber noch einmal darf ich meine Bitte wiederhohlen, daß Sie mir etwas über die Farbengebung mittheilen, und sich deutlicher über das Halbdunkel erklären, wie mir scheint, meinen Sie damit ein wohlthätiger Farbenthon ohne schreiende Lichter? –

 

Freundschaftlich und herzlich grüße ich Sie mit Ihrer li Frau und Kindern viel 1000mal.

 

Ihre

                                                                                                                      dankbare ergebenste Freundin

Constanz am Tage von Allerheiligen,                                                                                   Marie Ellenrieder.

mit einem Herzensgruß dem heiligen Fensterlein!

 

 

1 Brief ohne Adressat an Giovanni Metzger. Aus dem Inhalt lässt sich eindeutig Giovanni Metzger in Florenz bestimmen.

2 Friedrich Mosbrugger (1804-1830), Maler aus Konstanz.

3 August Mosbrugger (1802-1858), Bauinspektor und Architekt aus Konstanz.

 

 

38         [RM Konstanz, 7]1                                                                                 [Konstanz, 31. Dezember 1827]

 

Schon naht sich die lezte Stunde des alten Jahres; aber noch ehe diese vorüberzieht sey meinem theuren lieben Freund für sein leztes Briefchen vom 14ten Oktober gedankt. Sie ließen mich damals lange auf eine Antwort warten, aber länger noch geschehen solche Vergehungen durch mich; Sie verlohren indeßen nichts dabey, den hätte ich Ihnen irgend mit einer fröhlichen Nachricht Vergnügen machen können, ich würde nicht so lange gewartet haben. Sie hingegen verkündeten mir das schöne Versprechen im Frühjahr zu uns zu kommen, und daß Sie malen und sich deßen freuen, und also gesund sind. Drey süße angenehme Berichte! Gott sey Dank.

 

Mit meinen Studien geths noch den gleichen Schritt hoffe aber bald an den Carton zu kommen, den ich in mehreren Theilen zu machen gedenke: um aber einen Überblick vom ganzen Bild zu erhalten, zeichnete ich es auf an eine Wand in unserer Scheune.2 – Vor kurzem wurde ich durch ein Pastellporträt unterbrochen; es kam nemlich der Fürst von Sigmaringen;3 ich glaubte es in 3 Tagen ganz fertig zu bringen allein ich war genöthigt noch für 2 Tage nach Sigmaringen zu gehen; diese kleine Ausflug that aber meiner Gesundheit recht wohl, sonst dürfte ich mir schon strenge Vorwürffe machen, daß ich meiner ersten Arbeit untreu wurde.

 

Nun lieber Freund, habe ich Ihnen meine armen Erzellungen alle gesagt, es bliebe mir nur noch übrig Ihnen Glück zum neuen Jahr zu wünschen, dieß thue ich aber nicht vor Ihnen, sondern im Herzen vor Gott der es zugleich erfillen kann. –

 

Empfangen Sie von uns Allen die herzlichsten Grüße und Empfehlungen, auch Ihrer verehrten Frau Mutter bitt ich mich herzlichst zu empfehlen und laßen Sie uns auch bald freudig vernehmen daß Sie wohl sind

 

Mit innigster Verehrung

 

Ihre

Konstanz den 31ten Dec: 1827                                                                                 treue Freundin

11 Uhr                                                                                               Marie Ellenrieder

 

1 Brief adressiert an:

                        »Seiner Hochedelgebohren

Freyherrn Carl von Röder

in

Offenburg«

mit dem Postaufgabestempel R.2.CONSTANZ

         2.IAN:

3 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

3 Anton Aloys Meinrad Fürst von Hohenzollern (Fischer und Blanckenhagen WV 54).

 

 

39         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                         [Konstanz, 23. Februar 1828]

 

Lieber Freund!

 

Es ist in der That recht unartig, daß ich Ihnen nicht schon lange eine dankbare Ankündigung über den Empfang der Farben machte! Sie besorgten es so schön; allein der Coloraro gab Ihnen nicht von dem blaßen, den ich meinte es wird Sie dieß betrüben und mir thut es um Ihretwillen sehr leid. Kaum getraue ich mich meine Bitte unschonlich zu wiederholen; sollten Sie aber wirklich Gelegenheit finden, so fragen Sie doch gefälligst Philipp Veit;2 und dan ist es beßer sie ungerieben zu laßen.

 

Mit den Studien und dem Carton3 bin ich Gott sey Dank zimlich vorangerückt, der obere Theil ist bereits fertig. Zur Abwechslung malte ich kürzlich auch die Skitze. Sie fragen mich womit ich die Steinigung (die voranging) bezeichnen werde; ich denke mit herumliegenden Steinen und das Gesicht des Heiligen wird sterbend und blaß, auch glaube ich, könnte am Schlaf eine kl Wunde mit Blut angebracht werden, den als der erste Blutzeuge sollte diese doch bezeichnet werden. – Ich dachte indeßen oft an jennes Bild von J. Romano,4 daß Sie mir von Florenz aus beschrieben, welches ich aber selbst nicht sah; Ich bleibe indeßen bey meiner Composition weil eine totale Veränderung zu erschrecklich für mich wäre, da ich mit meiner Idee schon zu heimisch geworden bin.

 

Den 23ten Februar.

 

Ich war im Begriffe Ihnen eine kleine Beschreibung von unserem Winter zu geben. Nun aber eile ich über alles hin; auch finde ich alles was ich noch sagen könnte für zu irrdisch, dem Himmel mehr verwannt, werden Sie in diesen Tagen nicht gerne etwas anderes hören, als von einem Glück erzellen das wir nicht mehr haben! von einer elterlichen Liebe, die wir dankbar erkennen! von einer Krone die wir immer glänzender sehen möchten und von der Vergänglichkeit dieses irrdischen Lebens. Niemals möchte ich aber mit Ihnen sagen "es gibt keinen Trost für das was Ich verlohren".5 Keinen Ersatz haben Sie sagen wollen?? Den des Trostes sind wir Christen ja überreich! – Es ist aber nur ein Zartgefühl was Ihre Klagen leitet, es leuchten später im Briefe schon andere überwundene Worte.

 

Gott zum Gruß mit Allem was Beruhigung

                                                                                                       heist und Trost!

 

39 Fortsetzung [GSA 52/I,3.4]6

 

Nun hätte ich keinen Augenblick säumen können Ihnen meine herzlichste Theilnahme zu bezeugen. Aber Trost geliebter Freund kan keine Menschenzunge geben. Von oben herab muß es kommen, – die Kraft – das geforterte Opfer mit Entsagung auf den Altar legen zu können. Um dieses will ich Gott bitten, und gewiß wird die erhabene Ruhe wieder in Ihre Seele zurückkehren und mit Thränen des Dankes (und nicht der Traur) werden Sie dan der Glücklicheren (als wir es sind) gedenken, und Gott preisen, Sie doch so lange zur Mutter gehabt zu haben. Sie hier nicht mehr zu sehen ist freylich hart; aber jenne schönen Tage müßen doch von großer Entschädigung für Sie sein! – Und ich kan nie ganz betrübt sein, wenn ein Gerechter stirbt, ich möchte es eher ein Fest nennen. – Es müßte jenen Abgeschiedenen betrieben wenn sie uns sehen würden mit tränenden Blicken ins Grab hinein schauen, und von da nicht ablaßen, bis immer tiefer und tiefer der Schmerz der Trennung fühlbarer wird! – Blicken wir doch lieber aufwärts wo die Seligen uns winken mit der Palme des ewigen Friedens, daß wir nur muthiger wandeln sollen. – Sie haben nun einen unsichtbaren Schutz mehr. Tragen Sie Sorge daß die stille Umgebung himmlischer Geister ihre Angesichter nicht wegwenden, sondern daß sie frohmüthig beystehen zu kämpfen den alten Kampf. – Was jezt die Zeit noch nicht zu geben vermochte, wird die Zukunft thun. Sind Sie nur wohl getröstet, die Pflichten Ihrer kindlichen Liebe haben Sie zu schön erfillet als das der Seegen einer stillen heiteren Zufriedenheit lange ausbleiben sollte! –

 

Leben Sie wohl! Alle die Meinigen vermelden Ihnen mit mir das innigste Mitleid. Laßen Sie uns auch bald vernehmen daß es Ihnen wieder recht gut geth.

 

Ich hatte schon einen Brief an Sie angefangen gehabt, ich will ihn beyschließen, weil es Sie über den Empfang der Farben benachrichtigt, auch beantwortete ich dabey ein paar Ihrer gütigen Fragen.

Mit dem aufrichtigsten Mitgefühl

 

Ihre

Konstanz den 23ten Februar 1828.                                                                          Freundin Marie

                                                                                                                                             Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich als Adressat eindeutig August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.

2 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

3 Philipp Veit (1793-1877), Maler aus Berlin.

4 Giulio Romano (1499-1546), italienischer Maler, Architekt und Baumeister, Schüler und Mitarbeiter von Raphael in Rom.

5 Dieser Satz bezieht sich auf den Tod seiner Mutter Charlotte Kestner, geb. Buff am 16. Januar 1828.

6 Der Brief gelangte geteilt in zwei Archive, der erste Teil in die Universitätsbibliothek Leipzig und der zweite Teil in das Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar.

 

 

40         [DKGNM, Nachlass Metzger, I,B-24]1                                                    [Konstanz, 19. Februar 1828]

 

            Tausent Dank lieber Freund für den theuren Brief womit Sie mich so höchlich erfreuten. Er erinnerte mich lebhaft an die schöne und lehrreiche Zeit in der ich bey Ihnen wohnte. Allein jezt finde ich Sie nicht mehr da, in ungewohnten Straßen muß mein Geist herum irren um Ihre größere Wohnung, die Sie sich erst kürzlich wählten zu suchen. Hätte Hrr: Gschwend mich nicht versichert daß diese nun schöner und paßender für Sie wäre, nimmer hätte ich es Ihnen verziehn, daß Sie jennes liebe Haus mit dem Tempel Gottes verlaßen konnten und so auch meinen Engeln treulos worden sind! – Ich kan mir indeß Ihre unruhige Zeit die Sie mit dem Auszug hatten lebhaft vorstellen und die immer vielen Geschäfte und Störungen ich weiß daher Ihre verehrten Zeilen destomehr zu schätzen, aber so sehr ich Sie liebend schonen möchte, muß ich dennoch meine Bitte wiederholen, daß Sie Ihr Wort halten möchten die gedachten Farben zu nottieren, und jene Durchzeichnungen die Sie mir großmüthig zuschicken wollten, legen Sie nur auch bey, es reut mich kein Porto, den die Gelegenheiten sind nicht immer die nichtigsten Bitten.

 

Um meinem Gewißen genug zu thun malte ich kürzlich meine Skitze2, ich that mich hart und noch kan ich mich darüber nicht befriedigt fühlen, Ihr guter Rath ist mir jezt so nothwendig als Brod. Den Engeln gab ich allen Lichte Schanschang Gewänder, wären vieleicht andere nicht beßer gewesen? – Sie riethen mir den Christus nicht wie eine Pietà zu mahlen, was versteth man unter diesem Namen in der Kunst? Bis jezt hat er nur noch einen weißen Mantel an und kein Kleid.

 

Ich stimmte Ihrer Meinung ganz bey, das Bild in lichten aber nicht schreienden Farben zu malen, bey der Ausübung in der Skitze mußte ich jedoch manche Farbe mit einer dunkleren vertauschen, weil sich die Figuren nicht überall abheben wollten, und den 2 hintersten Männern war ich genöthigt eine pfade Farbe zu geben, weil ich keine andere wußte, und sie haben zu viel Ähnlichkeit mit dem Hintergrund. Ich denke immer sie werden auch dunkler sein müßen und dafür die fordern mehr Kraft fordern. Die Luft habe ich noch zu schreiend blau, womit kan man diese brechen ohne sie schmutzig zu machen? – Ich bin nun sehr begierig ob Ihre Farben Noten bey einigen Stellen die Meinigen begegnen werden! Ich denke immer das Bild wird jezt ein zimmlich gutes Licht erhalten, indem mir Hr Berkmüller3 schrieb daß sie nun die Sacristey hinter den Hochaltar bauen, und folglich diesen umsomehr vorückten.

 

Ich glaube Ihnen früher gesagt zu haben, daß ich es versuchte das Bild so groß als es werden muß aufzuzeichnen auf eine Wand in unserer Scheune, ich genieße daher den Vortheil den Carton in mehrere Theile zu zeichnen. Ich habe seither den Obern Theil in 3 Theilen vollendet. Diese Woche noch komme ich an den Untern Theil des Bildes welchen ich wieder in 3 Theile ausgemeßen habe und ich hoffe noch vor dem Sommer ans Malen zu kommen.

 

Nun sage ich Ihnen mein herzlichstes Lebewohl mit der Versicherung daß Sie lange Zeit Ruhe vor mir haben sollen, wenn Sie diesen meinen Wunsch um Farbenrath werden erfillet haben. Grüßen Sie mir Ihre lieben Herzens Söhnchen und Ihre liebe Frau. – Von der guten Predl4 weiß ich gar nichts seit sie nach Petersburg abgereist ist hingegen von der der Seidler5 gehen immer gute Nachrichten ein, und dem Schintz6 hat seine Frau ein Döchterlein gebohren, er fühlt sich glücklich und malt fleißig. Schreiben Sie mir im Künftigen Brief auch Ihre Attresse, Hr Geschvend konnte sie mir nicht sagen.

 

Mit aufrichtiger Freundschaft Ihre

                                                                      

                                                                                                                                      dankbare Marie

Constanz den 19ten Februar.                                                                                                        Ellenrieder

 

 

Ist das englischroth eine gute Farbe?

 

Und halten Sie den Münchner Koschenilienlack für Haltbar. Eine neue graue Farbe weiß ich nun, die der Ultramarina sehr nahe kömt, nemlich wenn man Schiefersteine schabbt; – glaubn Sie das diese nicht nachdunkeln wird?

 

Durch eine liebe Hand werden Sie diesen Brief erhalten!

 

 

1 An Giovanni Metzger in Florenz.

2 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

3 Karl Joseph Berckmüller (1800-1879), Architekt und Zeichner aus Karlsruhe. Karl Joseph Berckmüller war vom Direktorium der Katholischen Kirchensektion in Karlsruhe beauftragt wurden, einen neuen Hochaltar für die St. Stephanskirche zu entwerfen, der dem Altargemälde von Marie Ellenrieder einen würdigen Rahmen geben sollte (vergl. Fritz Hirsch, 100 Jahre Bauen und Schauen, Karlsruhe 1928, 1. Band, S. 504)

4 Katharina von Predl (1790-1871), Malerin aus Teisbach bei Dingolfing.

5 Louise Seidler (1786-1866), befreundete Malerin aus Weimar.

6 Johann Kaspar Schinz (1798-1832), Maler und Kupferstecher aus Zürich.

 

 

41         [RM Konstanz, 8]1                                                                                     Konstanz den 1ten May 1828.

 

Theurster Freund!

 

Länger darf ich es nicht aufschieben Ihren lieben Brief zu beantworten; oder vielmehr, Sie darüber zu einer Buße zu ermahnen. – Weniger hätte ich mich getraut Sie auf Ihr gütiges Versprechen zu erinnern, weil wir unsererseits Sie nicht zu entschädigen wißen. Allein, da Sie Sich nun so flatterhaft Freyburgs Faschingsfreuden bis auf den lezten Tag ausschlüßlich hingaben, wird eine ernste Buße für Sie sehr heilsam sein. Kommen Sie also nach Konstanz und sühnen Sie Ihr gehabtes Wohlleben durch die Freude die Sie uns durch Ihre theure Gegenwart machen können.

 

Bis anfangs Juni wird unsere Wohnung frey, wir erwarten Sie mit einer freundschaftlichen Sehnsucht, für die eine Theuschung höchst schmerzlich sein müßte.

 

Was ich Ihnen also berichten könnte, erspaare ich bis dahin; oder ich sage es Ihnen mit wenig Worten, den wo wenig ist braucht man auch nur wenig Worte.

 

Der Carton zum obern Theil des Bildes ist fertig; und die Hauptgruppe des heiligen Steffanus2 auch, nun habe ich noch 2 Theile zu bearbeiten, einen von 4 Figuren, der andere von 2, hierauf werde ich ans mahlen kommen, wozu mir ein sehr schönes Lokale überlaßen wird, nemlich der Saal der Domprobstey.3

 

Es darf mir aber Angst sein! Da Sie Ihre Augen so sehr an die schönen Bilder in Italien werden gewöhnt haben, daß Ihnen meine Arbeiten nicht mehr gefallen können.

 

Leben Sie nun wohl! Und verschmehen Sie nicht unsere herzlichsten Grüße.

 

Mit treuer Verehrung

 

                                                   Ihre

                                  Freundin Marie Ellen-

                                        rieder

 

1 Brief mit folgender Adresse:

                                    »Seiner Hochedelgebohren

Freyherrn Carl von Röder

in

Offenburg«

mit dem Postaufgabestempel R.2.CONSTANZ

         1.MAI:

2 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

3 Dieses Gebäude in der Rheingasse 20 war als säkularisiertes Domstift zeitweise das Konstanzer Quartier von Großherzog Ludwig.

 

 

42          [Guido Staeb, Kuppenheim]1                                                                     [Konstanz, 13. Mai 1828]

 

            Aber lieber Herr Kirner! warum geben Sie keine Nachricht, ob Sie das Empfehlungsschreiben an Herrn Gesanten erhalten haben? –

 

Ich will Sie nur aufmerksam machen, daß Sie mit dem Schreiben an Herrn Großherzzog2 nicht säumen sollen. Ihre Sachen Gefielen auf der Kunstausstellung, und die Frau Marggräfin Leopold3 sagte mir, daß der Hr Grosherz: ihr erzellte, daß er dem Kirner erlaubte selbst an Ihn zu schreiben. –

 

Hätten Sie also das Schreiben an Badischen Gesannten Hr v: Fahnenberg4 nicht erhalten, so gehen Sie dennoch hin, übergeben Sie Ihren Brief und bitten Sie ihn, daß er es nach Carlsruh befördern möchte.

 

Säumen Sie nicht, Sie stehen noch in gutem Andenken, benützen Sie es; meine besten Wünsche begleiten Sie in allen Ihren Unternehmungen.

 

Also Gott befohlen, leben Sie wohl.

 

seit 3 Tagen in Constanz den 13ten May                                      

                            Marie Ellenrieder

 

Hochachtungsvoll und dankbarst empfehlen Sie mich dem Herrn Director.

 

 

1 Brief adressiert an:              »Herrn Kirner

Elev der königlichen Akademie der bilden-

den Künste in

München«.

Johann Baptist Kirner  (1806-1866), war ab 1839 Großherzoglich Badischer Hofmaler.

2 Ludwig I. Großherzog von Baden (1763-1830).

3 Sophie Markgräfin von Baden (1801-1865), ab 1830 Großherzogin.

4 Friedrich Freiherr von Fahnenberg (1785-1833), seit 1817 badischer Gesandter in München.

 

 

43         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214],1                                                                   [Konstanz, Mai 1828]

 

            Herzlichen Dank lieber Freund! für das theure liebe Briefchen das eben auch eine Ewigkeit ausblieb! Es ist indeßen früher eines an Sie abgegangen, daß Sie durch Herrn Walis2 erhalten werden; aber wozu sollte ich Ihnen so oft schreiben, da ich Ihnen nie etwas intereßantes zu sagen weiß, und könnten Sie von Zeilen erfreut werden die aus einem Lande kommen wo gerumpfelte Bäume stehen? – doch – heute darf ich nicht mit Ihnen zanken da ich ohnehin mit einer Klage Ihnen lästig falle, indem ich Sie herzlichst bäthe den Brief an meine Freundin Predl3 zu attressiren; es ist Schade das Ihre Nachricht von der Predl Ihrer Heirath für mich nicht die erste war; den die Überraschung war so groß und meine Freude so lebhaft daß ich jenne kurzen Zeilen die mir aus München gesannt wurden über 6 mal unterbrach, in der Stube herum sprang und mich kaum faßen konnte. Nachher pries ich aber dankend die göttliche Vorsehung die auf eine so wunderbare Weise sie in Schutz nahm. Den sie war doch sehr alleine in der Welt und nun scheint sie ge[lo]hnet für ihr ganzes Leben zu seyn.

 

Und Sie lieber Freund, wie waren doch Sie! so glücklich, daß Sie eine so schöne Reise machten, nur die Namen der Orte die Sie mir benannten, erregten schon eine Art von Heimweh, und wenn ich nun erst bedenke wie viel Kunstgenuß und andere Freuden Sie werden gehabt haben; so könnte ich Sie wahrhaftig, (wen Sie mir nicht so lieb wären) beneiden. – Es wird Sie recht gestärkt und beseligt haben; und so aber feßeln Sie sich immer mehr durch eigntlichen Dank an das schöne Italien daß Sie am Ende gar nicht mehr zu uns kommen, um so mehr, da Sie das Liebste was Sie noch da hatten vom Himmel Ihnen genommen wurde!

 

Mit den Cartons zu meinem Bilde,4 bin ich nun fertig Gott sey Dank, und ich zelle 147 einzelne Studien nach der Natur, die ich dazu verfertigte, nun male ich die Skitze fleißig, dan später wenn die Leinwand bereitet ist wird das Bild zu malen angefangen. Nun leben Sie wohl, 1000 & 1000 mal grüß ich Sie herzlichst und wir Alle. Ihre Fr: Marie Ellenrieder.

 

 

1 Brief ohne Jahr und Datum an August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom. Das Jahr geht aus der Nachricht über die Hochzeit von Katharina Predl mit Louis Grassis hervor, die am 17. Mai 1828 stattfand (siehe Edwin Fecker, Die Malerin Katharina von Predl, verheiratete Grassis de Predl (1790-1871), in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Niederbayern, Bd. 131, Landshut 2005, S. 47).

2 Wohl Wilhelm Wallis, Verleger in Konstanz. Publizierte 1819 das erste Verlagsverzeichnis seiner Konstanzer Verlagsbuchhandlung.

3 Katharina von Predl (1790-1871), Malerin aus Teisbach.

4 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

 

 

44          [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                                     Konstanz den 12. Juni 1828

 

Hochverehrter Freund!

 

Um die Grüße die Herr Walis2 Ihnen von mir bringen wird zu bekräftigen, widerhole ich sie hier schriftlich viel 1000 mal, mit dem herzlichsten Vergnügen daß mich jedesmal durchdringt, wenn Jemand wie ein Himmelsbothe aus der heiligen Stadt hierher kömmt oder dahin zurückkehrt. – Ich habe nun schon lange nichts mehr von Ihnen gehört, sie werden sich also nicht wundern wenn ich von Tag zu Tag ein Briefchen von Ihnen erwarte; und schreiben Sie mir nur recht viel neues, mit Wenigem bin ich auch zufrieden, sagen Sie mir auch ob Sie meine Freundin sahen, die sich nach Sicilien verheirathete;3 ich war so sehr von dieser Nachricht überrascht, daß es mir jezt noch wie ein Traum vorkömt, und ich mich in der Freude darüber kaum faßen kan; denn sie soll ganz glücklich darüber sein; Gott sey Dank!

 

Die Studien zu meinem Bilde4 sind nun alle beysammen 147 an der Zahl, auch der Carton (in 6 Theilen) ist fertig. Nur die Skitze in Öhl habe ich noch in Arbeit; dan wäre ich ganz gerichtet gewesen am Bilde selbst anzufangen; allein die grundierte Leinwand die ich in München machen ließ fiel so schlecht aus, daß ich mich entschließen mußte um eine andere zu sorgen. – Ich glaube nun daß dieser Vorfall so von oben zum Besten des Bildes, angeordnet wurde; ich werde vieleicht jezt manchen Fehler gewar den ich in einem übereilten Anfange begangen haben würde.

 

Ich kan nun meinen J Evangelist5 malen, den Sie angefangen gesehen haben. Nun leben Sie wohl! Gott sey mit Ihnen und uns Allen die wir Sie herzlichst und innigst grüß

 

                                    Mit treuer Verehrung                                                                                                                Ihre Freundin Marie

                                                                                                                                                  Ellenrieder.

 

 

 

1 An August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom.

2 Wohl Wilhelm Wallis, Verleger in Konstanz. Publizierte 1819 das erste Verlagsverzeichnis seiner Konstanzer Verlagsbuchhandlung. Er verlegte ab 1820 eine größere Zahl von Büchern des Konstanzer Bistumsverwesers Ignaz Freiherr von Wessenberg. Sein Sortiment ging 1833 an den Verlag Glükher und Gebhard über.

3 Katharina von Predl, verheiratete Grassis de Predl (1790-1971).

4 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

5 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 348.

 

 

45         [RM Konstanz, 9]1                                                                                       [Konstanz, 5. August 1828]

 

Theurster Freund!

 

Ich muß tausend und tausend mal um Vergebung bitten daß ich so lange ihre verehrte Zuschrift unbeantwortet ließ sie konnte mich aber auch gar nicht erfreuen, und wir Alle sahen uns in der angenehmsten Erwartung geteuscht.

 

Wie lange müßen wir nun noch warten bis wir das Glück Ihrer Gegenwart genießen werden? Zwar haben Sie mir hiezu das schönste Anerbiethen gemacht, wofür ich Ihnen herzlichst dankbar bin. – So viel Vergnügen wäre nicht heilsam für mich gewesen, und meine Arbeiten hätten es mir nicht erlaubt, die ich ohnehin auf eine Zeit unterbrechen mußte; ich war in Langenstein2 und hatte da mehrere schöne erquickliche Tage und die lebhafteste Freude durchströmte mich als Herr von Krieg3 der mit Hr Marggraf Leopold4 dahin kam mir in der ersten Minute erzellte daß er zu seinem großen Vergnügen Ihre Bekanntschaft gemacht habe, und erzellte mir viel und lang von Ihnen. Sie werden nun zurück sein und die gute Wirkung der Brunnenkur merklich empfinden?

 

Mit meinen Studien und Cartons zum Bilde wäre ich fertig und könnte daher das Bild selbst zu malen anfangen wenn ich mit der Leinwand kein Mißgeschick gehabt hätte, sie fiel nemlich gar nicht zu meiner Zufriedenheit aus; Es wird nun dieses Geschäft eine lange Pause leiden; doch fühle ich mich einigermaßen entschädigt indem ich einen heilig Johann Evangelist5 malen kan, den ich schon lange zu malen anfing und wozu ich die Studien noch in Italien machte; auch ist es vieleicht sonst noch von Vortheil indem ein immerwehrend gleicher Gedanke den Geist ermüdet hätte.

 

Mein Vater6 ist soeben auf Besuch in Zürich, und die Pepi7 läßt Ihnen alles erdenkliche Schöne sagen.

 

Ich sage Ihnen jezt auch mein Lebewohl mit der Versicherung meines herzlichsten Dankes und der immer lebhaften innigen Verehrung mit welcher ich so oft Ihrer gedenke.

 

Constanz den 5ten August 1828.                                                                                    Marie Ellenrieder

 

Empfehlen Sie mich auch gütigst Ihrer Verehrten Frau Mutter, und sie möchte es Ihnen auch nicht ausreden wenn Sie ihr etwa forschlügen Sie auf einige Zeit zu verlaßen, um Ihre Freunde in Constanz zu besuchen. Ißel8 fragt Ihnen immer nach, er hat ein allerliebstes Haus gekauft in Eck9 der Meinau gegenüber und lebt nun da recht glücklich.

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:

                                     »Seiner Hochedelgebohren

Herrn Freyherrn Carl von Röder

in

Freyburg

im Breisgau.«

mit dem Postaufgabestempel R.2.CONSTANZ

         7.AUG:

2 Schloss Langenstein bei Aach.

3 Georg Heinrich Krieg von Hochfelden (1798-1860), General und Adjutant des Markgrafen Leopold von Baden.

4 Leopold Markgraf von Baden (1790-1852), ab 1830 Großherzog von Baden.

5 Hl. Johannes Evangelist (vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 348).

6 Konrad Ellenrieder (1744-1834), Vater der Künstlerin.

7 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

8 Georg Wilhelm Issel (1785-1870), hessischer Hofmaler.

9 Egg, Ortsteil von Konstanz.

 


 

46         [Guido Staeb, Kuppenheim]1                                                                 [Konstanz, 7. August 1828]

 

            Sie werden es vieleicht schon wißen, daß der allergnädigste Herr Großherzog Ihre Bittschrift an Hr: v: Henenhofer2 zur Besorgung übergab. – Gott sey Dank! – Ich war damals gerade in Langenstein3 und es wurde vor Allen (es war auch Hr. Marggraf Leopold4 zugegen) mit lebhafter Theilnahme von Ihnen gesprochen. – Ich hoffe nicht daß es nöthig sein wird Sie bey diesem Vorfalle, zu allem Guten aufs neue aufzufordern, den meine Meihnung von Ihnen ist groß, und Gott möge seinen Segen dazu geben, daß ich mich in Ihnen nicht betrüge. –

 

Wie geth es mit dem Bilde? Wird es auch bis auf künftige Ausstellung (im Mayen) fertig? Es schimmert mir ein ein kleines Licht aus der Ferne, daß ich vieleicht ein Plätzchen dazu finde. Auch sprach Hennenhofer mir tröstend darüber, sind Sie also ohne Sorgen, arbeiten Sie glücklich, ruhig, und versammelt im Geiste. –

 

Werden Sie im Herbst nach der Heimath kommen, oder nicht? wen Sie schreiben, so schreiben Sie wenn Endres5 schreibt als Einschluß. –

 

Unterlaßen Sie es nicht sich wegen einer Entschädigung bey Hr: Rath Burg6 lebhaft zu verwenden.

                                                                                                         

                           Marie Ellenrieder

C den 7ten August 1828.

 

Geben Sie auch immer ein wenig Acht auf die Vortheile im Fresko malen, ich habe nemlich eine dunkle Hoffnung daß man uns etwas gemeinschaftlich dieser Art in Carlsruh auftragen wird.

 

Empfehlen Sie mich Herrn Director Cornelius7 1000mal

 

 

1 Brief ohne Adresse an Johann Baptist Kirner. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Johann Baptist Kirner (1806-1866), Kunststudent in München, eindeutig bestimmen.

2 Johann Heinrich von Hennenhofer (1793-1850), seit 1828 Direktor der auswärtigen Angelegenheiten am großherzoglichen Hofe.

3 Schloss Langenstein bei Aach.

4 Leopold Markgraf von Baden (1790-1852), ab 1830 Großherzog von Baden.

5 Bernhard Endres (1805-1874), Maler aus Owingen, Schüler von Marie Ellenrieder, seit 1826 an der Münchner Kunstakademie.

6 Die Künstlerin bittet Kirner das Gemälde dem Weihbischof Dr. Joseph Vitus Burg (1768-1833), Domdekan und Großherzoglich Badischer Ministerialrat in Freiburg zum Kauf anzubieten, Vitus Burg war aber an einem Kauf nicht interessiert (vergleiche dazu Carina Mahlbacher, Johann Baptist Kirner 1806-1866, Badischer Hofmaler, Diss. Stuttgart, 1983, S. 99 ff.).

7 Peter von Cornelius (1783-1867), seit 1824 Direktor der Münchner Akademie der Künste.

 

 

47         [RM Konstanz, 10]1                                                                                 [Konstanz, 15. Oktober 1828]

 

Lieber Freund!

 

Was werden Sie von mir denken! daß ich es so lange aufschieben konnte Ihnen zu danken für die freundliche Aufnahme und die vielen Geschenke die Sie mir zum Geleite mitgaben. Ein bleibender Genuß ist mir durch das schöne Bild zu Theil geworden; wie werde ich Ihnen je genug dafür danken können; die Meinigen stimmen mit mir ein. – Die Pepi2 war auch ganz entzückt über die römischen Kleinode, wir sinnen nun darauf wie wir es im Andenken an Sie als Zirde gebrauchen können. Die Anzahl hatte sich vermehrt!!! – Nebst all’ Diesem verschwäzte ich Sie doch! es mußte rein alles erzellt werden, wie schnell der Caffee fertig war etc etc. Alle freuten sich, und ich freue mich noch lange, daß ich Sie wieder einmal gesehen habe.

 

Seither war ich einige Zeit auf dem Heiligenberg3 nun aber arbeite ich wieder zu Hause, und freue mich wenn mir der Winter recht lange vorkömt den ich bin dieser Jahreszeit gar nicht abhold, und es ist sonderbar! wenn schon die Tage kürzer sind mann bringt doch mehr Arbeit zusammen als im Sommer. Mann fliegt nicht aus.

 

Herr Metzger4 aus Florenz, (der bald nach meiner Reise von Freyburg hier ankam) machte mir entseztlich Lust wieder einmal nach Italien zu gehen, stellte es mir gleichsam als Pflicht für die Kunst auf, und erklärte mir alle möglichen Vortheile, ich war ganz entzückt über die neu gebackenen Nachrichten aus dem schönen Lande, und sind wir nicht stetz von Dank durchdrungen, daß wir doch wenigstens einmal dort waren? Ist es nicht Vermeßenheit noch ein zweites mal dahin kehren zu wollen?

 

Nun sage ich Ihnen mein herzlichstes Lebewohl mit dem warmen Wunsche daß wir immer die besten Nachrichten von Ihnen hören können; daß unser künftiges Widersehn so schön wie das in Freyburg werde.

 

Mit innigster Verehrung Ihre

Konstanz den 15 Oktob                                                                                     dankbare Schuldnerin

1828                                                                                              Marie Ellenrieder

 

1 Brief mit folgender Adresse:

                                   »Seiner Hochedelgebohren

Freyherrn Carl von Röder

in

Freyburg

im Breisgau«

2 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

3 Fürstlich Fürstenbergisches Schloss nördlich des Bodensees.

4 Johann Metzger (1771-1844), Gemälderestaurator und Kunsthändler in Florenz.


 

48         [Guido Staeb, Kuppenheim]1                                                                [Konstanz, 16. Februar 1829]

 

            Endlich schreite ich zur Beantwortung Ihrer beyden Briefe. Aus dem ersten vernahm ich daß Sie eine Vakansreise ins Gebürge2 machen wollten, haben Sie es gethan? – und sind Sie mit Studien aller Art bereichert zurückgekehrt? – Ich denke künftigen Herbst dürften Sie wohl Ihre Eltern besuchen und von dort aus nach Constanz kommen; mein Vater biethet Ihnen freundliche Aufnahme an.

 

Aus Letzerem vom 29 Dec. ersah ich eine gerechte Strafe für Ihre allzu frühe Liebe zur Freyheit; Man lernt doch manches unter der Anleitung wozu man nur langsam durch eigene Erfahrung gelangt; und viele Auslagen hatten Sie mehr zu bestreiten in einem so kalten Winter wo in München das Holz so theur ist! Ich will Ihnen zwar keine Vorwürfe machen sondern Sie nur gewöhnen den Tadel gütig aufzunehmen, um sich dadurch in der Demuth zu üben.

 

Ich freue mich sehr daß Ihnen der vortreffliche Herr Schnorr3 so viele Liebe beweist, und daß auch Herr Schlottauer4 bisweilen kömt. Empfehlen Sie mich Beyden, ich bitte, aufs Schönste.

 

Wegen der Aufgabe zur Bergpredigt wird es Ihnen Hr Endres5 gesagt haben, daß ich anstadt deßen das Wunder der 5 Brode6 wählte; noch bin ich aber weit damit zurück. Sie könnten dieses nun auch versuchen, und mir dan von beyden eine Aufzeichnung schicken, bis hernach kan ich mein Wort auch halten.

 

Der Überbringer dieser Zeilen ist ein Landsman von Ihnen,7 es wird also nicht nöthig sein ihn Ihnen besonders zu empfehlen, und können Sie ihm wirklich in den ersten Tagen seiner Ankunft ein paar christliche Dienste erweisen, so thun Sie es gewiß einem Würdigen, für den ihn alle seine Bekannten anerkennen.

 

An meinen paar Bildern für die Ausstellung habe ich noch so viel zu thun daß ich kaum damit fertig zu werden die Hoffnung habe.

 

Leben Sie nun wohl! Gott sey mit Ihnen und führe Sie zu allem Guten an, und uns Alle.

 

Mit den freundschaftlichsten Gesinnungen und den besten Wünschen grüße ich Sie 1000mal

 

 

Konstanz den 16ten Febr                                                                                                    Marie Ellen-

1829.                                                                                                                                    rieder

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:

                                    »Herrn Johann Kirner

Elev der königlichen Akademie der

bildenden Künste in

München«.

2 Im September 1828 unternahm er eine Studienfahrt nach Innsbruck (vergleiche Carina Mahlbacher, Johann Baptist Kirner 1806-1866, Badischer Hofmaler, Diss. Stuttgart 1983, S. 12).

3 Julius Schnorr von Carolsfeld (1794-1872), von 1827 bis 1846 Professor an der Münchner Akademie der Künste.

4 Joseph Schlotthauer (1789-1869), seit 1831 Inspektor an der Münchner Akademie.

5 Bernhard Endres (1805-1874), Maler aus Owingen, Schüler von Marie Ellenrieder und seit 1826 an der Münchner Akademie.

6 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 303.

7 Dabei dürfte es sich wohl um Franz Xaver Winterhalter handeln, der Anfang 1829 mit einem Stipendium des großherzoglich badischen Fonds für Künste und Wissenschaften  sein Studium an der Münchner Kunstakademie fortsetzen konnte (vergleiche Armin Panter, Studien zu Franz Xaver Winterhalter (1805-1873), Diss. Karlsruhe 1996, S. 18).

 

 

49         [Guido Staeb, Kuppenheim]1                                                                   [Konstanz, 19. Mai 1829]2

 

            Wie leicht und zerstörbar war Ihre Freude und Beruhigung, da Sie bey dem ersten Gerede schon schwankend wurden; was hinterte ihr Vorhaben eine Nachricht dieser Art! Sie waren ja durch meinen Brief gesichert. Die 400 f, für welche Sie das Bild3 malen wollten werden schon zusammen zu bringen sein; Herr v: Wessenberg4 schien sich über die Skitze zu freuen, er wird mir daher gewiß Beystand leisten, oder vieleicht können Sie selbst einst mehr dafür bekommen, in dieser Hinsicht sollen Sie ihre volle Freyheit haben, freylich im Falle es mir zufällt, wird dan jenne Entschädigung abgerechnet, die Sie erhalten werden, um welche Sie jezt an den Herrn Weyhbischoff5 zu schreiben haben, da ich über meinen lezten großen Brief ganz ohne Antwort belaßen worden bin. – Schreiben Sie also was Sie aus Freyburg durch einen Reisenden vernommen haben, und stellen Sie ihm ihre Laage vor mit den Unkosten und der Zeit die Sie daran verwendeten und bitten dan um eine Entschädigung; mein Versprechen werden Sie verschweigen, daß können Sie sich leicht denken.

 

Sie sagen mir nie etwas von Ihren Verhältnißen, ich denke Sie werden der Unterstützung bedürfen, schreiben Sie also wie viel Sie bis in Herbst brauchen, den, da es mit dem Bilde nun keine Eile mehr hat so können Sie in der Vakans nach Hause gehn.

 

Vieleicht sind Sie auch so glücklich jenne 300 f wie voriges Jahr zu erhalten, versäumen Sie ja nicht ein Bittschrift einzureichen, der Badische Herr Gesannte6 wird es gewiß besorgen, es ist gerade jezt die rechte Zeit darum einzukommen.

 

Fangen Sie also getrost an, wenn anders Sie noch die rechte Freude zur Unternehmung durchdringt, und ich zweifle nicht. – Den es wird einst schon ein gutes Plätzchen finden, und Gott wird auch nach so vielen Stürmen seinen Seegen dazu geben.

 

Was mein Versprechen betrift, dabey bleibt es. Ich bin nicht gewohnt, meine Worte zu betheuren; ich war Diejennige die immer noch Hoffnung hatte, und Ihnen Muth machte fortzufahren, wie also das Schicksal fällt war ich bereit es auf mich zu nehmen, und noch, es ist dieß auch meine Schuldigkeit, die mich mehr freut als betrübt.

 

Noch muß ich Ihnen die Bemerkung widerhohlen, daß die 2 stehenden Figuren im Verhältniß zu kurz erscheinen, vorzüglich die hl Elisabetha vom Knie an, fragen Sie also den Herrn Director und bitten Sie jeden, der mehr kan als Sie um kleine Erinnerungen bey einschleichenden Fehlern. Sind Sie nur demüthig, den die Demuth ist die Eigenschaft eines großen Geistes. Und ein Talent wie das Ihrige wird nie dabey verlieren.

 

Leben Sie wohl und haben Sie auch den schönsten Dank für die angenehme Beschreibung des Festes von Nierenberg.7

 

Empfehlen Sie mich hochachtungsvoll dem Herrn Director Cornelius8, Herrn Pr Heß9 und Schnorr.10

 

Grüßen Sie mir tausentmal freundlich den guten Endreß11

 

 

PS.

Wen wegen der Verlängerung der beyden Figuren das Bild vergrößert werden müßte, hätte es nichts zu bedeuten, da es nicht mehr an jenne Stelle gesezt wird wo es hätte hinkommen sollen.

 

Ich grüße Sie 1000mal mit der Hoffnung daß Sie doch jezt dauernd beruhigt sein möchten.

 

Konstanz

den 19 May.                                                                                                                Marie Ellenrieder

 

Bis Ende künftigen Monats hoffe ich mit den Cartons zu meinem Bilde ferdig zu werden.

 

Auch, wenn Sie keine Entschadigung erhalten sollten, seyen Sie dennoch im geringsten nicht beunruhigt.

 

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:

                                    »Herrn

Herrn Johann Kirner

Elev der königl: bayr: Akademie

der bildenden Künste in

München«

mit dem Postaufgabestempel R.2.CONSTANZ

         19.MAI:

2 Die Jahreszahl ist dem Schreiben nicht zu entnehmen. Nach dem Inhalt des Briefes dürfte es sich aber um das Jahr 1829 handeln.

3 Vergleiche Carina Mahlbacher, Johann Baptist Kirner 1806-1866, Badischer Hofmaler, Diss. Stuttgart 1983, WV 7 »Heilige Familie«, »Kirner pinxit 1829«. Das Bild befindet sich seit 1836 in der Pfarrkirche von Urloffen.

4 Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg (1774-1860), von 1817 bis 1827 Bistumsverweser von Konstanz.

5 Dr. Joseph Vitus Burg (1768-1833), seit 1828 Weihbischof, ab 1830 Bischof von Mainz.

6 Friedrich Freiherr von Fahnenberg (1785-1833), badischer Diplomat.

7 Gemeint ist wohl die Feier anlässlich des 300. Todestages von Albrecht Dürer in Nürnberg im Jahre 1828.

8 Peter von Cornelius (1783-1867), seit 1824 Direktor der Münchner Akademie der Künste.

9 Heinrich Maria von Heß leitete seit dem 15. Januar 1827 die Malklasse an der Münchner Akademie.

10 Julius Schnorr von Carolsfeld (1794-1872), von 1827 bis 1846 Professor an der Münchner Akademie.

11 Bernhard Endres (1805-1874), Maler aus Owingen, Schüler von Marie Ellenrieder, seit 1826 an der Münchner Akademie.

 

 

50         [ZB Zürich Ms. M 19.9]1                                                                                 [Konstanz, 25. Mai 1829]

 

Hochverehrter Freund!

 

Ich kan mich nicht erinnern ob ich Ihnen einmal einen Abdruck von meiner radierten Madonna2 überschickt habe. Sie gelang nicht am besten, ich muß um Nachsicht bitten, ich theile sie deßwegen auch nur unter meine Freunde aus.

 

Der Überbringer ist aus Konstanz Hr Eschbach, der als Arbeiter zu Herrn Lackierer Sick kömt, können Sie gelegenheitlich bey diesem Herrn für ihn ein gutes Wörtchen einlegen, so bitte ich es zu thun, den ich kan Ihnen mit den Meinigen es bezeugen daß dieser junge Mann sehr brav, grundehrlich & sehr arbeitsam ist, wir kennen ihn schon seit mehreren Jahren.

 

Nun sage ich Ihnen mein schönstes Lebewohl und bin Ihnen und Ihrer lieben Frau Gemahlin mit stetz treuer Verehrung zugethan.

 

                                                                                                                                          Marie Ellenrieder

Constanz den 25ten May 1829.                                                                                

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:

                                   »Seiner Hochwohlgeboren

Herrn Herrn Antistus

Veit in

Schaffhausen

mit einer Rolle«

Adressat ist Johann Wilhelm Veith (1758-1833), Antistes und Dekan in Schaffhausen (zu J. W. Veith siehe Howard Seymour, Two Portraits of Johann Wilhelm Veith by Jacob Merz, in: Schaffhauser Beiträge zur vaterländischen Geschichte, 72. Heft, 1995, S. 77-102).

2 Fischer und Blanckenhagen WV 329A; Fecker WV 29, Andresen WV 1.

 

 

51         [Guido Staeb, Kuppenheim]1                                                                          [Konstanz, 4. Juli 1829]

 

            Herr v: Salvini2 schrieb mir, daß Ihr Bild bey Ihm in Verwahrung stehe, bis ich dahin komme. Allein Sie irren sich wen Sie glauben ich komme so bald nach Carlsruh. Mein Bild daß gleichsam erst begonnen ist, kan ich noch nicht verlaßen.3 An das Ihrige denke ich aber recht oft und sehe es im Geiste, könnte ich in der hiesigen Gegend ein Plätzchen dafür finden wäre es mir sehr lieb. Noch fand ich keine Gelegenheit davon zu sprechen. Sollten Sie indeßen an Gelt anstehen so bitte ich Sie mich nicht zu schonen, den Sie wißen ja daß ich mich dazu verpflichtet habe.

 

Versäumen Sie auch die Zeit nicht daß Sie um Ihre weitere Unterstützung wieder bittend einkommen.

 

Führen Sie sich gut auf und laßen Sie sich auch wieder einmal im Vaterlande sehen. Fritz Moßbrucker4 ist noch immer nicht aus Italien angekommen.

 

Was arbeiten Sie jezt? Haben Sie auch etwas in Fresko gemahlt?

 

Ich grüße Sie 1000mal

 

Constanz den 4ten                                                                                                              Marie Ellenrieder

Julli 1829.                                                                            

 

 

1 Brief ohne Adresse an Johann B. Kirner. Aus der Provenienz und dem Inhalt lässt sich Johann Kirner (1806-1866), Maler in München bestimmen.

2 Joh. S. von Salvini, Kunsthändler und Großkaufmann in Karlsruhe, Vorstandsmitglied des Badischen Kunstvereins (vergl. 175 Jahre Badischer Kunstverein Karlsruhe. Bilder im Zirkel, hrsg. von Jutta Dresch und Wilfried Rößling, Ausst.-Kat. Badischer Kunstverein Karlsruhe, Karlsruhe 1993).

3 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

4 Friedrich Mosbrugger (1804-1830), Maler aus Konstanz weilte von 1827 bis 1829 in Italien.

 


 

52         [RM Konstanz, 11]1                                                                                      [Langenstein, 16. Juli 1829]

 

In allem Guten kommen Sie Lieber Freund mir immer zuvor. Ich wollte Ihnen gleich ein Briefchen auf ihre ersten Tage Ihrer Ankunft in Fr: zusenden; denn es schien mir qualvoll zu schweigen in Vorwürffen die mich beunruhigten. Wären Sie doch über die Festage in Constanz geblieben; anders wäre unser Aller Leben gewesen; wie aus einem Traume erwacht stand ich vor mir selber als ich Sie nicht mehr sah. Die Macht womit mein großes Bild2 seine Ansprüche an mich machte ließ mich zu keiner Besinnung kommen, daß ich es ganz hätte verlaßen können um ausschlißlich Ihre Gegenwart zu genießen. Allein am Tage des Herrn denke ich nicht ans Arbeiten, und freue mich der Ruhe, und ordne mein Gemüth im Umgange mit den Meinigen, und wo hätte es wohl eine beßere Richtung erhalten können als bey Ihnen, was schon oft geschah. nun mußte ich es hart entbehren, weil ich diese schönen Augenblicke ungenützt vorübereilen ließ. –

 

Sie selbst aber hätten eine Freude gehabt, wenn Sie nach dem schmutzigen Arbeitsgewand das Festliche mit den glänzenden Kreutz gesehen hätten, wißen Sie auch daß es der hohe Pfingstag war, an dem Sie in einer Stadt waren wo Sie nicht einmal eine hlg Meße hören konnten! ich habe anstatt deßen für Sie gebethet. Ich werde aber auch noch oft für Sie bethen, wenn der schöne Römische Rosenkranz mich dazu einladet der mich überall hin begleitet; diesen hätte ich Ihnen doch zeigen sollen, er trägt das Zeichen wie eine Fahne die schon mehrere Feldzüge mitgemacht hat.

 

Daß also ihr schneller Aufbruch schmerzte, das wollte ich Ihnen sogleich schreiben, daran wurde ich aber gestört und so kam ich dan nicht wieder dazu bis Heute wo mir hier in Langenstein2 Ihr lieber Brief zukam, wofür ich Ihnen herzlichst danke, welcher mich aber auch zugleich beschämte; die schöne Landschaft aber behielten die Meinigen noch zurück weil sie mich jeden Tag erwarteten. Ich unternehme hier aber eine große Zeichnung auf der Wand in der Schloßkapelle die erst Morgen fertig wird; dan habe ich 9 Tage daran gearbeitet zwar nicht sehr strenge, aber doch so daß ich noch ein paar Tage davon ausruhen möchte. Es machte mir aber viele Freude und wenn Sie einst wieder nach Constanz kommen, so führe ich Sie einmal hieher; voriges Jahr, zeichnete ich Jesus wie er die kleinen zu sich kommen läßt3 und dieses Jahr wie Er in der Wüste auf dem Wege 4000 Menschen mit 5 Br & 2 Fischen speist.4

 

Ehe ich hieher kam untermalte ich den Obern Theil im Bilde des Heiligen Steffanus5 es sind daher die Wolken schon untermalt; ich denke es wird nichts machen, vielmehr vieleicht ein paßendes Feld sein, worauf ich nur beßer Ihr Studium pflanzen kan.

 

Nun sage ich Ihnen mein herzlichstes Lebewohl Dieses Briefchen sollte Ihnen besonders lieb sein ich schrieb es in einem schönen Zimmer, es ist das Wohnzimmer der stillen sanften Frau Gräfin von Langenstein;6 als ich das Briefchen angefangen hatte, kam sie selbst, mit einem Buch, wie es öfters geschieth sezte sich leise ans Fenster, und als ich zu schreiben aufhörte weil es Nacht war, frug sie mich an wen ich schrieb, ich sagte es ihr, und alles was ich noch Übels von Ihnen wußte.

 

Ich freue mich Außerordentlich auf das schöne Studium wofür ich Ihnen zum Voraus 1000mal danke, überhaupt meine Schuld wird mit jedem Tag größer.

 

Mit inniger Verehrung Ihre

 

Langenstein den 16ten                                                                         treue Freundin

Julli                                                                               Marie Ellenrieder                           

 

1 Brief mit folgender Adresse:            

                       »Seiner Hochwohlgebohren

Dem Freyherrn Carl von Röder

in

Freyburg

im Breisgau«

2 Schloss Langenstein bei Aach.

3 Fischer und Blanckenhagen WV 306 (siehe auch Fredy Meyer, Auf Schritt und Tritt, Burgen, Höhlen und heilige Orte am Bodensee, Hegau-Bibliothek, Band 124, 2004, S. 172 ff.).

4 Fischer und Blanckenhagen WV 303.

5 Fischer und Blanckenhagen WV 367.

6 Katharina Gräfin von Langenstein (1799-1850).

 


 

53         [EA Freiburg, B 22/12]1                                                                         [Konstanz, 24. September 1829]

 

Sollte man den Unkosten scheuen müßen, von einem Künstler ein neu componiertes Bild zu verlangen, – So dürfte* wohl dem Herrn Öhlschlegel2 nach einem guten Kupferstich einen Auftrag anvertraut werden, indem er unlängst eine Madonna nach Raffael recht gut ins Große zog und angenehm colorierte.

 

Sollte es mir möglich sein durch Rath und Hilfe im beyzustehn, so werde ich es mir zur Pflicht machen.

 

Constanz den 24ten Sept.                                                                                            Marie Ellenrieder

                        1829.                                                                                                                 Hofmalerin

 

* im entgegengesezten Fall

 

 

1 Empfehlungsschreiben ohne Adressat. Beilage zu einem Schreiben des Pfarrers Theodor Heel von Birndorf an das Ministerium des Innern in Karlsruhe vom 1. Dezember 1829.

2 Karl Josef Öhlschlägel (1798-1868), Maler und Zeichenlehrer aus Konstanz.

 

 

54         [E. Fecker, Ettlingen]1                                                                            [Konstanz, 24. September 1829]

 

Lieber Freund!

 

Ich kan Ihnen das Glück meine geliebte Freundin (Louise Seidler aus Jena2) kennen zu lernen nicht entziehn, ich dürfte es auch nicht indem sie selbst es sehr wünschte. –

 

Alles was ich Ihnen jezt sagen würde, wäre in der Gegenwart der angenehmen Künstlerin nur drocken. –

 

Nur eines widerhole ich Ihnen, meinen herzlichsten Dank für das schöne Studium der Wolken, welchen Sie noch eine niedliche Landschaft beyfügten.

 

Ich bin immer ärger Ihre Schuldnerin.

 

Ich bedaure Sie daß der Aufenthalt der guten Seidler von kurzer Dauer sein wird, aber auch mir ward sie so schnell entrißen.

 

Mit innigster Verehrung

Ihre

Constanz den 24ten

Sept 1829                                                                             

                                 Freundin Marie

                                      Ellenrieder

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:

                                   »Seiner Edelgebohren

Freyherrn Carl von Roeder

in

Freyburg im

Breisgau.«

Vergleiche auch den Brief an Röder vom 16. Juli 1829 aus Langenstein, in dem sich die Künstlerin vorab für die schöne Landschaft und das Studium der Wolken für das Altarbild des Hl. Stephanus bedankt.

2 Louise Seidler (1786-1866), unternahm im Sommer 1829 eine Reise zur Familie Niebuhr in Bonn und nach Konstanz um ihre Freundin Marie Ellenrieder zu besuchen. Mit ihr zusammen machte sie einen Ausflug nach Langenstein, wo Louise Seidler am 17. September die Gräfin Louise von Langenstein portraitierte (vergl. Bärbel Kovalevski, Louise Seidler 1786-1866, Goethes geschätzte Malerin, Berlin 2006, S. 265 ff.). In Konstanz wurde Louise Seidler von Kaspar Schinz abgeholt, um einige Zeit in Zürich zu verbringen. Den Rückweg nahm sie offensichtlich über Freiburg, um Carl Freiherr von Röder kennenzulernen.

 

 

55         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                        Constanz den 26ten Sep. 1829.

 

                                                                    Lieber Freund!

 

Ellenrieder_Marie_018.jpgKniefällig erscheine ich heute vor Ihnen, um in dieser Stellung Vergebung für meine Versäumniße zu erbitten. Es geschah, daß ein Brief vom 10ten July vorigen Jahres und einer vom 1ten Januar 1829 an mich kam, und siehe! noch unbeantwortet liegen diese Kleinode vor meinen Augen. Der erste enthält den schönen Bund daß wir uns öfters schreiben wollten, & der 2te ist so poethisch daß man den Verfaßer davon hätte Krönen sollen! Und dennoch unterblieben die dankbaren Antworten, im Geiste nur war ich Ihnen nahe. –

 

Und was hätte ich wohl in Schrieftzügen bey Ihnen genützet wen sie nur unbedeutende Dinge würden dargestellt haben? Doch – nach einer so langen Zeit darf ich versichert sein, daß ein fröhliches Zeugniß des Lebens eine freundliche aufnahme findet. Ihr freundlicher Gruß am goldenen Thor des Neuen Jahres ist noch nicht verklungen, und würden jezt die Strahlen der Sonne wie damals bey Ihnen den großen Saal erleuchten der zu meinem großen Bilde2 meine Werkstelle geworden; so könnte ich gewiß auch poethisch meinen Dank dafür darbringen. Freylich umgeben mich keine so elegante Ruhesitze und Lüster aller Art, außer ein paar Seßeln (aus der Haarbeutelzeit) ein paar Schemmel und einem hölzernen Geriste! Dafür ist aber das Lokale schön, sehr schön, mit einer Aussicht auf den Rein3 und einem Balkon; dieses Gebäude war ehemals eine Domprobstey,4 und es wurde mir von meinem gnädigsten Landesvater bewilligt mein Bild da ungestört malen zu derfen. Dieses ist nun untermalt. In wenigen Tagen wird die Übermalung angefangen & mit Gottes Hilfe hoffe ich künftigen Sommer damit fertig zu werden. Sie werden sich zwar wundern daß es nicht jezt schon vollendet ist, allein ich sezte den lezten Winter aus und malte den Johann Evangelist5 wovon Sie den Carton in Rom noch sahen, ein betendes Jungfräulein6 und ein kleiner Hausaltar.7 Was nun das Große Bild betrifft habe ich Gott sey Dank noch nie den Muth noch die Freude dazu verlohren. Herr Metzger8 aus Florenz der voriges Jahr hier durchreißte rieth mir einige Versetzungen in den Figuren, durch welches die Composition an Haltung sehr gewann. Übrigens ändere ich jezt nichts mehr, mache meine Sache gemüthlich fort so gut ich kan, Gott wird den schon seinen Segen dazu geben.

 

Auf einem Lustschlosse, das Herr Großherzog9 in unserer Nähe hat,10 zeichnete ich foriges Jahr auf eine Wand in der Schloßkapelle den Kinderfreund11 in Lebensgröße mit 10 Figuren (mit schwarzer Kreyde, gewischt, es sieth gerade aus wie grau in grau gemalt) und dieses Jahr als Gegenstück Christus, wie er 4000 Menschen speißt12 20 Figuren. Nun bin ich aber zur Hofmalerin ernannt worden13 mit 300 f. Gehalt, und habe für die Zukunft mehr zu erwarten. Jenne Sammlung von Zwickbuch Sachen haben sich auch vermehrt. Jezt habe ich Ihnen aber von Allem Rechenschaft gegeben.

 

Diese Zeit über hatte ich ein großes Vergnügen, die gute Seidler14 aus Jena besuchte mich! Jezt ist sie nach Zürich, Schinz15 holte sie ab, aber bald kehrt sie wieder nach Weimar zurück. Sie ist wohler auf, als sie je in Italien war. Sie können sich denken wir uns unsers Widersehens freuten & Pläne machten uns in Dresden und einst vieleicht in Italien für eine Zeit zu begegnen. –

 

Von der Predel16 habe ich Nachricht, daß sie mit einem Knäblein erfreut wurde!

 

Ist jenne intereßante Freundin von Ihnen noch nicht nach Rom gekommen? Es ist aber jezt eine andere da gewiß nicht weniger intereßant, eine Fräulein Linder17 aus Basel, diese scheint durch und durch edel und vortrefflich zu sein!! Darf ich bitten ihr meinen herzlichsten Gruß zu vermelden.

 

Denken Sie auch noch daran, daß Sie mir eine Hlg Cecilie18 bestellten? Ich habe eine Aufzeichnung davon gemacht in der Größe, wie Sie es wünschten, und es nimmt sich nicht übel aus. Ich habe im Sinne sie auf Holz zu malen, aber wann, ließe sich noch nicht bestimmen.

 

Nun – Leben Sie wohl! Leben Sie glücklich, so glücklich als ich es Ihnen wünsche, und sind Sie unter Ihrem Sonnigen Himmel nicht gar so stolz, daß Sie den Norden darüber vergeßen. Grüßen Sie mir ich bitte Herrn Thorwalzen,19 Veit,20 Overbeck,21 und andere edle Teutsche und das ganze heilige Rom! Hätte ich Sie nicht so lieb würde ich Sie um Ihre Umgebungen beneiden.

Mit wahrer Verehrung Ihre

                                                                                                          treue Freundin

                                                                                                                  Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:

»A

           Monsieur

Monsieur August Kestner chargé

daffaires de Sa Majesté Britannique

Roi dHanovre

a

Rome

Palazo Tomati Strada Gregoriana«

2 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367). Die Leinwand für das Altarbild lieferte die Strafanstalt in Freiburg i. Br. (Der Friedens- und Kriegs-Kurier. Tagblatt für Politik, Literatur und Bekanntmachungen, Nr. 104, Nürnberg, 14. April 1829. Miszellen. In der großherzogl. Straf-Anstalt zu Freiburg (im Breisgau) wurde die Leinwand-Fabrikation unter der Leitung des dermaligen Vorstehers, Verwalters Lang, seit 1 ½ Jahren, zu einem so hohen Grad von Vollkommenheit gebracht, daß für die Malerin, Fräulein Ellenrieder in Konstanz, zu dem Altargemälde in der katholischen Kirche zu Karlsruhe die Leinwand in der Breite von 7 ½ Elle, zu größten Zufriedenheit dieser Künstlerin geliefert werden konnte.)

3 Rhein beim Austritt aus dem Bodensee.

4 Dieses Gebäude in der Rheingasse 20 war als säkularisiertes Domstift zeitweise das Konstanzer Quartier von Großherzog Ludwig.

5 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 348.

6 Fischer und Blanckenhagen WV 206; Elisabeth von Gleichenstein und Karin Stober (Hrsg.), »… und hat als Weib unglaubliches Talent« Angelika Kauffmann (1741-1807) Marie Ellenrieder (1791-1863), Ausst.-Kat. Rosgartenmuseum Konstanz, Konstanz 1992, Nr. 41, S. 207.

7 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

8 Johann Metzger (1771-1844), Gemälderestaurator und Kunsthändler in Florenz.

9 Ludwig I. Großherzog von Baden (1763-1830).

10 Schloss Langenstein bei Aach.

11 Fischer und Blanckenhagen WV 306 (vergleiche Fredy Meyer, Auf Schritt und Tritt, Burgen, Höhlen und heilige Orte am Bodensee, Hegau-Bibliothek, Band 124, 2004,  S. 172 ff.).

12 Fischer und Blanckenhagen WV 303.

13 9. September 1829.

14 Louise Seidler (1786-1866), Hofmalerin aus Weimar.

15 Johann Kaspar Schinz (1798-1832), Historienmaler aus Zürich.

16 Katharina von Predl, verheiratete Grassis de Predl (1790-1871). Zur Künstlerin siehe Edwin Fecker, Katharina von Predl verheiratete Grassis de Predl 1790-1871, Leben und Werk, Maulburg, Hornberger, 2016, 141 S.

17 Emilie Linder (1797-1867), Basler Malerin und Kunstsammlerin.

18 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

19 Bertel Thorvaldsen (1770-1844), dänischer Bildhauer.

20 Philipp Veit (1793-1877), Maler aus Berlin.

21 Johann Friedrich Overbeck (1789-1869), Hauptvertreter der Kunstrichtung der sog. Nazarener, lebte seit 1810 in Rom.

 

 

56         [BSB München, Ana 353.II.2]1                                                             [Konstanz, 8. November 1829]

 

Hochverehrter Herr Director!

 

Ich wollte anfänglich den jungen Mann Joseph Mosbrucker2 von der Kunst abwendig machen, daß die Zahl der Künstler nicht schon wieder um einen vermehret würde; allein, da keine Vorstellungen nützten, nahm ich mich seiner an, ich schäme mich aber zu gestehn daß dieß nur sehr sparrsam geschah. Trotz der schwachen Hilfe war er jedoch so beharrlich in seinem Fleiß, daß ich nicht anders kan als bittend ihn einer freundlichen Aufnahme zu empfehlen. Seine Aufführung ist musterhaft, er wird keiner seiner Mitschüler verderben sie wohl aber durch gutes Beyspiel auferbauen.

 

Darf ich nun hoffen daß Sie mir meine Bitte verzeihn?

Mit unendlicher Verehrung

 

Ihre

 

Konstanz den 8ten Nov:

                            1829.                                                             ergebenste Dienerin

                                                                                                               Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:

                       »Seiner Hochwohlgebohren

Herrn Herrn von Cornelius

Direktor der königlichen bayr.

Akademie der bildenden Künste in

München«

Peter von Cornelius (1783-1857) war von 1825 bis 1841 Direktor der Akademie.

2 Joseph Mosbrugger (1810-1869) aus Konstanz, laut Matrikelbuch am 25.11.1829 als Student an der Akademie der Bildenden Künste München für das Fach Portraitmalerei zugelassen (Kunstakademie München, Matrikelbuch 1809-1841). Über seine spätere Tätigkeit als Portrait- und Landschaftsmaler vergl. Michael Bringmann und Sigrid von Blanckenhagen, Die Mosbrugger, Kunstverein Konstanz, Weißenhorn 1974.


 

57         [EA Freiburg, FK 12207]1                                                                           [Konstanz, 6. Januar 1830]

 

An das Hochpreisliche Ministerium des Innern

Katholische Kirchensecktion!

 

Mit dem innigsten wärmsten Dank bescheinige ich, das heute am 6ten Jenner, aus Offenburg jenne Summe von 1500 f. tausend fünf hundert Gulden als Abschlagszahlung für das Hauptaltarbild in die katholische Kirche in Carlsruh2 richtig in meine Hände kam.

 

Ehrfurchtsvoll und dankbarst

 

Konstanz den 6ten Jenner                                          

                        1830.                                                                 unterthänigst gehorsamste

        Dienerin Marie Ellenrieder

                                                                                                                            Hofmahlerin.

 

 

1 An das Ministerium des Innern in Karlsruhe.

2 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

 

 

58         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                          [Konstanz, 24. März 1830]

 

Lieber Freund!

 

Empfangen Sie meinen herzlichsten Dank für das Vergnügen daß Sie mir durch Ihren dreyvierteljärigen Unwillen verursachten; es ist wirklich eine entzükende Darstellung! ich werde dieß Figürchen zum Andenken herausschneiden und mich dan recht innig immer an der Zärtlichkeit eines Freundes ergötzen. – Und ich habe nun über die Freude die Sie mir machten, das Geboth vergeßen Ihnen sogleich wieder zu schreiben; den ich bedarf nicht mich der lärmenden Welt zu entziehen um in stillen Stündchen nur an meine Freunde zu denken, es ist immer alles still um mich her, es stört mich nichts um stetz meine Freunde im Geiste zu umschweben und dan meyne ich immer ich hätte alles gethan, was die Liebe fordert. Und würklich hätte ich Ihnen noch nicht geschrieben hätte mich Frl Marie von Reinhold2 nicht mit der schönen Nachricht erfreut daß Sie mit dem Guelschen Orden3 beehret worden sind, und daß Graf Münster4 Ihnen diese schöne Auszeichnung überreichen durfte. Ich freute mich sehr darüber und eile daher Ihnen meine herzlichste Gratolazion zu machen. Ich hätte Ihnen auch einen geschenkt wen ich Ihr Fürst wäre! Das bunte Bändchen wird schön stehn zu den blauen Augen! aber nun Scherz bey Seite; Gott segne Ihnen diese Ehre zu immer größerer Wirksamkeit das Gute in Allem befördern zu können, zu Ihrem zeitlichen und ewigen Heile! –

 

Es hatte dieses Jahr einen strenger Winter,5 so streng das ich genöthigt war an meinem großen Bilde6 aufzuhören, erst am 1sten Merz begann ich wieder daran fortzusetzen und bin nun an dem Übermalen des Untern Theiles, und hoffe zu Gott Ende Sommer es vollenden zu können. Den Johannes7 sendete ich auf die Kunstausstellung nach Carlsruh; mein Vater ließ mich aber keinen Preis darauf setzen, indem man glaubt er wäre so gut wie die Madonna,8 und so könnten wir ihn zu unserem Vergnügen noch länger behalten; er kam also wieder zurück; in einer prächtigen Goldenen Rahme, die die Herrn vom Kunstverein darum machen ließen und mir zum Beweis ihrer Zufriedenheit sie zum Geschenke machten.

 

Als ich diesen Winter die kleineren Bestellungen hervornehmen konnte so näherte ich mich auch Ihrer H Cecilia9 von welcher der Carton bereits fertig ist; sie nimmt sich nicht übel aus, und ich hätte den Lebhaftesten Wunsch sie zu malen, allein mein Gewißen geboth mir alles zu beseitigen, als die Lauen Winde wieder kamen und die Tage sich längerten.

 

Und nun, wenn ich nur eine Strafe wüßte für das Heimweh (nach dem schönen Lande) das Sie in mir bey der Erzellung Ihres himmlischen Stadt & Landlebens erregten. Und wahrlich Ihr Leben ist ein buntes Gewebe von den edelsten Freuden, 2 Ausflüge in einem Jahre, ist doch viel! Wehrend andere Leute in kleinen Verhältnißen so viel Klag & Jammer hören müßen! Im Geiste nur kan ich mich in jenne schönen Thäler denken die sie unter so edlen Menschen bewohnten.

 

Wenn die Fräulein Linder10 noch in Rom ist, so bitte ich Sie sie hochachtungsvoll von mir zu grüßen, und ob Sie mein Briefchen in München noch erhaltn habe: auch der Madam Wieland11 bitte ich alles Schöne zu sagen.

 

Das Wenige was Sie mir von meiner Freundin Predl12 schrieben gab mir einen entsetzlichen Stich ins Herz, sagen Sie mir auch wo sie sich aufhält?

 

Leben Sie nun wohl, und führen Sie sich gut auf, und machen Sie mir bald einmal die Freude mit der Nachricht daß Sie sich vermählt haben, wer wird den in solchen Verhältnißen wie Sie, immer allein sein, und ihr Herz mit tausend Engländern Theilen die heute kommen & morgen gehn! Ich habe zwar schon oft sagen hören, daß das die größten Heiligen wären, die aus allgemeiner Menschenliebe sich selbst vergeßen.

 

Mit herzlicher Verehrung also Ihre

 

Constanz den 24ten Merz 1830.                                                              treue Freundin

                                                                                                                          Marie Ellenrieder

 

Alle die Meinigen grüßen Sie auch Herzlich so wie ich auch alle die Lieben grüße die Sie umgeben, Amen.

 

  

1 Brief ohne Adresse an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich als Adressat eindeutig August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.

2 Marie von Reinhold, Tochter des niederländischen Gesandten in Bern Johann Gotthard von Reinhold und seiner Frau Maria, geb. Schuchmacher.

3 Guelphenorden, 1815 von Georg, Prinzregent von Hannover im Namen seines Vaters König Georg III. von Großbritannien und Hannover gestiftet.

4 Ernst Friedrich Herbert Reichsgraf Münster-Leudenburg (1766-1839), hannoverscher Staats- und Kabinettsminister.

5 Im Winter 1829/30 trat das seltene Naturereignis ein, dass der Bodensee vollständig zufror (sog. Seegefrörne).

6 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

7 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 351.

8 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 329.

9 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

10 Emilie Linder (1797-1867), Basler Malerin und Kunstsammlerin.

11 Am 20. Januar 1830 starb der erstgeborene Sohn von Katharina von Predl, verheiratete Grassis de Predl in Palermo. Dort war ihr Ehemann als Gutsverwalter des Fürsten von Butera tätig (vergleiche Edwin Fecker, Die Malerin Katharina von Predl, verheiratete Grassis de Predl (1790-1871), in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Niederbayern, Bd. 131, Landshut 2005, S. 47).

 

 

59         [RM Konstanz, 12]1                                                                                          [Konstanz, 5. Juni 1830]

 

Verehrtester Freund!

 

Schon so lange hörte ich nichts mehr von Ihnen. Mein leztes Briefchen beantworteten Sie nie. Es war vieleicht auch keine Frage darinn: ich bin nie kürzer als wenn ich schreibe; dafür ehre ich Sie desto daurender im Geiste. Und wir Alle sprechen so oft von Ihnen, und niemals ohne den Wunsch, daß Sie doch wieder einmal kommen möchten. Sie reuen mich jezt noch, jenner flüchtigen Tage, die ich so wenig benützte!

 

Mit meinem großen Bilde2 bin ich zimlich voran, doch lange noch nicht am Ende. Im Winter mußte ich lange aussetzen, daß war mir aber nicht unangenehm; da malte ich dan zu Hause und freute mich zugleich dadurch Gelegenheit gefunden zu haben für Sie ein kleiner Beweis meiner Dankbarkeit bereiten zu können; ich schäme mich aber der Kleinheit wegen. – (Ich dachte hier die Heilige Magdalena,3 wie sie von einem Engelein geführt und ermahnt wird als sie gieng Jesu die Füße zu salben.) = ich dachte er sagt zu ihr, ja thue es nur was du vor hast, den was du thust, thust du Gott & stärkte sie so in ihrem Vorhaben etc etc).

 

Verschmehen Sie diese kleine Gabe nicht und empfangen Sie 1000mal meine herzlichsten Grüße, so wie auch vom Vater & der Pepi4 alles Schöne

 

Leben Sie wohl! auf ein schönes Widersehen!

Mit innigster Verehrung

Ihre

Constanz den 5ten Juni                                                                              treue Freundin

                        1830.                                                                                           Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief adressiert an: »Seiner Hochwohlgebohren Freyherrn Carl von Röder in Freyburg. Mit einem kl Bildchen.«

2 Wohl Fischer und Blanckenhagen WV 367.

3 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 413.

4 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

60         [GSA 96/5056]1                                                                                  [Heiligenberg, 29. August 1830]

 

Meine theure geliebte Freundin!

 

Du wirst die ganze Zeit über eine entschiedene Antwort auf deine lieben Briefe erwartet haben. Und wie gerne würde ich dieß gethan haben wenn es auf unsere gewünschte Art hätte geschehen können. – Allein es geschah mir der Ausspruch daß der Großherzzog erst Ende September ins Oberland kommt. Wie mich dieß wie ein Donnerschlag traf, kannst Du gewiß mit mir fühlen. Ach! und wen Klagen nicht Sinde wäre ich würde vor Dir nun den Jammer meines Herzens ausgießen! So viel Widerstand hat mich selbst Rom nicht gekostet!!! – Dein Plan auf unserem Beysammen sein auch Berlin zugleich mit zu nehme, wäre mir angenehm geweßen. – Aber wenn ich erst Anfangs Oktober abreisen könnte käme mein Ausbleiben ganz in den Winter hinein. Und 2 Mal nach Norden zu reisen dazu hätte ich wahrlich nicht Lust, lieber besuchte ich Dich das 2te mal dan unter dem uns geliebteren Himmelsstrich. Richte also Deine Reise nach Dresden & Berlin wie es für Dich am schüklichsten ist; kämme ich dann durch einen unvorhergesehenen Vorfall auch dazu, so suche ich Dich gerne alleine auf wo Du auch sein magst. – Wen es aber nicht gleich um die Mitte September geschehen kan, so würde ich keinen Gebrauch mehr davon machen, und also den Aufschub bis künftiges Frühjahr in die Hand Gottes legen.2

 

Diese Ungewißheiten ob ich zu meiner Freude gelangen werde oder nicht, wirkte nachtheilich auf meinen Körper & mein Gemüth: Ich führte damals zu meiner Erholung jenne Reise nach Basel und Schaffhausen aus, hatte viele Freude, kam aber nicht stärker nach Hause; im Gegentheil! – Da ging ich also nicht an mein großes Bild, es war mir als hielte mich eine unsichtbare Gewalt davon ab; und wie ich mich auch priffte, kam ich immer wieder zu dem unlöschbaren Durste nach neuer Nahrung für meinen Geist. Dan, führte ich die Cartons meiner Juliana3 & Cecillia4 aus und nun bin ich auf dem schönen Lustschloße des Fürsten von Fürstenberg5 und habe seit 10 Tagen ein paar seiner Kinder in Pastell6 gezeichnet. Er möchte auch das Kleinste was erst 14 Monden zählt so haben, worauf mir nun recht Angst ist. Die Bergluft ist aber wohlthätig, so wie auch das Entfernt sein auf ein Zeit von Allem was einem so nahe angeth.

 

Wegen jener Dame von der ich Dir damals sprach wäre ich nicht in Verlegenheit gekommen; Sie ist so höflich, daß sie nie wieder etwas davon sagte.

 

Nun muß ich Dir mein Lebewohl sagen, wenn ich schon noch gerne einiges aus Deinen Briefen beantwortet hätte. Nur eines muß ich Dir noch bemerken daß Du mir gar zu bescheiden vorkömmst, wen Du Dich erbärmlich hälst gegen Einer Compositrice von mehreren hundert Figuren (auf einem Blatt). Wir haben alle die Gaben von Gott, und derfen Sie nicht gering schätzen auf einen flüchtigen Eindruck woran Deine Lebhaftigkeit mehr Schuld ist, als vieleicht die Sache selbst. Verzey daß ich dießmal nicht leichtglaubig bin.

 

Denke Dir der gute Schinz7 kam nicht, er sagte er wolle die Zeit abwarten bis das Bild des H Steffanus8 fertig sey. Wir hingegen denken seine Frau als Ursache und bedauren ihn. Ich will sehen ob er nicht etwa im Herbst kömmt wenn ich zu Hause bleiben muß!

 

Lebe wohl! Und sey meiner Treue & Liebe auf ewig versichert

                                 Deine

                   Freundin

                   Marie Ellenrieder

Heiligenberg 5 Stund

von Constanz entfernt.

den 29ten August 1830          

 

 

1 Brief mit der Adresse: »An Fräulein Louise Seidler berühmte Malerin in Weimar

abzugeben auf dem Jägerhause«.

Brief mit Aufgabestempel von Pfullendorf (Rayonstempel PFULLENDORF R.3.).

2 Die Reise nach Weimar fand letztlich erst 1832 statt.

3 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

4 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

5 Carl Egon II. Fürst zu Fürstenberg (1796-1854).

6 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 122.

7 Johann Caspar Schinz (1798-1832), Maler aus Zürich.

8 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

 

 

61         [EA Freiburg, FK 12207]1                                                                      [Konstanz, 1. Dezember 1830]

 

An das Hochpreisliche Ministerium des Innern

Katholische Kirchensektion.

 

Als Seine Königliche Hohheit der Allergnädigste Großherzog2 die nachsichtsvollste Zufriedenheit über das Altarbild3 mir äußerten, fügten Hochstselbe den Wunsch hinzu, daß es bald nach Karlsruhe kommen sollte, und es müße nun für die gehörige Aufnahme in der Kirche gesorgt werden. –

 

Diesen erhabenen Äußerungen zu Folge übersende ich hier die Kalku[lation einer]4 Zeichnung zum Altare; wenn etwa über die lange Zeit das Original verloren [gegangen] wäre. Der junge Herr Bergmüller5 hat sie noch in Italien gemacht. Dam[mals wurde] mir der Höchste Auftrag ertheilt, für die Zeichnung zum Altare an Jemand [Sachverstän]digen in Italien zu schreiben, da kam gerade Herr Bergmüller zu jennem Her[rn an den] ich mich gewendet hatte: sie besprachen sich darüber, und so entstand diese schöne [Composi]tion; an die ich meine innigste Bitte anschließe, daß man diese und keine andere nehmen möchte, den ich glaube daß man nichts Geschmackvolleres hervorbringen könnte.

 

Vor einigen Wochen reiste Herr Bergmüler hier durch, da bath ich ihn um die völlige Auslegung seines Entwurffs, und erfuhr nun zu meiner freudigen Überraschung, daß das Ganze so ausgedacht sey, daß die Orgel bleiben könne. Es ist also kein so großer Kosten und Zeitaufwand nöthig, als wenn die Orgel hätte versezt werden müßen, und das Bild würde auf dieser Stelle ein gutes Licht erhalten.

 

Man könnte es mir als unbescheiden auslegen, daß ich meine Bitte so dringend offenbare da mir aber die Besorgung dafür aufgetragen wurde, so muß ich mich mit allem Eifer dafür verwenden.

 

Mit dem Bilde geth es Gott sey Dank recht vorwärts, daß ich hoffen kan es bei [Ende] December zu vollenden.

 

Ehrfurchtsvoll bitte ich also das Hochpreisliche Ministerium, Seiner Königl Hohheit Dem Allergnädigsten Großherzog! meine Bitte zu Füßen zu legen.

 

                                                                                                          unterthänigst-gehorsamste

Constanz den 1ten Decemb 1830.                                                         Marie Ellenrieder Hofmalerin

 

 

1 An das Ministerium des Innern, Katholische Kirchensektion in Karlsruhe.

2 Ludwig I. Großherzog von Baden (1763-1830).

3 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

4 Ergänzungen des Textes in eckiger Klammer.

5 Karl Joseph Berckmüller (1800-1879), Architekt aus Karlsruhe.

 

 

62         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                    [Konstanz, 3. Dezember 1830]

 

Lieber Freund!

 

Noch niemals herrschte unter uns ein solch’ langes Stillschweigen! – Ich muß es unterbrechen um anzufragen was den aus Ihnen geworden ist? Es sind allerley Dinge die ich oft als Ursache denke – Gute & schlimme. Am liebsten wäre mir die Nachricht daß Sie aus Glückseligkeit über Ihr römisches Leben, Ihre auswärtigen Freunde vergeßen hätten, dan wären einestheils meine Wünsche erfillt die ich so oft als Ihre freundlichen Augen mich ansprechen erneue, und das ist jedes mal in der Kirche, denn ich habe dieselben in meinem Gebethbuche aufbewahrt.2

 

Ich bin so begierig wieder einmal zu erfahren wie es Ihnen geht, früher erhielt ich oft Nachrichten von Ihnen durch die edlen Reinholds,3 diese haben aber seit dem Antritt ihrer großen Reise nie wieder geschrieben, nur das weiß ich daß sie glücklich nach Bern zurückgekehrt sind.

 

Vieleicht ist auch dieß die Ursach daß Sie nicht schrieben, weil sich vieleicht nichts besonderes zutrug und alles so ist wie immer Ihre Freunde sie denken? so war es eigendlich um mich: noch immer bin ich an meinem großen Bilde; hoffe aber doch es bey nächstem zu vollenden, oder vielmehr den Ausspruch thun zu müßen es nicht weiter mehr zu bringen; – Im Sommer fühlte ich mich davon angegriffen, daß ich einige Zeit aufhörte, da ging ich auf eine Woche nach der Schweitz wo ich dan in Basel die schönen Holbeine sah etc dan arbeitete ich auch noch eine gute Weil bey Hause und vollendete den Carton zu Ihrer Hl Cecillia4 und nun ist sie schon angefangen in Öl auf Holz und Kreidegrund. Als aber Herr Großherzog5 unser Constanz besuchte, trug er mir auf nach der Vollendung des gr Bildes auf einige Zeit nach Carlsruh zu kömen; in diesem Fall müßte ich sie wieder einem Aufschub Preis geben, und ich versichere Sie, dieß kostet mich Mühe den, Sie können Sichs gewiß denken, wie sehr eine kleinere und so holde Arbeit nach einer so ernsten entzücken müßte. In unseren Tagen kan man aber nicht viel auf später vornehmen, daher können sich die Pläne ändern wenn man gebiethet das jedes an seiner Stelle bleiben soll; für dießmal wäre es mir sehr angenehm.

 

Haben Sie das Fräulein Linder6 von Basel nun ofterer gesehen? und kennen Sie nicht auch eine Madame Elwino Härtel.7 Ruffini, Fabricante delle chorde Harmoniche. Diese trug mir auf meine Madonna als Brustbild für sie zu kopieren, weil ich aber so beschäftigt bin, both ich ihr an sie in meiner Pastellmanier zu zeichnen. Ich habe aber vor Kurzem einen Versuch gemacht, mit einer Art Tempera in Öhl, da fing ich auch so die Madonna an; im Fall Sie diese Dame kennen, sagen Sie ihr dieß gefälligst nebst meinem tiefsten Respekt und im Falle mir die Copie auf diese Art gelinge, ob ich sie nicht gleich hier behalten soll, bis sie wieder nach Teuschland zurückkehren, da ich mein Versprechen nicht im Herbst schon halten konnte? –

 

Nennen Sie mir auch gefälligst den Ort wo meine Freundin Grassis Predl8 sich aufhällt; seit damals hörte ich nichts mehr von ihr. Von der Seidler9 hingegen habe ich immer die besten Nachrichten; sie hat erst eine Reise nach Berlin gemacht und unsägliche Freuden daselbst genoßen.

 

Ich gäbe viel, ich könnte Sie nun für mein Bild des Hl Steffanus10 führen um Ihr Urtheil darüber zu hören. Es ist fast so fleißig ausgeführt als meine Madonna, manches wird vieleicht daran vergebens gemacht sein, allein ich konnte nicht widerstehen es so fleißig als es mir nur immer möglich war zu behandeln. Denn nie hat mich die Lust & Liebe zu diesem Bilde verlaßen, Gott sey Dank.

 

Der Großherzog bewies mir seine Zufriedenheit, und beehrte mich mit neuen Aufträgen zu 2 kleineren Bilder.

 

Sagen Sie nur der lieben Frl Linder ihr Bildchen wäre auch schon angefangen. Sie sehen lieber Freund daß ich nicht müßig ging, ich zeichne auch des Abends bey der Lampe nach Gewänder Köpfen etc etc und mußiziere auch bisweilen; nun habe ich mich aber recht gelobt! habe ich mich hiermit nicht versündigt? den es steth ja geschrieben, wenn wir alles getan haben was wir schuldig sind, waren wir dennoch unütze Knechte. Und sieh da! wenn ich mich priffe habe ich nicht einmal meine Schuldigkeit gethan! –

 

Verzeyen Sie meiner heutigen Gesprächigkeit und leben Sie nun wohl, empfangen Sie meine besten Glückswünsche zum neuen Jahr und kleiden Sie Ihren Geist recht bald in Schriftzügen ein, und erscheinen Sie mir.

Ihrer treuen Verehrerin!

Constanz den 3ten Dec

                        1830.

                                                                                                                          Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich als Adressat eindeutig August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.

2 Dabei handelt es sich um eine Zeichnung der Augenpartie August Kestners, welche dieser selbst gezeichnet und der Künstlerin zum Geschenk gemacht hatte (vergleiche Brief vom 25. April 1826).

3 von Reinhold, Familie des niederländischen Gesandten in Bern.

4 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen. Das Gemälde wurde erst 1832 vollendet (vergleiche Brief an Freiherr von Röder vom 31. Dezember 1831 und Brief an Kestner vom 3. Juli 1832).

5 Leopold Großherzog von Baden (1790-1852), Regierungsantritt am 31. März 1830.

6 Emilie Linder (1797-1867), Malerin und Kunstsammlerin aus Basel.

7 Elwino Härtel, nicht ermittelt.

8 Katharina von Predl, verheiratete Grassis de Predl (1790-1871).

9 Louise Seidler (1786-1866), Hofmalerin in Weimar.

10 Fischer und Blanckenhagen WV 367.

 

 

63         [EA Freiburg, FK 12207]1                                                                            [Konstanz, 17. März 1831]

 

Hochverehrtester Herr Geheimrath!

 

Es thut mir herzlich leid daß ich Ihnen mit einer Bitte wieder beschwerlich fallen muß, und zwar in einer Zeit, wo Sie gewiß noch mehr als sonst zu thun haben. – Sie wißen indeßen, daß einem alten Versprechen die Zeit der Erfillung stuffenweis nahen muß, und so bäthe ich wieder um einen kleinen Theil der Bezahlung an dem Bilde des H. Steffanus.2 Nur fünfhundert Gulden wäre ich in diesem Augenblick benöthigt, und im Falle es Ihnen möglich wäre mir es bald zu verschaffen, würde es mehr sehr lieb sein, weil ich schon länger um diese Summe hätte bitten sollen.

 

Hoffentlich daurt es nicht mehr lange, bis ich Sie in Carlsruhe sehe! Empfangen Sie auch meinen schönsten Dank für die schnelle Beantwortung meiner lezten Anfrage. Bis ich das Bild vollendet habe kann ich gewiß auch erfahren, wie lange Herr Berkmüller3 noch zu thun hat.

 

Leben Sie nun wohl! und verschmehen Sie meine

treue Verehrung nicht mit der ich bin

Ihre

Constanz den 17ten                                                                            gehorsamste Dienerin

                        Märtz 1831.                                                                             Marie Ellenrieder.

 

 

1 Adressat nicht genannt. Es handelt sich aber sicher um Geheimrat Johann Evangelist Engesser (1778-1867), Direktor der kath. Kirchensektion des Ministeriums des Innern in Karlsruhe.

2 Fischer und Blanckenhagen WV 367.

3 Karl Joseph Berckmüller (1800-1879), Architekt aus Karlsruhe. Auf seine Mitwirkung am Hochalter der Stephanskirche wird näher eingegangen bei Elisabeth Spitzbart, Karl Joseph Berckmüller 1800-1879, Architekt und Zeichner, Karlsruhe 1999, S. 123 ff

 

 

64         [BSB München, Ana 353.II.2]1                                                                 [Konstanz, 27. März 1831]2

 

Hochverehrtester Herr Director!

 

Trotz der Überzeugung daß es eine wahre Kühnheit ist mich schriftlich an Sie zu wenden, entschloß ich mich dennoch es zu thun; weil das Schicksal dieses jungen Menschen der Ihnen diese Zeilen überbringt mich dazu aufforderte. Er ist ein Neffe3 von Herrn Profeßor Hug4 in Freyburg der ihn 3 Jahre unterstützte daß er die Akademie besuchen durfte: im Späthjahr zog er aber seine Hand von ihm, und ließ ihn diesen Winter mit aller menschlichen Noth bekannt werden. Nun gab er ihm noch mal ein Auskommen auf ein halbes Jahr.

 

Möchten Sie nun so viel Erbarmen haben, ihn für die kurze Zeit zu rathen, und ihn ein wenig in Schutz zu nehmen. Seine Auführung ist gut, und fleißig war er auch. Ich nahm mich seiner an, da ich aber selbst nichts kan, so konnte ich ihm auch wenig nützen.

 

Werden Sie mir nun verzeyen können, daß ich, die ich nur ein einziges Mal die Ehre hatte Sie zu sehen, es wagte, mit einer so lästigen Bitte beschwerlich zu fallen? – Vergeben Sie um Ihrer Freunde Willen die in Rom mir so vieles von Ihnen erzellten; den, hätte diese nicht so viel von Liebe & Güte gesprochen; so würde jezt die Furcht mich zurückgehalten haben.

 

Leben Sie nun wohl hochverehrter Herr Director! Gott erhalte Sie gesund, und von mir verschmehen Sie nicht die Versicherung meiner tiefen Verehrung.

 

Ihre

 

Konstanz den 27ten Märtz                                                               ergebenste Dienerin

                                                                                                                         Marie Ellenrieder

 

1 Brief mit folgender Adresse:

                                    »Seiner Hochwohlgebohren

Dem Herrn Peter Cornelius

Direktor der königlichen bayr: Akade-

mie der bildenden Künste in

   München«

Peter von Cornelius (1783-1857) war von 1825 bis 1841 Direktor der Akademie.

2 Jahreszahl fehlt; entsprechend dem Inhalt des Briefes muss es sich aber wohl um das Jahr 1831 handeln.

3 Georg Hug aus Konstanz, Sohn des Malers Nikolaus Hug (1771-1852), war laut Matrikelbuch seit dem 3. November 1827 an der Akademie der Bildenden Künste München als Student für das Fach Historienmalerei eingeschrieben (Kunstakademie München, Matrikelbuch 1809-1841). Über Georg Hug ist bisher nur bekannt, dass er an folgendem Architekturwerk seines Vaters Nikolaus Hug als Zeichner mitgearbeitet hat: Abbildungen alter Kunstwerke, vornehmlich aus den Fächern der Bau und Bildhauer=Kunst. Constanz 1832 (vergl. Rosgartenmuseum Konstanz, Konstanz in alten Ansichten, Teil 1, 1987, S. 141ff).

4 Johann Leonhard Hug (1765-1848) aus Konstanz, katholischer Theologe, seit 1791 Professor für orientalische Sprachen und Altes Testament an der Universität Freiburg.


 

65         [EA Freiburg, FK 12207]1                                                                            [Karlsruhe, 28. Juni 1831]

 

An das Hochpreisliche Ministerium des Innern

Katholische Kirchensecktion!

 

Als im Jahr 1827 das große Unternehmen des Altarbildes2 mir anvertraut wurde, welches ich mit treuer Liebe und dankbarer Freude begann & seiner Vollendung entgegenführte: da konnte ich von all’ den Kosten die in den 4 Jahren sich häuften noch keinen Begriff haben. Ich gab mich auch mit dem Gedanken nicht ab, wie ich bey dem Preise bestehen werde; dieser Auftrag war mir immer zu heilig. – Aber jezt am Ziele mahnen mich andere Pflichten, die mich auffordern es zu wagen, bittend um eine kleine Entschädigung einzukommen – . Etwa 500 Gulden.3

 

Ehrfurchtvoll also diese Bitte vortragend geharre ich

 

Dem Hochpreislichen Ministerium des Innern, Katholische Kirchensecktion!

 

als

 

Carlsruhe den 28 Juni

                        1831.                                                             

               gehorsamste unterthänig-

               ste Dienerin Marie

                                                                                                               Ellenrieder Hofmalerin.

 

 

1 An das Ministerium des Innern, Katholische Kirchensektion in Karlsruhe.

2 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

3 Der Bitte wurde nicht entsprochen (vergleiche Fritz Hirsch, 100 Jahre Bauen und Schauen, Karlsruhe 1928, Band 1, S. 506).

 

 

66         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                               [Konstanz, 7. Juli 1831]

 

            Zu meiner großen Freude kam endlich der schöne langersehnte Reibstein an. Kaum vorher übergab ich einen Brief an Frl Marie Reinhold,2 worin ich ihr sagte, daß er noch nicht da wäre.

 

Aber was haben Sie wohl angestellt daß Sie mir die Fracht so ganz besorgten? Daß hätten Sie lieber Freund! nicht thun sollen. Da es nun aber geschen ist, muß ich es wohl von Ihnen annehmen. Ich danke Ihnen also dafür. Es ist ein Geschenk das ganz Ihrer Großmuth und Ihrem Zartgefühl gleicht drum hat es noch höheren Werth für mich.

 

Für dieß mal kan ich nicht umständlich für Ihr liebes Briefchen danken, das mir so herzliche Freude machte.

 

Mein großes Bild3 ist jezt fertig, und wird in diesen Tagen öffentlich ausgestellt. Bald nachher reise ich nach Karlsruh, von dort aus werde ich mir die Freyheit nehmen Ihnen meine unbedeutende Nachrichten mitzutheilen.

 

Leben Sie wohl! Gott erhalte Sie gesund; und flistert Ihnen ein Engelein zu daß Sie mir schreiben sollen, so folgen Sie ihm auch!

 

Mit großer Verehrung & Liebe

Ihre

 

Constanz den 7ten Julli                                                                                        dankbare Marie Ellenrd

 

 

1 Brief ohne Adresse an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich als Adressat eindeutig August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.

2 Marie von Reinhold, Tochter des niederländischen Diplomaten Johann Gotthard von Reinhold und seiner Frau Maria, geb. Schuchmacher.

3 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

 

 

 

Marie Ellenrieder Karlsruhe St. Stephanskirche

 

67         [EA Freiburg, FK 12207]1                                                                                      [ohne Ort, ohne Datum]

 

            Marie Ellenrieder hat an dem, für 4000 f: verakordierten Altarbilde2 2020 erhalten; hätte folglich noch 1980 f gut um welches sie hiermit unterthänigst bittet.

 

                                                                                                                     

         Marie Ellenrieder

                                                                                                                     Hofmalerin.

 

 

1 Adressat nicht genannt, wohl aber an das Ministerium des Innern, Katholische Kirchensektion in Karlsruhe gerichtet. Der Eingangsvermerk lautet auf den 11. Juli 1831.

2 Tod des hl. Stephanus (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

 

 

67a         [GLA 46 7250 (Eigentum Haus Baden)]1                                                          [Lichtenthal, 6. August 1831]

 

Allergnädigster Großherzog!

 

Ehrfurchtsvoll nahe ich mich Euer Königlichen Hohheit! Doch beynahe getraute ich mich nicht es zu wagen – und doch geschieth es. Euer Königlichen Hohheit auf ein Versprechen zu erinnern, daß mir huldreichst verfloßenes Jahr in Petershausen2 zu Theil wurde. –

 

Nun hörte ich, daß der gute Haldenwang3 starb. –  Dürfte ich nun um den völligen Gnadengehalt bitten?

 

Eine schönere Gelegenheit gäbe es jezt nicht, da ich mein großes Bild4 (und Gott weißt es unter welchen Anstrengungen ich es fertigte) endlich überbrachte.

 

                                                        Ehrfurchtsvoll zu Füßen legend und um Vergebung

                                                              bittend

                                                                  Euer Königlichen Hohheit Allergnädigster

                                                                                     Landesvater!

Lichtenthal den 6ten August

                         1831.                                                                              unterthänigst gehorsamstes

                                                                                                             Landes Kind Marie Ellenrieder

 

1 Brief ohne Adresse an Leopold Großherzog von Baden (1790-1852).

2 Petershausen, Ortsteil von Konstanz, mit einer mittelalterlichen Klosteranlage, die 1831/32 weitgehend abgebrochen wurde.

3 Christian Haldenwang (1770-1831), seit 1804 Hofkupferstecher.

4 Fischer und Blanckenhagen WV 367.

 

 

68         [EA Freiburg, FK 12207]1                                                                               [Karlsruhe, 27. August 1831]

 

An das Hochpreisliche Ministerium des Innern.

Katholische Kirchen Section.

 

Über den Bericht vom 12ten August, erwiedere [ich,]2 das ich wohl wußte daß für eine verakortierte Arbeit keine weitere Forderung darf gemacht werden: allein [bei]2 ungewöhnlichen Unternehmungen, laßen sich schwer zum Voraus alle Schwierigkeiten im ganzen Umfange erkennen.

 

Schon nur an der Zeit irrte ich mich um ein volles Jahr! –

 

Nie verlohr ich aber die Freude und den Muth an diesem erhabenen Auftrage, und niemals rechnete ich mit meinen Anstrengungen und Ausgaben, sonst hätte ich diese Arbeit ja viel früher (aber nicht so ausgeführt) für die gleiche Summe überbringen können.

 

Einen solchen Arbeiter glaubte ich, würde man in seinem Schaden berüksichtigen. –

 

Was aber der Transport & die Verpackung betrifft, wird [mir]2 wie ich hoffen darf erstattet werden.3 Auch habe ich das Restguthaben noch immer nicht erhalten. Und den Vorhang wird man auch als Nothwendigkeit anerkennen, da um die Mittagsstunden die Sonne wie durch ein Brennglas das Bild in Kürzen wird beschädigt haben.

 

Carlsruhe den 27ten August

                                   1831.                                                        unterthänigste gehorsamste

                                                                                                                           Marie Ellenrieder

 

 

1 An das Ministerium des Innern, Katholische Kirchensektion in Karlsruhe.

2 Ergänzungen in eckiger Klammer.

3 Für Transport und Verpackung wurden der Künstlerin 45 Gulden und 30 Kreuzer erstattet (vergleiche Fritz Hirsch, 100 Jahre Bauen und Schauen, Karlsruhe 1928, Band 1, S. 506).

 


 

69a     [The Daulton Collection]1                                                                            [Karlsruhe, 15. November 1831]

 

Hochverehrtester Herr Hofrath!

 

Sie erhalten hier das bewußte Engelein, ich dachte es mir in seiner Entzükung wen es gesehen hat, wie oft Menschen nach dem Wohlgefallen Gottes wandeln, und sich ihres Daseins freuen, und wie Sie sich werden erfreut haben, über all´ dem Schönen welches Sie auf Ihrer letzten Reise gesehen.

 

Es war mir sehr unangenehm durch Fräulein Laura zu hören, daß Sie glücklich zurückgekommen wären. Wir haben Sie immer hier erwartet.

 

Meine Abreise ist indeßen näher gerükt, und auf den 20ten Dieß festgesezt, wenn nicht noch ein Brief von Hause mir Verlängerung meines Aufenthalts erlaubt.

 

Nun sage ich Ihnen mein herzlichstes Lebewohl, und die Versicherung meiner innigsten Verehrung mit der ich bin

Ihre

Carlsruhe den 15ten Nov. 1831

Sollte Ihnen etwa das Bildchen

nicht gefallen; so senden Sie                                    ergebenste Dienerin

mir es ohne Scheu zurük.                                                   Marie Ellenrieder

 

Herr von Kriegs2 & Fr. v. Huttlin sagen Ihnen sehr viel Schönes.

 

 

1 Zusammen mit einem »Betenden Schutzengelchen« in einem Klappaltärchen, Fischer und Blanckenhagen WV 395. Brief ist adressiert an einen namentlich nicht genannten Hofrat. Heutiger Besitzer des Briefes und des Klappaltärchens: Jack Daulton

The Daulton Collection
http://www.marieellenrieder.com/guardianangel.html

2 Georg Heinrich Krieg von Hochfelden und seine Gemahlin Anna Krieg von Hochfelden, geb. von Hüetlin, verw. von Vincenti, Freundin der Künstlerin in Karlsruhe.

 

69b         [RM Konstanz, 13]1                                                                                      [Konstanz, 31. Dezember 1831]

 

Verehrtester theurster Freund!

 

Um Sie nicht in Ungewißheit zu laßen, zeige ich Ihnen an daß der wunderschöne Becher mir zukam. Aber was haben Sie wieder gethan! und wie kann ich gebührend genug dafür danken? Ich hätte eher zu Vorwürffen Lust: – aber wie dürfte ich mit einem so friedsammen Geist zanken! – Ehrfurchtsvoll muß ich es in Dank & Liebe annehmen, und mich darüber freuen, wie ich noch nie über so etwas Schönem mich freute! Ich versichere Sie, wenn ich es vergeße, daß ich ihn nicht haben sollte, so kan ich ganz entzückt darüber sein. Empfangen Sie also von mir als Ihren immerwehrenden Schuldnerin den wärmsten und innigsten Dank. Möge ich der theuren Aufschrift niemals unwürdig werden! – Morgen an dem ersten Tage des neuen Jahres, werden wir in Friede & Freude versammelt zum erstenmal gemeinschäftlich daraus drinken, es wird gewiß recht festlich aussehn!

 

Wen es wahr ist, daß Sie im Sommer an mich dachten, und gerne nach Constanz gekommen wären, so haben sich unsere Wünsche begegnet. Damals war ich in Lichtenthal2 und brauchte die Stahlbäder, da dachte ich so oft die Möglichkeit daß Sie nach Baden kommen könnten, wie es vor 2 Jahren geschah; O! wenn ich Sie einmal begegnen könnte in den freundlichen Thälern, sagte ich öfter zu mir selbst wie groß müßte meine Freude sein! – Dan – aber glaubte ich auch wieder denken zu müßen daß es so beßer ist, denn, zuviel Glück ist nicht heilsamm.

 

Von da kehrte ich dan gestärkt nach Carlsruh zurük; und arbeitete viel hatte bey meiner Freundin der Frau von Krieg3 das angenehmste Leben von der Welt, und diese war auch die Hauptursache daß ich so lange blieb, und noch wäre ich da, wenn ich ihr gefolgt hätte. Allein manches war nicht, wie ich es hoffte & erwartete, und so kan ich mich nur recht sehr freuen wieder bey meinem lieben alten Vater zu sein & bei der Pepi;4 ich bin voll von Arbeit doch nur kleinere Bilder, ich machte zwar wieder eine große Composition die Bergpredig5 vorstellend, und hätte sehr gerne den Auftrag erhalten es für die evangelische Kirche (zu Carlsruh) auszuführen, allein es wurde abgeschlagen, meinem Vater und mehreren Bekannten ist dieß sehr lieb, denn, daß große Bild6 hat es doch bewiesen daß es zu viele Kraft aufzehrte. In diesen Verhängniß vollen Tagen beginnen niergends große Unternehmungen: hoffendlich wird aber alles beßer gehn als man erwartet; die gefürchtete Collera scheint ja auch nicht zu kommen, wenn sie aber noch käme und Sie wären auf dem Wege, dan kehren Sie um, daß Sie seien wo sie entferrnt ist: lieber sterbe ich vorher, daß ich einstens Ihnen entgegenkommen kann mit der Palme des ewigen Friedens! –

 

Sie schreiben mir gar nichts von Ihren Arbeiten, Sie waren doch gewiß recht fleißig, und haben durch Arbeit das Unangenehme sich weniger fühlbar gemacht: Ich möchte Sie trösten können; allein mein Trost den ich Ihnen bisweilen geben wollte gefiel Ihnen nicht, und ich beleidigte vielmehr noch Ihr edles Zartgefühl mit meinem starren Sinn.

 

Was ich wirklich in Arbeit habe, ist eine schon längst angefangene H: Cecilia;7 eine Madonna wie sie das Magnifikat schreibt,8 eine H: Augusta,9 und ein paar Köpfe aus dem großen Bilde. – Und wenn Sie nach Carlsruh kommen sehen Sie wenn Sie mögen auch einiges von mir. Nicht wahr? Sie gehn um diese Zeit hin, oder sind Sie etwa schon dort? O! die glückliche Anna10 die Sie nun sehen und sprechen kan: öffters sagten wir zusammen, wenn Sie doch nur kämen! Sie hätten mich gewiß recht artig & höflich gefunden, den, wie dürfte man unter dem Zepter der liebenswürdigen Frau von Krig wohl anders seyn!

 

Dem lieben Herrn von Röder11 Ihrem würdigen Vetter bin ich recht mit herzlicher Hochachtung zugethan so wie auch seiner niedlichen Frau und seinen Kindern (wie Engelchen) Eggenolf bleibt mir unvergeßlich! O, sagen Sie doch dieser theuren liebenswürdigen Familie recht viel Schönes von mir.

 

Sie wählen aber doch wahrhaftig eine unfreundliche Jahreszeit um in Carlsruh Ihre Aufwartung zu machen; Gott gebe, daß es Ihnen nicht schadet, und daß Sie da recht viel Vergnügen haben: und sehen Sie mein Bild des H Steffanus12 so seien Sie ein barmherziger Richter.

 

Wen ich mit all’ meinen vorhabenden Arbeiten bis ins Frühjahr zu Ende komme, so hätte ich vor, für meinen Untericht eine Reise nach Dresden zu machen: wenn anders Gottes Vorsehung durch strafend & priffende Schicksale es nicht unmöglich macht. –

 

Nun glaube ich Ihnen alles gesagt zu haben was Sie intreßieren könnte und seyen Sie versichert daß ich in der langen Zeitfrist schon gewiß geschrieben hätte, wäre mir nicht manch Unangenehmes zugestoßen ich bin so schwach daß ich klage wenn ich mich gedrückt fühle, dann ist es beßer wenn man schweigt man versindigt sich dan doch nicht, und später gleicht sich im Aufblick zu Gott alles wieder vortheilhaft aus.

 

Nun ende ich mit dem frömsten Glückswunsch zum neuen Jahr, & mein Vater13 & die Pepi stimmen mit ein, und indem wir Sie so unendlich lieb haben denken & sprechen wir oft von Ihnen.

 

Mit innigster Verehrung & Dankbarkeit, bis zum lezten Athemzuge

 

Constanz den 31ten Dec: 1831.                                                       treustergebene Freundin Marie Ellenri[eder]

 

 

1 Brief adressiert an: »Seiner Hochwohlgebohren Freyherr Carl von Röder in Freyburg im Breisgau.«

2 Lichtenthal, heute Ortsteil von Baden-Baden mit einem Stahlbad (eisenhaltige Heilquelle).

3 Anna Krieg von Hochfelden, geb. von Hüetlin, verw. von Vincenti (1793-1866), Freundin der Künstlerin in Karlsruhe.

4 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

5 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

6 Wohl Fischer und Blanckenhagen WV 367.

7 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

8 Fischer und Blanckenhagen WV 319.

9 Nicht bei Fischer u. Blanckenhagen.

10 Anna Krieg von Hochfelden, geb. von Hüetlin, verw. von Vincenti (1793-1866). Seit dem 17. Juni 1830 verheiratet mit Georg Krieg von Hochfelden (1798-1860), vergl. Badische Biographien, Heidelberg 1875, Theil 1, S. 480.

11 Philipp Friedrich Freiherr von Röder (1771-1845), Großherzoglich Badischer Kammerherr.

12 Fischer und Blanckenhagen WV 367.

13 Konrad Ellenrieder (1744-1834), Vater der Künstlerin.


 

70         [RM Konstanz, 14]1                                                                                         [Konstanz, 27. Januar 1832]

 

Theurster verehrtester Freund!

 

Nicht einmal einen Brief mögen Sie mir schuldig bleiben? Und über den schönen Becher habe ich keine kleine, sondern eine große Freude gehabt! Ich fand mich recht gethemütigt durch Ihre lezten Zeilen; doch bin ich unendlich verzeilich! Und ein wahres Mitleid durchdringt mich wenn ich Ihrer gedenke, den es scheint mir, daß Sie Antheil nehmen an der Verwirrung die heut zu Tag in den aufgeregten Gemüthern herrscht. Niemand ist jezt vermögend sie anders zu stimmen, drum ist es beßer wenn man schweigend sich zurückzieth. O! kommen Sie zu uns nach Constanz, es braucht keine schöne Jahreszeit um an einem Orte gern zu sein, wo es noch still & friedlich ist. Und denken Sie doch wieder mit Ihrer schönen Seele an die Kunst, und an die erbauende Ruhe der freien Natur die Sie gewiß oft mit Andacht bewunderten, und wie dan die Erdbewohner ihren Hütten zueilten wenn ein Gewitter im Anzuge war; bis sich der Sturm gelegt und der Bogen des Friedens am Himmel stand. –

 

Ich muß aber wirklich um Vergebung bitten, daß ich Ihnen eine solche Predig mache: sie kömmt indeßen aus einem Herzen, daß nicht wie Sie glauben gleichsam im Himmel sitzt; sondern auch leidend über manches Kummer haben muß, doch anhaltend laße ich mich von Zeitlichen Dingen nicht quälen denn der Gedanke an die erhabene Bestimmung als die der Welt, macht alles was vorgeth so klein daß mann immer über deßen Verlust mehr klagen mag: es ist aber eine große Gnade von Gott zu diesem verborgenen Glück gelangen zu können. Amen!

 

Sind Sie jezt froh daß ich fertig bin? – Mehr schreibe ich Ihnen heute nicht, denn da ich in meinen Lezten Ihnen über alles Bericht abstattete was ich arbeittete, so wüßte ich nichts was Sie intreßieren könnte.

 

Eines muß ich Ihnen aber doch gestehn daß ich den allzuschönen Becher, nicht zu meinem gewöhnlichen Trinkpokal mache, sondern daß er nur an Sonn & Festagen in Vorschein kömmt wo dan öffters Jemand anders daraus drinkt, der mir lieb ist, ich habe damit schon Vielen Freude gemacht. etc etc Gerade heute trank ein ehrlicher Baur daraus, und neulich eine arme alte Frau, diese sagte „daß hätte ich wohl nicht geglaubt daß ich noch vor meinem End aus einem goldenen Becher trinken würde!“ Wenn ich noch lange lebe, wird mir dieser Becher noch gar viele Freude machen!

 

Frau von Krieg2 und Ihre Verwannten werden es sehr bedauern daß sie nicht nach Carlsruhe kommen. Frau von Krieg wird jezt wohl im malen begriffen sein, den ich mußte ihr von München ein ganzes Assortement Farben beschreiben, & diese sind zu vollster Zufriedenheit ausgefallen; darf ich für Sie nicht auch bestellen? den wahrscheinlich wird ihr Vorath über diese Zeit ganz ausgedrocknet sein. –

 

A Dio! caro amico!

 

Mit herzlicher Verehrung

 

Ihre

Constanz den 27ten                                                                                        Frd: Marie

            Jan: 1832.                                                                                                      Ellenrieder

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:

                        »Seiner Hochwohlgebohren

Freyherrn Carl von Röder

in

Freyburg

im Breisgau«

2 Anna Krieg von Hochfelden, verw. von Vincenti (1793-1866). 1832 malte Marie Ellenrieder zusammen mit Hofmaler Rudolf Kuntz das Gemälde Georg Krieg von Hochfelden und seine Gemahlin zu Pferde (Fischer und Blanckenhagen WV 35).

 

 

71         [BNF Paris]1                                                                                                   Constanz [25. Februar 1832]

 

Mein Hochverehrtester Freund!

 

Ich weiß nicht ob ich vor Ihnen erscheinen darf, den mein Stillschweigen klagt mich unverzeylich an, und es ist mir selbst unbegreiflich, wie ich es so lange aufschieben konnte einem Freund zu schreiben, den ich so sehr verehre & liebe: Dem ich oft so nahe im Geiste bin, und den ich bewundere, weil er durch alle Stürme des Lebens so jung auch hervorgeth, dem ich nachzuahmen strebe und doch in Vielem so sehr zurück bleibe: Der mir durch seinen lezten Brief vom 18ten Dec 1830 ein wahres Kleinod der treuen Freundschaft ins Herz legte. – Nimmer kam dieser Brief von meiner Seite, stolz begleitete er mich gleich einem Schutzgeiste; aber mir fehlte die Kraft ihn nach Würde zu erwiedern. Nur schweigend verneigend ehrte ich den Geist der darin athmet und lobte den Herrn für alles was gut ist und ihm wohlgefällig!

 

Doch jezt da ich schon längere Zeit wieder an der heiligen Cecillia2 male, muß ich es doch sagen, daß ich dabey mehr als sonst im Geiste mit Ihnen lebe. Bis im Mayen hoffe ich damit fertig zu werden: ich nahm sie nicht mit als ich das große Bild3 nach dem Unterland brachte, den von dort aus wollte ich eine Reise nach Dresden machen, um neuen Unterricht & neue Kräfte für meinen Geist zu sammeln, allein der Collera wegen wurde es mir abgerathen. – Meine Gesundheit war aber nach der Vollendung der großen Arbeit sehr angegriffen, daß können Sie sich gewiß wohl denken, da rieth man mir nach Lichtenthal4 um dort die Stahlbäder zu gebrauchen, und dieß that mir so wohl, daß verjüngte Stärke fühlbar mein ganzes Wesen durchdrang: und ich war so froh, daß endlich einmal das große Bild an seiner heiligen Stelle war. Es bekam eine sehr schöne Einfassung, daß Licht ist aber nicht immer vortheilhaft, doch macht es nachsichtsvollen & guten Herzen, ein frommer Eindruck. – Gott sey Lob & Dank!!! Ich malte dan in Carlsruh 4 kl Schutzengelein, einen Kopf aus dem großen Bilde ein Kinderporträt und einige Zeichnungen, und kehrte mit mehrern Aufträgen zurück, aber einen Wunsch den ich darlegte wurde mir nicht erfillt; ich hätte nemlich auch gerne in die evangelische Kirche dort, ein großes Bild gemalt, und componierte hiezu die Bergpredig5 mit 27 Figuren: allein es wurde abgeschlagen.

 

Erst den 2ten December kam ich wieder nach Hause; ich war nun recht froh & vergnügt darüber, und gieng mit neuer Lust an mein ungestörtes Kunstleben in dem stillen freundlichen Constanz. Nichts hat mich bisher im Fleiße gestört, Gott sey Dank! Ich male auch ein kleines Bildchen, die Madonna6 im jungfräulichen Alter darstellend, wie sie das Magnifikat schreibt: und kopiere meine römische Madonna7 daß ich auch einmal etwas für fremde Ausstellungen habe. Zeichne auch des Abends bey der Lampe 4 mal in der Woche, & 2 mal mußiziere ich, ich akombagniere mit dem Clavier die Flöthe; wehrend diesem blicke ich abgewechselnden Kupferstichen; oder stelle meine Cecillia hin; ob sie doch endlich nicht einmal den himmlischen Tönen gleiche, die die Stimmung des Herzens ordnen und Ruhe schaffen im Gebiethe des inneren Lebens mit Gott. etc etc

 

Daß ist nun alles was ich Ihnen von mir zu berichten weiß, man kann aus dem kalten Teutschland keine so rührende Geschichten erzellen, wie jenne alle waren, die von großen begeisterten Seelen so ein erhabenes Schauspiel darstellen, – und die Durchzeichnung mit jenner Begebenheit und die Krankenpflege eröffnet einen schönen Blick in Ihr thätiges Leben. Gott segne Sie fortan & behüthe Sie & ganz Rom vor der verheerenden Verwirrung die jezt in allen Ländern die friedliebenden Menschen betroht!

 

Ich versichere Sie, ich glaubte bey dem Anblick der Durchzeichnung, sie wäre von einem großen historischen Bilde genommen; Sie sind ja ganz außerordentlich geschult geworden!

 

Frl Linder8 schrieb mir unter anderem, Sie hätten ein egyptisches Zimmerchen, aber von Reinholds9 habe ich schon lange keine Briefe mehr: Hr von Wessenberg10 wird vieleicht bald nach Rom kommen, auch kömmt vieleicht Herr Steiner11 hin, der nach seiner Zurückkunft unsere obere Wohnung beziehen wird, meine Cecilia gefällt ihm, ich gab ihm schriftliche Grüße mit, Sie können also mündlich mehreres von ihm erfahren, wenn Sie nachfragen mögen.

 

Herr von Haxthausen12 both mir freundlich an diesen Brief an Sie zu besorgen. Diese haben auch ein schönes Kind nicht wahr? Es war neulich als Abaneserin gekleidet bey uns – da hätte das Heimweh erwachen können! ach! ich versichere Sie, es erwacht auch ohne sichtliche Anregung öffters! – Allein wer kan heut zu Tag Pläne machen! man muß nur froh sein, wenn man irgend wo man sitz, bleiben kan! Es sind in der Taht bedauerliche Zeiten und ich habe viele Sorgen um Sie, ich sehe in den Zeitungen zu erst nach den Stellen aus Italien, früher sah ich ein solches Blatt kaum an. Ich baue immer meine Hoffnungen auf das Gebeth so vieler Frommen die ich in Rom kenne. Grüßen Sie mir alle lieben Bekannten; und nun sage ich Ihnen mein herzlichstes Lebewohl und meine treue Verehrung.

 

                                                                       Ihre

                                                                                             

                                 Freundin Marie Ellenrieder

 

Mein Vater & die Pepi13 tragen mir alles Schöne an Sie auf.

 

 

1 Brief  mit der Adresse:         »A Monsieur

Monsieur August Kestner

chargé daffaire de Sa Majeste Br:

Roi dHanovre à

Rome«           »Con den 25ten Febr 1832«

2 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

3 »Tod des hl. Stephanus« für die katholische St. Stephanskirche in Karlsruhe (Fischer und Blanckenhagen WV 367).

4 Stahlbad (eisenhaltige Heilquelle) in Lichtenthal bei Baden-Baden.

5 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

6 Fischer und Blanckenhagen WV 319.

7 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 329.

8 Emilie Linder (1797-1867), Basler Malerin und Kunstsammlerin.

9 Johann Gotthard von Reinhold (1771-1838), niederländischer Gesandter in Rom.

10 Ignaz Freiherr von Wessenberg (1774-1860), von 1802 bis1827 Generalvikar des Bistums Konstanz.

11 Steiner, Untermieter im Hause der Familie Ellenrieder.

12 Wohl Werner Freiherr von Haxthausen (1780-1842), Stiefonkel von Annette und Jenny von Droste-Hülshoff (vergl. Martin Harris, Joseph Maria Christoph Freiherr von Lassberg 1770-1855, Heidelberg 1991, S. 288).

13 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

71a    [GLA 46 7250 (Eigentum Haus Baden)]                                                       [Konstanz, 21. März 1832]

 

Euer Königlichen Hohheit

Allergnädigster Großherzog!

 

Dank! – Teurer liebender Dank; den ich bewahren will in Wahrheit – bis an das End meines Lebens! 

 

Segnend vergelte Gott die großmüthige Gabe; so wie die Huld mit der sie in meine Hände gelegt wurde. – Was ich mehr noch bey diesem Vorfalle denke und empfinde, sage ich Demjenigen, der mir Stärke verleyen kann, daß ich nicht unwürdig nur empfange, sondern vorwärts nur gehe in jeglichem Kampfe durch Kunst & frommen Wandel zur Ehre Gottes & Euer Königlichen Hohheit.

 

Den 19ten als am St. Josephstag erhielt ich den so innig erfreulichen Brief von Euer Königl. Hohheit. Unsere liebsten Freunde waren gerade bey uns versammelt um das Namensfest meiner Schwester zu feyern; wie wir alle darüber fröhlich waren, besonders der Vater kann man nach dem Maaße der erhabenen Erscheinung sich vorstellen! – –

 

Empfangen Euer K: Hohheit aus meinem dankerfüllten Herzen auch meinen besonderen Glückwunsch zum neugeborenen Prinzen. Mit herzlicher und dankender Liebe umarme ich im Geiste die theuren Kinder Alle; besonders meine erhabene Correspondentin, deren freundliches Briefchen ich als ein Kleinod  verehre.

 

Mit der Fortdaur meines erfreuten Dankes, und mit Ehrfurchtsvoller Liebe & Anhänglichkeit zu Füßen legend, ersterbe ich Euer Königlichen Hohheit und der allergnädigsten Frau Großherzogin!

 

Constanz den 21ten Märtz

1832                                                                           unterthänigst gehorsamstes

                                                                                   Landeskind Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an Leopold Großherzog von Baden (1790-1852).

2 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin..

3 Prinz Karl von Baden (1832-1906).

4 Großherzogin Sophie Wilhelmine von Baden (1801-1865).

 

 

72         [RM Konstanz, 15]1                                                                                             [Konstanz, 29. Mai 1832]

 

Hochvertester theurster Freund!

 

Schon lange bereue ich meinen klagenden Scherz mit dem ich sicherlich Ihr edles Zartgefühl beleidigte. – Aber länger ist mir die Bürde nicht mehr erträglich die ich mir so unerwartet selbst auflud. Ich glaubte damals mit Ihnen ein wenig zanken zu dürfen: allein seitdem muß ich immer hart Ihre Strafe dafür empfinden. Und vergebens hoffte ich von Andern etwas von Ihnen zu erfahren; nur so viel hörte ich, daß Sie mehr noch als sonst sich zurück ziehn.

 

Erlauben Sie mir also, daß ich Sie mit diesen Zeilen in Ihrer Einsamkeit störe, Sie herzlich begrüße & Sie glücklich preisen möchte; – den, wer den Blick dem Treiben & Jagen der stürmenden Welt entzieht, muß nothwendig (besonders wenn man sich in nichts keine Vorwürffe zu machen hat) himmlische Augenblicke & Glück & Frieden genießen, wenn auch mangelhaft bisweilen, doch immer genug um sich des Lebens zu freuen, und gern kämpfend & singend in seiner innern Welt Ordnung schaffen und zu wandeln wie es Gott wohl gefällt. –

 

Voriges Jahr hatten Sie den Plan nach Constanz zu kommen; Führen Sie ihn dieses Jahr nicht aus? Ich würde mich außerordentlich auf Ihr Kommen freuen! und ich hoffe ganz sicher bey Hause zu sein, den mein Vater2 will mich in diesen unruhigen Zeiten meine Kunstreise nach Dresden nicht machen laßen.

 

Und ich meyne, Sie sollten Freyburg nicht so ungern verlaßen, weil es da am unruhigsten aussieth auch wegen der Collera mehr als in einer stillen Stadt zu befürchten wäre. Und Sie würden sich erstaunen wie es an unserer traulichen Straß noch freundlicher geworden ist! das alte Steurhaus wurde abgebrochen, & ein beträchtlicher Theil des Stadtgrabens aufgefillt, und unser Haus durch einen kleinen neuen Anbau vergrößert, auch der Garten ist größer geworden und alles ist freundlich um uns her. Und wenn der goldene Becher hervor genommen wird, drinkt man Gesundheit Frieden & Freude daraus!

 

Für heute sage ich Ihnen nur noch mein Lebewohl mit der Bitte, daß Sie mir recht bald schreiben möchten.

 

Mein Vater & die Pepi3 sagt Ihnen viel Schönes, Leztere ist eben im Begriffe nach Baden (bey Zirich)4 zu reisen, und das Bad zur Stärkung ihrer Gesundheit zu gebrauchen; sie war etwa 3 Wochen krank, und noch nicht vollkommen hergestellt, wir hoffen aber die beste Wirkung.

 

Mit innigster Verehrung & treuer Anhänglichkeit

 

Ihre

Constanz den 29ten

            May 1832.                                                                                  Freundin Marie

                                                                                                                               Ellenrieder

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:

                                      »Seiner Hochwohlgebohren

Freyherr Carl von Röder

in

Freyburg

im Breisgau«

2 Konrad Ellenrieder (1744-1834), Vater der Künstlerin.

3 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

4 Zürich.

 

 

73         [BNF Paris]1                                                                                                   Constanz den 3ten Julli 1832

 

Theuerster Hochverehrtester Freund!

 

Schon längst werden Sie entweder das Bild der H. Cecillia2 oder einen Brief von mir erwartet haben: da aber das Bild gerade auf die Ankündigung der Kunstausstellung in Carlsruhe fertig war, so stund ich keinen Augenblick an der dringenden Aufforderung zu folgen mein leztes Bild einzuschicken; den ich dachte zu der langen Zeit machen 4 Wochen keinen Unterschied und sorgte dafür daß es nachher sogleich der Spedition für nach Rom übergeben werden sollte. Nun hatte die unruhige Zeit auch diese Anstalt aus der Ordnung gebracht und verschoben. Jezt fiel mir in dieser langen Zwischenzeit der Gedanke ein, daß ich mich bey Ihnen doch vorerst anfragen sollte, ob etwa mein Preis dafür nicht zu groß wäre, den wenn ich es nach den andern lezten Bildern berechne, so müßte ich 80 Louidor verlangen. Ich möchte freylich mir den Vorwurff machen daß ich vor einem so edlen Freund eine Ausnahme machen sollte und ich würde auch mit großem Vergnügen dieser innern Stimme gehorchen, wenn ich nicht seit einigen Jahren eine nähere Pflicht auf mich genommen hätte: nemlich eine durch Mißgeschick verarmte Schwester mit ihrem Mann & 7 Kindern zu unterstützen, es gelang mir auch bisher auf eine erfreuliche Weise, daß mein Leben nicht weniger froh ist, als es immer war. Mögen Sie sich nun auch zu Jennen gesellen die durch freundliche Anerkennung meine Arbeit so segnend belohnten? – es würde mich herzlich freuen! Ich habe aber nicht die Absicht Ihnen hiemit zuzureden, im Gegentheile bitte ich Sie Ihre volle Freyheit zu gebrauchen.

 

Wäre es der Preis der Ihnen die Annahme des Bildes unmöglich machte, dann laße ich es hier, wäre es aber die Ungewißheit ob das Bild Ihnen etwa nicht gefiele, so sende ich es Ihnen auf Wohlgefallen zu, denn man glaubt mich versichern zu können daß das Bild trotz der kriegerischen Zeiten dennoch seinen Schutz für die Reise haben wird: mann will sogar den Päpstlichen Nuntius ersuchen, daß daßelbe unter seiner Empfehlung von München abgeschickt werden soll, ich möchte es nur dahin schicken – Was soll ich also thun? – Schreiben Sie mir es gefälligst mit Umgehender Post.

 

Ich habe es von Carlsruh wieder nach Constanz kommen laßen, weil ich besorgt war, ob nicht etwa auf der Ausstellung ein kl Unglück damit begegnet wäre, allein es kam, wie es gieng, und es gefiel Gott sey Dank.

 

Ich hätte Ihnen dieses schon vor 4 Wochen schreiben können, aber der liebe Gott ließ eine traurige Zeit über uns kommen; es wurde nemlich mit an den Augen meines Vaters eine Operation vorgenommen, die für seine Gesundheit eine nachtheilige Folgen mitbrachte: so sehr wir alle es ihm ausredeten, so ließ er sich doch nicht länger mehr abhalten & es geschah am Pfingstdinstag : doch jezt Gott sey Dank geth es ganz ordentlich. Auch die Pepi3 war krank.

 

Jezt aber beeile ich mich noch flüchtig die Punkten Ihres lezten theuren Briefes zu beantworten, und Ihnen herzlich für die Freude danken, die Sie mir dadurch machten, auch spätere Nachrichten von Ihnen wurden mir durch den liebenswürdigen Hr. von Haxthausen4 zu Theil.

 

Hätte ich nicht die Hoffnung, daß der liebe Gott Sie besonders beschützte, ich würde öfters in dieser stürmenden Zeit Kummer um Sie haben. Trösten Sie mich wie es möglich ist daß die traurigen Begebenheiten die man immer aus öffentlichen Blätter ließt, unwahr sind.

 

Sie schrieben Ihr Briefchen an mich um die heilige Woche wo so viele kommende & gehende Freunde Ihnen die Zeit stehlen. Sie wußten aber dennoch ein Stündchen für mich und waren so freundlich, daß darüber von mir unendlich viel Liebes könnte gesagt werden! – Ich schweige aber lieber; den so freundlich & angenehm klingt meine Sprache nicht wie die Ihrige.

 

Von Sich haben Sie mir wirklich nur gar zu wenig erzellt, und geth doch immer so vieles mit Ihnen vor! Sie versprechen es mir zwar, und ich dürfte nun fürs nächstemal recht viele Nachrichten erwarten. Ihr liebenswürdiger Neffe5 wird Ihnen diese Arbeit schon abnehmen – und es würde mich nur noch mehr freuen, weil ich daraus einen werkthätigen Beweis hätte, daß er Sie schont & liebt.

 

Ich danke Ihnen auch herzlich für die gütige Aufnahme, womit Sie Herrn Steiner6 erfreuten und für die Liebe die Sie dem verehrungswürdigen Herrn Metzger7 erwiesen: aber ich stimme mit Ihnen überein daß Sie in ihm zugleich einen edlen Lohn empfingen, denn seine Ansichten sind zu lehrreich und seine Worte haben eine Kraft die einem fühlbar hilft die Treppe höher zu steigen.

 

Die Durchzeichnung die Sie mir damals schickten, wo ein kl Mädchenkopf sie begegneten diß Kind im Gebirge8 wo sie mit einer angenehmen Gesellschaft für Vergnügen durchreisten, Sie kauften deß Kindes Vater einen Esel den er war in großer Bedrängniß & konnte nicht weiter gehn, wenn dieses Köpfchen weniger schön wäre als es wirklich ist, so müßte es um der Geschichte Willen intereßant sein. Und wen ich im Himmel zu gebiethen hätte so gäbe ich Ihnen noch einen Engel zum Köpfchen, daß Sie 2 hätten, wie der LieblingsJünger Johannes! –

 

Es thut mir recht leid daß ich nicht auch eine kl Sckitze von meiner Caecilia9 habe, um Sie Ihnen zu schicken, im Größren haben Sie sie bey mir gezeichnet gesehn & sie selbst gewählt sie sitz & hält ein kl Orgel auf dem Schooß worauf sie mit der rechten Hand spielt, der Hintergrund ist eine helle Luft wo durch die Mitte Lorbeer hervorkommen die durch einen dunkelgrünen Vorhang zur Hälfte bedeckt sind, vor diesen sitzt sie nun in natürlicher Größe, Halbfigur: hat ein rosenfarben Kleid an und einen violetten Mantel mit einem hellen Apfelgrünen Umschlag, es sind helle freundliche Farben wie von einem Blumenstrauß wie sie einmal mir sagten daß es sein sollte; doch kräftig gehalten in allen Dingen aber mangelhaft genug. Meine Hauptidee war also die HC: hier darzustellen, wie sie ihr Gemüth sammelt und unter sanften melodischen Tönen die Weisung zur Priffung findet. [Im]10 Einklange ihre Seele mit Gott lebt, und seinen Willen erkennt, daß kein Mißton [die] Harmonie verletze, die in Wort & That nach der himmlischen Liebe ihren Wandel bezeichnen soll.

 

Denken Sie meine schon lange projektierte Reise nach Dresden die die Frl Linder11 vieleicht mit mir gemacht hätte, leidet nun wieder aufs neue einen unbestimmten Aufschub weil ich meinen guten Vater in seiner betrübtn Laage nicht verlaßen möchte. Es betrübt mich öffters der Gedanke an die lange Zeit schon, in der ich meinem Geiste in Hinsicht der Kunst so gar keine Nahrung verschaffen konnte! O, wenn ich nicht meinen liebenden Heiland im Himmel und im Herzn hätte der mir immer hilft, wie könnte ich auch so viele Liebe zur Arbeit haben!! – Ich habe auch sonst noch so viel Angenehmes und Gutes & Beglückendes, daß ich eigendlich sindigen würde wen ich bey nebens nicht darauf zufrieden wäre. –

 

Ich habe wieder ein paar neue Sachen Bilder angefangen, wenn sie einmal weiter voran sind will ich Sie Ihnen beschreiben, es sind zwar nur kleine!

 

Für jezt sage ich Ihnen mein innigstes Lebewohl. Alle die Meinigen empfehlen sich Ihnen auch bestens. Seyen Sie glücklich & vergnügt, schauen Sie auch für mich einmal über mein gelobtes Land, in die Reine Luft und die dunkle Grün. Sie begegnen meinem Geist, mit dem ich Ihnen voll herzlicher Verehrung oft nahe bin. Amen!

 

Ihre

                                                                                                                       Frd. Marie Ellenrieder.

 

1 Brief mit der Adresse: »A Monsieur Monsieur August Kestner chargé daffaire de Sa Majeste Britannique Roi dHanovre à Rome Palazo Tomati strada Gregoriana«

2 Nicht bei Fischer u. Blanckenhagen.

3 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

4 Wohl Werner Freiherr von Haxthausen (vergl. Dominik Gügel, Joseph Freiherr von Lassberg und sein Konstanzer Umfeld, in: Joseph von Lassberg – des letzten Ritters Bibliothek. Ausstellung im Bodman-Haus, Gottlieben, 2001).

5 Hermann Kestner (1810-1890), Neffe von August Kestner (vergl. Marie Jorns, August Kestner und seine Zeit 1777-1853, Hannover 1964, S. 233).

6 Steiner, Untermieter im Hause der Familie Ellenrieder.

7 Johann Metzger (1771-1844), Gemälderestaurator und Kunsthändler in Florenz.

8 Anzunehmen ist, dass dabei auf Vittoria Caldoni aus Albano Bezug genommen wird.

9 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

10 Ergänzungen in eckiger Klammer.

11 Emilie Linder (1797-1867), Basler Malerin und Kunstsammlerin. Charlotte Kestner berichtete in einem Brief vom 21. Februar 1832 an ihren Bruder August, dass Emilie Linder halb und halb erwartet dieses Frühjahr mit Marie Ellenrieder nach Dresden zu reisen (vergl. Hermann Kestner-Köchlin (Hrsg.), Briefwechsel zwischen August Kestner und seiner Schwester Charlotte, Straßburg 1904, S. 192).


 

74         [GLA N Beringer Nr. 586]1                                                                           [Dresden, 6. Oktober 1832]

 

            In Eile nur so viel, daß das Pagett mit dem alzugroßen Geschenk in meine Hände kam. Es freute mich ganz vorzüglich die heilige Catharina von meinem Lieblingsmaler! Es wäre nun recht undankbar, wenn ich des holden Köpfchens vergeßen würde.

 

Ich freue mich auch daß ich Ihre liebenwürdige Frau Gemalin kennen lernte, ich sage daher Ihnen Beyden mein herzlichstes Lebewohl und meine Verehrung.

 

Ihre

 

Dresden2 den 6ten Okt 1832.                                                                     ergebenste Marie

                                                                                                                                     Ellenrieder.

 

Noch 1000mal meinen schönsten Dank!

 

 

1 Adressat nicht bekannt (vielleicht J. G. von Quandt).

2 Marie Ellenrieder reiste Mitte August 1832 über Weimar nach Dresden. In Weimar traf sie ihre Freundin Louise Seidler und den Landschaftsmaler Friedrich Preller. Nach einigen Tagen Aufenthalt in Weimar reiste sie Ende August nach Dresden weiter (Louise Seidler trat am 29. August zusammen mit Henriette von Bardeleben ihre zweite Italienreise an). Der Brief lässt den Schluss zu, dass ihre Heimreise am 6. Oktober kurz bevor stand. Sie reiste zurück nach Konstanz über Nürnberg (dort vier Tage Aufenthalt) und München (dort 11 Tage Aufenthalt). In Konstanz war sie am 1. November 1832 zurück. In der Literatur wird gelegentlich behauptet, dass Marie Ellenrieder die Reise nach Dresden zusammen mit Emilie Linder unternommen habe. Diese Behauptung geht auf eine Mitteilung Charlotte Kestners an ihren Bruder August vom 21. Februar 1832 zurück, wo sie von Frl. Linder berichtet und schreibt »Sie erwartet Marie Ellenrieder halb und halb dieses Frühjahr, um mit ihr nach Dresden zu reisen.« (vergl. Hermann Kestner-Köchlin (Hrsg.), Briefwechsel zwischen August Kestner und seiner Schwester Charlotte, Straßburg 1904, S. 192). Tatsächlich zog Emilie Linder im Sommer 1832 mit ihrem Hausstand von Basel nach München, um sich dort niederzulassen.

Der Beginn Ellenrieders Reise muss gemäß einem Brief von Wilhelm Issel vom 13. August 1832 an Karl Förster, nach diesem Datum liegen. Issel schreibt dort »Eine theure Freundin unseres Hauses, die gefeiertste Künstlerin Badens, die Hofmalerin, Marie Ellenrieder … bringt Euch diesen Brief. … Mit dem gräflich Schulenburgschen Hause in Dresden ist sie wohl befreundet, nur diese und Euch will sie sehen, da sie den kurzen Aufenthalt in Dresden ausschließlich dem Studium des Trefflichsten auf der Gemäldegalerie widmen will.« (Ludwig Förster, Biographische und literarische Skizzen aus dem Leben und der Zeit Karl Försters, Dresden 1846, S. 57).

 

 

75         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                          Konstanz den 8ten Nov: 1832

 

            Was werden Sie von mir denken, liebster Freund! daß ich Ihnen so lange keine Nachrichten gab? – Sie werden inzwischen mündlichen Bericht bekommen haben, durch meine Freundin Seidler,2 und daß ich in Dresden war, und es mir da so wohl gefiel, daß ich öffters wähnte ich wäre in Florenz. Ich malte da ein Studium nach einem Bilde von Corregio,3 daß die Madonna auf dem Trohne darstellt wo unten der heilige Franziskus knieth etc. Dieses ist mir nun, noch außer dem, daß ich mich in Dresden so glücklich fühlte, ein sehr schätzbares Andenken von da. – Seit dem ersten November bin ich wieder zu Hause bei meinem guten Vater,4 mit dem es seit einiger Zeit wieder beßer geth, Gott sey Dank! – Ich arbeite nun mit neuer Lust und Liebe, da ich nach einer so langen Verbannung von Kunstschätzen wieder einmal zu so einer reichen Sammlung gelangte!

 

Und wie geth es Ihnen in Ihrem schönen Rom? Sie möchte man freylich am glücklichsten preisen, weil Sie gar nicht kennen was es ist, entfernt zu sein von allem, was erhaben & groß ist. Es ist auch kein Wunder, wenn Sie immer begeistert sind & damit alle Herzen entzücken die Ihnen nahe kommen. Herr Steiner5 sagte mir öfters wie liebenswürdig er Sie fand; auch Ihr Neffe6 gefiel ihm sehr.

 

Und ich weiß nun wo mein Porträt hängt, aber weh’ mir, wenn ich Sie einstens überrasche und es nicht mehr da fände! sondern in ein Winkelchen gestellt. – Doch ich hoffe es nicht; wir bleiben Freunde, auch wenn unsere Schriftzüge Monatte & Jahre ausblieben. –

 

Ich habe noch keine Attresse wo die Seidler wohnt, ich bin also so frey durch Sie einige Zeilen an sie zu schreiben.

 

Leben Sie nun wohl! Gott schenke Ihnen einen recht glücklichen freudenreichen Winter und er entferne alles von Ihnen was Sie betrüben oder beunruhigen könnte.

 

Grüßen Sie Winterhalter7 von mir, ich wollt ihm vor seiner Abreise nach Italien Ihre Attreße geben, versäumte es aber gegen meinen besten Willen.

 

Zweifeln Sie niemals an meiner treuen Verehrung, mit der ich Ihnen innigst und ewig zugethan bin.

 

                                                                                                                                   Marie Ellenrieder.

 

 

1 Brief ohne Adresse an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich als Adressat eindeutig August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.

2 Bei der Malerin Louise Seidler (1786-1866) in Weimar war die Künstlerin auf ihrer Reise nach Dresden zu Besuch.

3 Die Madonna des heiligen Franziskus (1514/15) Inv.-Nr. 150.

4 Konrad Ellenrieder (1744-1834), Vater der Künstlerin.

5 Steiner, Untermieter im Hause der Familie Ellenrieder.

6 Hermann Kestner (1810-1890), Neffe von August Kestner (vergleiche Marie Jorns, August Kestner und seine Zeit 1777-1853, Hannover 1964, S. 233).

7 Der Maler Franz Xaver Winterhalter (1805-1873), seit 1828 Zeichenlehrer der Markgräfin Sophie von Baden, weilte von 1832 bis 1834 in Italien und wurde nach seiner Rückkehr zum Großherzoglich Badischen Hofmaler ernannt (siehe Armin Panter, Studien zu Franz Xaver Winterhalter (1805-1873), Diss. Karlsruhe 1996, S. 18).

 

 

76         [ULB Bonn, Autogr.-Slg.]1                                                                          Constanz den 10ten Nov: 1832

 

            Ich danke Dir, geliebte Freundin, für Deinen theuren Brief aus München, in manchen Dingen hatte er mich sehr erfreut aber einen Punkt betrübte mich tief im Herzen; der aber nun hoffentlich gehoben sein wird? – Alles was Du mir weiters beschrieben hast, habe ich nun mit eigenen Augen gesehen und zugleich auch an den Füßen empfunden; denn ich hielt mich wirklich in München 12 Tage auf, wohnte bey Hr: v. Langers2 und genoß dieselbe Freundlichkeit & Liebe, wie vor 12 Jahren, dieß that meinem Herzen wohl, auch erbauten mich die schönen & vielen Arbeiten des Robert L: den unbefangen überschaute ich das Ganze und noch von keinem gehäßigen Tadel über-vorurtheilt. Dann aber mußte ich betrübende Dinge vernehmen, und nimmer konnte mir recht wohl werden; – gerne hätte ich meine Reise fortgesezt, allein, einmal da, wollte ich doch wie Du, alles sehen; und ich sah auch wirklich Alles! Und schön & prächtig gestaltet sich da das Große! Auch mit einem verwundeten Herzen mußte ich mich freuen! – Doch so mächtig war die Freude nicht, daß ich nicht gerne von dannen gegangen wäre, und so vollendete ich noch gar meine von Gott beglückte süße liebe Dresdnerreise, und fand meinen Vater auf dem Wege der Beßerung, das heist erholt von einem Schlagfluß der ihn vor etwa 5 Wochen traf, und diese Tage her etwa seit 6, gethes zum verwundern gut mit ihm, Gott sey Dank! –

 

Nun muß ich Dir auch noch sagen, daß ehe ich Dresden verließ Dein Carton mit der Skitze ankam, er wurde mit großer Freude vom Kunstverein aufgenommen, auf eine Staffeley gestellt und die Skitze auch, und Hr: v: Quand3 schien großes Wohlgefallen daran zu haben, auch die Fr: v: Quand4 äußerte ein großes Vergnügen etwas von Dir zu sehen, und war eben im Begriffe es anzuschauen, sie sagte, sie wäre auch nur deßwegen gekommen, ich war im Weggehn und konnte daher ihr Urtheil nicht abwarten: ich hoffe mit Zuversicht daß Dir hierin Deine Wünsche erfillet werden. – Verzey, daß ich aber Weimar umging, da ich Nierenberg,5 wo ich mich 4 Tage aufhielt, nicht daran geben wollte, so schlug ich eben den nächsten Weg ein. Sage dem guten Preller6 wenn Du nach Hause schreibst, 1000 schöne Grüße von mir, und er hätte nun eben etwas am Besten, daß ich nicht kam, nemlich seinen Kopf, den ich ohne anderes mitgenommen haben würde!! –

 

Ich kann Dir nicht genug sagen wie gerne ich in Dresden war und wie ich da glücklich war im Anblicke so vieler schönen Bildern und wie ich es fühle im Geiste & im Körper daß ich des Schönen Erhabenen & Guten so reichlich genoß; und auf der ganzen Reise und in meinem ganzen Ausbleiben mir nicht im geringsten etwas Widriges begegnete. Gott sey Lob & Dank!!!

 

Ich habe nun in den 9 Tagen die ich wieder bey Hause bin schon das Bildchen der 3 kl Engeln7 übermalt, auch schon an der Cecilia mit der Leyer8 zu übermalen angefangen, dan habe ich noch 2 einzelne Köpfe fertig zu malen & das Bildchen des Magnificat,9 hernach muß ich wieder ein bethendes Jungfräulein10 malen und noch ein ander klein Bildchen. Dann aber weiß ich noch nicht was geschehen wird.

 

Ich hoffe Du wirst mir auch schreiben, wie es Dir geth, und daß Du glücklich bist in dem Lande unserer Wonne. – Grüße mir die Fr: v: Bardeleben,11 und auch die ander lieben Bekannten von mir.

       Ewig Deine dich liebende dankbare Fr: Marie Ellend.

 

 

1 Brief adressiert an: »Meiner lieben Freundin Seidler Durch Freundes Hand«.

2 Robert von Langer (1782-1846), Lehrer der Künstlerin an der Kunstakademie München.

3 Johann Gottlob von Quandt (1787-1859), Kunstschriftsteller und Mäzen.

4 Clara Bianca von Quandt (1790-1862).

5 Nürnberg.

6 Friedrich Preller (1804-1878), Landschaftsmaler aus Weimar, seit 1831 Lehrer an der dortigen Zeichenschule und später deren Direktor. Von ihm stammt eine stimmungsvolle Portraitzeichnung von Marie Ellenrieder (siehe Gedächtnis-Ausstellung Friedrich Preller d. Ä., Kurpfälzisches Museum der Stadt Heidelberg, Heidelberg 1954, Nr. 58).

7 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 388.

8 Fischer und Blanckenhagen WV 342.

9 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 319.

10 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 206A.

11 Gemeinsam mit Henriette von Bardeleben (1780-1852) war Louise Seidler nach Italien gereist.

 


 

77         [RM Konstanz, 16]1                                                                                    [Konstanz, 3. Dezember 1832]

 

Hochverehrtester Freund!

 

Wenn ich eben von Ihnen etwas erfahren will; werde ich unser Stillschweigen unterbrechen müßen!

 

Ihr lezter Brief hat mich gar nicht befriedigt, denn er verkündete mir weder Fröhlichkeit noch Glück. Aber seitdem ist man doch in vielen Dingen vernünftiger geworden & ruhhiger: Sind Sie nun glücklicher? – Oder bitte ich Sie wieder vergebens, es doch recht innig zu sein? Niemand könnte es beßer als Sie; ich wünschte wir könnten einmal auf einige Zeit tauschen: da, sollten Sie sehn, wie ich glücklich wäre, wie ich meine Freunde besuchte, wie ich bald da, bald dort, lernend & priffend, arbeitend & ruhend, 1000 Glückseligkeiten in mich tränke! Es ist wirklich Schade daß man dieß nicht für andere thun kann; für mich that ich es; – den, denken Sie nur, ich war in Dresden, und ich kann Ihnen den großen Genuß & die Freude nicht beschreiben, als ich nach so langer Zeit, wieder einmal zur Anschauung so vieler Kunstschätze kam, an Geist & Körper fühlte ich mich gestärkt & erquikt! Die ganze Natur auch, lächelte mich gleichsam an, und fand daher überhaupt Dresden so angenehm, so entzückend schön, daß ich oft wähnte ich wäre in Florenz.

 

Ich hielt mich auch einige Tage bey meiner Freundin Seidler2 in Weimar auf, sah 4 Tage lang das intereßante Nierenberg,3 und endlich war ich noch 11 Tage in München. – Die auffallende Zurücksetzung des verehrungswürdigen Hr: v: Langer4 schmerzte mich aber so tief in der Seele, daß ich da gar nicht froh werden konnte, so außerordentlich auch, des Schönen so vieles zu sehen war.

 

In der Mitte des Augustmonats trat ich meine nördliche Reise an, und den ersten November kam ich wieder nach Hause, zu meinem Guten Vater, den ich krank verließ und krank noch, antraf. Sie werden es vieleicht gehört haben, daß er sich Staaroperieren ließ, und davon so geschwächt wurde, daß er schwerlich mehr zu seinen frühern Kräften gelangen wird. Ich hätte ihn zwar in diesem Zustande nicht verlaßen, allein nachdem ich 2 Monate lang die erste & ärgste Zeit immer dabey war, so wurde eine Entfernung für mich Bedürfniß, und meine gute Schwester Peppi5 & die Dertreys6 verpflegten ihn so gut, daß ich deßfals ganz beruhigend gehen konnte.

 

Und jezt geth es Gott sey Dank immer beßer, nur mit den Kräften geth es natürlich in einem so hohen Alter! sehr langsam. Er ist aber so gedultig & so brav, und wenn er schon ganz blind ist, was er zuvor nicht ganz war, so kömmt über seine Lippen doch nie eine Klage! –

 

Ich arbeite nun wieder recht fleißig, und in Dresden malte ich eine ausgeführte Skitze nach einem großen Bilde von Correggio.7

 

Nun, lieber Freund, erzellen Sie mir bald, wie auch Sie lebten, nur in dieser Hoffnung sage ich Ihnen mein Lebewohl! und meine herzlichsten Grüße, mit welchen ich Sie in Gedanken verehre.

Ihre

 

Constanz den 3ten Dec:                                                                              Freundin & Dienerin

                        1832.                                                                                               Marie Ellenrieder

 

Von den Meinigen alles erdenkliche Schöne & Liebe an Sie.

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:                     

»Seiner Hochwohlgebohren

Freyherr Carl von Röder

Freyburg

im Breisgau«

2 Louise Seidler (1786-1866), Hofmalerin in Weimar.

3 Nürnberg.

4 Robert von Langer (1782-1846), Professor an der Akademie der Künste in München.

5 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

6 Valentine Ellenrieder verh. Detrey (1777-1847), Schwester der Künstlerin.

7 Gemäldegalerie Dresden, Alte Meister, Katalog der ausgestellten Werke, Leipzig 1992, S. 151, Die Madonna des heiligen Franziskus (1514/15), Inv.-Nr. 150.


 

78         [RM Konstanz, 17]1                                                                                         [Konstanz, 27. Januar 1833]

 

Ihr liebes Briefchen, theurster Freund! hat mir ein wahrhaft entzückendes Vergnügen gemacht, und ich hätte es gerne sogleich beantwortet, um meine Freude darüber Ihnen recht anschaulich zu machen! –

 

Das Flüchten aus dem wogenden Strom hat also recht wohlthätig auf Sie gewirkt. Und die Engel des Himmels werden sich gefreut haben, als der friedsamme Geist herannahte, und Wohnung auf dem Lande nahm. Nicht umsonst hatten Sie Sich begeistert gefühlt, es mußte so kommen! und es wird fortan noch immer beßer werden.

 

Doch so erhöbend und schön der Gedanke war, sich selbst ein Tusculum zu bauen, so erfillt es mich dennoch mit Sorgen. – Solche Unternehmungen sind immer 7mal umständlicher als mann sichs forstellt, und um alles mit weiser Klugheit schlichten zu wollen; begegnet mann 1000 Verdrießlichkeiten.

 

Doch wenn es beschloßen ist, so hoffe ich zu Gott, daß Er es Ihnen zur Freude und zum Frieden gelingen läßt. Eines könnte ich Ihnen indeß noch rathen, daß Sie, noch ehe Sie den Bau beginnen, bey meiner Schwester Pepi2 Erfahrungen holen sollten, denn sie war die eigentliche Bau Directerin unsers neuen Hauses; und da Sie nun mit einer neuen Wintergarderobe versehen sind, so dürften Sie ja die kalte Jahreszeit nicht scheuen. Kommen Sie!!

 

Ich komme dan auch zu Ihnen, wenn ich im Frühjahr nach Carlsruhe gehe, und über Offenburg reise; da, werde ich Sie dann in großer Thätigkeit finden, und Ihnen recht im Weg herum gehen! –

 

Von der Strafpredigt ist Ihnen doch noch etwas auf der Zunge geblieben, sonst hätten Sie mich nicht gezankt, daß ich Dresden mit Florenz verglich, ich meinte ja nur die Stadt nicht das Land! obwohl aber auch der Norden seine Schönheiten hat, und ganz vorzüglich prangen da hochstammige üppige Bäume, die nicht wennig die Begeisterung hervorrufen können. Aber wahr ists – wie in Italien, so athmet sichs niergends!!! und meine Sehnsucht dahin wacht bey jedem Wörtchen davon auf!

 

Freylich habe ich in München auch Künstler gefunden die ich in Italien sah; allein ich sah sie nur flüchtig, den um alles in München zu sehen was früher da war, und was später hinzu kam & gefertigt wurde, da, ward mir überall die Zeit zu kurtz und da ich bey Hr: v: Langers3 in Haidhausen4 wohnte (die sich Ihrer auch angelegentlichst erkundigten) damit verlohr ich schon einen großen Theil der Zeit. Mein Aufenthalt war also mit vieler Mühseligkeit verbunden, und der Nutzen nicht groß, so wie auch der Genuß; den wen man in den Anschauungen nicht mit Ruhe sein Gemüth sammeln kann, so verwildert ordentlich das Herz und ich brachte dieß erst auf dem Weege wieder in die Ordnung: und nun denke ich am liebsten an mein süßes Dresden zurück! wo ich so stille, so ganz für mich und die Kunst lebte, und Gott liebte, und in Ihm glücklich war.

 

Nun habe ich Ihnen nichts von dem was ich arbeite geschrieben; Sie haben mir aber auch gar nichts von dem was Sie malten geschrieben, und so unterlaße ich es dießmal gerade auch; denn da Sie doch zu unserer Zunft gehören, so darf ich also auch thun, was Sie thun!

 

Sie haben aber im Ernst nichts verlohren, den es sind nur kleinere Gegenstände, und die sehen Sie dan, wenn Sie bey der Pepi Rath holen! –

 

O! dan sehe ich den Bauplan, und höre Sie begeisternd davon sprechen, als wäre das Ganze schon fertig. Amen!

Ihre

Constanz den 27ten Jenner                                         treue Freundin

                                   1833                                                                       Marie Ellenrieder.

 

Mein Vater der sich sehr über Ihre Grüße freute erwidert sie Schönstens, so wie die Peppi. Es geth Gott sey Dank! immer etwas beßer.

 

1 »Seiner Hochwohlgebohren Freyherrn Carl von Röder in Diersburg bey Offenburg«

2 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

3 Robert von Langer (1782-1846), seit 1806 Professor an der Akademie der Künste in München, versah von 1820 an nur noch die Stelle eines Generalsekretärs der Akademie und wurde 1827 Direktor des königlichen Kabinetts der Handzeichnungen.

4 Haidhausen, heute Stadtteil von München.


 

79         [StA Coburg, LA A 8775]1                                                                               [Karlsruhe, 30. Juli 1833]

 

Um nach Griesbach2 einen Bericht abzustatten, wende ich mich an Sie geliebteste Prinzeßin Allexandrine!

 

Bald nachdem Sie abgereist waren, begann ich den Carton von den theuren Porträtten3; und sieh da! wer sollte es glauben; die kleinen Prinzen so jung und lebhaft sie sind, saßen und standen mir gerne! und es klagte Keiner daß ich ihn ermüde, ich wechselte aber auch schnell mit dem Einen & dem Andern, und so wurde den auch der Kleinste gebracht, der war den freylich der lebhafteste, bis wir erfuhren daß er morgens 8 Uhr auch eine Art liebenswürdige Ruhe ausüben konnte, und somit ist nun der Carton bis auf die 2 Hauptfiguren vollendet. – Heute war ich zum lezten mal im Schloß, und ich habe nun keine andere Sehnsucht als daß Sie bald kommen möchten!

 

Seine Königliche Hohheit der Großherzog4 waren 2 mal da und bezeugten mir Zufriedenheit über diese Arbeit welches mich sehr freute; ich bin daher im Begriffe mich wegen der Leinwand umzusehen.

 

Ich bitte Sie also Ihrer Königlichen Hohheit der theursten Frau Großherzogin5 mich ehrfurchtsvoll zu Füßen zu legen und Ihr meinen Bericht kund zu thun.

 

Bis auf Ihre freudige Ankunft also, sende ich Ihnen nur noch mein herzlichstes innigstes Lebewohl zu.

      In threuer Liebe

         Ihre

Carlsruhe den 30ten Juli

1833.

        gehorsamste Dienerin

                 Marie Ellenrieder.

                                                                                 Marie Ellenrieder Brief Alexandrine

 

1 Brief ohne Adresse an Alexandrine Prinzessin von Baden (1820-1904).

2 Bad Griesbach, Kurort im Mittleren Schwarzwald.

3 Fischer und Blanckenhagen WV 10a.

4 Leopold von Baden (1790-1852), seit 1830 Großherzog von Baden.

5 Sophie Großherzogin von Baden (1801-1865).

 

 

80         [HAB Wolfenbüttel, Briefs. Vieweg Nr. 406]1                                             [Karlsruhe, 27. August 1833]

 

            Es war mir sehr angenehm, daß Sie das Bildchen so freundlich aufnahmen und es die Ehre empfing bey Ihnen als Eigenthum bleiben zu können. –

 

Ich weiß nicht ob ich es Ihnen damals berichtet habe, daß ich es nach einem Studium nach der Natur malte, welches ich in ein großes Altarbild brauchte. Wenn ich einmal wieder zu Hause bin, wo ich eine ausgeführte Skitze davon habe, sende ich Ihnen dan eine Durchzeichnung: es stellt den Tod des heiligen Steffanus vor,2 und dieß 12 jährige Mädchen sieht kniehend an ihm hinauf und bejammert mit mehreren Andern den Verlust des ersten Glaubenshelden.

 

Leben Sie wohl! und lieben Sie fortan die Kunst, die, wie ich beynahe glaube das Edelste ist, was man lieben kan von den Zeitlichen Gütern.

 

Darf ich bitten auch den übrigen Herrn mich dankbarst zu empfehlen.

 

Mit besonderer Verehrung

 

Ihre

 

Carlruh den 27ten August                                                                    ergebenste Dienerin

                                   1833.                                                                    Marie Ellenrieder.

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:                                

»Seiner Hochwohlgebohren

Herrn Carl von Marées in

Braunschweig

Durch Einschluß«

Carl de Marées (1793-1865), Faktor der Filiale der Porzellanmanufaktur Fürstenberg in Braunschweig.

2 Fischer und Blanckenhagen WV 367.

 

 

81         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                   [Karlsruhe, 31. Dezember 1833]

 

Lieber Freund!

 

Herr von Porbeck,2 ein liebenswürdiger sehr geachteter junger Mann, hier am Hofe, der begeistert für alles Schöne und Gute mir seine entzükende Freude über das Glück Rom zu sehen äußerte; Dem dachte ich recht freundliche Grüße an Sie mitzugeben, sie werden zwar etwas alt sein: aber nicht von Ihnen verschmäth werden wenn ich Ihnen sage, daß ich in den lezten Stunden dieses (mir in vielen Dingen) glücklichen Jahres schrieb. – So empfangen Sie es den mit den besten Glückswünschen zum neuen Jahre. – Alles was Gott oft seinen Lieblingen in ihr Herz gießt, daß lenke er tief in Ihre Seele, es sey Friede & Freude & heilige Begeisterung! Diese 3 Gaben in Santa Roma! ist wahrlich ein großes Gut, besonders wenn noch so viel äußere Vortheile hinzukommen wie es bey Ihnen der Fall ist. Dafür haben Sie aber auch so manches Herz erfreut und so manches Gemüth erbaut und angefeurt; und das thun Sie auch gewiß diesem freundlichen Fremdling der jezt vor Ihren Augen steth. – Ach daß ich es selbst wäre! Doch jezt liegt in dieser Unmöglichkeit Trost: aber als Sie hier durchreisten, und ich Ihr Billiet fand, und bis Abends 9 Uhr in allen Gasthöfen nach Ihnen fragen ließ, und am Ende die Bottschaft bekam daß Sie schon um 4 Uhr zum Thore hinaus fuhren, das that mir weh!3 – Wenn Sie nur auch das Fräulein gebethen hätten, daß Sie Ihnen mein Mahlzimmer gezeigt hätte, ich malte doch noch nie so etwas Schlechtes daß nicht auch einen Schritt wäre werth gewesen; und das was war wirklich krausamm daß Sie auf Ihre Carte nicht schrieben wo Sie abstiegen, ich hoffe daß Sie für diese ingiuria Buße thun werden. – Ich habe es jezt außerordentlich angenehm, ich eße mit den Kindern und werde mit ihnen öfters zur großen Tafel eingeladen, au[ch]4 das Christfest brachte mir reiche Geschenke.

 

Leben Sie nun wohl! Gott sey mit Ihnen und uns Allen, daß Keines verlohren gehe.

 

Meine jüngste Composition ist, die Malerin, die Poesie, & die Mußigung5 in 3 weiblichen Figuren traulich zusammen gesezt, und Gott sey Dank ich glaube daß es Ihnen gefallen würde.

 

Ihre

Carlsruh den 31ten Dec: 1833.                                                               treue Freundin Marie Ellenrieder

 

1 Brief ohne Adresse an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich als Adressat eindeutig August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.

2 Friedrich von Porbeck (1802-1867), aus Marburg stammender Adliger, der im badischen Militärdienst bis zum Generalleutnant aufstieg.

3 Laut Marie Jorns, August Kestner und seine Zeit 1777-1853, Hannover 1964, S. 243 ff. unternahm August Kestner im August 1833 eine Verwandtenreise nach Hannover und Thann. An Bunsen schreibt er in einem Brief, dass er »in Mainz abends am 22. d. Monats angekommen« sei. »Ich konnte es nicht übers Herz bringen, meiner teuren Ellenrieder vorbeizugehen und machte einen Umweg über Konstanz und Karlsruhe. In Karlsruhe kam ich morgens um vier Uhr an, und schon um sieben Uhr fand ich diese seltne Sterbliche unter ihren schönen Bildern, und bis zehn Uhr blieb ich teils bei ihr, teils ward ich durch die Stadt von ihr begleitet, insbesonderheit zu ihrem in der Staphanskirche schön gestellten Altarbilde.« Offensichtlich hatte Kestner im Oktober d. J. auf der Rückreise von Hannover nach Thann im Elsaß nochmals in Karlsruhe Station gemacht, Marie Ellenrieder aber nicht angetroffen.

4 Text in der Klammer ergänzt.

5 Elisabeth von Gleichenstein und Karin Stober (Hrsg.), »… und hat als Weib unglaubliches Talent« Angelika Kauffmann (1741-1807) Marie Ellenrieder (1791-1863), Ausst.-Kat. Rosgartenmuseum Konstanz, Konstanz 1992, Nr. 76, S. 233.

 

 

82         [Monacensia, München]1                                                                          [Karlsruhe, 9. Januar 1834]

 

            Erlauben Sie mir hochverehrter Herr von Vogel! daß ich mich an Sie wende um eine Antwort wegen meiner Cecilia2 erhalten: Herr von Ungern Sternberg3 welcher leider immer an den Augen leidet schob es gewiß nur deswegen auf; oder er hat meine 2 lezten Briefe nicht erhalten. Ich bath ihn das Bild in seinen Schutz zu nehmen, und wenn es keinen Käufer fände so möchte er es gefälligst an Börner in Leipzig4 attreßieren möchten Sie also deßfals gütigst nachfragen, und mich nicht lange ohne Antwort laßen.

 

Sie und Ihr liebes Söhnlein werden hoffendlich immer wohl gewesen sein, und Sie Ihre große Madonna glücklich vollendet haben?

 

Ich bin mit aller Verehrung & Dankbarkeit

Ihre

den 9ten Jenner

1834.                                                                                              ergebenste Marie Ellenrie-

                     der. (gr: bad: Hofmalerin

                                                 jezt in Carlsruhe)

 

Sie werden mir es hoffendlich nicht übel nehmen und mich der Zudringlichkeit beschuldigen: wir hatten seit einigen Jahren so viel Unglück in unser Familie, daß ich für einen Verlust nicht gleichgiltig sein darf.

 

 

1 Brief an Carl Christian von Vogel (1788-1868), Hofmaler in Dresden und seit 1820 Professor an der Dresdner Kunstakademie.

2 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 342.

3 Freiherr von Ungern-Sternberg, Geheimrat, Kunstkenner und -förderer in Dresden.

4 Karl Gustav Börner (1790-1855), Maler und Kunstkommissionär in Leipzig.

 

 

83         [RM Konstanz, 18]1                                                                                 [Karlsruhe, 25. Januar 1834]

 

Theurster Freund!


Ellenrieder001.jpg1000mal um Vergebung bittend erscheint hier endlich die saumselige Korespondentin! – Noch ehe ich Ihr liebes Briefchen erhielt erfuhr ich daß Sie unwohl waren welches mich herzlich betrübte. – Die Fal Wipper. Man kam nicht selbst zu mir, sondern sannte mir das Sacktuch: ich sage Ihnen dieß im Anfange, daß Sie es sogleich wißen, daß nichts auf Ihrem Gewißen lastet. –

 

Jezt, was soll ich Ihnen noch weiters über dieß und anders beruhigendes erzellen? Alles was aus der Residenzstadt kömmt wird Sie verdrießen! Und wenn ich Ihnen sage daß man sogar in der Residenz selbst leben kann wie in Diersburg, werden Sie mir nicht glauben! –

 

Ellenrieder_Marie_002.jpgWer wird nun schreiben können wie es Ihnen gefällt? – ! Selbst das thörichte Lämpchen würde umsonst bitten! Ich will mich aber schon rächen wenn ich komme nach Diersburg!

 

Sobald werde ich aber leider nicht reisen können, denn, so unabläßig ich auch fleißig war, will das Bild2 seiner Vollendung noch nicht nahe scheinen; obwohl es seit Weinnachten einen zimmlichen Schritt vorwärts gethan hat, und gewiß wären Sie mit dem Eichbaum zufrieden, deßen beßere Anordnung ich Ihnen verdanken. Und in Hinsicht der Ähnlichkeit ist man beynahe zufrieden, nur hat noch nicht alles seine völlige Rundung auch fehlt in Hinsicht der Ausführung noch Vieles: Denn – bis ich überall die Engels=Seele hinein bringe! die vom Augenstern an bis an die äußerste Spitze des Haupthahrs schimmernd gleichsamm das Ganze überstrahlt! das ist eine schwer Aufgabe; sie ist aber da, und will erfaßt werden. – Denn was giebt es wohl heiligeres als die Unschuld im kindlichen Alter: – Und wie erhaben ist nicht der Kopf der Frau Großherzogin! – Trotz dem Allem aber sehne ich mich nach meinen Andachtsbildern, und was man mir auch anböthe (wo es mir nicht der Gehorsam befiehlt) nimmer nehme ich eines mehr an! Täglich wird noch gefragt! Da kann man sehen – worinn die Kunstliebe besteht!!! Mich macht dieß jedesmal von Herzen traurig.

 

Ich denke bis Ende Februar oder Anfangs Merz bin ich noch hier: es beunruhigt mich dieß ein wenig wegen dem guten Vater, der zwar wieder recht wohl ist, aber unlängst zeigte sich wieder eine Lähmung auf der Zunge und mehr Schwäche in den Beinen.

 

Sonst wäre ich ganz außerordentlich gern hier, so – wie ich es jezt habe, seitdem die Kinder hier sind, habe ich alles mit ihnen gemein, und wo sie ein Fest mithalten derfen, bin ich auch dabey: ich genieße wahrhaftig Elterliche Liebe & Sorgfalt: und die Kinder sind so wohl erzogen, so freundlich und so fröhlich, daß man nicht anders als glücklich sein kann, wer um sie sein darf.

 

Aus der Stadt habe ich mir die Besuche bis später ausgebethen; und von Hof kömmt nie Eines; ich weiß die Ursache hievon nicht – frage auch nicht; und somit bin ich da ungestörter als wahrhaftig in Constanz!

 

Ellenrieder_Marie_002.jpgGlauben Sie mir jezt, oder glauben Sie mir nicht? – !

 

Leben Sie nun wohl! und wünschen Sie sich ja keine tiefere Einsamkeit: Sie sehen daß die Einsamkeit auch unter Tausenden genoßen werden kann.

Adio mio carissimo amico!

Mit 1000 Grüßen

Ihre

Carlsruhe                                                                                      Freundin

den 25ten Jenner                                                                                    Marie Ellenrieder

                        1834.

Noch muß ich Ihnen sagen, daß der Geist des Apelles mir den Funkelnden Edelstein nicht raubt wohl aber machte ich Stad mit ihm, daß aller Augen sich nach ihm [wan]dten.

 

 

1 »Seiner Hochwohlgebohren Freyherrn Carl von Röder in Diersburg bey Offenburg.«

2 Sophie Großherzogin von Baden mit ihren Kindern (siehe Fischer und Blanckenhagen WV 10).

 

 

84         [RM Konstanz, 19]1                                                                                   [Offenburg, 24. Februar 1834]

 

Liebster Freund!

 

Ich bin auf dem Wege nach Hause aber leider auf eine traurige Weise, mein lieber Vater2 ist tödlich krank und hat nach mir verlangt, die Fr: Großherzogin3 erlaubte mir also ihn unverzüglich zu besuchen; in Zeit 3. 4. Wochen kehre ich aber wieder zurück, um das Bild4 zu vollenden. Mein Besuch bey Ihnen wird also um vieles später sein.

 

Gott gebe daß sich der gute Vater wieder erholt, an dem Tage, an dem die Pepi5 mir schrieb; schien die Gefahr vorüber zu sein.

 

Leben Sie wohl, und empfangen Sie meine herzlichsten Grüße 1000mal.

 

Ihre

Offenburg den 24ten                                                                                   Freundin

Februar 1834.                                                                                    Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:

                                                »Sr: Hochwohlgebohren

Freyherrn Carl v: Röder in

Diersburg

bey Offenburg«

2 Konrad Ellenrieder (1744-1834), Vater der Künstlerin.

3 Sophie Großherzogin von Baden (1801-1865).

4 Wohl Fischer und Blanckenhagen WV 10.

5 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

85         [RM Konstanz, 20]1                                                                                     [Offenburg, 10. März 1834]

 

Da mein guter Vater2 von seinem tödlichen Anfalle sich sehr erholt hat Gott sey Dank! bin ich nun wieder auf meinem Rückwege und ich danke Ihnen nun für Ihr freundschaftliches Briefchen; und wenn der liebe Gott meine Arbeit segnet komme ich in Zeit 6 Wochen oder höchstens 2 Monate wieder zurük: dan geths nach Diersburg und da wollen wir uns unsere gegenseitigen Leiden erzellen; aber auch unsere Freuden und wills Gott glücklich sein, Amen!

 

Mit treuer Liebe & Verehrung

Ihre

 

Offenburg den 10ten März                                                                           Freundin

                                                                                                                     Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:                     

»Seiner Hochwohlgebohren

Freyherrn Carl von Röder

in

Diersburg

bey Offenburg«

2 Konrad Ellenrieder (1744-1834), Vater der Künstlerin.

 

 

86         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                              [ohne Ort, 7. Mai 1834]2

 

Lieber Herr Kestner!

 

Schenken Sie mir heute die lezten 3 Stündchen Ihres Aufenthalts; bis dahin besorge ich Dan die Verpackungen meiner Kisten die Morgen abgehn müßen. 

Ich erwarte Sie also bis 11 Uhr, da gehen wir noch viele meiner Zeichnungen durch, um 12 Uhr eßen wir dan miteinander Zu Mittag und somit können Sie dan in aller Ruhe die Zeit Ihrer Abreise bey mir abwarten.

 

Ich freue mich sehr, wenn es Ihnen so recht ist.

Ich grüße Sie herzlichst 1000mal!

 

den 7ten Mai.                                                                                                         Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse, Ort und Jahr an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich als Adressat eindeutig August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.

2 Von fremder Hand 1834 datiert, in diesem Fall müsste die Nachricht in Karlsruhe geschrieben worden sein, weil die Künstlerin in den Jahren 1833 und 1834 in Karlsruhe weilte, um einen Auftrag für den großherzoglichen Hof auszuführen (Fischer und Blanckenhagen WV 10). Diese Jahreszahl scheint aber fraglich zu sein, denn laut Marie Jorns, August Kestner und seine Zeit 1777-1853, Hannover 1964, S. 261 ff. war August Kestner in den Jahren 1834 bis 1836 ausschließlich in Italien.

 

 

87         [RM Konstanz, 21]1                                                                                   [Karlsruhe, 15. Mai 1834]

 

Lieber Freund!

 

Sie sehen aus den Inlagen, daß es nicht Gottes Wille zu sein scheint, daß ich Sie in Diersburg besuche. Die lezten Nachrichten waren so betrübend, daß ich nichts anderes erwartete als die Todes Nachricht;2 nun aber ersehen Sie, daß er sich abermals, – nicht erholt, aber mir doch Hoffnung läßt ihn anzutreffen, wer wollte hier säumen! Ich habe zwar noch viel zu thun, aber ich kan es doch möglich machen am Sonntag von hier abzureisen: da wäre ich Montags in Offenburg über Mittag; – wenn das Wetter schön wäre & Sie abkommen könnten, wie sehr würde mich dieß freuen!!!

 

Ich grüße Sie jedenfals herzlich & mein

Geist wird Ihnen nahe sein.

 

Carlsruhe den 15ten Mai

                                                                                                                            Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Jahreszahl adressiert an:

»Seiner Hochwohlgebohren

Freyherrn Carl von Röder

Diersburg

bey Offenburg«

Die Jahreszahl geht aus dem Postaufgabestempel von Karlsruhe eindeutig hervor.

2 Die Rede ist vom Vater der Künstlerin, Konrad Ellenrieder, der am 3. Juni 1834 90jährig verstarb.

 

 

88         [RM Konstanz, 22]1                                                                                        [Konstanz, 6. Juni 1834]

 

Theurster Freund!

 

Am 3ten Juni entschlief mein guter Vater,2 Gott dem Herrn. – Noch vieles hat er leiden müßen, indem er gegen schmerzliche Krämpfe auf der Brust zu kämpfen hatte; gegen die kein Mittel erdenkbar wurde; ruhiger war es noch als ich ankam, und er konnte sich noch herzlich freuen, bald aber fingen diese Leiden wieder an und hörten nicht mehr auf; – Er klagte aber nie, und seiner Frömigkeit & Ergebung blieb er treu, so wie auch sein Verstand ihm treu blieb bis zum lezten Augenblick der ruhig & sanft war! Wie groß unser Mitleiden sein mußte können Sie sich gewiß denken. Und wie er uns lieb war, und wie schwer der Schmerz der Trennung uns fällt; das mögen Sie gewiß auch mit empfinden. –

 

Wir waren Alle beyeinander; und Keines aus uns hat sich einen Vorwurff zu machen; und Sie sehen nun daß meine Eile gut war, und ich so ganz früh genug ankam. Gott sei Dank! – Meine gute Schwester Pepi3 traf ich aber auch krank an, doch wurde es wieder beßer; aber ihre Gesundheit hat sehr gelitten, und ich kam eben auch nicht gar stark zurück, wir sehen beide aus wie Geister, und wir werden wahrscheinlich nach Wisbaden4 im Appenzell gehn. Dieser war es gar zu leid, daß wir uns nicht in Diersburg sahen, und, sogar nicht einmal in Offenburg. Und denken Sie mein Brief wäre gewiß zur rechten Zeit noch in Ihre Hände gekommen, lieg er nicht 1 ½ Tag vergeßen auf meinem Zimmer: Ich hatte in Carlsruh noch so viel zu thun & zu besorgen! –

 

Das Bild5 fiel aber Gott sey Dank zur Zufriedenheit aus: und der Großherzog gab mir einen erfreulichen Beweis davon indem er mir die große Madonna mit dem Triumpfbogen6 bestellte. Und daß ich es gut & schön hatte wißen Sie auch, und zu diesem wird mir die Fr: Großherzogin 100 Louid’ors anweisen laßen.

 

Ich danke Ihnen herzlichst für Ihren theuren Brief vom 22ten Mai: Er machte mir das schöne Leben daß ich um Sie gehabt hätte recht anschaulich, und gewiß wären wir recht glücklich gewesen!

 

Und wir sprachen nun auch nichts mehr weiter von Einem Bilde des H: Carls Boromeus,7 und sah ihre Kirche nicht. Sah das liebe Dirsburg nicht wo Sie sich nun treuer als früher es geschah aufhalten werden, weil Sie Ihrem Ehrwürdigen Veter das Familien Geschäft abnahmen. Durch dieses bleibt mir gar so schlechte Hoffnung für die Zukunft! Gewiß kommen Sie nimmermehr an den Bodensee; und mir scheint der Hr von Röder8 den ich zu sehen das Vergnügen hatte hätte noch lange die Besorgniße verwalten können.

 

Sie werden noch ganz das Opfer ihrer Güte! Freilich mag dieß doch viel zu Ihrer inneren Zufriedenheit beytragen, und ich denke mir Ihr Leben eigendlich doch schön.

 

Meine Schwester, und meine übrigen Angehörigen danken Ihnen für Ihre zärtliche Theilnahme, und empfehlen sich Ihnen schönstens, die Marie Detrey9 verehrt Sie auch sehr. Ich will jezt enden, ich kann Ihnen doch nichts recht im Zusammenhange sagen; den vom Mitleid und Schmerz noch zu sehr angegriffen; kann ich nur im Gebethe und im Danke gegen Gott meine Ruhe finden.

 

Schreiben Sie mir dießfals auch nicht, um uns zu trösten; den groß ist unser Trost und heilig das Andenken an den Theuren! Der, in seinem ganzen Leben nie einen Menschen betrübte, Gottesfürchtig wandelte, und in Allem das schönste Beyspiel gab.

 

Gott wird sein Lohn sein, unsere Thränen fließen ihm nach; Er hat sie um uns verdienet und noch viel anderes mehr. – Nemlich ein Wandel ohne Tadel und eine Frömmigkeit die uns Gott & den Menschen lieb macht, wie es bey ihm der Fall war. Der Frieden Gottes prägte sich noch nach dem Tode auf seinem Gesichte ab – Er sah so lieblich aus! – und hätten wir ihn nur noch recht lange so behalten können; allein gestern wurde er beerdigt und heute das heiligst Opfer für ihn abgehalten. Aus sind jezt viele Freuden! – Leer ist unser Haus ohne den ehrwürdigen Greisen! – ! Traur in unsern Herzen!

 

Ich danke Ihnen zum Voraus für Ihr frommes Andenken daß Sie dem Seligen weihen.

 

Ihre

den 6ten Juni 34.                                                                                                           Frdinn Marie

                                                                                                                                             Ellenrieder.

 

                                                                                                                                            

1 Brief mit folgender Adresse:

»Seiner Hochwohlgebohren

Freyherrn Karl C. von Röder

in

Diersburg

bey Offenburg«

2 Konrad Ellenrieder (1744-1834), Vater der Künstlerin.

3 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

4 Weissbad im Kanton Appenzell. Seit 1790 befindet sich dort eine Molkenkuranstalt.

5 Sophie Großherzogin von Baden mit ihren Kindern (Fischer und Blanckenhagen WV 10).

6 Fischer und Blanckenhagen WV 330.

7 Fischer und Blanckenhagen WV 355.

8 Philipp Friedrich Freiherr von Röder (1771-1846), Großherzoglich Badischer Kammerherr.

9 Anna Maria Detrey (geb. 1807), Nichte und Patenkind der Künstlerin.

 

 

88a   [GLA 46 7422 (Eigentum Haus Baden)]1                                                       [Konstanz, 24. Juni 1834]

 

Theurster Prinz Louis!

 

Ich hülle meinen Geist in das Gewand der Buchstaben, um je doch einmal Ihnen ein bischen näher zu kommen. – Es ist schon so lange seit der schönen Zeit, wo wir uns täglich 2mal begrüßten & 2mal Abschied nahmen; außer den übrigen malen, wo ich auch sonst noch so glücklich war Sie zu sehen!2 – Nicht einen Tag  kenne ich, wo Sie mir weniger freundlicher waren, als den zuvor & den nachher. So reichten sich Alle vom Anfange bis zum Ende, wie zu einem duftenden Kranze, der in spätern Jahren mich noch entzücken wird. Und was das Schönste ist, dass eine Änderung dieses Verhältnißes mir unmöglich vorkömmt; denn wie ich Sie nahe liebte, so liebe ich Sie auch in der Entfernung: und da meine Anhänglichkeit an Sie ein Bändchen ist, dass von der Erde bis zum Himmel reicht; – so können Sie nicht wohl anders als mir gut bleiben.

 

So leben Sie den wohl! Leben Sie glücklich, in Gott, Der, weil Sie so ein liebes Kind sind – Ihnen besonders nahe sein wird.

Liebster Prinz Louis!

Ihre

Konstanz den 24ten Juni 34.

                                                                                                                                   Dienerin Marie

                                                                                                                                            Ellenrieder

Darf ich Sie bitten dem Hochverehrten

lieben Hr: Hofrah Rink3 unendlich viel Schönes zu sagen von mir.

 

Auf dem gefalteten Briefblatt steht rückseitig „Dem lieben theuren Prinz Louis.“

 

1 Brief ohne Adresse an Prinz Ludwig von Baden (1824-1858).

2 Der Hinweis bezieht sich auf ie Zeit, als Marie Ellenrieder im Karlsruher Schloss das Gemälde Sophie Großherzogin von Baden mit ihren Kindern (Fischer und Blanckenhagen WV 10) malte.

3 Prof. Karl Friedrich Rinck (1786-1851), Geheimer Rat und Erzieher der Großherzoglichen Prinzen Ludwig und Friedrich sowie der Prinzessin Alexandrine.

 

 

89         [GSA 52/I,3.4]1                                                                                              [Konstanz, Sommer 1834]

 

            Auf das freundliche Anerbiethen der Fr: v: Helldorf2 übersende ich Ihnen hier ein paar Worte des herzlichsten Dankes für Ihr liebes Briefchen vom 22ten Aprill. Es traf mich noch in Karlsruh, Mitte Mai kehrte ich aber nach Hause, um dem lieben Vater meine lezten Dienste noch erweisen zu können, den sichtbar neigte die Sonne seines Lebens sich und am 3ten Juni verschied er wirklich dem Herrn, nachdem er uns Allen ein Beispiel der Ergebung und der Frömigkeit war –. Unsern Schmerz war groß und noch sind wir stetz betrübten Herzens um ihn – und werden dieß mitunter auch bleiben, den zu sehr hat das Mitleid wegen seinen lezten & schmerzvollen elenden Jahren unsere Herzen durchdrungen! – Und wie innig fühlt mann es wen die Eltern gestorben, man die besten Freunde nicht mehr hat!

 

Ich war gesinnt mit meiner Schwester Pepi3 nach Oberitalien zu reisen; aber es hat sich für diesen Herbst nun unmöglich gemacht; dafür hoffe ich könnte es im Frühling geschehn. Wir leben indeßen nicht unangenehm, und nicht alleine, sondern umgeben von lauter Guten und liebens=würdigen Menschen; wir theilten unsere untere Wohnung mit einem jungen Hr: v: Bouhl4 und seinen 2 Schwestern, Kinder, die ebenfals ihre Eltern verlohren, und diese eßen auch bei uns, und in der obern Wohnung haben wir eine sehr liebenswürdige Frau mit Ihrem Mann: es ist nun so lebhaft bei uns: auch Pferd & Wagen & einen Bedienten: kein Winkelchen ist mehr unbenützt in unserem lieblichen Hause.

 

Ich bin also entschloßen den Winter da zu bleiben und die lebensgroße Madonna (wovon Sie wie ich glaube den Carton gesehen haben)5 zu malen, wen Gott mir Gesundheit schenkt. Der Großherzog hat sie mir bestellt.

 

Im Juli war ich mit meiner Schwester im Apenzeller Weisbad6 wo wir eine vollständige Molkenkur gebrauchten, und in dortigen großartigen Bergen & Thälern viele Freuden hatten.

 

Für Ihr freundschaftliches Anerbiethen wegen dem Bilde der Cecilia7 danke ich Ihnen herzlichst: Ich werde keinen Gebrauch davon machen; den es thäte mir leid wen Sie zu einem Bilde kommen müßten, dem das Unglück auferlegt zu sein scheint; denn denken Sie, ich sannte sie nach Paris noch zur rechten Zeit dachte aber sie erst um die Aufnahme zu Ausstellung zu empfehlen, wan ich werde die Madonna hinein schicken, die damals zum lithografieren in München war;8 von wo ich sie lange vergebens erwartete, endlich kam sie und ich hatte die Hoffnung daß sie ihr Ziel noch erreichen würde, aber sieh da! 4 Tage kam sie zu speth, das Reglement war geschloßen & unter keiner Verwendung wurde es mehr angenommen und so mit war auch die Angabe der Cecilia verspäthet weil ich dieß zusammen besorgen wollte.

 

Sie stehen nun beide im Schutze der badischen Gesanntschaft wo sie bis zur künftigen Ausstellung bleiben werden.9

 

Im Anfange hat dieß mich sehr geärgert & betrübt; doch jezt bin ich vollkommen beruhigt; und ich hatte schon zu viel Glück als daß ich über diesen einzigen Vorfall klägen möchte.

 

Denken Sie mich ja nicht anders als glücklich & zufrieden; ich gehe stetz meinen Weg und bin immer so fleißig wie möglich, und wenn ich auch mitunter gestört werde, denke ich − Sie hättens noch viel ärger, ich bedaure sohin Sie mehr als mich selbst.

 

Neues habe ich außer ein paar bethenden Kinder10 nichts componiert und noch habe ich jenne kleinern Bilder die Sie bey mir angefangen sahen nicht alle vollendet weil mich in Carlsruh das Bilde bey Hof zu sehr in Anspruch nahm,11 es fiel aber ganz zur Zufriedenheit aus, Gott sey Dank, und ich wurde da bezahlt & beschenkt, liebvoll & fürstlich.

 

                                                                                              Gott sey mit uns!!!

                                                                                                          Ihre Frd Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:

»A Monsieur

Monsieur August Kestner chargé

daffaire de Sa M : Britannique Roi dHanovre

Rome

Palazo Tomati Strada Gregoriana«.                        

2 Wohl Pauline von Helldorf (1806-1874), geb. Spiegel von und zu Pickelsheim, heiratete 1829 den preußischen Kammerherrn Karl Heinrich von Helldorf (vergl. dazu das Doppelbildnis der Geschwister Spiegel von Louise Seidler um 1829; Bärbel Kovalevski, Louise Seidler 1786-1866, Goethes geschätzte Malerin, Berlin 2006, S. 409).

3 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

4 Gebhard von Bouhl (vergl. Dominik Gügel, Joseph Freiherr von Lassberg und sein Konstanzer Umfeld, in: Joseph von Lassberg – des letzten Ritters Bibliothek. Ausstellung im Bodman-Haus, Gottlieben, 2001).

5 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 330, eine Madonna, die in den Besitz der Wessenberg-Galerie in Konstanz gelangte.

6 Weissbad im Kanton Appenzell. Seit 1790 befindet sich dort eine Molkenkuranstalt (vergleiche auch Fischer und Blanckenhagen WV 272 und 447).

7 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

8 Vereinsblatt von 1833, eine Lithographie der »Maria mit dem Jesusknaben an der Hand« von Valentin Schertle, welche der Badische Kunstverein in Karlsruhe seinen Mitgliedern als Jahresgabe zum Geschenk machte (vergleiche Edwin Fecker, Vervielfältigungen nach Werken von Marie Ellenrieder, in: Tobias Engelsing und Barbara Stark (Hrsg.), Einfach himmlisch! Die Malerin Marie Ellenrieder 1791-1863, Ausst.-Kat. Rosgartenmuseum Konstanz und Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz 2013, Stuttgart 2013, S. 140).

9 Mit den beiden Gemälden war die Künstlerin 1835 am Salon der Königlichen Akademie in Paris beteiligt (Livret du Salon Nr. 710 und 711). Gleichzeitig stellte dort auch ihre Freundin Katharina Grassis de Predl ein Gemälde aus (Livret du Salon Nr. 984, Horst W. Janson (Hrsg.), Catalogues of the Paris Salon 1673 to 1881, New York 1977).

10 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

11 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 10.

 

 

90         [GLA S Rosenberg, 674,2]1                                                                       [Konstanz, 6. November 1834]

 

Verehrter Herr!

 

Als ich zu seiner Zeit Ihren Brief erhielt, war ich beabsichtigt ihn sogleich zu beantworten, und ich glaubte immer daß es geschehn war; allein vor wenig Tagen fand ich ihn bey meinen unbeantworteten Briefen und da ich wirklich nie einen Bericht bekam daß die Zeichnung in Carlsruhe angekommen wäre, so glaube ich nun überzeugt zu sein, daß ich Ihnen wirklich nicht schrieb. –

 

Es thut mir leid Ihnen anzeigen zu müßen, daß die Zeichnung nicht mehr mein ist sondern nach Carlsruhe abgeschickt werden sollte; ich bitte Sie daher dieß gefälligst besorgen zu laßen, mit der Addreße (an Hr: Anton Bilger Hofvergolder)2.

 

Was Sie mir übrigens von Ihrer schönen Ausstellung schreiben hat mich herzlich erfreut; es ist nur schade daß ich so weit von Ihnen entfernt bin, da ich Ihnen hie & da Zeichnungen wie die Lezte war zuschicken könnte.

 

Jezt bin ich an einer lebensgroßen Madonna mit dem Kinde und zwei Engel, (ganze Figur)3 Ein Auftrag, der mir viele Freude macht.

 

Hochachtungsvoll Sie grüßend.

 

Konstanz den 6ten Nov: 34.                                                                                               Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:

»Herrn P. Piton Buchhändler,

  Konservator der Gemälde des Kunstvereines

Judengaße Nr: 8

Straßbourg«

2 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 354, ein weiteres Bild, das Hofvergolder Anton Bilger erwarb.

3 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 330.

 

 

91         [RM Konstanz, 23]1                                                                               Konst. den 12.ten Nov: [18]34

 

Liebster Freund!

 

Es war immer so sehr mein Vohrhaben Ihnen zu schreiben, daß ich öffters glaubte es schon gethan zu haben; denn so freundlich war ihr liebes Briefchen, Ihre Theilnahme und Ihre Anfrage wie es uns Beiden geth! – Und wie herzlich erfreute mich die Nachricht Ihres angenehmen Lebens & Ihres Friedens auf dem Lande: es ist auch recht brav daß Sie es erkennen wie gut Sie es haben, wehrend andere sich in der Welt und ihren Plagen abmüden müßen. Gott Lob, wenn Sie doch nur recht glücklich sind, niemand auf der Erde verdient es beßer als Sie! Ich war oft böse, wenn Sie so eigensinnig behaupten wollten Sie wären nicht glücklich. Nur eines thut mir leid, daß wenn Sie so gerne in Diersburg sind, Sie nicht mehr zu uns kommen werden; denn ich bin nicht zufrieden mit meinem festen Vorsatz Sie in Diersburg zu sehen; ich möchte Sie auch wieder einmal im Anblick unsers theuschen Meeres begrüßen! –

 

Sie wißen daß es meine Absicht war nach Italien zu gehn, als wir aber von unser Molkenkur nach Hause kamen, zeigten sich zu viele Hinterniße, und da ich nicht ohne meine Schwester reisen wollte Entschloß ich mich also über den Winter in Konstanz zu bleiben, und getrost an meiner Madonna2 anzufangen; Dieses Bild wird aber viel schwerer sein als ich mirs vorstellte, den davon zeugt meine gemalte Skitze mit der ich mich noch nie ganz befreundete, und ich werde auch an dem Bilde nicht eher anfangen als bis ich vollkommen damit zufrieden sein kann. Ist diese aber einmal im Reinen dann läßt sich hoffen daß es im Großen dan schnell vorwärts geht.

 

Meine Schwester lebt recht thätig, und zweckmäßig, sie übernahm nemlich einen jungen Hr: von Bouhl3 mit seinen 2 Schwestern in Kost & Logie, und da diese alle 3 sehr liebenswürdig sind so ist es ein sehr angenehmes Verhältniß für uns alle, denn so, in einem stillen Hause wollte Hr: v: B. seine Schwestern haben & sich selbst.

 

Unlängst war ich 12 Tage in Langenstein4 & verfertigte da eine große Zeichnung mit schwarzer Kreide auf die Maur in der Schloßkapelle, die Fußwaschung Jesu5 vorstellend, mit allen 12 Aposteln in Lebensgröße, 13 Schuh breit. – andere Jahre wo Großherzog Ludwig6 noch lebte machte ich auch noch 2 andere Zeichnungen ebendaselbst, wovon eines den Kinderfreund7 vorstellt, dießes trug mir nun die Gräfin8 auf, es ist in Öhl auf Leinwand als Altarbild zu malen. –

 

Sonst ist eigentlich unbedeutend was ich seit meiner Reise vom Unterland gearbeitet habe; Ich bin noch nicht einmal ganz mit den kleinen Bildern fertig die sie in Carlsruh bey mir angefangen sahen, doch neigen sich diese 3 zum Ende, nemlich, das Fromme Landmädchen,9 dan die 3 kl H. Jungfrauen (Glaub, Hoffnung & Liebe,)10 und das ganz kleine Schutzengelein:11 außer diesem machte ich nur noch einige Pastellzeichnungen.

 

Nächstens werde ich wie ich hoffe mehrere Studien bei der Lampe zeichnen, und nun sehen Sie daß ich Ihnen einen treuen Bericht von meinem Thun & Laßen abgelegt habe. – Ich mußiziere auch; denn; noch ist mir das Leben lieb wenn schon ich auch zum Aufbruch bereitet wäre, wenn es Gott gefiele; schenkt er mirs aber noch und fristet Er mirs so nehme ich es dankbar an, und strebe – ein beßerer Mensch zu werden, was mir ach! nie! gelingen will! O! könnten doch Sie mir zusprechen & mir predigen!!!

 

Ihrer

                                                                                                            wahren Freundin Marie Ellenrd

 

Im Apenzellerland hatten wir viel Vergnügen & ich habe ein paar freundliche Sächelchen im Zwikbuch mit nach Hause gebracht, ich komponierte auch daselbst, nemlich, das menschliche Gemüth wie es sich lostrennt von der Erde aufwärts nach dem Himmel wirkend & anbethend.12 Das beigelegte war der erste Entwurff davon. Ich muß aber abbitten daß es nicht beßer ausgeführt ist; das Papier war so schlecht.

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder mit einer Nachschrift von Josefine Ellenrieder. Der Adressat geht aus dem Inhalt eindeutig hervor.

2 Wohl Fischer u. Blanckenhagen WV 330.

3 Gebhard von Bouhl (vergl. Dominik Gügel, Joseph Freiherr von Lassberg und sein Konstanzer Umfeld, in: Joseph von Lassberg – des letzten Ritters Bibliothek. Ausstellung im Bodman-Haus, Gottlieben, 2001).

4 Schloss Langenstein bei Aach.

5 Fischer und Blanckenhagen WV 309.

6 Ludwig I. Großherzog von Baden (1763-1830).

7 Fischer und Blanckenhagen WV 306.

8 Katharina Gräfin von Langenstein (1799-1850), war mit Großherzog Ludwig »an der linken Hand« verheiratet.

9 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 254.

10 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 285.

11 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

12 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

 

 

 

Ellenrieder_Fußwaschung.jpg

 

92         [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                              Constanz den 16 Jen 1835.

 

Lieber Freund!

 

Das Fräulein daß Ihnen dieß Briefchen überbringt ist aus Konstanz aber schon länger bey einer ungarischen Dame als Couvernante; sie ließ mich durch ihren ehrwürdigen Vater ersuchen um eine Empfehlung an jemand Bekannter von mir. Ich durfte es nicht verweigern, und weil ich wohl weiß daß Leute von Stand jedenfals ihnen nahe kommen; die Dame ist eine Baronne de Banphy2 nee Contess de Wäsälhiny, und das Frl: heist Boitschain, sie ist sehr brav & sehr geistreich & spricht 5 Sprachen. So jezt habe ich meine Pflicht christlicher Liebe vollendet, wenn Sie sie nun auch freundlich für mich begrüßen mögen, so freuts mich herzlich. Amen.

 

Nun sage ich Ihnen bei diesen Anlase, daß ich seither immer wohl & fleißig war Gott sei Dank, und wenn ich fortwehrend wohl bleibe, beeile ich mich sehr mit allen meinen Arbeiten, damit ich hernach Italien wieder sehe dahin ich immer mehr Sehnsucht & Bedürfniß fühle. Im lezten Herbst konnte es nicht möglich werden, sodann fieng ich an meiner lebensgroßen Madonna3 an, die nun bereits übermalet ist; freilich muß ich sie dan selbst nach Carlsruhe bringen, aber dann hoffe ich ende Sommer meine ersehnte Reise antretten zu können, zuerst nach Venedig, dann nach Florenz; und vieleicht, ach! ganz nach Roma, santa Roma!! – Ich dürfte wohl bald auch ein Briefchen von Ihnen erwarten, durch Fr: v: Helldorf4 schrieb ich auch. Haben Sie es bekommen, waren Sie immer wohl, waren Sie aber auch recht glücklich? Ich denke öffters an Sie mit herzlicher Freundschaft & treuer Verehrung.

 

                                                                                                                                            Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an August Kestner. Aus dem Inhalt lässt sich als Adressat eindeutig August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom, bestimmen.

2 Polyxena Baronne de Bánffy, geb. Comtesse de Wesselényi (1801-1878), ungarische Adelige.

3 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 330. Diese Maria mit Kind im Rosenbogen war vom Großherzog Leopold für die Schlosskirche in Karlsruhe bestellt (vergl. Barbara Stark, Die Altar- und religiösen Wandbilder von Marie Ellenrieder, in: Einfach himmlisch! Die Malerin Marie Ellenrieder 1791-1863, hrsg. von Tobias Engelsing und Barbara Stark, Ausst.-Kat. Rosgartenmuseum Konstanz und Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz 2013, Stuttgart 2013, S. 113-135.

4 Wohl Pauline von Helldorf (1806-1874), geb. Spiegel von und zu Pickelsheim, heiratete 1829 den preußischen Kammerherrn Karl Heinrich von Helldorf (vergl. dazu das Doppelbildnis der Geschwister Spiegel von Louise Seidler um 1829; Bärbel Kovalevski, Louise Seidler 1786-1866, Goethes geschätzte Malerin, Berlin 2006, S. 409).

 

 

93         [RM Konstanz, 24]1                                                                                      [Konstanz, 5. März 1835]

 

Liebster Freund!

                                           

Marie Ellenrieder Roeder    So würde jezt jede Pilgerinn die an mir vorüber gienge verwundernd stille stehn – daß ich so lange warten konnte, einen so liebenswürdigen Brief wie der Ihrige war zu beantworten, ja 2 Monden & 7 Tage liegen zu laßen!

 

– Ich selbst ringe meine Hände nach allen Richtungen, weil die Zeit immer so viel Anderes auf ihrem Wagen daher führt, was man sogleich wieder weiters ohne Verschub zu expedieren hat! –

 

 Ellenrieder004.jpg

  So – ging es & so war es, und so ist es auch jezt noch! – D’rum sage ich Ihnen nur das Nöthigste. Erstens, daß mich Ihr lieber Brief in der Seele freute; 2tens das weiters das Widrige & so sehr Schreckhafte mich innig betrübte; und 3tens wenn mir das Gericht übergeben wär’ ich Sie schon längst für geläutert hielt, und sohin kämen dann keine ferneren Priffungen mehr. 4tens möge es von nun an so sein; so – daß ein Tag schöner als der andere wird; gerade wie jezt die Tage wachsen: – 5tens Sollen Sie aber wißen, daß auch ich heimgesucht wurde, & 6tens nemlich, mit einer schmerzlichen Hals = entzündung; 15 Tag Bettliegig & im Ganzen daurte es 25 Tage; 7tens fand ich indeßen, daß so was heilsamm ist: 8tens bemerkt mann in solchen Fällen fühlbar, wie alles vergänglich ist & 9tens gewinnt man bei dieser Betrachtung mehr an Ruhe & Gleichgiltigkeit fürs Zeitliche, von welchem man sich am allerwenigsten „zertretten“ läßt, wie Sie sagen. – Im Gegentheil wenn es nicht ein bischen thöricht wäre, zu sagen daß man vollkommen glücklich sei, so würde ich dieß ohne weiters sagen: Ein Quintlein Weisheit erinnert aber zugleich daß bald was Bitteres nachkommen könnte; daher ist es 9tens am bestens sein Heil in Furcht & Zittern zu wirken; ohne 10tens dabei im geringsten den innern Himmel zu beeinträchtigen; – der 11tens in den Wolken des Himels seine Grundfeste hat, und von denselben getragen wird; bis er 12tens Seegen & Frieden bringend sich hie & da auf die Erde herabläßt. Amen.

 

An meiner großen Madonna2 bin ich noch weit zurük, doch habe ich dieß Bild sehr markig untermalt, welches mich hoffen läßt, daß es das 2 mal schneller geth. –

 

Jenne kleinern Bildchen die Sie bei mir in Carlsruhe angefangen gesehen machte ich aber alle fertig, & sie wurden überall freundlich aufgenommen, Gott sei Dank. Das Bildchen von den 3 kl h: Jungfrauen3 kam glücklich nach Freiburg im Breisgau an den Herrn v: Reinach,4 das fromme Landmädchen5 an einen Lyoner Herr, & das ganz kleine Schutzengelein6 nach Wien: früher war auch das kleine Jesulein7 abgereist, an den Hr: Katz8 in Gernsbach. – Neues habe ich nichts angefangen, obwohl mir mehreres bestellt wurde, auch componierte ich nichts Sonderlichs – Sie sehen daß also ein Flug nach Italien nicht ganz überflüßig wäre. So schön Sie mir auch das Zurückbleiben ausgelegt haben, hat es mich doch nicht bekehrt. – Ich trachte mit allem Ernst wirklich dahin! – Doch wahrscheinlich sehe ich zuerst das Unterland, & Sie & Diersburg; denn die Pepi9 will nicht im Sommer nach Italien; – sie wird immer meisterg’schäftiger bei ihrem großen Hauswesen, ach wenn Sie doch nur einmal kämen & auch mithielten; Baron Buol und seine 2 Schwestern10 sind sehr artig! aber umsonst! Sie loben den See & die Konstanzer nur aus der Ferne!

 

adio adesso, caro amico!

anch’io sono sempre la di lei

 

Konstanz den 5ten März 1835                                                                                    treuergebene Marie

                                                                                                                                                   Ellenrieder

 

Von der Pepi & Marie D.11 alles Schöne!

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt lässt sich der Adressat Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig bestimmen.

2 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 330.

3 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 285.

4 Wohl Ferdinand Ludwig Freiherr von Reinach-Werth (1769-1841), Malteser Ordensritter in Freiburg i. Br., der 1830 einer der „Direktorial-Räthe“ der Freiburger Museumsgesellschaft war (vergl.: Zehnter öffentlicher Ausweis über den Zustand des Museums zu Freiburg im Breisgau. Am 1. Juli 1830, Freiburg, Wangler, 1830, S. 15). Mit mehreren Mitgliedern dieser bedeutenden, 1807 gegründeten Museumsgesellschaft war Marie Ellenrieder bekannt. U. a. mit Freiherr von Baden, Freiherr von Berstett, Major von Krieg, Freifrau von Kronfels, Freiherr von Röder, Freifrau von Schleiß, Freiherr von Wessenberg, einem Bruder des Konstanzer Bistumsverwesers.

 5 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 254.6 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

7 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

8 Familie bedeutender Murgschiffer in Gernsbach.

9 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

10 Rudolf Freiherr von Buol-Behrenberg (1809-1895) und seine Schwestern Isabella und Concordia (vergleiche die Portraits ihrer Eltern, Fischer und Blanckenhagen WV 45 und WV 109).

11 Anna Marie Detrey (geb. 1807), Nichte der Künstlerin.

 

 

94         [StA Coburg, LA A 8775]1                                                                     [Konstanz, 30. April 1835]

 

Geliebteste

Prinzeßin Allexandrine

 

Marie Ellenrieder Brief Konstanz

 

Schon lange hätte gern wieder einmal an Sie geschrieben, den – „Sie können sich denken, nein, Sie können Sich unmöglich denken„ wie unaussprechlich Ihr Briefchen vom 9 ten Febr: mich freute, und die lieblichen Nachrichten von der kleinen Prinzessin Marie: ich bin auch ganz besonders egoistisch entzückt das Es Maria2 heist, wahrhaftig ein erhabenes theures Nammensschwesterchen! Ich küße Ihm vorläufig seine unschuldigen Händchen im Geiste, bis ich komme Es persönlich zu begrüßen.

 

Ich denke immer daran, daß, so wie mein Bild,3 daß so wie mein Bild fertig ist, mich reisefertig zu machen. Drei merkliche Hinterniße aber gehen mir zu bedeutend dabei nach, nemlich im Anfang der Verlust meines theuren Vaters4 dann die Molkenkur und diesen Winter eine langdauernde schmerzliche Halsentzündung.

 

Den 3ten Mai Abends ½ 7 Uhr wird es ein Jahr, daß Seine Königliche Hohheit der Allergnädigste Großherzog5 mir dieses Bild auftrug. O sagen Sie Ihm daß Er mich hierdurch so innig beglückte, daß kein Mensch auf der ganzen Erde sich glücklicher fühlen könnte, als ich es bin. – Und Er möchte doch auch recht vergnügt hierüber sein. Ja Sie Alle sollen es ganz kosten das selige Bewußtsein mich so durch & durch erfreut zu haben: – Denn nachdem ich so schöne Tage bei Ihnen hatte6 und Wohlthaten ohne Zahl genoß, so reichlich belohnt und dann mit einem so innig gewünschten Auftrag entlaßen wurde;

 

Wie Vieles ist mir hierdurch zu Theil geworden! Gott wolle es an Ihnen Allen vergelten, und er wolle auch meine Arbeit segnen, daß Seine Königliche Hohheit es niemal bereuen möchten mich beschäftigt zu haben.

 

Ich bin soeben daran alle Haupttheile das 3te mal zu übermalen: der Granz aber, ist des Hintergrunds wegen jezt erst untermalt. Auch einige Abänderungen & Corecturen verhinterten mich an der Fortschreitung, denn ich bin hier nicht so sehr verweist von Solchen, die mich auf meine Fehler aufmerksam machen können; ich bath sogar bedingnißweiße einen Schweitzer Künstler (der sich mit Stundengeben plagt: der aber beinebens sich sehr mit dem Studium der Kunst abgiebt) daß dieser so alle 14 Tage kommen möchte.

 

Aber denken Sie, auch andere Stunden nehme ich, nemliche italienische, bei einem Sprachlehrer der 10 Jahr in Neapel war. – Und dann, habe ich mir eine große Handharmonika (die mann hier sehr schön verfertigte) und laße mich hierauf unterrichten, welches mir ein enzückendes Vergnügen gewährt.

 

Sonst wüßte ich Ihnen aber auch gar nichts zu erzellen, so still & ohne besondere Ereigniße giengen die Tage einen um den andern vorüber. In der Fasching sind hier die Leute recht liebenswürdig fröhlich gewesen, sie spielten die Preziosa an der Marktstätte und sangen & mußizierten recht schön dazu, und veranstalteten ein Wachsfiguren Cabinet von Lebenden dargestellt etc etc , das Schönste aber war das – Eine Braut in einem Luftballon, auf Rädern geführt, einem Bräutigam entgegen der von seinen Eltern in einem staadlichen Wagen herbei geführt wurde, die Pferde waren wie Tieger gemalt, und der reich galonierte Gutscher & Bediente spielten meisterhaft die Glazentrompete (diese Beiden waren reiche Kaufleute von Zürich). Als nun der Bräutigam voll Sehnsucht aus dem Wagen stieg, gieng pletzlich der Ballon voneinander und die rosenfarbe Braut stand da, und der Bräutigam voll Enzückung sank auf die Knie nieder, bewillkommte sie dan und führte sie zu seinen Eltern zu, und so fuhren sie dan weiter um noch an mehreren Plätzen daßelbe zu widerholen; allein ein heftiger Wind beschädigte den Ballon, und so durfte wohl jedes froh sein das zugegen war, den der Anblick der Darstellung hatte was bezauberndes! Die Braut war der junge Herr Rahn von hier, ich zeichnete ein kleines Figürchen hievon, & wollte es illuminieren und Ihnen zuschicken; immer schob ich es aber auf Sie sollen es aber doch noch bekommen.

 

Nun werde ich meinen Brief beschließen müßen daß er nicht gar zu lang wird.

 

Nur möchte ich Sie noch schönstens bitten Theurste Prinzeßin! daß Sie mich unterthänigst zu Gnaden empfehlen möchten, und dem theuren Prinzen meine herzlichen Grüße zu sagen, auch der lieben Frl. Gerlach7 & Herrn Hofrath Rink.8

 

Geliebteste Prinzeßin Allexandrine!

 

von ganzem Herzen Ihre

 

                              gehorsamste Dienerin

Constanz den 30ten Aprill 1835.                                                                                       Marie Ellenrieder.

 

 

1 Brief an Alexandrine Prinzessin von Baden (1820-1904).

2 Maria Amalie Prinzessin von Baden (1834-1899).

3 Fischer und Blanckenhagen WV 330. Siehe auch Brief der Künstlerin an August Kestner vom 16. Januar 1835.

4 Konrad Ellenrieder (1744-1834), Vater der Künstlerin.

5 Leopold von Baden (1790-1852), seit 1830 Großherzog von Baden.

6 Vergleiche Fischer u. Blanckenhagen WV 10. Zur Ausführung dieses Gruppenbildnisses der Großherzogin mit ihren Kindern weilte Marie Ellenrieder von 1832 bis 1834 am Großherzoglichen Hof in Karlsruhe.

7 Adelheid Gerlach, Gouvernante der Prinzessin Alexandrine (s. Karl von Wechmar, Handbuch für Baden und seine Diener, Heidelberg 1846).

8 Prof. Karl Friedrich Rinck (1786-1851), Geheimer Rat und Erzieher der Großherzoglichen Prinzen Ludwig und Friedrich sowie der Prinzessin Alexandrine.

 

 

95         [GLA N Beringer Nr. 586]1                                                                          [Konstanz, 24. Juni 1835]

 

Verehrter Herr!

 

Ich bitte sehr um Vergebung, daß ich nicht mit umgehender Post anzeigte, daß Ihre wehrten Zeilen und das schöne Buch in meine Hände gekommen ist. Empfangen Sie meinen verbündlichsten Dank dafür.

 

So angenehm es mir wäre ein Bildchen für Sie zu malen, so ungerne muß ich Ihnen gestehn, daß Sie auf daßelbige lange warten müßten, indem ich so viele Arbeit habe, die vieleicht die Tage meines Lebens ausfillen wird. Von einer kleinen flüchtigen Zeichnung, (gerade in der Größe wie Sie sie brauchen könnten) gedenke ich jedoch einen Versuch zu machen, aber erst nach einer Zeit von 14 Tagen; indem ich soeben an der Vollendung eines großen Bildes bin daß mir über meine Kräften zu schaffen macht; Sie mögen dieß aus der Bekanntschaft der Künstler wohl wißen; in welcher Lage man ist, wenn es ausgesprochen werden sollte, daß ein Bild nun vollendet wäre; und dieses doch noch so mangelhaft vor den Augen steht. –

 

In der Angenehmen Hoffnung, daß es denn noch früh genug ist sende ich Ihnen sodann die Zeichnung.

 

Der Preis wird vieleicht keiner, oder ein sehr kleiner sein.

 

Mit aller Hochachtung Ihre

 

Konstanz den 24ten Juni 1835.                                                                              ergebenste Dienerin

                                                                                                                                       Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief mit folgender Adresse:

»Seiner Wohlgeboren

Herrn Leopold Voss, berühmter

Buchhändler in

Leipzig«.


 

 

96         [RM Konstanz, 25]1                                                                                 Carlsruhe den 31ten Aug. [1835]

 

Hochverehrtester Freund!

 

Empfangen Sie vor Allem meinen schönsten Dank für die freundliche Aufnahme die ich bei Ihnen genoß und von der mir 1000 liebliche Erinnerungen bleiben werden. –

 

Von Ihrer gütigen Theilnahme überzeugt berichte ich Ihnen nun daß das Bild ganz glücklich angekommen ist und sogar schon in die Rahme befestigt aufgestellt steht, Gott sei Lob & Dank!

 

Soeben vollendete ich meinen Brief an die Pepi2 worinn ich Sie viel lobte aber auch verschwätzte; ich dachte, Sie werden ein ähnliches thun, oder schon gethan haben. –

 

Ich habe die Einladung bei der Frau von Krieg3 zu wohnen angenommen und ich finde daß es so am allerbesten ist.

 

Ein so süßes liebes Zimmerchen aber, wie das, welches ich bei Ihnen hatte, das wird mir nicht bald wieder zu Theil werden!

 

Grüßen Sie mir Ihre Künstlerinn von einer Köchin; und daß ich allen noch vielmals danke.

 

Für heute habe ich nicht mehr Zeit als Ihnen nur noch meinen Dank tausentmal zu widerholen; so auch mein Lebewohl & meine treue Verehrung.

Ihre

                                                                                                         Frd & Dienerin

                                                                                                                       Marie Ellenrieder.

 

1 Brief ohne Jahresangabe adressiert an:

                                                        »Seiner Hochwohlgebohren

                                                           Freyherr Carl von Röder in

                                                             Diersburg bei Offenburg.«

Zur Jahreszahl vergleiche 6. Tagebuch der Künstlerin, wo am 19. August 1835 der Reiseantritt nach Karlsruhe vermerkt ist.

2 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

3 Anna Krieg von Hochfelden verw. von Vincenti (1793-1866).

 

 

97         [FFS Donaueschingen]1                                                                 Heiligenberg den 7ten October 1835.

 

Liebe Mutter!

 

Aus des Himmels Herrlichkeiten eile auch ich zu Deinem Feste. Nahe im Geist umschwebe ich Deine sanfte Seele; ich möchte ihr von meinen Entzückungen mittheilen. Laß Deine Gedanken an mich die freudenreichsten werden; den ich bin die Glücklichste aus Euch Allen. Dein Segen begleitete mich in die Arme meines Heilandes, da bethe ich um Segen für Dich & Euch Alle. Ich kenne keine Sehnsucht, den von des Friedens fille überfließt mein Herz: nur zu Einer Bitte falte ich heute meine Hände vor Dir, daß Du fröhlich wandeln möchtest, frei von allem Schmerz & traurigen Empfindungen. Freue Dich alle Tage Deines seligen Kindes, so wie auch ich voll Wonne die heilige Stunde segne in der Du mich gebohren hast,

Deine

                                                                                                    Henriette.

 

Die beigelegte bildliche Darstellung von mir, ist sehr unvollkommen, doch weil sie in Gedanken an mich entworffen und ausgeführt wurde, wird sie gewiß Dir angenehm sein.

 

 

1 Brief an Amalie Fürstin zu Fürstenberg, welchen Marie Ellenrieder namens der verstorbenen Henriette Prinzessin zu Fürstenberg an ihre Mutter schreibt. Dem Brief angefügt war das Pastell der 1834 im Kindesalter verstorbenen Prinzessin Henriette in Wolken, (siehe Fischer und Blanckenhagen WV 187 und Karin Stober, Marie Ellenrieder und die nazarenische Programmkunst, in: Elisabeth von Gleichenstein und Karin Stober (Hrsg.), »… und hat als Weib unglaubliches Talent« Angelika Kauffmann (1741-1807) Marie Ellenrieder (1791-1863), Ausst.-Kat. Rosgartenmuseum Konstanz, Konstanz 1992, Abb. 13, S. 106). Zum Verständnis vergleiche man den Begleitbrief der Künstlerin vom nächsten Tag.

 

 

98         [FFS Donaueschingen]1                                                                          [Heiligenberg, 8. Oktober 1835]

 

Euer Hohheit,

Allergnädigste Fürstin!

 

Ich will mich der Idee und des Briefchens wegen nicht entschuldigen, den ich bin überzeugt daß Euer Hohheit es so aufnehmen wie es aus meiner Seele kam. Aber das thut mir leid, daß alles nicht lieblich und zierlich genug ist, wie es der theure Gegenstand erfordert hat. Die zärtesten Färbchen hätte ich gewählt, und rosenfarb wäre das Briefchen geworden mit Gold und allen nöthigen Zierden.

 

Und nun erlaube ich mir noch schriftlich für das goldene Armband mit dem theuren Inhalt zu danken, denn ohne die huldvolle Einwilligung Euer Hohheit ist es mir gewiß nicht zugekommen: ich werde es zu ehren & zu lieben wißen, bis an das End meines Lebens. Auch das schöne Buch soll ein sehr theures Andenken dieser schönen Tage werden.

 

Dank also 1000 Dank.

Euer Hohheit!

 

Heiligenberg den 8ten Okt 1835.                                                         unterthänigste gehorsammste

                                                                                                               Dienerin Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief an Amalie Fürstin zu Fürstenberg (1795-1869). Der Brief bezieht sich auf das Schreiben der Künstlerin vom Vortag, den Marie Ellenrieder im Namen der verstorbenen Tochter der Fürstin zu Fürstenberg verfasst hatte.

 

 

99         [RM Konstanz, 26]1                                                                                       [Karlsruhe, 2. April 1836]

 

Hochverehrter theurster Freund!

 

Schon am 9ten Oktober waren Sie böse auf mich; wie werde ich nun jezt vor Ihnen stehn? Sie werden denken ich hätte Ihr schönes Lehrgedicht von Freundschaft und Liebe nicht mit besonderer Anerkennung aufgenommen; und es ist Ihre Zurechtweisung so schön und wahr; sie forderte aber noch eine weitere Erörterung für welche ich lange nicht genug Wissenschaft besäße, daher brechen wir ab; es weist Jedes von uns genug um glücklich zu sein.

 

Oft beneidete ich Sie diesen Winter um Ihre liebliche Einsamkeit, und oft sprachen wir von Ihnen, die Pepi2 & ich, auch bei Kriegs3 & Ihrem liebenswürdigen Vetter.4 Ich bin viel in Gedanken bei Ihnen und ich bleibe bis in den Tod Ihnen mit herzlicher Freundschaft und Liebe zugethan, und es macht mich bisweilen recht traurig, wenn ich denke daß ich Sie beleidigt habe: auch mache ich mir Vorwürffe daß ich gar so lange stillschweigend war. – Wenn es ohne meine Hand hätte geschehen können, Sie hätten manchen Brief von mir erhalten. Sie wißen aber, daß ich doch immer fleißig bin, und nach Kräften wirke mit dem mir anvertrauten Talente, daher geschieth es oft, daß ich meine Ruhestunden nicht gerne dem Schreiben weihe, daß immerhin wenn schon auch viel Vergnügen dabei, doch etwas anstrengendes hat. Viel lieber denke ich den schönen Gedanken Sie wieder zu sehn, und ich habe auch gegründete Hoffnung: den da ich den heiligen Joseph5 nach Ortenberg angefangen habe, habe ich vor, ihn selbst zu überbringen, so Gott will! von dort aus fliege ich dan (wo möglich) nach Diersburg; und wie erfreulich wird dan Ihre Villa zu erblicken mich entzücken!

 

Noch in demselben Monat als Sie mir zum leztenmal schrieben, reisten wir nach Carlsruh, Im Anfange gefiel es aber der Pepi gar nicht den 1000de von Bequemlichkeiten die sie in Constanz verließ fand sie hier nicht, doch bald nachher gewann sie manches lieb, so daß sie schon lange recht gerne hier ist, daher kömt es auch daß wir nicht anders sagen können als wir hätten einen glücklichen Winter gehabt; Gott sei Dank! und gerne verlängern wir noch unsern Aufenthalt bis das Bild des Heiligs Josephs fertig ist, ich denke es wird Sommer werden.

 

Am ersten Mai beginnt eine Kunstausstellung in Mannheim, und wir sind halb entschloßen dahin zu gehn; auch von dort nach Mainz & Frankfurt: die Alten Jungfern beschloßen also, sich noch ein bischen umzusehn ehe sie von diesem Schauplatz der Welt abtretten. Doch vielmehr im Ernste gesagt um sich zu stärken, an dem, was irgend Großes sich gestaltet; wovon wahrscheinlich sich Einiges in Frankfurt finden wird. Hier findet man keine Anregung dieser Art.

 

Nun wißen Sie, wie ich lebte, und ich mit der Hilfe Gottes noch weiter leben möchte; Schreiben Sie mir nun auch bald wie Sie lebten, und wie Sie noch weiter zu leben beschloßen; und ob Sie nicht auch hie und da ein entfernter Gedanke haben uns in Carlsruhe zu besuchen? Oder gehen Sie nicht auch nach Mannheim etc etc oder besuchen Sie uns wen wir wieder in Constanz sind?

 

Ich hatte vor, Ihrer alten ehrwürdigen Köchin einmal zu schreiben, aber ich versäumte jenne Zeit den schon lange werden Sie die Andere bekommen haben, ich bereue es recht sehr, denn sie hat es so gut mit mir gemeint. Auch Franz war ein freundlicher Diener, ich grüße ihn vielmal.

 

Haben Sie seit der langen Zeit auch bisweilen der Aufträge sich erinnert mit welchen Sie mich beehrten und erfreuten? Ich denke sehr oft daran, aber immer fühle ich daß das Bild des Heiligen Carls B.6 doch am besten in Italien gelingen könnte, wo sich das Costüm so leicht finden ließe. Wie schön ist dieses Vorhaben von Ihnen, und wie sehr wünsche ich daß es einstens mit Gottes Hilfe mir gelingen möchte Sie so zu befriedigen, daß Sie es niemals bereuen möchten.

 

Auch die Zeichnungen freuen mich, aber hier habe ich keine rechte Lust; ich kenne auch zu wenig von solchen Leuten die ich als Modelle betrachten dürfte. Der Kopf aber den ich für den H Jos: machte und der Ihnen besonders gefiel, gefällt auch hier.7 Im Bilde habe ich aber große Änderungen gemacht, so daß fast gar nichts vom Studium geblieben ist.

 

Nun sage ich Ihnen mein herzlichstes Lebewohl und meine innigsten wärmsten Grüße viel 1000 & 1000mal.

 

Carlsruhe den 2ten Aprill 1836.                                                                                        Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig bestimmen.

2 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

3 Familie Krieg von Hochfelden.

4 Philipp Friedrich Freiherr von Röder (1771-1846), Großherzoglich Badischer Kammerherr.

5 »Joseph mit dem Jesusknaben« für den rechten Seitenaltar in der Pfarrkirche in Ortenberg (Fischer und Blanckenhagen WV 353).

6 Fischer und Blanckenhagen WV 338.

 

 

 

Altarraum der Pfarrkirche von Ortenberg (um 1935). Hochaltarbild: Hl. Bartholomäus, rechtes Seitenaltarbild:

Hl. Josef mit dem Jesusknaben

 

 

100      [RM Konstanz, 27]1                                                                                      [Diersburg, Sommer 1836]

 

Hochverehrter Freund!

 

In diesem Augenblick habe ich Ihr theures Briefchen nicht, daß ich es wörtlich beantworten könnte; auch wäre es überflüßig da ich nun so glücklich bin in Ihrer lieben Nähe zu sein. – Unter vielen Hinternißen und andern Abhaltungen kam ich endlich mit dem heiligen Joseph2 hier an |:und meine Schwester:| wir wohnen auf das freundlichste Anerbiethen bey Herrn Pfarrer und kommen, wenn es Ihnen nicht ungelegen ist, heute Nachmittag Sie zu besuchen. – Da der Bott bei guter Zeit abgeht kann er uns noch zur rechten Zeit Antwort von Ihnen bringen. Viele Zeit zur Auswahl haben wir nicht indem wir nur ganz kurze Zeit hier zu bleiben gedenken.

 

Verzeihen Sie dem schlecht geschriebenen Briefchen; und geben Sie der Ungedult schuld mit welcher ich Sie zu sehen wünsche!

 

Ihre

 

                                                                                                                    Freundin Marie

                                                                                                                          Ellenrieder.

 

 

1 Brief ohne Datum an Carl Freiherr von Röder in Diersburg oben im Dorfe. Aufgrund der Mitteilungen der Künstlerin an Freiherr von Röder vom 2. April 1836 ist der Sommer 1836 als sicher richtig anzunehmen.

2 Fischer und Blanckenhagen WV 353 (dort wird die Fertigstellung des Altarbildes erst 1837 angegeben. Über das Zustandekommen des Auftrages und die Fertigstellung vergleiche: Edwin Fecker, Die Altargemälde von Marie Ellenrieder in der Pfarrkirche von Ortenberg, in: Die Ortenau, Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden, Bd. 93, 2013, S. 391 ff.).

 

 

101      [RM Konstanz, 28]1                                                                                 [Konstanz, 7. September 1836]

 

Hochverehrter theurster Freund!

 

Wenn Sie nicht so artig wären und so nachsichtsvoll, würden Sie gewiß schon lange gesagt haben, daß es doch recht unartig und undankbar wäre so lange nicht zu schreiben! So aber sagten Sie eher, sie denkt meiner viel, und hat gewiß schon Vorbereitungen zum Altarbilde gemacht, und der schönen Taße freut sie sich recht sehr: und so ists wahr! Bald nach meiner Ankunft ließ ich mir das Buch von Seiler2 über Carl Boromeus geben, worin sein Leben, und Auszüge von seinen eignen Schriften sind. Es ist zum Erstaunen was er that und wirkte!

 

Sie sehen hier 2 Skitzen;3 die eine beleuchtete ich ungesucht, die andere ist ein Versuch auf Anrathen eines Künstlers; er glaubte nemlich daß die hochrothe Farbe im Schatten dem Auge wohlthätiger würken würde; und Herr: v: Wessenberg4 glaubt ich könnte den Bischofsstab weg laßen, weil er hier nicht in Bischöflicher Kleidung sei.

 

Es ist noch nicht entschieden daß wir den Winter hier bleiben, die Pepi5 meint immer Ende Oktober hätte es wegen der Collera keine Gefahr mehr. Übrigens rathen die Meisten daß man wirklich dieß Jahr nicht nach Italien sollte, und mir wäre dies recht. Mann sitzt so gut im heimathlichen Hause, und wie schön ists nicht in unserer ganzen Umgegend! Und wie entzückend einem Seehaas der so lange wieder im ebenen drockenen Lande lebte!

 

Ich arbeitete wieder zimlich fleißig, an einem schon längst angefangenen kleinen Bildchen, worauf die Madonna ist mit dem Kindlein auf der Schooß6 und zu ihren Seiten die heilige Juliana & hl. Rosa, erstere bringt ihr eine Lilie, und die H Rosa ein Körbchen voll Rosen; unten kommen dan die Wort drauf, (Wir huldigen dem Heiligen & Ehrwürdigen.) Dann malte ich auch die Skitze des Heiligen Josephs7 fertig, und macht einen neuen Carton zu jennem Bilde für den jungen Kaufmann in England.8 Auch zeichnete ich ein Knabenköpfchen fertig und entwarf zum Gegenüben ein klein Mädchen, als Folge jenner Köpfe für Sie.9 Ich habe mich auch schon um ein paar schöne Alte umgefragt. Sie sehen also daß ich nicht müßig gieng. Das nächste mal sende ich Ihnen dann eine kleine Skitze von der Heiligen Catharina ich habe sie schon entworffen. Empfehlen Sie mich vorläufig der Verehrten Fräulein von Frosch.10

 

Nun habe ich Ihnen eigentlich noch nicht gedankt für die Wunderschöne Taße, die mich auf dem Weeg gar oft entzückte wenn ich sie herausnahm und betrachtete; jezt ist sie die schönste Zierde in unserem Wohnzimmer und am 8ten September, als an meinem Namenstage werde ich den Caffe daraus trinken, so Gott will, und dan vieleicht wieder am Neujahrtag; und an Carls Tag. Dank also, tausent Dank!!! –

 

Als ich gestern der Marie Detrey11 sagte daß ich Ihnen schreibe, und sie frug was ich von ihr ausrichten soll, trug sie mir auf Ihnen zu sagen „sie hätte Sie noch immer lieb, obschon sie ein Bräutigam habe“ sie ist recht vergnügt und mit ihrer Wahl zufrieden.

 

Sonst kann ich Ihnen aber auch gar nichts neues erzellen, daher schließe ich nun meine Zeilen mit der Bitte daß Sie mir etwas von Sich erzellen und daß Sie recht vergnügt sind in Ihrer freundlichen Villa, daß ich mich herzlich darüber freue; hoffentlich wird die Frl: Marie Sie noch nicht verlaßen haben! von einem so lieblichen Wesen sollten Sie immer umgeben sein! – Meine Schwester empfiehlt sich Ihnen schönstens mit mir, Ihrer treuen

                         Verehrerinn

Constanz den 7ten Sept: 1836.                                                                                             Marie Ellenrieder

 

1 Brief adressiert an: »Seiner Hochwohlgebohren Freyherrn Carl von Röder zu Diersburg bei Offenburg.«

2 Johann Michael Sailer, Der heilige Karl Borromeus, Kardinal der Römischen Kirche und Erzbischof von Mailand, Augsburg 1823.

3 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 355.

4 Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg (1774-1868).

5 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

6 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

7 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 353.

8 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

9 »Die Lebensalter« (Fischer und Blanckenhagen WV 276 und 277).

10 Fräulein von Frosch, Offenburg (siehe Fischer und Blanckenhagen WV 357).

11 Anna Marie Detrey (geb. 1807), Nichte der Künstlerin.

 

 
101a [GLA 46 7422 (Eigentum Haus Baden)]1                                                [Konstanz, 18. September 1836]

 

Geliebter Prinz Louis!

 

Diese innliegende Zeichnungen wollte ich Ihnen und dem lieben Prinz Fritz vor Ihrer Abreise auf den Damm2 bringen: ich ließ fragen wann Sie gehen, da sagte man um 5 Uhr; als ich aber vor halb 5 Uhr mich einfand, waren Sie schon weit auf dem See mir entrißen: auch konnte ich nicht mehr danken, für die große Freude und Ehre die mir zu Theil wurde. – Ich hätte weinen mögen! – – –

 

Leben Sie wohl geliebter Prinz, leben Sie Alle wohl! Nicht wahr ich darf Sie bitten, dass Sie mich zu Gnaden empfehlen.

 

So Gott will, sehe ich Sie recht bald wieder.

Mit treuer Liebe

                                  Ihre

 

Constanz den 18ten Sep: 1836

                                                                                                                 gehorsammste Dienerin

                                                                                                        Marie Ellenrieder

 

Danken Sie mir ja nicht für die Zeichnungen, sie sind eine allzugeringe Gabe, und wären nur für den Augenblick genug gewogen, in welchem ich sie Ihnen überreichen wollte.

 

1 Brief ohne Adresse an Prinz Ludwig von Baden (1824-1858).

2 Als Damm wird die Mole des Konstanzer Hafens bezeichnet.

 

 

102      [RM Konstanz, 29]1                                                                                  Konstanz den 14. Febr 1837.

 

Nur noch wenig Tage, so hätte ich an Sie geschrieben; mein lieber theurer Freund! – Und gerade gestern nahm ich Ihr reichhaltiger Brief vom 14ten Sept: hervor und gedachte ihn wörtlich zu beantworten. Aber auch noch viele andere Briefe kamen mir zusammen: denn, 2 Monatte war ich immer krank; bemittleiden Sie mich aber ja nicht, den so liebevoll züchtigte mich der Herr; ohne Schmerzen überfiel mich eine Gelbsucht und mit dieser eine Art von Entkräftung daß ich gar nicht mehr arbeiten konnte, nicht einmal ordentlich denken, sonst stellte sich ein Kopfweh ein, sonst nichts, & so mußte ich nun gänzlich meine Hände in den Schoos legen welches mich anfänglich sehr hart ankam; bis mir Gott Gnade gab seinen heiligen Willen mit freudiger Hingebung anzubethen. Ich habe manche Erfahrungen gemacht, wie sehr ich noch am Zeitlichen henge; drum kann ich Gott nicht genug danken daß er mich zu dieser Erkenntniß gebracht. Und nun bin ich nur noch zufriedener als ich es zuvor war, Gott sei Dank; darf wieder arbeiten, doch mäßiger: daher mußte ich mich entschließen für dießmal den Heiligen Carl2 ganz aufzuschieben, und so male ich ihn am Ende so Gott will doch noch in Italien! –

 

Ihr früherer Brief also, bekam ich einige Tage früher als ich wegen einer Arbeit 5 Tage nach Heiligen=Berg3 mußte, und 2 Tage nachdem ich zurückgekehrt war, wurde ich sodann krank. Ich hatte schon ein ganz paßendes Modell bestellt um die Stellung des Heilig: Carls zu entwerffen. So ordnet der Mensch, und Gott verfügt anders. –

 

Daß Sie aber in Ihren lezten lieben Brief gar nichts von diesem Altarbild erwähnten, befremdete mich: da dieses Bild, daß mich so oft im Geiste beschäftigte, meine ganze Seele eingenommen hat.

 

Übrigens könnte ich über die früher vorgeschlagene Veränderung vieles sagen; da ich aber daß Ganze vor der Hand aufgeben mußte, ist es noch Zeit hiermit: kurz gefaßt aber; möchte ich lieber bei dem Ersten verbleiben: und lieb ist es mir wenn Sie ihm den Hirtenstab nicht nehmen laßen auch die Mytra könnte gut bei dem Kardinalshut und dem Buche angebracht werden. Denken Sie! Gestern brachte man mir das ächteste uralte Bildniß dieses Carl Boromeus, welches ein außerordentlich verehrtes Eigenthum des Klosters Einsiedeln ist; dieß wußte ich; und schrieb im Spätjahr ob man mir nicht eine Durchzeichnung davon machen dürfte: und nun sannte es mir der Abt selbst, durch einen der Herren der hier Geschäfte hatte. Nicht wahr, daß ist doch recht artig! – Ich machte also eine Durchzeichnung davon; betrachtete es recht und schrieb einiges auf. Dieses hoffe ich kann mir bei dem Bilde nützlich sein. Und so nahm es der ehrwürdige Pater wieder mit fort.

 

Was die Zeichnung betrifft, die ich als Studium nach einem Zimmermann für den H Joseph4 machte; liegt wohl bewahrt für Sie, aparte, nur im Herbst nahm ich ihn mit auf den Heiligenberg so auch das Knabenköpfchen, und ein artiges Mädchenköpfchen5 daß ich diesem als Pendang verfertigte. Sie gefielen dem Fürsten6 & der Fürstin7 sehr, und hätten sie wahrscheinlich gern genommen, es war mir aber ein wahrer Stolz sagen zu können daß Sie mir solche bestellten. Nun habe ich noch einen Kreisen und eine alte Frau, und ein Gegenüber für den Zimmermann zu machen. Noch weiß ich aber nicht bestimmt wann dieß geschieth; sind sie einmal alle beisammen sende ich sie Ihnen nicht wahr? –

 

Eine Heilige Catharina8 habe ich auch angefangen die ich jedenfals male, wenn sie auch Frl v. Frosch9 nicht gefiele. Aber jezt beschäftigt mich hauptsächlich ein Bild für Hr Arnand von Lyon (der auch schon ein Bild von früher von mir hat.) Eine fromme Bäurin, die ihre Kinder bethen lehrt,10 in natürlicher Größe Halbfigur, ich bin jezt am übermalen.

 

Nun habe ich mich aber recht verschwätzt und verplaudert, daß ich hier nicht einmal mehr Raum finde, Ihre lezten holden Zeilen zu lobpreisen, und dafür nach Herzenslust zu danken.

 

Sie sehen, daß ich mich gleich hinsetzte und gehorsamm war ich hoffe daher daß Sie mit mir zufrieden sein werden! Und ich bin auch auch viel bräver gewesen als Sie, den ich habe ihnen mein Thun & Laßen beschrieben, und Sie ließen mich keinen Blick in Ihr häuslicher Tempel thun: Und wie sehr möchte ich wißen, was Sie alles trieben, und wie schön Sie die Zeit benützt haben, und wie Sie brav waren, und noch bräver geworden sind. Das weiß ich wohl daß die meiste Zeit des Tages mit profanen Geschäften ausgefillt wird: aber es giebt noch so viele andere Stunden: sie werden in diesen doch hie & da Harffen gespielt haben? wehrend ich meinen bildlichen Harfeniß so hoch verehre.

 

Die Pepi11 ist Gott sei Dank wohl, und wir leben glücklich beieinander, und sind mit einem holden Dienstmägdlein ganz allein in unserer geräumigen Wohnung, und plagen uns mit niemanden. Die Marie Dertrey,12 jezt Frau Burkard ist sehr glücklich verheurathet.

 

Den Plan nach Italien haben wir durchaus nicht aufgegeben: nur wagen wir es noch nicht die Zeit zu bestimmen, da Gott abermals ein Hinterniß vieleicht bereitet hat. Wo nicht könnte es vieleicht im Frujahr geschehen.

 

Nun mein lieber Freund, mein schönstes und herzlichstes Lebewohl!!!

 

                                                                                                                            Marie Ellenrieder.

 

 

1 Brief adressiert an:

»Seiner Hochwohlgebohren

Freyherrn Carl von Röder

in Diersburg bei

Offenburg«

2 Fischer u. Blanckenhagen WV 355.

3 Schloss Heiligenberg nördlich des Bodensees.

4 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 353 e und 280.

5 Fischer und Blanckenhagen WV 277 und 278.

6 Carl Egon II Fürst zu Fürstenberg (1796-1854).

7 Amalie Christine Karoline Fürstin zu Fürstenberg (1795-1869).

8 Fischer und Blanckenhagen WV 357.

9 Fräulein von Frosch, Offenburg (siehe Fischer und Blanckenhagen WV 357).

10 Fischer und Blanckenhagen WV 254.

11 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

12 Anna Marie Detrey (geb. 1807), Nichte der Künstlerin. Seit dem 1. Dezember 1836 verheiratet mit dem praktischen Arzt Dr. Carl Anton Burkart.

 

 

103      [GSA 52/I,3.4]1                                                                                                 [Konstanz, 2. März 1837]

 

            Schon so lange, mein lieber Freund! habe ich nichts mehr von Ihnen gehört! Nur einmal wurde mir aus einem öffentlichen Blatt etwas mitgetheilt, es enthielt viel Rühmliches, aber auch Eitles; – haben Sie sich noch nicht gebeßert? –

 

Auch ist mir wie ein Traum, Sie hätten mein leztes Briefchen unbeantwortet gelaßen. Ich erscheine also hier, Sie freundlich zu ermahnen daß Sie doch auch recht bald einmal mit einem Briefchen mich erfreuen. Ich hoffe nicht daß Sie zürnen daß ich meine Zeilen einem ehrwürdigen Mann* mitgab, der mir so Gott will nach 3 Monaten viel Mündliches von Ihnen erzellen kann: länger ist sein Urlaub nicht; er ist Hofgerichtsrath: aber so gut er auch seinem profanen Amte obliegt, schwärmt sein Geist doch immer in höherer Richtung, und ich bin überzeugt daß er in Rom selig sein wird.

 

Käme nur auch einmal Einer von Ihnen an mich gesannt, wie entzückend wäre meine Freude, ach! ich glaube bald, wir sinds nicht würdig das Einer aus dem Santa Roma! bei uns erscheint!

 

Mann wird bei uns immer kälter, alle alten ehrwürdigen Gebräuche werden nach & nach als verächtlich abgeschafft. – Nur Vernunft & Verstand wird gepredigt und so jedem Gottliebenden Menschen die Andacht aus dem Herzen geraubt: man möchte weinen über das Betragen der meisten unserer Geistlichen. – Doch, ich habe Ihnen von Kunst schreiben wollen und von mir, Ich habe im lezten Sommer wieder ein Altarbild gemalt,2 und noch viel Anderes vorher & nachher; und jezt vollendete ich eben ein Bild, das sich erhöbende Gemüth darstellend,3 losgerißen von allen irdischen Sorgen & es kömt nach Manschester; dan eine Bäurin die ihre Kinder das bethen lehrt,4 nach Lyon wo auch schon einige von mir sind. Sie sehen daß ich fleißig war: aber doch mußte ich diesen Winter Krankheit halber lange aussetzen: ein Umstand der mich im Anfang sehr betrübte, nemlich daß ich nicht mehr arbeiten dürfte, später sah ich aber wohl ein daß es heilsam war, denn da kömmt man zur Einsicht wie sehr mann noch am Zeitlichen hängt. Es geschieth wirklich nichts, wofür man nicht zu danken hat! – ! Bedauern Sie mich also ja nicht, sondern wenn Sie an mich denken mögen, denken Sie mich immer zufrieden: und schon lange sogar mit dem seligen Gedanken umgehend noch einmal nach Italien zu wandern, wenn auch nur nach Venedig (welches ich noch nicht sah). Rom wäre zu viel Glück für mich! ich achte es schon fast für zu Viel auch nur die Gränze dieses theuren Landes zu betretten wo ich so himmlisch glücklich war!

 

Aber Sie! scheinen ganz darinn verbleiben zu wollen. Sagen Sie mir auch etwas von Ihrer schönen Equipasch und von Ihrem üppigen Leben, und von dem egiptischen Zimmer, und von dem neuen Büchlein daß Sie über Kunst heraus gaben,5 auch von dem Papst etwas und von Overbecks großem Bilde und anderer Künstler dieser Art, und ob der alte Sinn noch herrscht. Und ob alles theurer als damals ist, welches nun schon Mehrere sagten, was ich nicht gerne glaubte.

 

Von meiner li Frd Predel, Grassis6 hörte ich schon mehrere Jahre nichts mehr: auch von der Seidler7 seit einem Jahr nichts: von Herrn v: Reinholds8 aber immer, durch den liebenswürdigen Herrn von Wessenberg:9 sie leben zufrieden und die köstliche Frl Marie hat kein Verlangen nach Ausßen sie weist ihr kindliches Glück in seinem vollen Wehrte zu schätzen.

 

Nun lieber Freund! sage ich Ihnen mein herzlichstes Lebewohl und meine treue Verehrung.

 

Sagen Sie auch Thorwalzen10 viel Schönes von mir, Veits11 & Overbecks,12 Kirner13 und andern von damals wie Rittich14 etc O, grüßen Sie mir das Ganze Rom mit Allem was drin ist!!!

 

Konstanz den 2ten März                                                                                        Marie Ellenrieder

                                   1837.

 

* Herr Baer15

 

 

1 Brief adressiert an:             

                                                »Monsieur

Monsieur August Kestner, chargé

dafaires de S. Majesté Britanique Roi dHan-

novre                                    

Rome«

2 Madonna mit dem Kind für die Eberhardskirche in Stuttgart, im 2. Weltkrieg zerstört.

3 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

4 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 254.

5 »Wem gehört die Kunst?«

6 Katharina von Predl, verh. Grassis de Predl (1790-1871).

7 Louise Seidler (1786-1866), Malerin aus Weimar.

8 Johann Gotthard von Reinhold (1771-1838), niederländischer Gesandter.

9 Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg (1774-1860).

10 Bertel Thorvaldsen (1770-1844), dänischer Bildhauer.

11 Johann Veit (1790-1854), Maler aus Berlin.

12 Johann Friedrich Overbeck (1789-1869), Maler aus Lübeck.

13 Johann Baptist Kirner (1806-1866), Historienmaler aus Furtwangen.

14 Peter Rittig (1779-1840), Historienmaler aus Koblenz, seit 1816 in Rom.

15 Ernst Baer (1794-1843), Regimentsauditor in Konstanz, ab 1828 Hofgerichtsrat in Freiburg (s. Karl von Wechmar, Handbuch für Baden und seine Diener, Heidelberg 1846). Baer betätigte sich auch als Maler und Zeichner. Er war Mitglied der romantischen Malschule um Georg Wilhelm Issel.

 

 

104      [FFS Donaueschingen]1                                                                                    [Konstanz, 18. Mai 1837]

Marie Ellenrieder Donaueschingen                                       Euer Hohheit

Allergnädigste Fürstin!

 

 Ein Engelein bringe die Pottschafft daß nun das Porträt der verklärten Prinzeßin Henriette2 vollendet ist.

 

Euer Hohheit können also gnädigst mir anzeigen lassen, wann ich es (in ein Kistchen wohl verwahrt) dem Postwagen übergeben soll? In einer Nacht hat es sodann sein Ziel erreicht, und ich hoffe auch den Zweck nicht verfehlt, dem Geist und Herzen eine freundliche Erscheinung zu werden.

 

Die Wenigen, die das liebe Prz: Henriettchen kannten fanden es ähnlich: z. b. Fr: Fürstin Salm3; Hr: v: Wessenberg4, und besonders Hr: v: Reischach5; selbst mir, war es ein paar mal als sehe ich es augenblicklich lebendig, doch lieber will ich gar nichts gesagt haben, damit Euer Hohheit nicht zu viel erwarten & so, geteuscht werden könnten.

 

Also nur noch, meine treue Verehrung & meine Liebe mit der ich mich Euer Hohheit zu Füßen lege. Und mit 1000 schönen Grüßen den theuren Kindern Allen.

 

                                                                                                                   unterthänigste Dienerin

Konstanz den 18ten Mai 1837.                                                                                      Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief an Amalie Fürstin zu Fürstenberg (1795-1869).

2 Henriette Prinzessin zu Fürstenberg (1823-1834), früh verstorbene Tochter der Amalie Fürstin zu Fürstenberg.

3 Wohl Amalie Fürstin von Hohenzollern-Sigmaringen, geb. Salm-Kyrburg (1760-1841), weilte häufiger in Konstanz (vergl. Dominik Gügel, Joseph Freiherr von Lassberg und sein Konstanzer Umfeld, in: Joseph von Lassberg – des letzten Ritters Bibliothek. Ausstellung im Bodman-Haus, Gottlieben, 2001).

4 Ignaz Freiherr von Wessenberg (1774-1860), von 1802 bis1827 Generalvikar des Bistums Konstanz.

5 Joseph Thaddäus Freiherr von Reischach (1768-1854), lebte in Konstanz, wo er zu Ignaz von Wessenberg und Joseph von Lassberg Beziehungen pflegte (vergl. Dominik Gügel, Joseph Freiherr von Lassberg und sein Konstanzer Umfeld, in: Joseph von Lassberg – des letzten Ritters Bibliothek. Ausstellung im Bodman-Haus, Gottlieben, 2001).

 

 

105      [RM Konstanz, 30]1                                                                                            [Konstanz, 8. Juli 1837]

 

Mein theurster Freund!

 

Mit Recht hätten Sie auf der Stelle eine Antwort auf Ihr unendlich liebes Schreiben vom 23ten Febr. erwarten können. Öffters las ich es durch und freute mich deßen; doch weil ich nicht alle Ihre Aufträge erfillen konnte auch mit dem Übrigen nicht ungehintert zum Ende kam, und auch so lange im Ungewißen war, ob ich das Bild des Heiligen Carls2 noch hier malen würde oder erst in Italien; so schob ich meine Nachrichten stetz auf, und sieh’ da! eine so geraume Zeit floß an uns vorüber! daß ich mich vor allem bei Ihnen anfragen muß ob Sie nun zu Hause sind; und ob ich Ihnen die 8 Köpfe,3 mit dem Bildchen der heiligen Catharina4 für Frl v: Frosch5 senden soll. Aber verzeien Sie daß unter den Köpfen mein Porträt sich nicht befindet: denn daß habe ich schon zu oft abgeschlagen; und meine theure Freundin Anna6 müßte es mir mit Recht in Übel nehmen: und der Heilige Carl würde gewiß weniger mein Vürbitter sein; nachdem es ausdrücklich in seiner Lebensbeschreibung vorkömmt, daß er es für eine große Eitelkeit hielte sein Bildniß verfertigen zu laßen. Übrigens wird es Ihnen nicht so ernst gewesen sein, sondern Sie wollten mir nur eine Artigkeit erweisen.

 

Es ist mit meinen Arbeiten langsamm gegangen und ich habe auch noch anderes thun müßen, so daß ich mich in der Zeit so sehr verspätete, daß ich das Herz nicht hatte das Altarbild anzufangen in der Furcht es könnte vor der Reise nach Italien nicht mehr fertig werden; und so hätte ich abermals zu Hause bleiben müßen.

 

Noch muß ich Ihnen bemerken, daß nur jennesmal der Zimmerman7 vorgewiesen wurde, indem ich stolz darauf war dem Fürsten sagen zu können daß er an Sie versprochen war; ich hatte auch jennes des Jesuleins bei mir, oder vielmehr das Knäblein8 welches ich zum Modell hatte, ich mußte ihm nur noch ein Lockenköpfchen machen, den in der Natur waren ihm alle Hahr abgeschnitten. Zum Pendang9 zeichnete ich ein Kind von meiner Schwester, dieses hatte ich auch bei mir, und der Fürst hätte es gern genommen: seit jenner Zeit lagen sie verschloßen beisammen: bis nun die andern auch dazu gekommen sind. So viel ich mich erinnern kann habe ich Ihnen den Preis gesagt nemlich 6 grThl Einen.

 

Ist es Ihnen gar nicht eingefallen als Sie in Freiburg waren, daß Sie in 1 ½ Tag auch bei uns sein könnten. Wie schön wäre das gewesen! –

 

Wollen Sie den gar nie mehr den freundlichn See begrüßen, nie uns den Besuch erwidern? Ich bin ganz verzürnt mit Ihnen! –

 

Nun muß ich Ihnen mein Lebewohl sagen & meine 1000 Grüße; zu diesen würde die Pepi10 sich gewiß recht herzlich anschließen, sie ist aber nach Baden bei Zürich abgereist & kömmt etwa in 10 Tagen zurük.

 

Ihre

 

Constanz den 8ten Julli 37.                                                                                    treue Freundin

                                                                                                                               Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief adressiert an:

»Seiner Hochwohlgebohren

Herrn Baron von Röder in

Diersburg

bei Offenburg«

2 Fischer und Blanckenhagen WV 355.

3 »Die Lebensalter« Fischer und Blanckenhagen WV 276-283.

4 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

5 Fräulein von Frosch, Offenburg (siehe Fischer und Blanckenhagen WV 357).

6 Anna Krieg von Hochfelden verw. von Vincenti (1793-1866), Freundin der Künstlerin in Karlsruhe.

7 Fischer und Blanckenhagen WV 280.

8 Fischer und Blanckenhagen WV 276.

9 Fischer und Blanckenhagen WV 277.

10 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

106      [RM Konstanz, 31]1                                                                                 [Konstanz, 23. Juli 1837]

 

Noch habe ich die gehörige Faßung nicht, um Ihre theure Zuschrift ordentlich zu beantworten: Ich zeige Ihnen nur an, daß 176 f durch Sie mir zugekommen sind. Daß ist aber übertrieben! Empfangen Sie meinen wärmsten Dank; aber noch darf ich es nicht als mein Eigenthum betrachten: erst wann Sie mir berichtet haben werden daß Sie die Zeichnungen erhielten lege ich von dem reinen makellosen Silber das Zuviel für Sie bei Seite; zu Ihrer Verfügung. Ich werde Sie nicht weniger schätzen Ihre Großmuth: aber die ganze Summe für die Köpfe2 behalten wäre mir unmöglich. Und Sie haben sie noch nicht gesehn!!! – Wie freundlich wäre es jezt jennem Wunsche zu entsprechen, damit Sie für Ihre allzu große Güte eine Art von Erwiderung hätten: aber ich darf nie zurüknehmen, was ich beschloß. Wir müßen auf etwas anderes denken. –

 

Wenn ich nun, die Sache Montags dem Eilwagen übergebe werden, werden Sie es wohl Dienstag Abends erhalten.

 

Mit 1000 schönen Grüßen Ihre

 

Konstanz den 23ten Julli 1837.                                                                                 Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief adressiert an:

»Seiner Hochwohlgebohren

Freyherrn Carl von Röder in

Diersburg

bei Offenburg«

2 »Die Lebensalter« ( siehe Fischer und Blanckenhagen WV 276-283).

 

 

107      [RM Konstanz, 32]1                                                                                   [Konstanz, 24. Juli 1837]

 

Von vielen Störungen abgehalten, kann ich Ihnen nicht wie ich es wünsche Ihren sehr lieben Brief beantworten.

 

Aber das muß ich Ihnen doch berichten, daß es mir äußerst intereßant war zu hören, daß Sie ein Reihnreise bis Köhln machten, da sind Sie doch gewiß auch nach Dißeldorf gekommen, und haben Vieles aus der jetzigen berühmten Schule gesehn; davon sagten Sie aber gar nichts! weniger werden Ihnen nun die Köpfe2 gefallen da Sie so unendlich viel Beßeres sahen! –

 

Und abermals kamen Sie wieder nicht nach Constanz: denken Sie denn gar nicht daran, daß Sie uns einen Besuch schuldig sind, und zwar nicht so wie andere mal, aus der Nachbarschaft her, sondern ganz zu uns & auf lange: – und wenn Sie es etwa nicht gerne thun, so thun Sie es zur Abbüßung Ihrer Sinden! – Es wäre gar zu schön wenn Sie uns mündlich auf unsere italienische Reise beglückwünschten; den trotz Ihrer Ermahnung arbeiten wir doch an der Erfillung unseres Wunsches und ich hoffe daß es Gottes Wille sein wird.

 

Schon sorge ich um eine beßere Gesundheit als sie in diesen Tagen war, mann verordnete mir ißländisch Moos in Milch gekocht: und die Pepi3 war in Baden bei Zürich; doch denke ich wird es Mitte September werden.

 

O, dica nulla contra questa intrapresa, sono senza paura, e la morte non temo.

 

Es eile nun der fromme Zimmermann mit seinem Gefolge in Ihre verehrten Hände, und O! daß seine Aufnahme so freundlich & nachsichtsvoll sein möchte, als das allzugütige Verlangen nach ihm: und daß er auf immer bleiben darf. –

 

Aber noch einmal sage ich es Ihnen, und Sie werden es aus meinem lezten Briefchen wißen daß ich die ganze Summe die Sie mir so großmüthig dafür bestimmten nicht eingehe, sondern wenn Sie mir berichten werden, daß diese Köpfe glücklich in Ihre Hände gekommen sind, nehme ich treulich 6 Thaler für jeden an, und das Übrige werde ich zu Ihrer Disposion zurück legen.

 

Auch bin ich so freu, die Heilige Catharina4 für Frl von Frosch5 an Sie zu senden.

 

Aus Ihren Händen wird sie sie am liebsten erhalten. Fügen Sie ihr 1000 Hochachtungsvolle Grüße bei, und wenn sie nach dem Preise frägt so sagen Sie ihr 12 Louid’or, sie soll aber durchaus nicht gebunden sein es zu behalten; wenn es ihr etwa nicht gefiele oder sie den Preis zu hoch fände.

 

Leben Sie nun wohl mein hochverehrter Freund!

 

Ihre

Konstanz den 24ten Juli 37.                                                              

          treue Dienerin Marie

                                                                                                                                Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig bestimmen.

2 »Die Lebensalter« Fischer und Blanckenhagen WV 276-283.

3 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

4 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen (vergleiche WV 357).

5 Fräulein von Frosch, Offenburg (siehe Fischer und Blanckenhagen WV 357).

 

 

108      [RM Konstanz, 33]1                                                                                [Konstanz, 4. Oktober 1837]

 

Hochverehrter theurster Freund!

 

Obwohl Ihre lezten 2 lieben Briefchen keine eigendliche Beantwortung forderten, so war es doch meine Absicht Ihnen sogleich zu schreiben, auch mein Dank für Sie forderte mich dazu auf. –

 

Die immer widerholten Abrathungen von allen Seiten her, daß wir nicht nach Italien sollten, setzten mich aber in eine so unbestimmte Lage, daß ich immer noch zuwartete ob ich denn wirklich Ihnen nicht sagen könnte, daß wir gehn. – Ich ordnete alles zu, fing keine wichtige Arbeit an; reparierte nur alte Cartons, und wir bestimmten die ersten Tage des Oktobers zu unserer Abreise, und wollten vor der Hand nur erst nach Mailand: es wurde uns aber von da geschrieben, daß wir es wohl überlegen sollen; denn Mailand sei der kälteste Ort in ganz Italien, und nur schlechter Schutz dafür, und noch viel anderes etc – Da beschloßen wir (am lezten Sontag) abermal darauf zu verzichten. Mittlerweile hörten wir daß die Italiener immer häufiger heraus wandern und daß die Colera auch nördlicher gekommen wäre, und somit fangen wir an uns unsers Dableibens zu freuen.

 

Es ist mir also nicht vergönnt den Heiligen Carl2 in Italien zu malen! Ich habe mich aber auch hiermit ausgesehnt, und beschloß in diesen Tagen daß dieses Bild so Gott will meine Arbeit für diesen Winter sein soll; im Frühjahr bringe ich es Ihnen dann selbst, und beurlaube mich sodann zugleich zu der zum 4ten mal vorhabenden Reise. Ist es Ihnen so recht?

 

Die Fräulein v: Frosch3 hat mir damals wirklich selbst noch geschrieben! Und was Sie mir zu thun befohlen haben, that ich; aber nicht genau; ich behielt also die ganze Summe die Sie mir sannten. Empfangen Sie also den ausgezeichnetsten Dank von mir: Ihrer Schuldnerin!

 

Die Pepi4 läßt Sie fragen, was auch Sie dazu sagen zu der Inkonsequenz daß wir nicht nach Italien gehn? Den sie meint doch noch bisweilen, es wäre eine Art Schichternheit etc etc und daß man nicht wankend auf solche Vorfälle Rücksicht nehmen sollte. –

 

Seit meiner Krankheit vom vorigen Jahr hatte ich immer einige Folgen zu erleiden; doch seit 2 Monaten geth es viel beßer; ich wechselte den Arzt und nahm den Dr Burkard,5 den Mann unserer Marie Detrey. Er ist auch wirklich sehr geschickt und hat hier die meisten Pazienten. Seine einfache Art zu helfen & sein Glück darin, gewinnt ihm ein immer größeres Vertrauen. Er ist auch sonst so gut, die Marie ist ganz glücklich, bis nur auf einen Wunsch, jezt noch! –

 

Wie werden Sie auch den Winter zubringen, immer auf dem Lande? deß Morgens denke ich Sie am Schreibtisch und mit zeitlichen Dingen beschäftigt. Deß Nachmittags gehen Sie hinaus allerley zu ordnen und mitunter sich der schönen Natur zu freuen. An den längern Abenden schwärmen Sie dan Ihren Tagebüchern und machen dieselben durch die spätern Zusätze vollständig. Möge es Ihnen gelingen daß Sie am Ende hinzufügen können, daß Sie es dahin gebracht hätten ein glücklicher Mensch zu sein. –

 

Nun lieber Freund! will ich mein Briefchen enden, damit ich Ihnen keine lange Weile mache. Das Engelein lege täglich Ihnen ein Gränzchen in den Lebensweg; und 1000 Grüße bringe es Ihnen von Ihrer

 

Konstanz den 4ten Okt 1837.                                                             treuen Dienerin & Freundin

                                                                                                                             Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig bestimmen.

2 Fischer und Blanckenhagen WV 355.

3 Fräulein von Frosch, Offenburg (siehe Fischer und Blanckenhagen WV 357).

4 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

5 Dr. Carl Anton Burkart (geb. 1806), praktischer Arzt in Konstanz. Seit dem 1. Dezember 1836 Ehemann der Anna Marie Detrey, einer Nichte der Künstlerin.

 

 

109      [RM Konstanz, 34]1                                               Konstanz am heiligen Carlstag den 4ten Nov. 18172

 

Lieber Freund!

 

Könnte es anders sein, als daß dieser Tag mir heute ein Festag sei! und daß ich folge dem stillen Antrieb heute nicht zu arbeiten; sondern daß ich feyre das Andenken, an den großen Heiligen, und seinen Besteller! – Und daß ich Ihnen also gratuliere zu Ihrem heiligen Namensfeste; und Glück wünsche mehr als Sie nur selbst verlangen! –

 

Auch zeige ich Ihnen zugleich an daß ich Ihr liebes Briefchen vom 20ten Oktober, mit Vergnügen erhalten habe, und ich danke Ihnen herzlichst dafür.

 

Es freut mich daß es Ihnen recht ist, daß ich den Hl Carl3 noch in Teuschland male: ich habe mich aber nicht eher dazu entschloßen, als bis ich mit Überzeugung fühlte, daß Gott auch hier zu Land mein Beistand dazu sein wird. Auch soll es keinen teuschen Carl geben, da der Rechte mein Vürbitter sein wird; und wirklich behauptet meine Schwester & mehr Andere daß er ein ganzes italienisches Gesicht habe, der Kopf & die Hände sind schon ausgeführt auf dem Carton, auch (natürlich schon) die Stellung entworffen & die Gewandung und die ganze Anordnung, in derselben Größe als das Bild werden muß. Sie sehen also daß ich recht fleißig war: und es wird sie nicht befremden wenn ich heute den Festag halte (der nun meine ganze Seele einnimmt) und das Glück preise, gewürdigt zu sein zur Ehre Gottes auf eine so schöne Weise bethätigt zu sein! – Und wie belohnend muß für Sie der Gedanke sein, daß Sie nun der Urhöber meiner christlichen Freude sind; und der Urhöber aller der schönen Empfindungen die Jeder haben muß über das Verlangen ein Andenken an einen so großen Heiligen verewigen zu wollen, oder vielmehr ins Gedechniß zu rufen, daß auch wir den Weg betretten oder darnach ringen, wozu so große Beispiele auffordern. Mag auch meine schwache Hand weit zurückbleiben Ihrem schönen Wunsche zu entsprechen; so wird derselbe doch nicht ohne Segen bleiben. Amen.

 

Ich freue mich immer mehr, daß wir für diesen Winter nicht nach Italien sind; den die vielen Unbequemlichkeiten mit welchen wir gewiß (wenn wir auch dort gesund geblieben wären) zu kämpfen gehabt hätten; hat gewiß in der Unternehmung und Mahlung eines großen Bildes etwas Störendes. So aber im Heimathlichen Stübchen schwelgt der Geist wie in einem himlischen Paradiese.

 

Auch mit Ihnen bin ich ziemlich zufrieden, wenn Sie schon nicht schreiben daß Sie glücklich wären: genug wenn Sie nur ganz zufrieden sind; glücklich sind ist man eigendlich nie – weil es so viel Unglückliche giebt! Auch Vorfälle der Art wie Sie mit einem Ihrer Dienstboten hatten sind sehr erschitternd: Sie sind ihm aber gewiß ein vortrefflicher Artzt & Beistand gewesen!

 

Die Pepi4 läßt nebst ihren schönsten Grüßen Ihnen vermelden, daß sie sich wegen dem Eigensinn mündlich rechtfertigen wolle.

 

Neues ist hier nichts vorgefallen, als daß Hr: Grasselli5 aus Freiburg, das Dummische Haus neben uns gekauft hat, und für immer hieher gezogen ist. Für uns ist dieß eine sehr angenehme und nützliche Nachbarschaft in jeder Hinsicht.

 

Ich erwarte keine Antwort auf diesen Brief, sondern setze fort Ihnen wieder Nachricht von dem Bilde zu geben.

Ihre

                    tr. Frd. Marie Ellenrieder.

 

 

1 Brief adressiert an:

»Seiner Hochwohlgebohren

            Herrn Baron Carl von Röder

in

Diersburg bei

Offenburg«

2 Richtig wohl 1837.

3 Fischer und Blanckenhagen WV 355.

4 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

5 Herr Grasselli kaufte das Haus Zollernstraße Nr. 4, während Marie Ellenrieder seit 1834 Besitzerin des Hauses Zollernstraße Nr. 2 war. Dieses Haus hatte ihr Vater 1789 erworben (Fritz Hirsch, Konstanzer Häuserbuch, Heidelberg 1906, 1. Band, S. 92).

 

 

110      [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                 [Konstanz, 16. November 1837]

 

            Ich sage Ihnen 1000 schöne Grüße mit der Bitte, daß Sie mir doch auch wieder einmal schreiben möchten; Ich war sehr um Sie besorgt.2

 

Ihre

 

Constanz den 16ten Nov:                                                                     Freundin Marie

                                   1837.                                                                          Ellenrieder

 

 

1 Brief adressiert an:

»Herrn

Herrn August v: Kestner, Hanovranischer

Bottschafter in

Roma!

Santa Roma!!!«.

2 Sicher war Marie Ellenrieder aus der Zeitung bekannt, dass im August 1837 in Rom die Cholera ausgebrochen war. Allerdings wusste sie wohl nicht, dass August Kestner am 2. Juli von Rom abgereist war und sich bis Anfang Dezember 1837 in Deutschland aufgehalten hatte (vergleiche Marie Jorns, August Kestner und seine Zeit 1777-1853, Hannover 1964, S. 284).

 

 

111      [RM Konstanz, 35]1                                                                                   [Konstanz, 12. März 1838]

 

Mein hochverehrter Freund!

 

Wie oft schrieb ich Ihnen in Gedanken meine Theilnahm zu, über die traurige Nachricht, die Ihr leztes Briefchen enthielt. – Es kann Einem, außer der Sinde nichts Schlimmeres begegnen, als ein krank werden! Hoffentlich werden Sie Sich unter dieser langen Zeit gänzlich erholt haben; freilich war ich schon oft besorgt ob die kühne Waßerkur nicht ein anders Übel herbei führte, wehrend es das Eine hob.

 Ich glaube es gern, daß Sie mich oft bei dem Bilde des Hl Carl2 dachten: ich mache mir auch Vorwürffe daß ich meinem frühern Vorhaben Ihnen öffters davon zu schreiben nicht treu blieb. Allein wenn man so recht ans arbeiten kömmt und durchs Feur der Schwerigkeiten und dann durch so viele Widerholungen & Widerholungen durchpaßieren muß, so ist man so froh wenns vorüber ist, daß man es im Geiste & mit der Feder nicht mehr durchmachen möchte. Auch glaube ich, ich würde Sie nur unruhig und auch verdrießlich gemacht haben, wie ich es bisweilen war, ehe ich auf dem Punkte stand, auf welchem ich jezt bin. Nun ist das Bild bereitz gänzlich übermalt. Und um daß ich mich nicht zu sehr ermüdete, ließ ich mir die Arhkidektur fleißig unter & übermalen; der Maler Nahmens Öhlschlegel3 ist gar nicht ungeschickt, und er machte mich auf einige Fehler darin aufmerksamm: ich wollte ihn auch die Luft & Landschaft untermalen laßen aber er that es nicht, nur zum Kreutz und dem Christus ließ er sich überreden.

 

Das Kreutz aber rieth man mir noch ehe das Bild untertuscht war zu ändern; den wirklich ein verkehrtes Kreutz hätte sich auf dem Haupt=Altar nicht gut ausgenommen; ich wendete es also nach Außen, & das Bild gewann dadurch an frömmern Ausdruck. – Von den andern Änderungen, die Sie mir zwar verbothen; habe ich Ihnen wie ich meyne auch nichts gesagt. Es war, als ich den Carton kaum angefangen hatte; ein Italiener hier Nahmens Baron v: Streng4 er hatte einen teutschen Vater aber eine Italienerin zur Mutter: dieser ist Dommherr in Vercelli: er nahm ein großes Intreße an meinem Unternehmen; und machte sich eine Angelegenheit daraus mich auf die Fehler meiner Costums= anordnung aufmerksamm zu machen: er konnte mir genau die Größe des Kragens mit einer Kaputze angeben, und daß meine Art wie ich es hatte jenne der Dommherrn gewesen wäre; und da sie auch einen Kardinal hätten der da Bischof wäre; müße er es wißen. Auch bath er mich den Stab zum Huth & zum Buch an den Fuß des Kreutzes zu legen, indem sie denselben nie hielten als beym Funktionieren.

 

Ich schrieb Ihnen dieß nur darum so ausführlich, damit Sie das Bild nicht anders sich vorstellen als es ist, und damit wenn es einst kömt, im Eindruck auf Sie nichts störendes habe. Ich will auch noch die Skitze durchzeichnen, die aber noch das alte Kreutz hat.

 

Das Bild ist einfach & gefällt, und wenn ich mit der Ausführung glüklich bin, werden Sie mich gewiß nicht schmälen.

 

Die Pepi5 & ich, haben bisher einen recht glücklichen Winter gehabt, ich benützte daßelbe, und war recht fleißig, ich zeichnete auch bei der Lampe, Stellungen & einzelne Köpfe. Die Pepi hatte bisweilen eine Spielparthie. Sonst fällt aber in unserem armseligen Konstanz gar nichts vor: nur vor einiger Zeit unterbrach das Einförmige, ein Braßillianer, oder (um der Wahrheit treuer zu sein) ein Basler Herr, der 8 Jahre in Rio di Janneiro war. Er hatte herrliche Zeichnungen bei sich, und eine Menge Kolibri von entzückender Art. Es war zu intereßant diesen Mann erzellen zu hören; und er war so freundlich, daß er in den 3 Tagen die er hier war, 5 mal zu uns kam. Künftiges Frühjahr gedenkt er wieder zurückzukehren; aber um nicht mehr zu kommen, so sehr glücklich fühlt er sich dort. –

 

Nun wird es Zeit sein, daß ich Ihnen mein Lebewohl sage, und zugleich auch meine Besorgniß um Ihre Gesundheit. Schreiben Sie mir bald ich bitte, & bestrafen Sie mich nicht für meine Saumselligkeit.

 

Erzellen Sie mir auch was Sie an den langen Winterabenden machten und ob Sie auch ein wenig glücklich waren! so wie ich es bisweilen bin; möchten Sie nur auch einmal Zeuge davon werden, und wie ich Sonn & Festage aus dem silbernen Pokal Ihnen Gesundheit trinke.

 

Ihre

                                                                                                                             Marie Ellenrieder

 

Von der Pepi viel Schönes & Liebes.

 

Seit ich diesen Brief anfing, kam ich auch an das laßieren des rothen Gewandes, mein Sprachlehrer, ein Italiener, versicherte mich, daß es ganz daßelbe roth wäre wie es die Cardinäls hätten. Den Stab konnte ich nach der Natur malen auch die Verzierungen des Buches, auch werde ich ein schönes Spitzenruget erhalten, alles von dem Herrn Prelat von Kreutzlingen. Es sagte mir neulich ein Italiener das die Kardinäls nicht immer Spitzenrugette trügen: aber ich denke, wenn ich glücklich damit bin, wird es doch gut stehn. Den Christus am Kreutze habe ich nun auch fleißig übermalt: Ich bin daher schon so weit mit dem Bilde daß es möglich werden könnte, daßelbe bis Ostern zu vollenden.

 

Nun frage ich mich an, ob Sie die Rahme hier wollen machen laßen: im Falle Sie sie in Mannheim verfertigen ließen würden Sie wahrscheinlich theurer dazukommen, indem man sie ohne Kiste nicht wohl verschicken könnte, hier aber dürfte die Kiste nur größer bestellt werden. Die Höhe des Bildes beträgt 6 Schuh 3 Zoll & die Breite 4 Sch: & 4 Zoll. und eine Mittelmäßige Breite der Ram mit Verzierungen in den Eggen käme höchstens auf 4 Louid’ors. Hr Weber6 der mir alle Rahmen macht, hat einen sehr guten Arbeiter, daß ich glaube Sie versichern zu können, daß sie gut ausfallen würde. Nur müßte ich Sie bitten, mir hierüber in wenig Tagen Antwort zu geben, da ich schon zu oft bei solchen Fällen in Verlegenheit kam. Nicht wahr, Sie schreiben mir, daß ich so in Zeit 8 Tagen benachrichtigt bin. –

 

Werden Sie mir auch erlauben, daß ich das Bild nach Carlsruh addreßiere, um es dort einige Tage auszustellen?

 

Adio Caro amico!!!

Konstanz den 12ten März

 

 

1 Brief an Carl Freiherr von Röder in Diersburg bei Offenburg ohne Jahresangabe und Adresse. Aus dem Inhalt lassen sich aber der Adressat und das Jahr 1838 eindeutig bestimmen.

2 Fischer und Blanckenhagen WV 355 »Heiliger Karl Borromäus«.

3 Karl Öhlschlägel (1798-1868), Maler und Zeichenlehrer aus Konstanz.

4 Johann Freiherr von Streng, Domherr in Vercelli (vergl. Dominik Gügel, Joseph Freiherr von Lassberg und sein Konstanzer Umfeld, in: Joseph von Lassberg – des letzten Ritters Bibliothek. Ausstellung im Bodman-Haus, Gottlieben, 2001).

5 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

6 Emil Weber, Vergolder und Rahmenmacher in Konstanz.

 

 

 

Marie Ellenrieder Carl Borromaeus Diersburg

»Heiliger Karl Borromäus« (Fischer und Blanckenhagen WV 355)

 

112      [RM Konstanz, 36]1                                                                                   [Konstanz, 5. April 1838]

 

Theurster Freund!

 

Heute beantworte ich zwar Ihr liebliches Briefchen eigendlich nicht, obwohl ich Ihnen herzlich dafür Dank sage: sondern ich muß mich noch um etwas anfragen: Der Vergolder, ein braver Mann, freute sich sehr darüber daß Sie die Rahme zum Bilde3 hier verfertigen laßen: aber sein erfinderischer Geist & auch sein Geschmack kam auf den Einfall einen Versuch von gothischer Eggverzierung zu verfertigen; so wie es seit 2 Jahren Mode ist, er machte mir schon mehrere der Art, sie sind sehr schön, aber geben viele Arbeit, daher würde die Rahme stadt auf 40, auf 60 f kommen, diese Eggstücke vergrößern auch zugleich die Rahme indem sie über die Egge hinaus reichen; jezt ist nur die Frage ob Sie wollen oder nicht?

 

Der Punkt daß ich selbst mit dem Bilde nach dem Unterland wolle, ist ganz gegründet, und ich weiß nicht wie ich es schrieb, daß sie es nicht recht auslegten: aber wahr ist es auch daß meine Schwester & auch Hr: v: Weßenberg4 und noch ein paar andere meiner Freunde es für überflüßig erachten, bei den Herrschaften mich persönlich für nach Italien zu beurlauben: Ich habe indeßen ihren Ermahnungen noch keinen Gehorsam bewilligt, und stehe daher mit mir selbst noch im Kampfe.

 

Die Pepi5 sagt immer mann könnte mich aufhalten und bei der Hitz wäre es dan abermals gefährlich nach Italien zu reisen: übrigens hätte ich schon einen Theil des Weges gemacht, wenn ich nach der Vollendung des Bildes nach Donaueschingen gehe, um eine Pastellzeichnung zu verfertigen, die ich vor 2 Jahren hätte verfertigen sollen; wenn ich nicht krank geworden wäre.

 

Adio caro amico! Parli pure italiano lo stile suo suona dolcissimo! più dolce che la pittura che non ablia la qualità per imitarla; col tempo però, farò una prova.

 

Ich möchte nun gern eine Wahl treffen, daß Sie auf meine obige Frage nicht antworten müßten. – Wenn Sie also in Zeit von 8 Tagen nicht schreiben so sollen die Eggstücke gemacht werden.6

 

Konstanz den 5ten Aprill 1838.                                                                           Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief adressiert an:

»Seiner Hochgebohren

        Freyherrn Carl Chist2 von Röder

in

Diersburg

bei Offenburg.«

2 Sollte Christ für Christof lauten.

3 Fischer und Blanckenhagen WV 355.

4 Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg (1774-1860), von 1802 bis 1827 Generalvikar des Bistums Konstanz.

5 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

6 Die gotische Eckverzierung kam, wie man heute in der katholischen Kirche von Diersburg feststellen kann, nicht zur Ausführung. Diese Verziehrungen in den oberen beiden Ecken entwickeln sich etwa ab 1840 zu einem typischen gestalterischen Merkmal für viele Darstellungen der Künstlerin und wurden von ihr, wenn sie nicht am Rahmen ausgebildet wurden, malerisch oder zeichnerisch verwirklicht, was natürlich einfacher zu realisieren war.

 

 

113      [UB Leipzig, Slg. Kestner, ICI, 214]1                                                         [Konstanz, 5. Mai 1838]

 

Lieber Freund!

 

Ich habe Ihr theures Briefchen erhalten: aber um Ihnen daßelbe zu erwidern, hätte ich soeben nicht Zeit, indem ich mich zu einer Reise2 vorbereite; und vieleicht, danke ich Ihnen sogar noch mündlich dafür. – Können Sie dem Überbringer3 dieser Zeilen in irgend Etwas nützlich sein, so thun Sie dieß Einem der Allerbesten unter der Sonne.

 

Mit 1000 der schönsten Grüßen Ihre

 

Constanz den 5ten Maj 1838.                                                                           Frd Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief adressiert an :

»Monsieur

Monsieur August Kestner, chargé daffaire

d S. M. Br. Roi dHanovre a

Rome«.

2 Ankündigung der zweiten Italienreise der Künstlerin.

3 Der Überbringer des Schreibens konnte nicht ermittelt werden.

 

 

114      [Thorvaldsens Museum, gmVI, nr. 9]1                                                       [Konstanz, 5. Mai 1838]

 

 

Marie Ellenrieder grüßt Herrn Thorwalzen 1000 & 1000mal mit treuer Verehrung.

 

Konstanz d 5ten Mai 1838.

 

 

1 © Ernst Jonas Bencard, Kira Kofoed & Inge Lise Mogensen Bech (eds.): The Thorvaldsen Letter Archives, Letter of 5.5.1838 between Marie Ellenrieder and Bertel Thorvaldsen

http://brevarkivet.thorvaldsensmuseum.dk/letters/gmVI,nr.9

»An den Hochverehrten Herrn Thorwalzen in Rom.« Mit dem dänischen Bildhauer Bertel Thorvaldsen (1770-1844) war die Künstlerin seit ihrem 1. Romaufenthalt gut bekannt (vergl. drittes ihr Tagebuch und ihr Brief an August Kestner vom 24. Juli 1824). Das Schreiben wurde offensichtlich nicht mit der Post gesandt, sondern überbracht (vergl. den Brief an August Kestner ebenfalls vom 5. Mai 1838). Die 2. Italienreise der Künstlerin stand schon geraume Zeit bevor (Abreise in Konstanz am 9. September 1838).

 

 

115      [DKGNM, NL Albrecht-Dürer-Verein, I, B-14]1                                           [Konstanz, 13. Mai 1838]

 

An die Herrn des

Wohllöblichen Albrecht Dürer Verein in

Nürnberg

 

Auf Ihre freundliche Einladung, sende ich Ihnen ein Bild, die heilige Cecilia2 vorstellend, natürlicher Größe, Halbfigur in Öhl gemahlt: sie hält eine kleine Orgel auf dem Schooß & spielt; – (ich dachte sie mir wie sie nach den harmonischen Tönen ihr Gemüth zu ordnen sucht, und ob im Einklange ihre Seele mit Gott lebt nach seinem heiligen Willen etc etc.) Es wird mich freuen, wen Sie sie mit Nachsicht & Liebe aufnehmen.

 

Soeben mache ich mich reisefertig nach Italien; daher werde ich das jezt schon der Spedizion übergeben und bestens empfehlen, daß, wenn es möglich wäre ich noch hier erfahren könnte ob es glücklich in Ihre verehrten Hände gekommen ist. Sie können aber jedenfals die Addesse an Frau Dr: Burkard gebohrene Detrey3 (meine Nichte) richten, so wie auch später das Bild oder das Gelt, 55 Friedrichsd’or an sie zu addreßieren wäre.

 

Mit ausgezeichneter Hochachtung

 

Konstanz den 13ten Mai 1838.                                                                ergebenste Dienerin

                                                                                                                         Marie Ellenrieder

 

Künftigen Dienstag, geth, glaube ich, die Kiste hierab.

 

 

1 Brief an den Albrecht-Dürer-Verein in Nürnberg, der anlässlich des zehnten Jahrestages der Dürerfeier von 1828 eine Ausstellung vorbereitete (vergleiche Jahrbuch des Albrecht-Dürer-Vereins in Nürnberg, Nürnberg 1838).

2 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

3 Anna Marie Detrey (geb. 1807), seit dem 1. Dezember 1836 verheiratet mit dem praktischen Arzt Dr. Carl Anton Burkart.

 

 

116      [RM Konstanz, 37]1                                                                                  [Konstanz, 15. Mai 1838]

 

Mein theurster Freund!

 

Um nicht noch einmal eine Post zu versäumen, zeige ich Ihnen an, daß Director Frommel2 mir die Nachricht gab, daß der Turnus der Ausstellungen sich geändert habe und also nicht im Juni die Ausstellung in Carlsruhe wäre, sondern erst im September. Wie späth würden Sie nun erst das Bild bekommen wenn Sie mir erlaubten daß es den Turnus machen dürfte; und doch sollte ich darum bitten; & Herr v: Wessenberg3 sagte gestern ich müße Sie bitten. Und die Frau Großherzogin,4 die mir selbst schrieb, denken Sie!! (indem sie die Einwilligung gab, daß ich nach Italien soll) sagte auch, sie freue sich das Bild5 auf der Ausstellung zu sehn etc. Wie unangenehm wird Ihnen diese Nachricht sein da Sie & Ihre Gemeinde das Bild zu erhalten wünschten. Übrigens war es damals als ich Ihnen das lezte Briefchen schrieb noch lange nicht fertig: den seit meinem vorlezten Briefchen hatte ich den Christus am Kreutz noch ganz & mit Abänderungen zu übermalen, dann wollte die Landschaft nie gelingen, mehr den 5 mal hatte ich sie in einem anderen Tone, und ist jezt noch sehr mangelhaft, doch scheint sie nicht mehr dem Bilde zu schaden. Dan kamen erst die Spitz & Quasten etc [verzeihen Sie diesen Fleck. in Eil]6 doch jezt habe ich seit mehreren Tagen den Pinsel niedergelegt: nicht als ob das Bild fertig wäre, sondern weil ich fertig bin.

 

Aber denken Sie lieber Freund! Die Pepi7 ist krank geworden und ich fürchte obwohl sie wieder etwas beßer ist, daß sie nicht reisen darf oder kann. – Wär das nicht schrecklich!?! schon so viel in Ordnung gebracht! so viel eingepackt; der Paß erhalten! alles alles fix & fertig! Noch eine kleine Zeit ließe sich schon noch warten, der Hitze halber aber nicht mehr lange.

 

Nicht wahr Sie geben mir bald Nachricht; was übrigens der Schaden anbetrifft den das Bild etwa leiden könnte, daß nehme ich aber über mich.

 

Leben Sie wohl, ein andermal die weitere Beantwortung ihrs lieben lezten Briefchens, die Rahme wird in diesen Tagen kommen einfach & schön, ohne Verzierung wie Sie es wünschten, es ist mir später auch eingefallen daß es so beßer sein wird indem man den Altar beßer zu ordnen & zu bauen hat.

 

Adio Caro Amico

 

Konstanz den 15 Mai 1838.                                                              Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief adressiert an:

»Seiner Hochgebohren

Freyherrn C: Cchrist von Röder

in

Diersburg

bei Offenburg«

2 Carl Ludwig Frommel (1789-1863), Galeriedirektor in Karlsruhe.

3 Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg (1774-1860), von 1802 bis 1827 Generalvikar des Bistums Konstanz. Förderer der Künstlerin.

4 Sophie Großherzogin von Baden (1801-1865).

5 Fischer und Blanckenhagen WV 355.

6 Bezieht sich auf einen Fleck am Unterrand des Briefes.

7 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

117      [RM Konstanz, 38]1                                                                                      [Konstanz, 30. Mai 1838]

 

Hochverehrtester Freund!

 

Noch einmal & dringend wende ich mich an Sie, mit der Bitte mir doch mit umgehender Post anzuzeigen ob das Bild den Turnus2 machen darf: nach Mannheim käme es jezt aber nicht mehr; sondern von hier nach Mainz, dann Darmstadt, dann Straßburg, dan Carlsruhe. Wenn ich also bis am 4ten Juni abends keine Nachricht habe, so soll es mir ein Zeichen sein, daß das Bild an die Ausstellungen geschickt werden darf. Daß ich sehr dafür besorgt sein werde daß das Bild die beste Obhut genieße, daß können Sie sich denken: sollte aber dennoch das Bild Schaden nehmen so fallt er auf mich, wie ich Ihnen in meinem lezten Briefchen schon angezeigt habe.

 

Aber wie kommts daß Sie mir nicht antworten, ist etwa der Brief verloren gegangen? Schon längst hätte ich das Bild abgeschickt; aber so, erwartete es immer nur noch Ihre Befehle.

 

Das wißen Sie, daß wir uns nach Italien reisefertig machten: und Mitte Mai oder Ende Mai wollten wir aufbrechen. Schon war bereits alle Ordnung getroffen der Paß angekommen, meine Arbeiten alle fertig, da wurde Pepi3 pletzlich krank, und davon so geschwächt samt einem Schmerz im Arm der gichtartig ist, daß wir also die Reise abermal verschieben mußten; und es ihr nohtwendig ist nach Baden bei Zürich zu gehen um im September reisen zu können. damit  sie aber die Cur recht fleißig brauche, entschloß ich mich mitzugehn. Fing daher zwei kl Bilder an um sie dort zu malen; sollte sie aber im September wieder nicht nach Italien können dan gehe ich ohne sie; ich hoffe aber, daß Gott uns Beiden die schöne Reise bescheeren wird!

 

Erlauben Sie mir Ihnen noch die Bemerkung zu machen, daß Sie für die Bezahlung des Bildes nicht besorgt sein möchten: denn was ich für Italien brauche, habe ich schon längst hier bei der Stadt, welches ich alle Augenblicke haben kann. Und was ich in Baden verlumpen werde, liegt hinlänglich noch in meinem Vorrath. Sie entrichten mir also erst dann unser Abgemachtes, wenn das Bild in Ihre verehrten Hände gelangt, und wenn Sie nachsichtsvoll & mit Liebe damit zufrieden sein können. Sie senden es dann unter meiner Adresse an Frau Docter Burkard=Detrey,4 die meine Sachen in meiner Abwesenheit schlichten wird. Denn hoffentlich werde ich dort schon längst über die Gränzen sein; indem wir vieleicht schon Ende August reisen, wenn es mit der Pepi gut geth.

 

Leben Sie wohl mein theurster Hochverehrtester Freund! empfangen Sie von mir & der Pepi die schönsten & besten Grüße: Vieleicht wäre Baden für Ihr krankes Bein der vorzüglichste Ort: bedenken Sie dieß mein Freund! O, daß wäre denn eine große Herzensfreude für mich; wenn Sie auch dahin kämen! Da wollten wir einander auferbauen und Freude haben!!! Übertragen Sie doch einmal Ihre zeitlichen Geschäfte einem Andern, auf eine Zeit, dieß wäre das beste Rezept, welches Sie sich verschreiben könnten

 

Ihr

Konstanz den 30ten Mai 1838.                                                                         Freundin & Dienerin

                                                                                                                           Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief adressiert an:

»Seiner Hochgebohren

       Freiherrn Carl C. von Röder in

Diersburg

bei Offenburg«

2 Beteiligung an der Kunstausstellung des Rheinischen Kunstvereins in Mannheim, Mainz, Darmstadt, Karlsruhe und Straßburg mit dem farbigen Karton »Der heilige Borromäus« (Kat. Nr. 473, 7 Louisdor) sowie mit den Gemälden »Glaube, Liebe und Hoffnung« und »Christuskopf« (Kat. Nr. 389), ab Mainz zudem mit dem Altargemälde »Der heilige Carl Borromäus« (Kat. Nr. 341). Siehe dazu: Kunstblatt, 19. Jg., S. 310 und Kunstblatt, 20. Jg., S. 31 sowie Rheinischer Kunst-Verein (Hrsg.), Verzeichnis der Gemälde und plastischen Werke bei der Ausstellung des Kunst-Vereins für das Großherzogthum Baden zu Carlsruhe im Monat September 1838, Carlsruhe, W. Hasper, 1838.

3 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

4 Anna Marie Burkart-Detrey (geb. 1807), Nichte der Künstlerin. Seit dem 1. Dezember 1836 verheiratet mit dem praktischen Arzt Dr. Carl Anton Burkart.

 

 

118      [StB Berlin, Slg. Darmstaedter, 2 n 1834]1                                              [Konstanz, 10. Juni 1838]

 

            Wie kann ich Ihnen genug danken mein verehrter Freund! für Ihren lieben Brief, ich war so sehr darüber entzückt daß ich es Ihnen unmöglich auszudrücken vermag: also sage ich Ihnen nur meinen einfachen Dank; und die Versicherung daß ich Sie wo möglich nie mehr plagen will: und indem Sie mich nun unterrichtet haben, ist es mir leicht zu folgen; auch werde ich nicht ermangeln die Quittung nach Ihrer Anordnung zu bestellen.

 

Aber denken Sie lieber Freund, noch bin ich dießeits der Alpen! Als meine Schwester die mich begleiten wollte mit Einpacken beschäftigt war, wurde sie unwohl, und dan so bösartig krank, daß an keine Abreise zu denken war; im Anfang schien es nur ein Neßelfieber zu sein, welches aber hinein schlug und später dermaßen wieder kam daß ihr die Hände & Ärme ganz geschwollen & steif wurden, und sich nun die Haut in Stüken schält; von diesem Allen blieb ihr noch ein gichtartiger Schmerz im Arm, daß ihr verordnet wurde nach Baden in der Schweitz zu reisen; und wie sie nun stark genug ist, begleite ich sie dahin; & fing in Gottes Nahmen wieder ein paar Arbeiten an;

 

Mein erster Gedanke war nach Carlsruhe zu gehn: mittlerweile schrieb mir aber, denken Sie! die liebenswürdige Frau Großherzogin2 selbst & wünschte mir Glück; auch die theure liebe Prinzeßinn erwiderte meinen Brief, auch mehrere andere Lebewohl wurden mir zugesannt, aus [sic!] der ausgefertigte Paß erschien: und da muß ich gestehn verging mir die Lust mich sehen zu laßen, & beschloß mit meiner Schwester zu ziehn, sie wird auch dann länger bleiben & fleißiger baden um desto sicherer ende August oder Anfangs September nach Italien reisen zu können. Ich machte es aber schon mit ihr ab, daß wenn sie auch dann noch nicht gehen kann; ich nimmermehr warten würde.

 

Verzeihen Sie mir diesen langen Bericht. – Das Altarbild Heil Carl3 welches Baron Röder nach Diersburg bestellte, ist nun nach Maynz abgereist, indem Baron Röder es erlaubte; von da wird es nun den Turnus machen & endlich auch zu Ihnen gelangen. Beurtheilen Sie es auch wieder freundlich & Nachsichtsvoll, wie den Christus,4 von welchem mir die Prinzeßin schrieb.

 

Bleiben Sie mir immer gut, und empfehlen Sie mich auch bestens Ihrer lieben Frau Gemalin an die ich gar oft denke, weil ich sie in dem innersten Grund meines Herzens liebe & verehre: hoffentlich wird sie jezt wieder wohl sein. Gott erhalte Sie sämmtlich gesund, und er schenke Ihnen viele Freude an den Kindern, als Vergeltung für alles Gute.

 

Nun sage ich Ihnen noch 1000mal mein Lebewohl! und meine treue Verehrung & Dankbarkeit

Ihre

 

Konstanz den 10ten Juni 18375                                                        ergebenste Dienerin & Frd:

                                                                                                                    Marie Ellenrieder

 

Gräfle6 ist hier, bei seinem Bruder, der hier angestellt ist, er wird einige Porträt malen & im Herbst nach Paris gehn. Er ist so artig! und sehr bescheiden. Hat Ihnen die Fr: v: Krieg7 gesagt daß ich es wünschte, daß man den Christuskopf8 auf die Ausstellungen senden möchte.

 

 

1 Brief adressiert an:              »Seiner Wohlgebohren

Herrn Gallerie-Direktor Frommel

in Carlsruhe«

(aus der Sammlung Darmstaedter, Signatur 2n 1834, Ellenrieder, Marie, in der Staatsbibliothek Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz).

2 Sophie Großherzogin von Baden (1801-1865).

3 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 355.

4 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 318.

5 Jahreszahl 1837 ist nicht möglich, da die Ausstellung des Hl. Borromäus in Mainz 1838 stattfand.

6 Albert Gräfle (1807-1889), Portraitmaler aus Freiburg im Breisgau, in Paris Zusammenarbeit mit F. X. Winterhalter, 1852 zum Großherzoglich Badischen Hofmaler ernannt.

7 Anna Krieg von Hochfelden verw. von Vincenti (1793-1866).

8 Wie Anmerkung 4.

 

 

119      [RM Konstanz, 39]1                                                                                        [Konstanz, Juli 1838]

 

Ihr liebes Briefchen mein verehrter Freund, wurde mir nach der Schweitz gesannt, aber schon waren wir auf dem Rückwege; indem die Badekur & der Thampf auf die Pepi2 so sehr gehörige Wirkung that, daß der Arzt sie früher lossprach als es mir lieb war. So schön & lieblich war es da! Und wenn ich Ihnen erst Alles erzellen wollte, da könnten Sie böse werden: das erspaare ich aber auf mündlich, daß meine Freude vollkommen sei.

 

Sie werden mir indeßen nicht glauben wollen, daß ich Arbeit mitnahm & zwar Bilder in Öhl, und so fleißig malte, beinahe wie zu Hause. Auch zeichnete ich das Holde Städtchen3 auf dem Berge an dem schönen schnellfließenden Limmath Fluß. Ach könnten Sie sich doch auch ein bischen losreißen von Ihren zeitlichen Besorgnißen, aber sie fragen nicht was Seel & Leib entzückt & stärkt; sondern bringen sich freiwillig zum Opfer. – Übrigens glaube ich bald, daß Sie nicht einmal möchten sich auf eine Zeit entfernen, wenn Sie auch könnten; denn warum können es Alle die wollen, weil sie es an andere übertragen: Sie wirthschaften zu glücklich auf Ihrem ländlichen Sitz! Und Niemand weiß es als Sie, wie es auch nie Jemand je erfahren hat, was Alles in Ihrem Innern vorgeth. Gott aber wird es wißen & freundlich mit Ihnen umgehn. –

 

Aber was sagen Sie zu dem? Daß ich am Ende doch noch zu Ihnen nach Diersburg komme ehe wir nach Italien reisen! Indem das Bild des H C Boro:4 etwas Schaden litt, welches ich auszubeßern gesinnt bin; im Falle Sie die Sache so finden daß nur durch mich, als der gleichen Hand könnte ordentlich gemacht werden. Auf der Hinreise nach Mainz zwischen Kehl & Mannheim luden Sie die Kiste (mit 2 Kelchen bemalt & Pasa Piano etc etc) mit in den Wagen & eine große Last darüber; doch hat der liebe Gott es verhüthet daß nur unbedeutend der Schaden sein soll wie Sie aus dem inliegenden Brief sehen können.

 

Ich bitte Sie also nur, daß Sie, so wie Sie es erfahren das das Bild nach Straßburg kömmt, Sie hinreisen möchten um daßelbe zu besichtigen, ob ich dahin kommen soll, oder ob Sie es einem andern Maler anvertrauen wollen. Und das berichten Sie mir sodann auf der Stelle, so wie ich auch auf der Stelle mich auf den Weeg machen würde: zuerst käme ich zu Ihnen: dan aber das Bild würde ich in Straßburg behandeln daß es noch nach Carlsruh geschickt würde um seinen Turnus gänzlich zu vollenden.

 

Und ich beschwöre Sie, senden Sie mir das Gelt noch nicht; bis Sie das Bild zu Ihrer Zufriedenheit in Ihren Händen haben! – Vieleicht laße ich das Gelt in die Versorgungskaße thun; weil ich daßelbe von dort aus leichter durch Wechsel erhalten könnte, wenn ich in Italien bin.

 

Und ich habe in Baden nicht alles verlumpt obwohl ich g’ritten & g’fahren bin. Adio caro amico!

 

Noch muß ich Ihnen sagen daß ich also nach Darmstadt schreibe, daß sie das Bild samt dem Schaden nur nach Straßburg schicken möchten, denn auch in Mainz war es mit demselben ausgestellt & man ging darüber hinweg.

 

Bei uns ist Gott sei Dank jezt alles wohl, besonders die Frau Dokterin, (Marie Detrey5) die mit Riesenschritten einer lieblichen Hoffnung entgegen geth.

 

Ich wünschte Ihre Frage, ob wir Sie nach Italien mitnehmen? wäre  in Wahrheit gethan!

 

Aber Sie spotten nur: Ihnen ist Ihre liebliche Heimath angenehmer; und hell genug die Sonne & die Luft, und schön genug ist ja wahrhaftig das Freundliche Thal! Treibt mein Beruf mich nicht mehr fort: dann bleibe ich auch zu Hause & von Herzen gerne.

 

in verità

                                                                                                                    la di lei Amica Maria E.

 

1 Brief an Carl Freiherr von Röder ohne Ort und Datum. Aus dem Inhalt sind jedoch der Ort und das ungefähre Datum rekonstruierbar.

2 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

3 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

4 Betrifft den Transportschaden an dem Altargemälde für die katholische Kirche in Diersburg (Fischer und Blanckenhagen WV 355).

5 Anna Marie Burkart-Detrey (geb. 1807), Nichte der Künstlerin.

 

 

120      [DKGNM, NL Albrecht-Dürer-Verein, I, B-14]1                                       [Konstanz, 7. August 1838]

 

Hochverehrte Herren!

 

Als ich im Frühjahr Ihnen ein Öhlbild, die Heil Cecilia2 vorstellend, zusannte, und Ihnen daßelbe zuvor ankündigte, war ich so sehr für eine Abreise nach Italien beschäftigt, daß ich nicht bedachte, daß ich in dem langen Zwischenraum besorgt werden könnte, ob das Bild auch wohlbehalten in Ihre wehrten Hände gekommen ist und ob Sie es freundlich & gütig aufnahmen?3 – Ich gab Ihnen nur die Adreße an meine Nichte Fr: Burkard an welche Sie (nach der Ausstellung) das Bild zurück=zuschicken hätten.

 

Schon oft wollte ich Sie um eine Zeile bitten, und ich kann dieselbe noch hier erhalten; indem ich leider damals wegen pletzlicher Erkrankung meiner Schwester nicht nach Italien abreisen konnte; was ich aber anfangs Septembr auszuführen gedenke.

 

Ich habe es öffters bereut daß ich das Bild so früh nach Nierenberg sannte, und ich habe deßfals Sie um Vergebung zu bitten: aber nicht wahr! Sie haben es gut aufgehoben und nachsichtsvoll in Ihren Schutz genommen? und verzeien mir, wenn ich Sie um baldige Beruhigung hierüber ersuche.

 

Mit besonderer Hochachtung Ihre

 

Konstanz den 7ten August 1838.

                                                                                                                    ergebenste Dienerin

                                                                                                                            Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief an den Albrecht-Dürer-Verein in Nürnberg.

2 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

3 Beteiligung an der Kunstausstellung des Dürer-Vereins in Nürnberg mit dem Gemälde »Heilige Cäcilie mit Orgel«. Siehe dazu: Kunstblatt, 19. Jg., S. 364 und Fränkischer Merkur Nr. 373 vom 30. September 1838, S. 3153.

 

 

121      [RM Konstanz, 40]1                                                                                  [Konstanz, 8. August 1838]

 

Theurster Freund!

 

Auf Ihr verehrtes Briefchen vom 1sten Aug: schrieb ich nun an den Kunstverein in Straßburg; daß Sie das Opfer nicht annehmen wollen daß ich selbst komme das Bild2 zu retuchieren, und bath den Vorstand in meinem Nahmen & auf meine Rechnung einen vorsichtigen Künstler darum zu ersuchen: den in Karlsruh wäre nur Einer von meinem Fach, und der ist soeben so sehr beschäftigt für den Großherzog, daß er es schwerlich hätte übernehmen können. In Straßburg hingegen sind 2 die im strengen Style malen, und von welchen ich sehr schöne Compositionen sah. Ich gebe es jedoch nur dann zu, daß eine andere Hand die Beschädigung ausbeßern, im Falle es seine Richtigkeit daß der Schaden wirklich unbedeutend ist; welches nun die Herrn des Vorstandes entscheiden sollen: ich schrieb auch noch in einem extra Briefchen dem Presidenten des Kunstvereins, mit welchem ich schon lange in Coresponenz stehe: er möchte es nur im nothwendigen Falle es zugeben daß man mich kommen laße. Den wahr ist es schon, daß es vor meiner so großen Reise thöricht sein würde, Unnöthiges zu thun. Ich glaube nun hierinn den rechten Schritt gethan zu haben indem die Herrn nun unparteiisch entscheiden können.

 

An Ihrer Stelle, wäre ich aber nach Straßburg gegangen; (wo Sie deßen Thurm zum Fenster hinaus sehen!) den das Bild ist vieleicht schon da, und die Zeit der Ausstellung hat sogar schon begonnen. Wie ist es auch möglich, daß Ihre Sehnsucht, das Bild zu sehen so klein ist! Es wäre mir gar so lieb gewesen wenn Sie dieß gethan hätten; und Sie hätten doch jedenfals nach Baden gehen können; wegen mir würde Ihre Gegenwart in Diersburg doch nöthig gewesen sein; denn nur im Hin oder Herreisen von Straßburg würde ich Sie einen Augenblick in Ihrem Paradiese aufgesucht haben.

 

Können Sie den nicht über Straßburg nach Baden? Ihre Augen wären die Meinigen; bis Ihre Augen das Bild nicht sahen, bis kann ich auch nicht gänzlich beruhigt sein. Und so sage ich Ihnen, empfange ich auch gar so ungerne das Gelt, ehe Sie das Bild in Ihren Händen haben. Sollten Sie es aber dennoch thun, so sage ich Ihnen zum Voraus, daß ich nicht darüber schalte & wallte bis nach vollendeder Ausstellung in Carlsruh, das Bild Ihnen zugekommen ist; und Sie es aufstellen werden in dem lieben Kirchlein, dahin ich oft meine Gedanken richte.

 

Leben Sie nun wohl!

 

Soeben fällt mir noch ein, Sie zu bitten daß Sie doch unbesorgt sein möchten wegen der Unkosten die etwa die Ausbeßerung verursachen wird; Es wird einer der Spediteuren verantwortlich gemacht weil eine entschiedene Vernachläßiggung stadt fand: Doch fürchten Sie hierin kein gehäßiges Wesen denn die Hr: Spediteure sind überein gekommen und diese werden es mit mir ausmachen. Amen.

 

Also nocheinmal mein herzliches Lebewohl und meine Glückwünsche nach Baden und mein Andenken & meine Verehrung!

 

Ihre

 

Konstanz den 8ten Aug 1838.                                                                                 Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief adressiert an:

»Seiner Hochgebohren

Freyherrn Carl C: von Röder zu

Diersburg

bei Offenburg.«

2 Betrifft den Schaden an dem Altargemälde für die katholische Kirche in Diersburg (Fischer und Blanckenhagen WV 355), der sich beim Transport des Gemäldes zur Ausstellung des Rheinischen Kunstvereins in Mainz ereignete.

 

 

 

 

122      [StA Coburg, LA A 8775]1                                                                    [Konstanz, 23. August 1838]

 

Ihro Hohheit

Geliebteste Prinzeßin Allexandrine!

 

Von Jenseits der Alpen, so dachte ich, danke ich Ihnen dan für das theure Kleinod von einem Briefchen, so auch für jennes Theure Ihrer Königlichen Hohheit der allergnädigsten Frau Großherzogin,2 und legte sie als begleitende Schutzgeister zu meinen Reise-Sachen. Auch Empfehlungsbriefe kamen an & der Paß; und 3 Kisten waren schon gepackt, weil wir die Wohnung räumen wollten um sie zu vermiethen; da überfiel meine Schwester3 pletzlich ein bösartiges Naßalfieber und dergestalt, das damals an keine Abreise mehr zu denken war. – Ich wußte im Anfang gar nicht was ich thun sollte, bald beschloß ich nach Karlsruh zu gehen; bald hielt ich mich aber selbst wieder zurück, indem Sie Alle mich schon nach Italien verabschiedet hatten, müßte mein Erscheinen bei Ihnen nur unangenehm sein, und so beschloß ich später meine Schwester nach Baden im Aargau zu begleiten, wo sie das Bad & die Dampfbäder wegen zurückgebliebenen gichtartigen Schmerzen brauchen mußte, und wovon sie wirklich ganz hergestellt zu sein scheint. Ich nahm meine Arbeiten mit, und war da bereits so fleißig wie zu hause, und nun hoffen wir Anfangs Septembr unsere italienische Reise antretten zu können.

 

Diese meine lezten Arbeiten sind, Glaub Hoffnung & Liebe,4 in 3 weiblichen Köpfen,5 ein klein Mädchen mit einem Körbchen voll Maienröschen,6 und ein Studium zu einem Engel im Jünglingsalter, der die Thränen der Unglücklichen in den Himmel trägt:7 sonst habe ich nicht viel neues componiert, in Baden aber zeichnete ich ein paar Aussichten nach der Natur.8 Ich hoffe daß auch Sie mir berichten, wie weit Sie in der Malerei gekommen sind. Sie sagen mir immer gar so wenig von Sich: ich hörte zwar im allgemeinen vieles von Ihnen, und Sie genießen jezt freilich Manches nach was Sie Sich damals sehnten und freue mich herzlich darüber; obwohl Ihnen manches auch lästig sein wird: übrigens beunruhigt mich dieß nicht, denn dem Frommen wird alles zum Verdienst, und so wird sich eine Perle an die andere reihn bis dieser Schmuck zur Hauptzierde wird.

 

Leben Sie nun wohl geliebteste Prinzeßin! und verzeien Sie mir daß ich abermals in so unbedingter Sprache an Sie schrieb, aber denken Sie! es wurde mir dieß erlaubt und zwar in dem holden beseligenden Briefchen der allergnädigsten Frau Großherzogin! Ja, als eine alte Bekannte aus Ihren glücklichen Kinderjahren (so heißen die goldenen Worte) darf ich Sie behandeln. –

 

Ich erwarte dießmal keine Antwort, weil ich wohl weiß wie viel Sie lernen & studieren müßen, und wie viel Störungen aller Art Sie in Anspruch nehmen. Nur um eine Gnade bitte ich Sie, mich unterthänigst und ehrfurchtsvoll Seiner Königlichen Hohheit dem theuren allergnädigsten Großherzog9 und der allergnädigsten lieben Frau Großherzogin zu Füßen zu legen und HöchstDenselben meine 3 Monat lange Abhaltung von Italien kund zu thun.

 

Auch Ihre theuren Geschwistern Alle! mit innigster treuer Liebe grüße ich Sie. – Und den ehrwürdigen Herr Hofrath Rink10 und Fräulein Gerlach11 grüße ich herzlich. Mein Geist weilt oft in Ihrem Kreise. Die künftige Woche hoffe ich nach dem Heilgenberg12 zu gehen.

 

Nun küsse ich Ihnen im Geiste die Hand, meine theurste Prinzeßin  und genehmigen Sie aufs neue meine treue Liebe & Verehrung mit welcher ich bin

 

Ihre

 

Konstanz den 23ten Aug: 1838.

                                               gehorsamste Dienerin

                                                          Marie Ellenrieder                                        

                                                                                        Ellenrieder_Marie_016.jpg

1 Brief an Alexandrine Prinzessin von Baden (1820-1904).

2 Luise Großherzogin von Baden (1801-1865).

3 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

4 Fischer und Blanckenhagen WV 285.

5 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 287.

6 Fischer und Blanckenhagen WV 214.

7 Fischer und Blanckenhagen WV 408.

8 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

9 Leopold Großherzog von Baden (1790-1852).

10 Karl Friedrich Rinck (1786-1851), Geheimer Rat und Erzieher der Großherzoglichen Prinzen Ludwig und Friedrich sowie der Prinzessin Alexandrine.

11 Adelheid Gerlach, Gouvernante der Prinzessin Alexandrine (s. Karl von Wechmar,  Handbuch für Baden und seine Diener, Heidelberg 1846).

12 Fürstlich Fürstenbergisches Schloss nördlich des Bodensees.

 

 

123      [RM Konstanz, 41]1                                                                             [Konstanz, 7. September 1838]

 

Nun scheint die Stund geschlagen zu haben! am 9ten so es Gottes Wille ist reisen wir ab.2 – Ich habe noch schrecklich Vieles zu besorgen, indem ich noch einige Tage auf dem Heiligenberg3 war bei den Herrschaften, wo ich aber außerordentlich viele Freuden hatte.

 

Also nur mit wenigen Worten mein herzlichstes Lebewohl! mein theurster hochverehrtester Freund! Gott sei mit Ihnen, und uns Allen, und er schenke uns nach einem Jahre ein fröhliches Widersehn. Ich habe ihr liebes Briefchen erhalten; es hat mich zwar einen Blick in Ihre unangenehmen Beschäftigungen werffen laßen; daß ich recht Mitleiden habe, und es scheint mir daß wohl eine weitere & längere Entfernung als Baden für Sie nothwendig wäre!

 

Nachdem Sie ende Septembr oder Anfangs Oktober das Bild werden erhalten haben & Sie damit zufrieden sind, so senden Sie gefälligst das Gelt an Marie Burkard=DeTrey.4 Der Conto aber von Weber5 für die Rahme & Kiste ist so in großem Papier daß ich ihn hier nicht beilege sondern es Ihnen nur so sage – also 44 f für die Rahme, und für die Kiste & Verpackung 8 f 56 kr. macht 52 f 56 kr.

 

Die Restauration des Bildes soll ganz gut ausgefallen sein, & es wird nur wenig sein, was ich dafür zu entrichten haben werde.

 

Ich danke Ihnen noch 1000mal für das große Opfer daß Sie mir brachten; indem Sie das Bild nach den Ausstellungen wandern ließen.6

 

Mit treuer Verehrung nahe & ferne Ihre

 

Konstanz den 7ten Sep: 1838.                                                          innigst ergebenste Marie Ellenrieder

                                                                                  

Das Bildniß schob ich zu lange auf & nun ist es eben nicht beßer ausgefallen. Die Pepi7 sagt Ihnen auch ein schönes Lebewohl.

 

 

1 Brief adressiert an:

»Seiner Hochgebohren

Freyherrn Carl C: von Röder

in

Diersburg

bei Offenburg«

2 Zweite Reise der Künstlerin nach Italien.

3 Fürstlich Fürstenbergisches Schloss nördlich des Bodensees.

4 Anna Marie Burkart-Detrey (geb. 1807), Nichte der Künstlerin. Seit dem 1. Dezember 1836 verheiratet mit dem praktischen Arzt Dr. Carl Anton Burkart.

5 Emil Weber, Vergolder und Rahmenmacher in Konstanz.

6 Beteiligung der Künstlerin an der Kunstausstellung des Rheinischen Kunstvereins in Mannheim, Mainz, Darmstadt, Karlsruhe und Straßburg mit dem farbigen Karton »Der heilige Borromäus« (Kat. Nr. 473, 7 Louisdor) sowie mit den Gemälden »Glaube, Liebe und Hoffnung« und »Christuskopf« (Kat. Nr. 389), ab Mainz zudem mit dem Altargemälde »Der heilige Carl Borromäus« (Kat. Nr. 341). Siehe dazu: Kunstblatt, 19. Jg., S. 310 und Kunstblatt, 20. Jg., S. 31 sowie Rheinischer Kunst-Verein (Hrsg.), Verzeichnis der Gemälde und plastischen Werke bei der Ausstellung des Kunst-Vereins für das Großherzogthum Baden zu Carlsruhe im Monat September 1838, Carlsruhe, W. Hasper, 1838.

7 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

124      [StA Coburg, LA A 8775]1                                                                     [Rom, 15. Dezember 1838]

 

Ihro Hohheit.

Meine innigstgeliebte Prinzeßin

Allexandrine!

 

Durch ein offenes Briefchen (weil ein verschloßenes durch Privathände nicht erlaubt ist). Es ist aber der Bothe der preiswürdige hochverehrte Herr OberbauRath Hübsch,2 sende ich Ihnen mei[ne] zärtlichsten Grüße aus der Hauptstadt der Welt! und zugleich auch noch einmal meinen Dank für Ihr liebes leztes Briefchen, daß, wie ich Ihnen schon zuvor sagte, gleich einem freundlichen Schutzgeist mich auf der Reise begleitete. – Vieleicht schreiben Sie mir auch einmal nach Rom, und das wäre eine große Freude für mich! Daß uns bisher kein Unglück begegnet ist und wir wohl geblieben sind, Gott sei Dank; dieß hören Sie gewiß gerne aus so weiter Ferne, da ich von Ihrer allzugroßen Güte überzeugt bin. Vor etwa 3 Wochen schrieb ich auch daßelbe mit einem ausführlichen Bericht von der Reise, an I.K.H. der Allergnädigsten Frau Großherzogin.3 Und wenn es so bleibt, hoffe ich viel zu lernen & zu arbeiten; an der guten Stimmung hiezu fehlt es da nicht, denn mann lebt hier nur gar zu gerne! ohne eigentlich zu wißen warum. Ich glaube es liegt viel in der reinen Luft, die deß Morgens früh schon das Herz & die Seele entzückt: und auch, daß mann nicht so viel jammern hört wie in Teuschland, wo die Leute oft zu ertrinken glauben wo kein Waßer ist.

 

Ich könnte eigentlich hier auch jammern, weil ich hier noch keine paßende Wohnung gefunden habe, weil wir aber für die Noth doch zwei freundliche Zimmer besitzen,4 und ich im Grunde noch keine Zeit verlohr, so nehme ich nicht einmal Zeit mich hierüber zu bekümmern. Und gegen das Frühjahr werden die Wohnungen billiger; jezt sollten wir freilich; (wo es hübsch wäre) 30 Thaler per Monat bezahlen. Dieß wäre doch wirklich zu großer Übermuth für mich.

 

Nun kömmt das schöne Weihnachtsfest wieder und der feierliche Wechsel des Jahres: Genehmigen Sie geliebteste Prinzeßin meine besten Glückwünsche mit der Bitte um die mir so erfreuliche Fortdaur Ihrer Huld & Güte, auch bitte ich, I.K.H. der Allergnädigsten Frau Großherzogin und S.K.H. dem Allergnädigsten Großherzog5 mich ehrfurchtsvoll & in Liebe zu Füßen zu legen, so wie ich auch im Geiste die theuren Prinzen & die kl Prinzeßin Marie6 herzlich begrüße.

                       

Ihro Hohheit allergnädigste Prinzessin Allexandri[ne]        

 

Ihre

Rom den 15ten Dec: 1838

          liebende Dienerin

          Marie Ellenrieder

           Hofmalerin

 

 

1 Brief adressiert an:

»Ihrer Hohheit

Prinzessin Allexandrine von Baden

in Carlsruhe

Durch ehrwürdige Hand«.

Der gefaltete Briefumschlag ist verziert mit einem Engelchen auf einer Wolke stehend und mit zum Gruß erhobenen Armen.

Ellenrieder_Marie_015.jpg

2 Heinrich Hübsch (1795-1863), Baudirektor in Karlsruhe.

3 Luise Großherzogin von Baden (1801-1865).

4 Via S. Catarina della Rota 89 (vergleiche Friedrich Noack, Das Deutschtum in Rom, Stuttgart 1927, 2. Band, S. 159).

5 Leopold Großherzog von Baden (1790-1852).

6 Maria Amalie Prinzessin von Baden (1834-1899).

 

 

125      [RM Konstanz, 42]1                                                                                        [Rom, 1. Februar 1839]

 

Hochverehrtester theurster Freund!

 

Schon längst hätte ich Ihnen gerne geschrieben; aber als die Meinigen mir die Ankunft des Geldes berichteten, vergaßen sie den Brief beizuschließen: und nun schreiben sie so lange nicht wieder, bis gestern endlich die lang ersehnten Briefe ankamen. –

 

Empfangen Sie aber meinen freundlichsten Gruß vor Allem aus der heiligen Stadt; wo ich Ihrer recht oft gedenke und Sie in meine Nähe zaubern möchte, daß die milde Luft sie erquikte und der reine Himmel Fröhlichkeit in Ihr Herz göße! und in der That, mann kann es für eine große Wohlthat Gottes preisen, wenn man so auf eine kleine Zeit alles Irdische gleichsamm abgeschittelt höheren Sinnes leben kann! – Es ist zwar viel eitles Treiben & Jagen hier in Rom wie es vieleicht schon lange nie so war: denn es wimmelt alles so von Fremden daß man schwer eine Wohnung finden kann; wir bewohnen 2 Zimmer und sind schon so lange hier und können kein Geräumigeres Lokale finden, daß ich meinen Carton zum Kinderfreund2 beginnen könnte: wir haben auch alle Hoffnung aufgeben müßen bis nach der Fasching die Fremden nach Neapel reisen. – Und Maler gibt es hier in einer unzähligen Menge aus allen Ländern; es ist sehr intereßant sie zu besuchen und es hat Einige sehr Geschickte: ich hoffe von ihnen zu lernen und bin daher recht fleißig mit studieren & componieren; und mit herum=schwärmen wo etwas Schönes zu sehen ist. – Freilich verliert man hiermit auch viele Zeit weil alles so weit auseinander liegt. Ja gar viele Lasten giebt es auch zu tragen; aber man trägt alles mit Gedult; Alles läßt man sich gefallen; nichts Widriges kann einem den Frieden rauben der unter diesem freundlichen Himmel in der Mitte des Herzens sitzt! – Gäben Sie nur auch einmal Ihre Rechnungs Geschäfte auf eine kurze Zeit auf; um sich zu stärken, und kommen Sie auch nach St: Pietro! Amen.

 

Erlauben Sie mir aber daß ich Ihnen mein Befremden nicht verberge, über das, daß Sie mir nicht die gänzlich verabredede Summe übersannten, noch meine gehabte Auslage für die Rahme; ich glaubte es so zuverläßig zu erwarten, daß ich vor meiner Abreise noch darüber verfügte. – Ich mußte Seither meine Rechnungen ändern, was immer durch Briefe schwerer ist. Nicht wahr lieber Freund! Sie senden recht bald das Rückständige noch?

 

Ich hätte also 500 f für das Bild3 erhalten sollen, und für die Rahme & Kiste weiß ich nicht mehr 48, oder 50 f, ich habe den quittierten Conto von Herrn Weber4 natürlich zu hause gelaßen, ich schrieb es Ihnen aber in meinem vorletzten Briefe. Es sind aber in Allem nur 455 f gekommen, also käme mir noch beinahe 100 f zu gut.

 

Ich kann übrigens nicht glauben daß Sie die Ausgabe bereuen, den ich habe sowohl für Sie als für mich hinlängliche Überzeugung.

 

Was Hr: Wittmann5 betrifft, der die Restauration des Bildes besorgte, das hat der Künstler mir zum Geschenke gemacht, weil ich ihm zur gleichen Zeit einen kleinen Gefallen erweisen konnte.

 

Nicht wahr, Sie verzeihen mir mein aufrichtiges Geständniß; weil ich meine kleine Einnahmen alle in Anspruch nehmen muß, da ich mit meiner Reise hieher gar zu viel der Kunst zu opfern habe.

 

Das war aber doch recht gut, daß am Fest des heiligen Carl das Bild in Diersburg war; ich dachte immer an jennem Tage an den Heiligen Carl, der so lange der Gegenstand meiner Arbeit war, und die meine ganze Seele einnahm. Hier wird dieses Fest sehr brilliant gehalten, indem der Papst selbst das Hochamt hält bei St Carlo (am Corso). Damals waren wir 3 Tage in Rom; wir kamen nemlich den 1sten November an.

 

Es gefällt der Pepi6 außerordentlich hier und da wir unser braves Dienstmädchen mitnahmen, so haben wir auch im Hause viel Annehmlichkeit & Vortheil. Die Pepi geth auf den Navonenmarkt und bringt köstliche Sachen mit: sie schwärmt ganze halbe Tage in den Kirchen & Straßen herum & kömt oft ganz entzückt nach Hause. Wenn es nicht gar so theur hier zu leben wäre so blieben wir länger als 1 Jahr aus & ich werde vieleicht mein Bild nicht zu malen anfangen, da ich so lange nicht einmal den Carton dazu beginnen kann. – Übrigens lernt man an einem Bilde nicht weiter, wenn einmal der Carton & die gemalte Skitze vollendet, und diese befriedigend sind. – Der berühmte Kaulbach7 kam einzig nur hieher die einzelnen Studien nach der Natur zu einem neuen Bilde zu sammeln; weil hier wie nirgends in der Welt die Modelle zu haben sind; sobald er diese alle gezeichnet & gemalt hat geth er wieder fort und beginnt das Bild in Teutschland.

 

den 1sten Februar 1839 –      Hier wurde ich gestört, & so blieben diese Zeilen einige Tage liegen. Mittlerweile hat sich ein finsteres Wetter eingestellt und Schnee lag des Morgens auf den Tächern. anche quì, si doveva provare che l’inverno ì sulla terra!

 

Wenn Sie mir es erlauben so lege ich einige Zeilen an Frau v: Krieg8 bei, und Sie sind dann so gut dießelben in einer couvert nach Carlsruh auf die Post zu geben: sie ist mir schon längst eine Antwort schuldig, und ich bin ganz ohne die mindeste Nachricht von da. Vieleicht wartete sie die Gelegenheit ab wo Herr Mahler,9 (der sich mit einem reichen Fräulein verheurathet haben soll) wieder nach Rom abreisen wird, wo er mit Ungedult erwartet wird. Ich freue mich auch wie ein Kind auf ihn; sehen Sie einmal, wie der brav ist! Er nahm eine Frau! – Mann hat ihm stetz Eine geben wollen, aber immer that er es nicht: doch jezt gab er nach, und wie glücklich wird er darüber sein! So sollten es auch Sie machen: und Jennes Fräulein, was Ihnen wie ein Schwesterchen gleicht, ist gewiß noch vereinzelt an einer Stelle wo sie nicht glücklich ist. Adio caro amico! Leben Sie wohl! Die Pepi sagt Ihnen auch 1000 schöne Grüße aus Roma santa Roma!

 

              Ihre Freundin & Dienerin Marie

                                                                                                                         Ellenrieder.

 

Lesen Sie gefälligst das Briefchen, und wenn Sie vieleicht ein paar Worte beifügen so sagen Sie ihr auch noch ein paar Sachen von dem was ich Ihnen schrieb zum Bei: von Kaulbach, und daß ich vieleicht das Bild auch in Teutschland male und es vieleicht nützlicher ist, wenn ich recht nach Modellen studiere, und componiere und mich fleißig umsehe um den Geist auf ewige Zeiten zu stärken & zu verproviantieren. Ich habe erst kürzlich 2 große Composizionen gemacht, nemlich, die Taufe der Lydia durch Paulus,10 und Paulus Abschied von Miletus.11 Schreiben Sie mir auch, wo Sie hier wohnten, daß ich dieß Haus begrüße und der Weg dahin und den Himmel darüber in den Sie blickten. Noch habe ich Ihnen nicht gesagt daß es uns in Venedig auch gefiel, wir waren 25 Tage da, aber es wurde uns mißrathen da zu überwintern, in Bologna war wir nur 3 Tage, & in Florenz 5. adio! adio!

 

 

1 Brief adressiert an:

»Germania

Seiner Hochgebohren

Herrn Baron C Crist von Röder

in

Diersburg

bei Offenburg«

2 Fischer und Blanckenhagen WV 307a.

3 Fischer und Blanckenhagen WV 355.

4 Emil Weber, Vergolder und Rahmenmacher in Konstanz.

5 Wohl der in Karlsruhe geborene Maler und Lithograph August Wittmann, der auch in diesem Zeitraum eine Lithographie nach einer Vorlage von Marie Ellenrieder fertigte.

6 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

7 Wilhelm von Kaulbach (1805-1874). Im Winter 1838/39 hielt er sich in Rom auf. Er galt in der Mitte des 19. Jahrhunderts als der erfolgreichste deutsche Künstler.

8 Anna Krieg von Hochfelden verw. von Vincenti (1793-1866).

9 Friedrich Maler (1799-1875), Großherzoglich Badischer Geschäftsträger in Rom, heiratete 1839 Mina Schwarz.

10 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 313.

11 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

 

 

126      [Archiv der Grafen Douglas, Langenstein]1                                               Rom den 13ten April 1839.

 

Geliebteste Frau Gräfin!

 

Schon längst nahm ich mir vor an Sie zu schreiben; erstens fühle ich mich hiezu ver­pflichtet: und zweitens kann man sich immer schmeicheln daß ein Briefchen aus Rom mit Intereße aufgenommen wird.

 

Und hier nimmt der Mensch alle Kräfte zusammen und lebt da ein doppeltes Leben: und eine doppelte Liebe durchströmt das Herz, wenn es seiner entfernten Freunde gedenkt. – Empfangen Sie also meinen herzlichsten innigsten Gruss! – Sie können denken mit wölchem Interesse ich von der Marie Burkhard (Detrey)2 erfuhr, daß auch Sie in Italien waren, und nach der Beschreibung könnte es möglich sein, daß Sie in Verona ankamen, als wir des andern Morgens früh von da abfuhren, wir wohnten alle due Torre, auf dem Platze wo die schöne alte Kirche ist: es kamen in der Nacht mehrere Wagen an, die wir morgens 4 Uhr in dem Hofe sahen: wenn das wirklich von den Ihrigen gewesen sind, so wäre es doch wahrhaftig eine Sache zum beweinen!! –

 

Beschreibung von der Reise will ich Ihnen keine machen, damit ich auch etwas zu erzählen weiss, wenn ich wieder so glücklich sein werde Sie zu sehen.

 

In Rom bin ich unaussprechlich gerne, obwohl wir im Anfange viele Mühseligkeit und Unangenehmes hatten, und stetzfort ist viel zu wünschen übrig: doch nichts kan den Frieden und die Wonne aus dem Herzen rauben; die Gott hier durch das milde Klima, die reine Luft, und durch den Anblick so grosser Dinge aller Art dem Menschen be­scheert.

 

Sie werden nun denken, daß ich schon längst an dem Bilde des Kinderfreund3 male, und so wäre es auch, wenn ich die Durchzeichnung von Langenstein die ich mitnahm, hätte benützen können: allein ich machte die Bemerkung daß sie doch weit unter Lebensgröße ist, und so rieth man mir die Mühe nicht zu scheuen, es frisch und neu (ohne vom Wesentlichen abzuweichen) aufzuzeichnen; daher hatte ich mehr Hinterniß als Vortheil. Auch hielt ich mich lange an der gemalten Skitze: dann begann ich die einzelnen Studien nach der Natur; daher fing ich erst seit kurzem den Carton an, welcher mich wohl über 3 Monatte beschäftigen wird. Ich habe das Vorhaben ganz aufgegeben das Bild hier zu malen indem, wenn man einmal mit seiner gemalten Skitze einig ist, und man den Carton in seiner Richtigkeit hat, da lernt man nichts weiter am Bilde selbst. –

 

Wenn ich vor der grossen Hitze oder der Aria cattiva fertig würde, hätte ich vor nach Florenz zu gehen, dann im Herbst über Genua und Mailand nach Hause. Und dann malte ich einmal ein grosses Bild in Carlsruhe und dieß wäre der Kinderfreund für Sie: in Ihrem letzten Briefe aber wollten Sie, daß ich Ihnen den Preis zum Theil bestimmen sollte. – ich kann mich noch recht gut erinnern daß Sie mich auf einer lieblichen Spazierfahrt in Langenstein mit diesem Auftrag erfreuten; wir sprachen aber kurz vorher von einer flüchtigeren Art zu malen, und wir dachten Beide dabei daß es auf solche Weise weniger theuer zu stehen komme.

 

Nun habe ich aber seit her die beiden Altarbilder des Hl. Josephs4 u. Carls5 gemalt, und gefunden daß die Bilder dieser Art doch stetz schwere Aufgaben sind; und um=somehr der Kinderfreund. Ich thue alles dabei, was ich vermag und ich hoffe, daß Gott auch den Seegen dazu geben wird: daher werden Sie das Bild auch nicht unter seinem Werthe verlangen: im entgegengesetzten Falle müsste ich mir einen Kunstfreund dafür suchen, und ich zweifle nicht daß ich hier Einen dafür finden könnte:

 

Aber bedenken Sie meine geliebte Gräfin! Welche Ehre Sie dabei verlieren würden; den wer mich noch frug dem Sagte ich meine freundliche Bestellerin, und daß ist keine kleine Ehre für Sie; und ich freue mich hierüber weil ich Sie liebe, und ich kann auch bei solchen Anläßen noch anderes Rühmliches von Ihnen sagen, den ich rede gar gerne von Ihnen, weil Sie Eingang in mein Herz gefunden haben, in welchem Sie bis an das Ende meines Lebens bleiben werden. –

 

Wenn ich aber nebst so vielen und großen Ausgaben arbeitend für Sie nicht um meinen verdienten Lohn bitten würde, wäre es in meiner Lage eine Sünde. Sagen Sie mir also hierüber Ihre aufrichtige Meinung, und sprechen Sie auch davon dem lieben Grafen Louis6 der gewiss in allen Dingen Ihnen schon rathend beistehen wird; und grüssen Sie ihn mir 1000 & 1000mal! – –

 

Wir reden sehr oft davon, daß es für Sie auf einen Winter sehr angenehm sein würde hieher zu kommen, da könnte dan die liebste holde Louise7 am besten die Sprache hören und üben:

 

Wegen dem Auftrag Ihnen um eine junge Römerin zu sehen; hällt es sehr schwer: erstens müsste vor Allem ein sehr grosses Gehalt offeriert werden, ohne dieß wäre jede Anfrage umsonst: indem sie hier von den Fremden sehr ausgesucht werden, und zwar nur für den Winter, für ins Außland lässt sich sellten Eine bereden. Wir haben hierüber mit Römer selbst gesprochen; wir werden uns auch in Florenz eher Eine bekommen könnten. Wegen der Reise würde es weniger Schwierigkeit haben indem sie mit uns könnte.

 

Die Peppi8 wird diesen Monat noch nach Neapel gehen, sie freut sich sehr darüber, und sie fand auch eine angenehme Gesellschaft an Frl. Trauschke9 von Berlin; sie ist bereits zur gleichen Zeit hieher gekommen und wir machen gewöhnlich unsere Gänge auf Willen und Galerien mit ihr; diessmal bleibe ich aber zurück, den Neapel zu sehen lag nie in meinem Plan, den ich suche auf dieser Welt kein Paradies; und ich habe hier ja so viel Gutes und Schönes, daß ich nicht genug von Glück und Freude (im Geist) sagen kann.

 

Sie haben der Marie Burkard auch eine grosse Freude gemacht, mit dem lieblichen Geschenk! Ach sie war damals so glücklich! und so ein überglückliches Mütterchen: aber der Tod ihres vortrefflichen Bruders, dessen Verlust wirklich zu beweinen ist hat sie gar zu tief betrübet! –

 

Von Carlsruhe habe ich immer gute Nachrichten, und denken Sie, die liebe Frau Großherzogin10 schrieb mir Selbst! auch von der Prinzeßin Allexandrine11 erhielt ich ein gar freundliches Briefchen.

 

Ich schrieb 3 mal an diesem Brief, drum wurde er so gross; und von Rom kann man eigendlich nur wenig schreiben; weil man niemals zu viel davon sagen kann!

 

Und jezt gar, möchte man vor Entzückung kein Ende finden, wenn man die Süßigkeiten des Frühlings berühren möchte oder könnte.

 

Auch viel anderes Gute wird Einem zu Theil: Weil wir selbst Wirtschaften und die Pepi auf den Navonenmarkt geht. Da lernt man erst die herrlichen Früchten kennen und die köstlichen Gemüßarten.

 

Man gab eine Zeitlang 26 Orangen für 1 Paul /unseres Geldes 15 x./ Das Oehl ist auch so theuer. – Lange Waren sind bereits auch nicht zum kaufen; ich trage meine alten Kleider aus, man sieht hier nicht so sehr darauf; denn da geth der Bettler eigendlich neben dem Fürsten, und man schaut weder den Einen noch Andern an. Man hat andere Dinge die Eins freuen.

 

Kommen Sie nun selbst? – Nun sage ich Ihnen und Ihren theuren Kindern mein herzlichstes Lebewohl.

 

Auch die Pepi empfiehlt sich schönstens. Mit treuer Anhänglichkeit und Liebe Ihre

                              innigst ergebene

                                                                                                                               Marie Ellenrieder.

Wenn Sie schreiben oder

schreiben lassen, dann

schließen Sie gefälligst

den Brief ohne Couvert. –

 

1 Brief adressiert an: »Germania. Ihrer Hochgebohren Frau Gräfin C: von Langenstein in Dresden. Königreich Sach­sen« (Transkription im Rosgartenmuseum Konstanz).

2 Anna Marie Burkart-Detrey (geb. 1807), Nichte der Künstlerin.

3 Fischer und Blanckenhagen WV 307a.

4 Fischer und Blanckenhagen WV 353.

5 Fischer und Blanckenhagen WV 355.

6 Ludwig Graf von Langenstein (1820-1872).

7 Louise Gräfin von Langenstein (1825-1900).

8 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

9 Trauschke, nicht ermittelt.

10 Sophie Großherzogin von Baden (1801-1865).

11 Alexandrine Prinzessin von Baden (1820-1904).

 

 

 

 

Farbstudie des »Kinderfreundes« Öl auf Papier, 23,5 x 20 cm. Bezeichnet rechts unten: »Marie Ellenrieder pinx in

Rom 1839.« (mit freundlicher Genehmigung des Besitzers: René Simmermacher, DE - Staufen/Breisgau, CH - Basel)

 

127      [StA Coburg, LA A 8775]1                                                                                 [Rom, 13. Juli 1839]

 

Ihro Hohheit

Geliebteste Prinzeßin Allexandrine!

 

Das liebliche Briefchen mit dem Friedens Täubchen ist wahrhaftig von Allem was lieblich genannt werden kann, das Lieblichste! Es hat mich ganz entzükt, und denken Sie! das Täubchen kam hier an seine rechte Stelle; denn der kleine Platz an den wir wohnen wird Friedensplatz genannt nach der Kirche die die Friedenskirche genannt ist, und wo man diese mehrere mal gemalt & ausgeschnitzt sieht mit den Worten „in Terra Pax„ auch die Straße ist della Pace genannt und das Haus in dem wir wohnen: welcher Friede also auch noch aus der Ferne überströmte mich da!! – Empfangen Sie meinen herzlichsten Dank. Und meine innigsten Grüße für Sich und all die lieben Geschwistern, indem dieß wohl die lezten schriftlichen Grüße aus Rom sein werden, denn im September2 gedenke ich meine Rückreise anzutretten; und grüßen Sie mir auch ganz besonders den kleinen ausgezeichneten Künstler (Ludwig der Erstgebohrne!)3 wir werden dan recht viel von Kunst miteinander sprechen; Sie haben aber gewiß auch große Fort­schritte gemacht. Sie werden erwarten daß ich recht viele Arbeiten nach Teuschland bringen werde; es sind diese aber im Grunde nur Eine; nemlich der Carton zum Kinderfreund,4 viele einzelne Studien aber hiezu, sowohl gezeichnete als gemalte: auch male ich den Engel mit der Schale, der die Thrähnen der Unglücklichen in den Himmel trägt,5 ich glaube, daß ich Ihnen in meinem Lezten davon schrieb; ein rußischer General wollte ihn mir abkaufen, auch Andere bezeugten mir ihre Theilnahme, es kommen aber übrigens wenig Leute zu mir weil ich mich niergends empfehlen ließ, welches etwas außerordentlich Wohlthätiges für mich hat, und die Wohnung die wir seit dem ersten Merzen besitzen hat es noch mehr befördert, ich fühle mich oft wie in einem Kloster und wir sind weit von den teuschen Künstler entfernt, so, daß ich seit wir da wohnen einen Geschickten davon bath alle Wochen einmal bedingnißweis zu kommen6 mich auf die einschleichenden Fehler in Carton aufmerksam zu machen, ich finde dieß recht vortheilhaft & ich möchte dieß immer so haben können. Am liebsten wäre es mir ich könnte auch in moralischer Hinsicht es so bestellen.

 

In dem Briefe an Ihre K. H. die Frau Großherzogin7 habe ich vergeßen zu sagen daß der liebenswürdige Prinz v. Sachsen Kohburg8 auch bei mir war: er schien mir über seinen hiesigen Aufenthalt recht vergnügt zu sein & war ganz begeistert. Auch der König von Bayern9 kam, mich bei der Arbeit zu überraschen.

 

Nun will ich für diesmal mein Briefchen enden weil ich es Herrn Rittmeister Maler10 selbst überbringen will, und auch von Diesem sind wir weit entfernt, man hat (wenn man geth wie eine römische Signora) eine halbe Stund. –

 

Darf ich Sie bitten mir auch den ehrwürdigen Hr Hofrath Rink11 Frl Gerlach12 schönsten zu grüßen.

 

Das schönste & freundlichste Lebewohl sage ich aber Ihnen meine theurste Prinzeßin, und ich bin mit ewig treuer

 

Liebe Ihre

 

gehorsamste liebende Dienerin

Roma santa Roma den 13                                                                          Marie Ellenrieder Hofmalerin

Juli 1839

 

1 Brief adressiert an:              »Ihrer Hohheit der theuren

Prinzeßin Allexandrine«

2 Tatsächlich fand die Abreise erst am 26. April 1840 statt.

3 Ludwig Prinz von Baden (1824-1858).

4 Fischer und Blanckenhagen WV 307a.

5 Fischer und Blanckenhagen WV 408.

6 Alexander Maximilian Seitz (1811-1888), Maler, seit 1833 in Rom (vergleiche den Hinweis auf Seitz im 6. Tagebuch der Künstlerin).

7 Sophie Großherzogin von Baden (1801-1865).

8 Albert Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha (1819-1861), weilte vom 16. März bis zum 1. Mai 1839 in Rom.

9 Ludwig I. König von Bayern (1786-1868).

10 Friedrich Maler (1799-1875), Großherzoglich Badischer Geschäftsträger in Rom.

11 Karl Friedrich Rinck (1786-1851), Geheimer Rat und Erzieher der Großherzoglichen Prinzen Ludwig und Friedrich sowie der Prinzessin Alexandrine.

12 Adelheid Gerlach, Gouvernante der Prinzessin Alexandrine.

 

 

 

Marie Ellenrieder Callenberg

 

128      [RM Konstanz, 43]1                                                                                Rom den 29ten Ottob 1839.

 

Hochverehrtester theurster Freund!

 

Schon so lange! bin ich im Besitz Ihres lieben Briefchens, das Sie mir nach Rom schrieben; Ich will mich recht entschuldigen, denn ich könnte mich doch nicht rein machen, meine Saumseligkeit im Schreiben ist so groß, daß ich also auch beim liebsten Freund keine Ausnahme machte! Dafür habe ich aber öfterer an Sie gedacht als Sie glauben, und Sie haben mich sogar gleich im Anfange ihrer Zeilen deßhalb verurteilt. – Schmählen Sie aber nur immer mit mir und zanken Sie recht; das höre ich zu gerne von Ihnen. Und was werden Sie erst sagen wenn Sie hören daß ich erst aufs Frühjahr zurückzukehren gedenke! – Ach wären doch Sie stadt meiner hier, Sie wären deßen viel würdiger! – Und ich muß Sie versichern die Verlängerung meines Aufenthalts hat mich einen großen Kampf gekostet. Aber Sie glauben nicht wie Alles zusammenhalf, uns von unserer Abreise zurückzuhalten!

 

Mein großes Bild des Kinderfreunds2 (wozu ich hier den Carton, denken Sie nur den Carton! verfertigte), würde ich im Winter doch niergends  angefangen haben, und so habe ich dießfals nichts versäumt; im Gegentheil hoffe ich daß es in Hinsicht der Kunst sehr vortheilhaft sein wird die Wintermonate hier geblieben zu sein; wenn anders mich Gott gesund erhält.

 

Was der Punkt unsers Altarbildes3 betrifft hoffe ich zuversichtlich daß Sie mir glauben; daß es mir in meiner Seele kam daß der Verstoß unßerer  Verabredung nicht eine Ihrrung wäre: Daß aber ein Irrthum zwischen uns obwaltete, das that mir, und thut mir immer im Herzen leid. – Erstens haben Sie schon so lang auf das Bild warten müßen; 2tens erbath ich mir nach der Vollendung, die heilose Reise; die schreckliche Wanderschaft aus; dann das wirklich erfolgte Unglük;4 und nun das ärgste von Allem! – Wäre ich nur keine Malerin & nicht in Rom – – wie gerne ersetzte ich Ihnen das zahllose Unangenehme! Doch dieß Alles würde nicht hinreichen Sie zu entschädigen, wenn ich ja geglaubt hätte, daß Sie mir hätten weniger geben wollen als was ausgemacht war. – So Etwas wären Sie gar nicht fähig!! Aber ebenso unfähig hätte ich sein können so etwas zu glauben. Wenn mein Briefchen hierüber sich undeutlich aussprach so waren gewiß die Zubereitungen Schuld, die mich damals für die Reise nach Italien so sehr in Anspruch nahmen. Auch mußte es mir auffallen, weil ich nie einen anderen Preis dachte als 500 f so wie sie 400. Ich wurde öfters des Preises wegen befragt und ich sagte jedesmal 500. Sonderbar ist es aber, daß ich mir eine andere viel frühere Zeit bewußt bin, in welcher Sie mir das Bild bestellten: nemlich auf einer Spazierfahrt nach Stuttensee5 mit der Marie Detrey,6 da kam ein Ungewitter, so daß wir nicht ganz nach Stuttensee kamen, sonder in ein nähergelegenes Wirthshaus; und da sprachen wir von dem heil Carl Boromeus, und es ist mir, als ob ich Ihnen das Plätzchen bezeichnen könnte wo wir standen an dem Ende eines langen Tisches. – Auch unter den besten Freunden sollte man so Etwas schrieftlich ausmachen. Es betrübt mich auch nicht wenig, daß die Restauration des Bildes nicht so gut ist, als man mir berichtete. So Gott will zurückgekehrt ist mir diese Ausbeßerung vieleicht möglich. – Eines möchte ich aber doch bemerken, und wer kann davon beßer überzeugt sein als Ich: daß mich das Bild des Hl Carls viel mehr Mühe kostete, als Jennes in Ortenberg7 o[b]schon es 2 Figuren sind; so ist an diesem doch mehr Arbeit, mehr Vorsicht in der Behandlung; auch die Leinwand, die Farben sind außerwählter, denn – es war ja ein Bild für ein außerwählter Freund! Ich zweifle nicht, daß Ihnen die Meinigen den Empfang der Beiden Sendungen Gelt werden zugeschrieben haben?

 

Jezt male ich ein Baurenknäblein bethend vor einem Kreutze8 von einem rußischen Grafen bestellt. In diesen Tagen hoffe ich mit einem Engel fertig zu werden, der die Thrä­nen der Unglücklichen in einer Schale in den Himmel trägt.9 Neue Composizionen habe ich auch mehrere gemacht, da mich der liebe Gott gesund erhielt, habe ich immer fleißig sein können. Nur der Entschluß länger zu bleiben grief mich so an, daß wir auf einige Tage aufs Land giengen. Es war sehr schön!!

 

Wißen Sie auch was mich von Herzen reut? den silbernen Pokal nicht mitgenommen zu haben, wie köstlich hätte mir der italienische Wein daraus geschmekt; man ist doch so schichtern in Teutschland; man fürchtet sich immer, alles zu verlieren, & so glaubte ich auch, daß er mir hier hätte gestohlen werden: und wahrlich! hier wohnt viel Ehrlichkeit so gut, wo nicht beßer als bei uns draußen. Kommen Sie nur auch noch einmal, es reut Sie gewiß nicht! Die Pepi10 sagt Ihnen unendlich viel Schönes und Herr Maler11 nicht weniger; er hat ein Liebliches Weibchen & ist recht glücklich. Leben Sie wohl! Gott sei mit Ihnen & er schenke uns ein fröhliches Widersehn.

 

Adio Carissimmo Amico!

                                                                                                                         Marie Ellenrieder

 

1 Brief adressiert an:

                         »Seiner Hochwohlgebohren

                        Freiherrn Carl C: von Röder in

                             Diersburg bei

                                                    Offenburg.«

2 Fischer und Blanckenhagen WV 307a.

3 Fischer und Blanckenhagen WV 355.

4 Bezieht sich auf die Beschädigung des Altarbildes beim Transport auf die Kunstausstellung des Rheinischen Kunstvereins in Mainz.

5 Stutensee, nördlich von Karlsruhe.

6 Anna Marie Detrey (geb. 1807), Nichte der Künstlerin.

7 Fischer und Blanckenhagen WV 353.

8 Fischer und Blanckenhagen WV 258; Elisabeth von Gleichenstein und Karin Stober (Hrsg.), »… und hat als Weib unglaubliches Talent« Angelika Kauffmann (1741-1807) Marie Ellenrieder (1791-1863), Ausst.-Kat. Rosgartenmuseum Konstanz, Konstanz 1992, Kat.-Nr. 50.

9 Fischer und Blanckenhagen WV 408.

10 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

11 Friedrich Maler (1799-1875), Großherzoglich Badischer Geschäftsträger in Rom, heiratete 1839 Mina Schwarz.

 

 

129      [RM Konstanz, 44]1                                                                           Carlsruhe den 28ten Ottobr 1840.

 

Mein hochverehrtester theurster Freund!

 

Unzähligemal dachte ich daran, daß ich es Ihnen doch anzeigen sollte, daß ich hieher kam, und gestern nahm ich mir vor am Tage des heil: Carls zu schreiben; aber heute, |:wie sehr wurde ich für meine leidenschaftliche Nachläßigkeit gestraft!:| reiste das Verehrungswürdige Frl: v: Schreb2 hier durch, und ich sah sie nicht! erhielt aber ein Briefchen daß sie der Post übergab; ich eilte sogleich, in der Hoffnung sie noch anzutreffen, aber sie war schon abgereist. Das habe ich verschuldet! – – –

 

Und Sie! – können Sie mir auch verzeihn? daß ich mein Vorhaben änderte & nicht über Diersburg reiste. Ich hatte ein so großes Geschlepp von Sachen bei mir, und meine Jungfer; da zog ich, denken Sie! vorüber; mit meinen Gedanken stets bei Ihnen, und nahm mir vor, von hier aus einmal nach Diersburg zu kommen. In Offenburg wo mir Mittag machten, wollte ich Ihre verehrte Frau Mutter besuchen, und sieh’ da! gerade an jennem Tage hatten Sie Sie abgeholt.

 

Jezt werden Sie recht verlaßen sein den das liebe Frl: von Schreeb war Ihnen gewiß recht angenehm; und es war sicher ein Seegen für Sie eine so fromme heilige Seele im Hause zu haben.

 

Ihr letztes Briefchen mit dem Recept zur Zubereitung des Zimehls, das habe ich noch nicht erhalten, ich hoffe nicht daß es verlohren sein wird, sondern ich erwarte es durch die Pepi,3 die für dießmal noch zurück blieb & vieleicht erst gegen dem Frühjahr zu mir kömmt: Es hätte ihr leid gethan nach der großen Reise, schon wieder die liebliche Heimath zu verlaßen.

 

Ich hätte Ihnen jezt freilich gar viel zu erzellen, aber wer wollte so viel schreiben! – Kommen Sie den Winter nicht nach Carlsruhe? Sie fänden mich, denken Sie! auch in einem Garten! Als ich hieher kam fand ich große Schwierigkeiten ein Lokale für mein großes Bild zu finden. Ich schrieb sodann an die Gräfin Langenstein4 ob Sie mir nicht erlauben würde ein Fenster zu vergrößern (im Hause des Hirschgartens nemlich) und dieß sagte Sie mir dan sogleich zu; dieß hatte nun freilich seine großen Umstände, aber dafür habe ich nun ein Malerstudium wie ich noch nie eines hatte! Am 19 dieß, war der glückliche Tag an welchem ich auf die große vortrefflich=aufgespannte Leinwand die Aufzeichnung begann.

 

Dießmal mache ich wenig Visitten und vorzüglich bin ich alle Tage, von Ave Maria an, gänzlich Eingeschloßen in das liebliche Gartenhaus, nur der Wächter mit seiner Familie wohnt noch im Garten, aber in dem anderen Hause, ich bewohne das – wo die Orangerie ist, ganz alleine mit meiner Jungfer; dieselbe, die wir mit nach Italien hatten & die in Rom recht from geworden ist. So ruhig und Still hatte ich es in meinem Leben noch nie! ehe wir des Abends das Licht anzünden & wehrend das Feur in dem Öfelchen brennt, bethen wir gewönlich einen Rosengranz oder die Vesper mit einander. Ich zeichne dan auch bei der Lampe, und Faulenze mitunter, aber niemals lange.

 

Nicht wahr Sie schreiben mir doch bald einmal ein liebes Briefchen; ich verdiene es zwar nicht. Aber laßen Sie mich es dennoch hoffen & nicht geteuscht werden: ich will aber auch eine Blick in Ihr wirkliches Leben thun & ob Sie auch recht glücklich & zufrieden sind, wie Sie es verdienen? Senden Sie mir dann, ich bitte die gehörige Adreße an Fräulein v: Schreeb, daß ich ihr selbst mein Herzeleid bezeugen kann.

 

Leben Sie nun wohl! Gott sei mit Ihnen & er schenke uns einen recht glücklichen Winter. Amen!

 

Mit treuer Verehrung Ihre

 

Karlsruhe den 28                                                                                       innigst ergebenste

                                                                                                                            Marie Ellenrieder

 

1 Brief adressiert an:              »Seiner Hochgebohren

Freiherrn Carl C: von Röder in

Diersburg bei Offenburg«.

2 Amalie von Schreeb (1784-1864), Cousine von Carl Freiherr von Röder. Seine Tante Victoria Maria Theresia Augusta Freifrau von Röder heiratete 1778 den Hannoveranischen Collegialrath von Schreeb.

3 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

4 Katharina Gräfin von Langenstein (1799-1850).

 

 

130      [FFA Donaueschingen]1                                                                   [Karlsruhe, 18. Dezember 1840]

 

            Mein Neffe Rudolf Detrey,2 der längere Zeit in Genf etabliert war, zog nun lieber zu kleinerem Verdienst nach seiner Vaterstadt zurük; wo er sich aber gerne in der ganzen Umgegend empfehlen möchte.

 

Sollte sein guter Nahme denn er sich durch seine Geschicklichkeit erworben hat, durch meine Bitte für ihn etwas bekräftigt werden, so lege ich also den theuren Hohen Herrschaften zu Donaueschingen meine Bitte für seine Empfehlung unterthänigst zu Füßen.

 

Carlsruhe den 18ten Dec: 1840.                                                                                 Marie Ellenrieder

 

 

1 Adressat nicht genannt. Es handelt sich dabei aber wohl um die Fürstlich Fürstenbergische Hofverwaltung in Donaueschingen.

2 Karl Rudolph Detrey (1809-1868), Sohn der ältesten Schwester der Künstlerin, später Hofkonditor in Konstanz (vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 172).

 

 

131      [RM Konstanz, 45]1                                                                                  [Karlsruhe, 18. März 1842]

 

Den herzlichsten Dank Ihnen lieber Freund, für Ihre Theilnahme die Sie wehrend meiner schweren Krankheit mir & meiner Schwester bewiesen haben. – Ich habe aber auch noch ein 3tes Briefchen zu beantworten daß den 2 letzteren lange vorangieng: es ist vom 15ten Nov: 1840. – Als ich im letzten Herbst nach Baden gieng nahm ich es mit, um ihnen in ruhigen Tagen recht viel liebes darüber zu sagen, denn es ist mir eines der Liebsten die ich von Ihnen besitze. Da überfiel mich aber die langdauernde Krankheit; und jezt ist es mir zum Theil verbothen zu schreiben; obschon ich Gott sei Dank wider recht wohl bin; aber ich muß mich vor jeder Anstrengung hüten; 3 Stunden erlaubt mir mein preiswürdiger Artz (Ruf) des Tages zu arbeiten, es wird freilich immer ein wenig mehr, doch bin ich so gehorsamm wie möglich.

 

Wären Sie nur auch einmal so artig & kämen nach Carlsruh! in mein Klösterlein & in mein wunderschönes Mahlzimmer! Wann werde ich Sie den wider einmal sehen?

 

Mein Plan war, und ist es eigentlich noch über Diersburg zu reisen wenn ich im Maien wie ich es vorhabe nach Hause reise. Wenn nemlich meine Schwester Pepi2 recht gesund wird, (die unwohl von Baden nach Konstanz reiste & da recht krank wurde) Sie hat eine große Sehnsucht nach der Beendigung meiner hiesigen Arbeit: ich both ihr an zu ihr zu kommen wie sie zu mir nach Baden kam, aber sie nahm es nicht an.

 

Gelegentlich werde ich einmal der li Frl v: Schreb3 schreiben, und den Brief sodan Ihnen senden indem es scheint daß sie nicht bei Hause ist, vieleicht noch in Freiburg.

 

Leben Sie nun wohl Gott sei mit Ihnen und uns Allen!

Ihre

Carlsruhe den 18ten                                                                       ewig treue Dienerin &

                        März 42.                                                                 Freundin Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder.

2 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

3 Amalie von Schreeb (1784-1864), Cousine von Carl Freiherr von Röder.

 

 

132      [RM Konstanz, 46]1                                                                                     [Karlsruhe, 31. Mai 1842]

 

Mein hochverehrter Freund!

 

Nun richte ich mich allmählich zur Abreise nach Hause, und nehme mir vor auf dem Wege mein alleredelster theurster Freund zu besuchen. – Und so sehe ich dann auch die liebe Fräulein v: Schreeb.2 Zwar nur einen Tag gedenke ich bei Ihnen zu verweilen; doch könnte dieß Sie sehr beunruhigen wenn ich so unerwartet kömm.

 

Doch genau bestimmen kann ich es nicht, denn alle ungewöhnten Vorbereitungen zur Verpackung aller meiner Sachen ermüden mich, & so kann es kommen daß ich Tage lang zögern & ausruhen muß; ich glaubte bis Ende dieser Woche fertig zu werden, allein ich sehe einigen Hindernißen entgegen, so daß es der 7te oder 9te Juni werden könnte, vieleicht noch später.

 

Ihr theures Briefchen habe ich erhalten und danke Ihnen herzlichst dafür.

 

Und jezt nur noch mein schönstes Lebewohl, auf ein baldiges Widersehn! So Gott will!

 

Ihre

C’ den 31ten Mai 42.                                                                                     

                   Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig bestimmen.

2 Amalie von Schreeb (1784-1864), Cousine von Carl Freiherr von Röder.

 

 

133      [RM Konstanz, 47]1                                                                                            [Karlsruhe, Juni 1842]

 

            Dienstag Abends oder Mittwoch Morgens komme ich erst nach Diersburg, so sehr viel gab es noch zu thun, sammt den Hindernißen.

 

Ihr liebes Briefchen habe ich erhalten & danke. – Für heute sage ich nur noch: auf baldiges frohes Widersehn, so es deß Herren Wille ist!

 

Mit den besten Grüßen Ihnen Beiden Ihre

 

Carlsruhe Samstag                                                                                     gehorsamste Dienerin

                                                                                                                                 Marie Ellenrieder.

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder in Diersburg. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig bestimmen.

 

 

134     [RM Konstanz, 48]1                                                                                         Constanz den 2ten Juli 42.

 

Mein Hochverehrtester theurster Freund!

 

Ich komme späth mit meinem Dank, für alle Liebe und Güte die ich in Ihrem Hause genoß! – ! –

 

Wie ein freundlicher Traum durchlebte ich in diesen Tagen alles wider in dankbarer Erinnerung: auch für alles was Sie meiner Jungfer thaten danke ich Ihnen herzlich. Ich kam gesund nach Hause; aber bald darauf bekam ich eine Augenentzündung; seit 2 Ta­gen bin ich wider frei davon Gott sei Dank. Bedauern Sie mich nicht, denn es geth ja einem Kinde gut, wenn es vom Vater gezüchtigt wird.

 

Die Pepi2 ist jezt nach Baden im Argau, sie hat sich recht erholt und freute sich sehr über meine Erzellungen von Ihnen.

 

Beantworten Sie mir diesen Brief nicht, ich schreibe Ihnen dan wieder wenn ich die Kupferstiche (aus Rom) sende.

 

Der lieben Fräulein Amalie3 sage ich alles Schöne und Liebe: und sagen Sie ihr, wir hätten hier schon 1 ½ Rose. – Ein (sonst feinsinniger) Geistlicher hat heute zu diesem Beginne mit Andacht eine heilige Meße gelesen: ich durfte aber noch nicht ausgehn. – Leben Sie Alle wohl!

 

In treuer Verehrung & Liebe Ihre gegen Sie Schuldbelastete

 

                                                                                                                               Frd & Dienerin Marie Ell:

 

den 7ten Juli

 

Soeben fand ich diesen Brief noch unversendet & ungeschloßen in meinem Schreibkomod: dieß thut mir außerordentlich leid! Verzeien Sie mir doch! – Nun ist es noch später daß Sie Nachricht von mir erhalten; doch kann ich Ihnen melden daß ich seither immer wohler geworden bin, Gott sei Dank: auch fing ich wieder zu arbeiten an, und die Pepi schrieb aus Baden, daß schon die ersten 2 Bäder ihr vortrefflich bekamen.

 

Mit dem Esenz gedenke ich in Kurzem anzufangen, bis=her mußte ich eben den Arzt brauchen.

 

Gott zum Abschied, mit Allem was Sie froh & zufrieden macht.

 

Ihre

                                                                                                                  Frd Marie

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig bestimmen.

2 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

3 Amalie von Schreeb (1784-1864), Cousine von Carl Freiherr von Röder.

 

 

135      [RM Konstanz, 49]1                                                                               [Konstanz, 4. September 1842]

 

Theurster verehrtester Freund!

 

Um Vergebung bittend, setze ich mich nun einmal hin: Ihnen lieber Freund, endlich Nachricht von mir zu geben. Gerade in jennen Tagen als ich Ihr lieber Brief vom 3 Aug: erhielt war ich mehrere mal beabsichtigt Ihnen zu schreiben, aber wie damals, so auch später mußte es wieder aufgeschoben werden.

 

Schon längst habe ich mit gänzlichem Vertrauen & dem besten Erfolg den Esenz gebraucht: Gott & Ihnen sei 1000mal dafür gedankt. Auch habe ich selbst eine Flasche angesezt. Ich habe seither auch wider täglich gearbeitet, aber nur an kleineren Sachen: Ich hoffe, Sie werden mich einmal besuchen; ja es ist sogar nothwendig den ärztlichen Rath fortzusetzen, oder ich werde ungehorsamm! Und wirklich fange ich heute schon an ungehorsamm sein, indem ich Ihnen die besagten Kupferstich sende: Sie müßen sie haben, ich habe für Sie unterschrieben; wehrend deßen fuhren die Blätter wie sie kammen stätz auf meinen Tischen herum: und ich habe sie gleichsamm auswendig gelernt. Und da sie doch sehr gut sind: indem Kruner2 eine besondere Gabe besitzt tief in den Geist Raffaels einzudringen, auch ist er selbst ein sehr lieber Mensch. Und diese Blätter kamen gleichsamm warm aus seiner Hand: in dem lieben Rom. Verschmehen Sie es also nicht, auch danken Sie mir nicht dafür, und schmälen Sie mich nicht. Die Pepi3 wird auch etwas beilegen, daß Sie auch ein Krämlein aus Rom von ihr haben sollen: sie läßt Ihnen sagen, sie könne nicht zu Ihnen kommen auf den Kaffee; Sie sollen nur zu uns kommen, sie wolle Sie mit offnen Armen empfangen, und es wäre ihr ein Rathgeber für den Garten nöthig, und wer könnte das beßer als Sie sein! – Sie hat sich in Baden recht erholt & hat auch ein Arkanum mitgebracht welches ein berühmter Arzt sehr empfielt: nemlich sich zu bürsten wenn mann sich des Abends müde fühlt, oder wenn einem beim Aufstehn alle Glieder wehe thun. Ich habe dieß schon am ganzen Leibe gethan & es gut gefunden, probatum est!

 

Der hochverehrten Frl: v: Schreeb4 sage ich meine liebevollsten Grüße & ich lese fleißig in dem schönen Buch: sie hat mir für das Heil der Seele & Sie für meine leibliche Gesundheit gesorgt!! –

 

Und nun mit dem schönsten Lebewohl!

lieber Freund!

Ihre

Konstanz den 4ten Sep 42.                                                                                innigst ergebenste

                                                                                                                                       Marie Ellenrieder

 

Ich grüße auch Ihre Leute und besonders auch die fromme Franziska: ich denke jedes mal an sie beim Anblick des Bildes welches sie mir zum Abschied gab. Was meine Jungfer mir von ihr erzellte ist wahrhaft bewunderungswürdig.

 

Vor einiger Zeit waren auch 4 Damen aus Offenburg hier, sie waren bei meinen Bildern, und ließen mir viel freundliches sagen: nach Tisch gedachte ich sie einzuladen ob sie nicht noch meine angefangenen Arbeiten sehen möchten, aber sieh’ da, gerade waren sie schon in den Wagen gestiegen, daß ich ihnen nur noch lebewohl zuwinken konnte. Es that mir dieß sehr leid: besonders wenn es Bekannte von Ihnen waren!

 

 

1 Brief ohne Adressat. Aus dem Inhalt und der Tatsache, dass der Brief zum Ellenrieder-Konvolut des Rosgartenmuseums in Konstanz gehört, ist Carl Freiherr von Röder als Adressat eindeutig zu identifizieren.

2 Ludwig Gruner (1801-1882), Kupferstecher, lebte von 1836 bis 1843 in Rom und fertigte dort eine Großzahl von Kupferstichen nach italienischen Renaissance-Meistern.

3 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

4 Amalie von Schreeb (1784-1864), Cousine von Carl Freiherr von Röder.

 

 

136      [Archiv der Grafen Douglas, Langenstein]1                                               [Konstanz, 7. November 1842]

 

Geliebteste Frau Gräfin!

 

Die Zeit ist vorüber, in welcher Sie, wie die Frl: Bächler2 sagte, nach der Mainau oder Constanz kommen wollten: Ich wünsche Ihnen Allen Glück & Seegen auf die Reise nach Paris.

 

Da Sie mir aber keine weitere Rechnung abforderten, und auch kein Gelt mehr von Ihrer Caße mir zukam, so ist zu vermuthen, daß Sie es wirklich annehmen wollen daß mir tausent Gulden für die Wohnung abgezogen werden;3 wie ich es damals im Gedränge meiner Verlegenheit Ihnen anboth: dieses wäre doch schrecklich für mich, wenn Sie um 4000 f das Bild und den Carton behielten! – Bei diesem Vorfalle bereue ich es sehr daß ich meine Ausgaben nie aufschreibe, gewiß habe ich mehr als diese Summe gebraucht; wie wären Sie also meine Wohlthäterinn, für welche ich Sie vor allen Menschen rühmte. Sie können mich unmöglich so im Nachtheil laßen, und ich habe Sie noch au­ßerdem bitten wollen für die Zeitversäumniß (und in der Taht großen Mühe & Sorge) wegen der Verpackung des Bildes zu entschädigen: doch mit diesem Allem wollte ich warten bis der Carton in Rahmen wäre, weil ich auch diese Anordnung auf mich nehmen wollte.

 

Liebste Frau Gräfin! Ich bitte Sie, gedenken Sie aller meiner Liebe & all’ meiner Mühe seit dem Jahr 38 als ich wegen diesem Bilde nach Italien reiste & von wo ich Ihnen auch einmal aus Rom schrieb,4 daß diese Arbeit umständlich werde, und ob ich damit fortsetzen soll; da antworteten Sie mit Ihrer früher großmüthigen Liebe, „ja, ich gehe von meinem Vorhaben nicht ab, setzen sie fort“. – Offt dachte ich damals, so hätte gewiß auch der selige Großherzog gesagt; aber was würde Er jezt sagen? – –

 

Vor Gott lege ich nun mein Anliegen an Ihr Herz mit der Bitte, daß Er es lenken möge nach seinem heiligen Willen. Und in der Hoffnung daß das alte Verhältniß wieder eintrette, sage ich Ihnen in treuer Liebe mein Lebe wohl, Leben Sie Alle wohl!

 

Ihre

Constanz den 7ten Nov: 42.                                                           gehorsammste Dienerin &

                                                                                                             Freundin Marie Ellenrieder

1 Brief adressiert an:

»Ihro Hochgeboren

Frau Gräfin Catharina von Langenstein,

im Schloße

Langenstein«

Über der Adresse steht: »Sollte die Frau Gräfin schon abgereist sein, so bittet mann Ihr diesen Brief nach Paris einzuschließen.« (Transkription des Briefes im Rosgartenmuseum Konstanz).

2 Bächler, nicht ermittelt.

3 Diese Bemerkung bezieht sich auf das von der Gräfin Langenstein bestellte Gemälde »Lasset die Kindlein zu mir kommen« (Fischer und Blanckenhagen WV 307 und 307a), für welches der Künstlerin in Karlsruhe im Hirschgarten ein Gartenhaus hergerichtet wurde (siehe Fünftes Tagebuch mit den Ausführungen zu den Jahren 1840-1842). Das Gemälde war ein Hochzeitsgeschenk für Alexandrine Prinzessin von Baden und befindet sich heute in der Schlosskapelle von Callenberg bei Coburg. Die Kartonvorzeichnung befindet sich noch heute in Schloss Langenstein.

4 Vergleiche Brief vom 13. April 1839 aus Rom.

 

 

137      [Stadtarchiv Konstanz]1                                                                       [Konstanz, 13. Dezember 1842]

 

            Den Empfang von drei und dreißig Gulden bescheinigt

 

Konstanz den 13ten Dezember. 1842.

                                                                                                     Dankbarst

                                                                                                          Marie Ellenrieder

 

 

1 Quittung für Ignaz Freiherr von Wessenberg über die Bezahlung eines Bildes. Die Beilage zu Wessenbergs Testament mit dem Verzeichnis seiner Gemälde enthält nur ein Gemälde der Künstlerin mit einem Preis von 33 Gulden. Es trägt den Titel: Ein Mädchen von der Kirche kehrend (vergleiche Kurt Aland, Wessenberg-Studien, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, N. F. 56, 1943, S. 604).

 

 

138      [RM Konstanz, 50]1                                                                                          [Konstanz, 11. Mai 1843]

 

Hochverehrtester Freund!

 

Schon längst nahm ich mir vor an Sie zu schreiben, denn ich bin von Ihrer treuen Güte überzeugt, daß Sie gerne erfahren wie der Winter vorüber gieng, und wie es sonst geth. Gott sei Dank, so zimmlich ordentlich. – Im täglichen Andenken an Sie gebrauche ich den Eßenz, doch freilich mußte ich auch den Arzt ein paar mal haben: ich bin aber zu­frieden und schone mich über die Gebühr; wenn ich vieleicht gar nicht arbeiten würde, wäre es beßer, aber nur vieleicht daher war ich mitunter recht fleißig; ich zeichnete sogar den Winter bei der Lampe.

 

Die Gräfin von Manteufel2 die dieses Briefchen mitzunehmen die Güte hat wird Ihnen gewiß mündlich ein Mehreres erzellen. Auf Ihr lieber lezter Brief habe ich eigentlich nichts zu antworten, Sie berührten darinn nur meine Angelegenheiten, So wie es die Heiligen zu thun pflegen; aber sagen Sie mir auch einmal recht viel von Ihnen Selbst, und wie Sie den Winter durchlebten, und wie Sie jezt wieder unter Blumen wandeln, und ob Sie nicht auch einmal wieder den schönen Bodensee bewundern möchten: welch’ fröhliches Fest wäre dieses für uns; und Sie fänden mich zu Hause, den nur wenn es mir ärztlich befohlen würde die Luft zu verändern, würde ich gehn oder wenn die Herrschaften in Carlsruhe mich kommen ließen, sonst aber soll Niemand mich bewegen können Konstanz auch nur auf 2 Tage zu verlaßen!

 

Mit dem herzinnigsten Gruße sage ich Ihnen nun mein Lebewohl und meine beständige Verehrung & Anhänglichkeit                                  

                        Ihre

 

C. den 11 Mai 43                                                                                                Freundin Marie

                                                                                                                                         Ellenrieder

 

Als ich dieses Briefchen schließen wollte, um es Nachmitags 1 Uhr der Gräfin auf das Dampfschiff zu bringen, kamen Leute die mich störten; mittlerweilen reiste die Gräfin ab, und so übergebe ich diese Zeilen der Post.

 

Die Gr: Manteufel sagte mir daß ihr Gut nicht sehr weit von Diersburg wäre, und sie nehme sich vor Sie zu besuchen; es ist sehr intereßant mit ihr zu reden, und da sie directe von Rom & Florenz kömt so umschwebt sie noch ein leichter von der Erde losgefeßelter Sinn, der Jedem unter jennem reinen Himmelsstrich zu Theil wird. probatum est! –

 

Non ritorna ella mai a Roma? La mia sorella anderebbe; ma io non me ne vado; perche questo sarebbe troppo felicita!

 

Die Pepi3 läßt Ihnen alles Schöne sagen und Sie möchten doch kommen zu ihren Blumen im Garten.

 

 

1 Brief adressiert an:

»Seiner Hochgebohren

Freiherr Carl Cr: von Röder

in

Diersburg bei

Offenburg.«

2 Vielleicht Gräfin Julie von Manteuffel, die um 1830 in Ottersweier-Hub ein Schloss bauen ließ.

3 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

139      [RM Konstanz, 51]1                                                                                Constanz den 13 Sept: 1843.

 

Hochverehrtester Freund!

 

Jezt bin ich wieder wohler, aber als ich Ihr theurer Brief vom 22ten Mai erhielt, da hatte ich schon längere Zeit einen gichtartigen Schmerz in der rechten Achsel, man rieth mir algemein in ein Bad zu gehn; aber nicht nach Sulzbach2 sondern Pfefferts:3 ich gieng aber nicht sondern nahm mir nur vor mich außerordentlich zu schonen, und so ging es gut Gott sei Dank. – Ein Schreiben an Sie hätte nichts genützt sonst würde es die Pepi4 gethan haben; denn wenn Sie zu uns kommen wollen so geschieth es eben so gut aus Diersburg, da Sulzbach uns nicht näher liegt. Und wirklich, sollten Sie sich entschließen, wenn Sie noch einmal erfahren möchten wie & was ich male; Schreiben thue ich es nicht, es ist mir verbothen! –

 

Andere Leute reisen auch; die Pepi ist soeben in München mit der Schwester Valentine5 (Detrey) Was sagen Sie zu Dem! In Zeit 3 Wochen erwarte ich sie wieder zurük; sie sind ganz selig.

 

Jezt nur noch meinen herzinnigsten Gruß und die wahrhaftige Versicherung daß ich sehr oft an Sie denke & von Ihnen rede.

 

Ihre

          Freundin Marie

                                                                                                                                Ellenrieder

 

1 Brief adressiert an:

»Seiner Hochgebohren

Freyherrn C: Christ von Röder in

Diersburg bei

Offenburg«.

2 Sulzbach, Badekurort im Elsass.

3 Pfäfers, Badekurort im schweizerischen Kanton St. Gallen.

4 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

5 Valentine Detrey (1777-1847), Schwester der Künstlerin.

 

 

140      [GLA 69, Badischer Kunstverein Nr. 32]1                                          [Konstanz, 19. Dezember 1843]

 

Hochverehrte Herren,

 

Das sinnreiche & schöne Blatt der Urkunde hat den hiesigen Mittgliedern des Vereins große Freude gemacht: auch hat der Vorschlag des Herrn Director Frommel2 allgemein Anglang gefunden, & sie finden auch beikommend die Unterschriften hiezu, nemlich von Hr: Rittmeister Falkenstein3 Hr: Regierungsrath v: Merhart4 & Hr: Baron v. Wes­senberg.5

 

Vor Allen muß es aber den Künstlern angenehm sein & ich möchte gern bei diesem Anlaß eine unbescheidene Bitte thun; nemlich daß Sie mein letztes Bild daß ich in Rom noch angefangen aber erst kürzlich vollendet habe zu diesem Zweck aufnehmen möchten. Der Gegenstand wäre ehrwürdig & angenehm; es sind 2 heilige Jungfrauen die mit­einander von Gott reden,6 ich dachte mir Christinen aus dem ersten Jahrhundert von welchen mann keine Namen kennt, in natürlicher Größe Halbfigur: es mißt in der Höhe 3 Sch: 5 zoll Breite 3 Schuh weniger ½ Zoll; und ich habe es des Gegenstandes wegen mit einer reichen Ramen versehn, & der Preis wäre 70 Louid’ors. Es würde mich außer­ordentlich freuen, wenn Sie meine Bitte die ich demuthsvoll vor Ihnen niederlege berücksichtigen möchten.7

 

Herr Carl Sulger8 von hier, wünscht auch als Mittglied des Kunstvereins aufgenommen zu werden.

 

Ihre

 

Konstanz den 19ten Dec: 43.                                                            gehorsamste Dienerin

                                                                                                                 Marie Ellenrieder Hofmalerin

 

 

1 An den Vorstand des Badischen Kunstvereins in Karlsruhe.

2 Carl Ludwig Frommel (1789-1863), Professor für Malerei und Direktor der Großher­zoglichen Gemäldegalerie in Karlsruhe.

3 Ludwig Xaver Falkenstein (1789-1860), Major der Großherzoglichen Gendarmerie.

4 Ignaz von Merhart (1790-1857), Regierungsrat (vergl. Dominik Gügel, Joseph Freiherr von Lassberg und sein Konstanzer Umfeld, in: Joseph von Lassberg – des letzten Ritters Bibliothek. Ausstellung im Bodman-Haus, Gottlieben, 2001).

5 Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg (1774-1860). Der Aufnahmeantrag von Wessenberg liegt bei.

6 Fischer und Blanckenhagen WV 435.

7 In der Akte des Generallandesarchivs in Karlsruhe ist auch eine Abschrift des Antwortschreibens an Marie Ellenrieder erhalten. Dort wird der Künstlerin mitgeteilt, dass der Karlsruher Kunstverein zwar die Absicht habe, eine eigene Kunstsammlung aufzubauen und dass man sich deshalb über ihr angebotenes Gemälde freue. Es wird aber ferner mitgeteilt, dass der Aufbau einer eigenen Sammlung bisher nur einer der Wünsche des Vereins darstelle und keineswegs beschlossene Sache sei. Tatsächlich wurde dieser Gedanke vom Karlsruher Kunstverein nie umbesetzt und keine eigene Sammlung angelegt (vergleiche dazu 175 Jahre Badischer Kunstverein Karlsruhe. Bilder im Zirkel, hrsg. von Jutta Dresch und Wilfried Rößling, Ausst.-Kat. Badischer Kunstverein Karlsruhe, Karlsruhe 1993).

8 Carl Sulger, Konstanz, nicht ermittelt.

 

 

141      [RM Konstanz, 52]1                                                                                      [Konstanz, 18. Februar 1844]

 

Mein theurster Freund!

 

Vieleicht habe ich wohl noch mehr an Sie gedacht, denn fortwehrend lag mir im Sinne, wie ich wohl für Ihr liebes Briefchen vom 8ten Okt: würdig danken könnte; aber gerade weil ich Ihnen Viel zu schreiben mir vornahm, geschah es nicht. – Und ich hätte mit Ihnen zanken sollen, & Sie auslachen daß Sie das Fahren nicht beßer vertragen können; und Sie immer Ausreden wißen wenn es sich ums Reisen handelt. – Es scheint daß Ihnen Sulzbach gut gethan hat weil Sie wieder dahin gehn wollen, und zwar schon bald; mann merkt es nach Ihren Zeilen, daß Sie in einem milderen Clima wohnen, denn Sie reden vom ganzen Winter, als ob er schon vorüber wär, bei uns ist noch Schnee genug & Eis. – Wenn man nicht arm ist, hat der Winter doch viel Erfreuliches, und man kömmt so allmählich recht zur Besinnung; daß er eine wahre Erntezeit für den Geist wird; Sie fühlen sich gewiß oft recht selig in Ihrer Einsammkeit. Sie sagen es nur nicht. – Gehen Sie auch bei jedem Wetter spazieren? und hoffentlich alle Sonntage in die Kir­che? laßen Sie Sich doch durch die übeltönende Stimme des Geistlichen nicht abhalten; dieses wäre keine Ausrede für Sie: wer nur ein wenig prüffen will, was das heilige Meßopfer ist, der wird wenn er kan, täglich beiwohnen, der Seegen hievon ist unaus­sprechlich!

 

Habe ich Ihnen auch einmal von einem Fräulein Linder2 aus Basel, (die sich schon meh­rere Jahre in München aufhält) erzählt? diese ist feierlich zur katholischen Religion übergetretten, den 4ten Dec: und am 5ten erhielt sie die heilige Firmmung: sie fühlt sich nun sehr klücklich und ist ganz von Dank & Freude durchdrungen, da sie nun an allen heiligen Segnungen unserer Mutterkirche theilhaftig ist. Sie hat es mir selbst geschrieben. Sie wird wahrscheinlich im Früjahr über Constanz nach der Schweitz auf einige Zeit [reisen]. Auch Hr: Director Langer3 hat sein Versprechen widerholt, uns zu besuchen, und bezeichnete hiezu den Monat Mai: wollen denn Sie allein kein Schritt weiter gehen als Sulzbach? – Nie eine Zeit festsetzen in der Sie kommen werden? – Es könnte möglich sein daß ich auch in ein Bad müßte, aber nach Pfefferts, dahin der Artz mich letztes Jahr schicken wollte; fühle ich selbst es aber nicht nothwendig, werde ich abermal beharrlich nicht folgen: denn so wie ich mich bisher schonte, bis zum Unartig sein, so ist es nicht schlimmer, sondern beßer geworden, ich bin bereits immer zimmlich wohl gewesen Gott sei Dank!

 

Meine Arbeiten die ich Ihnen nicht beschrieb, waren keine Neuen sondern Widerhohlungen und beendigungen der Frühern, welches mich auch weniger angrief. Wenn ich Ihnen noch etwas zeichnen oder malen dürfte, so ist es beßer Sie wählen Sich etwas von dem was Sie bei mir finden werden, oder eine Madonna mit dem Kinde, das Sie noch nicht haben.

 

Nun sage ich Ihnen mein herzlichstes Lebewohl: Die Pepi4 wird Ihnen selbst schreiben; und die Andern wie Marie Burkard5 empfehlen sich Ihnen schönstens.

 

In treuer Verehrung Ihre

 

Konstanz den 18ten Febr 44.                                                                      Freundin Marie

                                                                                                                          Ellenrieder

 

(Hier folgt ein Teil des Briefes der Josefine Ellenrieder und die anschließende Nachschrift von Marie Ellenrieder.)

 

Schon das lezte mal vergaß ich, angelegendliche Grüße von Frau v: Kronfels6 zu entrichten, und nun trug sie es mir sogar von Botzen aus, wo sie den Winter zubringt auf, sie ist mit einer Frommen Fräulein v: Pach,7 Stifdame, dahin gegangen.

 

Seit ich diesem Brief anfing ist nun die Witterung auch milder geworden.

 

Adio caro Amico!

 

Die Esenz gebrauche ich Täglich & aus demselben Fläschen zum bleibenden Andenken, ich habe erst kürzlich wieder ein Frischer angesezt. Wenn Sie heraufreisen brauchen Sie Keiner mitzunehmen.

 

Ich erwarte Sie unfehlbar!

  

1 Brief ohne Adressat. Aus dem Inhalt und der Tatsache, dass der Brief zum Ellenrieder-Konvolut des Rosgartenmuseums in Konstanz gehört, ist Carl Freiherr von Röder als Adressat eindeutig zu identifizieren.

2 Emilie Linder (1797-1867), Malerin und Kunstmäzenin aus Basel.

3 Robert von Langer (1783-1846), Professor an der Münchner Akademie der Künste.

4 Brief der Josefine Ellenrieder liegt bei.

5 Anna Marie Burkart-Detrey (geb. 1807), Nichte der Künstlerin, verheiratet mit dem Arzt Carl Anton Burkart.

6 von Kronfels, nicht ermittelt.

7 von Pach, nicht ermittelt.

 

 

142      [RM Konstanz, 53]1                                                                            [Konstanz, 20. November 1844]

 

Theurster verehrtester Freund!

 

Immer immer gedachte ich an Sie zu schreiben, und sonderbar, in diesen Tagen hatte ich schon ein paarmal die Feder gleichsam in der Hand, und es kann nichts wahrer sein als dieses! Sie können also denken wie sehr mich der Anblick Ihres lieben Briefes erfreute, doch ebensosehr auch beschämte. Wenn aber nur auch Ihre Nachrichten beßer gewesen wären! – Hr: von Röder2 aus Karlsruh den ich im Frühjahr 2mal das Vergnügen hatte zu sehn, sagte mir zwar daß Sie unwohl wären, aber ich glaubte ihm nicht.

 

Sie haben also viel ausgestanden & sind sogar geduldig gewesen! hoffentlich wird sich zum Lohn nun die Gesundheit recht befestigt haben, und Sie haben auch hoffentlich andere Pläne gemacht, nemlich Ihre Heimath bisweilen zu verlaßen und hauptsächlich jennes alte Versprechen auszuführen daß Sie uns gegeben haben. Sie finden mich in einem mir gut zugerichtetem Studium, und Platz genug, wenn Sie bei uns wohnen wollen. Ich erwarte Sie für bestimmt! –

 

Mit meiner Gesundheit geth es mir gar ordentlich, Gott sei Dank! Ich arbeite fleißig, habe erst kürzlich ein Bild für Hr: von Scherers3 (auf Schloß Kastel4) gemalt, Jesus & Johannes als Kinder5 und nächstens hoffe ich ein Altarbild anzufangen, wozu ich den Carton schon verfertigt habe: und ich arbeite auch wieder bei der Lampe: auch hat sich in unsere Familie nichts Namhaftes verändert, es geth alles den alten Gang.

 

Aber meine liebe Jungfer die mit mir bei Ihnen war hat sich verheurathen müßen; Ein Schwager von ihr verlor seine Frau die er zärtlich liebte, da konnte er zu keinem andern Entschluß kommen als dringend meine liebe Pepina6 zu bitten, sie möchte seinen Kindern Mutter werden. Er ist Breimeister in Werenwag7 im Donauthal, diese besuchte ich dann, und da gefiel es mir so wohl wie ich nicht ausdrücken kann, Sie kennen vieleicht diese Gegend nicht, sie war auch zum Theil fast unzugänglich; aber der Fürst v: Fürstenberg8 und der Fürst v: Sigmaringen9 die da überall Besitzungen haben, ließen nun unter großem Aufwand Straßen bauen: da – auf diesen Felsen und in diesen Thälern sollten wir uns sehen: dieß wäre für Ihre Gesundheit gewiß gut, ich brauchte da nichts als Selterswaßer mit Geißmilch und das bekam mir vortrefflich, so, daß ich schon längere Zeit den Eßenz nicht mehr nöthig hatte. In Beuron 1 ½ Stund vom Schloß Werenwag trinkt man mit gutem Erfolg die Molken.

 

Ich habe unlängst auch einen Versuch auf Stein gemacht wovon ich Ihnen hier einen Abdruck beilegen werde.10 Wenn ich nur 7 Hände hätte, da würde ich gern viele solche Blättchen machen.

 

Mein goldenes Buch,11 geth jezt bald zu Ende, ich bin froh; da kann ich dan an den Sonn & Festagen auch ein wenig faullenzen!

 

Haben Sie auch gute Nachrichten von der Frl v: Schwab?12 Das ist ein frommes ehrwürdiges Fräulein, und Sie sind in Ihrer Krankheit gewiß auch frömmer geworden! In Krankheit wird mann Gott näher gerückt und das ist eigentlich eine größere Wohlthat als Gesundheit: wenn Sie dann hieher kommen, gehen wir miteinander in die Kirche Gott für seine heiligen Heimsuchungen zu danken.

 

Die Pepi13 sagt Ihnen alles Schöne & Liebe und auch die Übrigen Alle gedenken Ihrer mit Verehrung.

 

Leben Sie nun wohl, leben Sie glücklich im Herrn, und er beschenke Sie nun mit ganz neuen Kräften und fortdauerndem Wohlsein und Er gebe uns im kommenden Jahr ein fröhliches Widersehn!

 

Ihre

 

Konstanz den 20 Nov: 44.                                                                          treuste Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adressat. Aus dem Inhalt und der Tatsche, dass der Brief zum Ellenrieder-Konvolut des Rosgartenmuseums in Konstanz gehört, ist Carl Freiherr von Röder als Adressat eindeutig zu identifizieren.

2 Philipp Friedrich Freiherr von Röder (1771-1846), Großherzoglich Badischer Kammerherr.

3 Scherer von Scherburg zu Ober-Castell.

4 Schloss Castell bei Tägerwilen (Schweiz).

5 Fischer und Blanckenhagen WV 317.

6 Maria Josepha Anger, geb. Benz.

7 Fürstlich Fürstenbergisches Schloss.

8 Carl Egon II. Fürst zu Fürstenberg (1796-1854).

9 Karl Anton Friedrich Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen (1785-1853).

10 Dabei dürfte es sich um die Lithographie der »Hl. Apollonia von Alexandrien« handeln. Dem Brief liegt der Abdruck nicht mehr bei. Er gelangte wohl in die Sammlung der Staatlichen Museen zu Berlin und trägt den handschriftlichen Vermerk »Dieß ist ein Versuch auf Stein, ich finde es [un]gleich weniger angenehm, als das radieren, ich machte es aber auch schlecht« (vergleiche Edwin Fecker, Die Druckgraphik der badischen Hofmalerin Marie Ellenrieder (1791–1863), Heidelberg 2002, WV 30, S. 92).

11 Fischer und Blanckenhagen WV 411-441.

12 Frau von Schwab, nicht ermittelt.

13 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

 

 

Jesusknabe auf Wolken sitzend (Fischer und Blanckenhagen WV 432B). Radierung nach einer Zeichnung

im Goldenen Buch. Bezeichnet links unten »Marie Ellenrieder« und rechts unten datiert »1845

 

143      [StB, Slg. Darmstaedter, 2 n 1834]1                                                           [Konstanz, 13. Juni 1845]

 

            Der ehrenvollen Einladung gemäß, übergab ich heute den 12t Juni der Spedizion eine Kiste mit einem Öhlgemälde, (darstellend Thabitha eine Jüngerin des Herrn2), möchten Sie daßelbe mit liebevoller Güte und Nachsicht aufnehmen; und ein vortheilhaftes Plätzchen dafür ausmitteln.

 

Da mir in Rom 1839 die große Ehre zu Theil geworden daß Seine May: der König3 mein Attelier besuchten; so hoffte und wünschte ich immer auf eine kleine etwaige Bestellung; daher schätzte ich mich glücklich, wenn Seine Majestät meine Thabitha huldreichst in die Bildersammlung ankaufen würden.

 

Der Preis ist 400 Gulden.

 

Wenn ich Sie also bitten dürfte, allergütigst S: M: hierüber aufmerksam zu machen, so würden Sie mich außerordentlich verpflichten.

 

In ausgezeichneter Verehrung

 

Konstanz den 13ten Juni 1845.

                                                                                                                 ergebenste Marie Ellenrieder

 

Das Bild mißt ohne den Goldramen 2 Fuß in der Breit & 1 ½ f. Höhe & die Composizion zehlt 7 Figuren. Soeben habe ich erfahren daß die Kiste vieleicht erst in 2 Tagen abgehen wird.

 

 

1 An die Königliche Bayerische Akademie der bildenden Künste in München. Einlieferung zur XI. Kunstausstellung 1845, Kat. Nr. 31 (vergleiche Kunstblatt, 26. Jg., S. 358). Aus der Sammlung Darmstaedter, Signatur 2n 1834, Ellenrieder, Marie, in der Staatsbibliothek zu Berlin.

2 Fischer und Blanckenhagen WV 312.

3 Ludwig I. König von Bayern (1786-1868).

 

 

144      [StA Coburg, LA A 8775]1                                                                        [Konstanz, 2. August 1845]                

 

Ihro Hohheit.

Innigst geliebte gnädigste Frau Herzogin!

 

Es begrüße Höchst Sie ein freundliches Jesulein,2 und erbitte mir die Gnade, daß ich heute um Gnade bitten dürfte.

 

Nemlich diese – daß Ihro Hohheit bei der freundlichen Königin von England3 wen Höchstdieselben nach Coburg kommen; dann bei dem Anblick des Altarbildes4 ein gewinnendes Wort für mich einzulegen möchten, daß ich so glücklich würde einmal ein Bild nach England malen zu dürfen, oder daß vieleicht Eines daß ich schon habe, gefallen möchte. Das Bild der beiden Christinnen aus dem ersten Jahrhundert;5 (welches ich angefangen bei mir in Carlsruh hatte) habe ich mit Liebe ausgeführt, und aus Furcht daß es beschädigt werden könnte, sende ich es auf keine Kunstausstellung. Der Preis wäre 100 Louidors. Auch habe ich eine Cecilia,6 & viel kleine Sachen.

 

Vor kurzem bin ich mit einem Altarbild fertig geworden, welches ich meiner Vaterstadt zum Geschenke machte.7 S.M: der König von Wirttenberg8 haben dasselbe in der Kirche aufgesucht & sind auch in mein Attelier gekommen: welches mich außerordentlich erfreute! Wenn nur Ihro Hohheit auch einmal an den schönen Bodensee kämen!!! Ich denke immer an Ihro Hohheit mit herzlicher Liebe & ewiger Anhänglichkeit.

           

Allergnädigste Frau Herzogin!

 

Ihro

 

Konstanz den 2ten August 45.                                                                         unterthänigste Dienerin

                   Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adressat. Aus dem Inhalt ist aber eindeutig Alexandrine Herzogin von Sachsen-Coburg und Gotha, geb. Prinzessin von Baden (1820-1904) als Adressatin festzustellen.

2 Die Zeichnung liegt dem Brief nicht bei und sie ist auch nicht bei Fischer und Blanckenhagen registriert.

3 Victoria Königin von England (1819-1901), Schwägerin von Herzogin Alexandrine. Die Königin Victoria war zusammen mit ihrem Ehemann Albert Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha (1819-1861), mit dem sie seit 1840 verheiratet war, im August 1845 in Coburg zu Besuch.

4 Fischer und Blanckenhagen WV 307.

5 Fischer und Blanckenhagen WV 435.

6 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

7 Fischer und Blanckenhagen WV 308.

8 Wilhelm I. König von Württemberg (1781-1864).

 

 

 

Marie Ellenrieder Konstanz

 

145      [FFS Donaueschingen]1                                                                          [Konstanz, 27. Oktober 1845]

 

Ihro Durchlaucht

Allergnädigster Fürst!

 

Hier kömmt ein Engelein auf den Heiligenberg,2 von wo es ausgegangen ist; nur hat es sich umgekleidet in Rosa um am 4ten Novembr beim fröhlichen Feste zu erscheinen; nun hat aber das Briefchen der lieben Frl: v: Heißdorf3 die Nachricht von der früheren Abreise enthalten, daher beeilte sich das Engelein vorher noch einzutreffen. Es bringe Glück & Seegen mit und entrichte stillschweigend, die liebevollsten & dankbarsten Grüße

 

von der

 

Konstanz den 27ten Okt 1845.

                                                                                                          unterthänigsten Dienerin

                                                                                                                          Marie Ellenrieder

                         

Von den 7 Schutzengeln,

gedenke ich eine spätere Zusammenstellung

zur Einsicht einzusenden.

 

 

1 Brief ohne Adressat an: Aus dem Inhalt kann als Adressat eindeutig Carl Egon II. Fürst zu Fürstenberg auf Schloss Heiligenberg nördlich des Bodensees bestimmt werden.

2 Dem Brief ist die Zeichnung »Mandolienespielender Engel auf Wolken sitzend« beigefügt (vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 393).                                        

3 Therese von Haysdorf (1800-1882), ab 1855 mit dem Hofintendanten Baron Franz Simon von Pfaffenhofen verheiratet. Ihre Mutter war eine Schwester der ersten Gattin des Freiherrn Joseph von Lassberg.

 

 

146      [RM Konstanz, 54]1                                                                                       [Konstanz, 19. März 1846]

 

Hochverehrtester Freund!

 

Sie haben mir so freundlich mein Jesulein aufgenommen, und ich habe Ihnen noch nie für dieses gedankt. Dafür entschuldige mich aber unter Anderem, daß ich seit Mitte Dezember unwohl war; innerlich zwar nicht krank, aber durch einen Flechten Ausschlag am Kopfe sehr beunruhigt: doch der Frieden Gottes & seine Gnade machte mich diese Züchtigung küßen, und nebenbei konnte ich arbeiten. Soeben beschäftigt mich ein großer Carton von 7 Schutzengeln2 für den Fürsten von Fürstenberg,3 nemlich die Schutzengel seiner 7 Kinder die auf dem Heiligenberg,4 (wo ich den lezten Herbst war) komponierte. Und für die Königin von England darf ich auch ein Bild malen die heil Velicitas mit ihren 7 Söhnen.5

 

Ich denke viel an Sie, empfehle Sie dem Herrn und lebe getrost daß wir uns doch noch einmal in diesem Leben sehn!

 

Mit den herzlichsten liebevollsten Grüßen

Ihre

Konstanz am St Josephstage.6                                                                        treue Freundin

                                                                                                                              Marie Ellenrieder

 

Die Pepi7 ist wohl und wir leben in diesen unruhigen Zeiten ganz still und treu unserer heiligen Kirche.

 

1 Brief ohne Adresse und Jahreszahl an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig als Adressat bestimmen. Ferner lässt sich aus dem Inhalt das Jahr 1846 sicher ableiten.

2 Fischer und Blanckenhagen WV 403.

3 Carl Egon II. Fürst zu Fürstenberg (1796-1854).

4 Fürstlich Fürstenbergisches Schloss nördlich des Bodensees.

5 Fischer und Blanckenhagen WV 344.

6 Das ist der 19. März.

7 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

147      [RM Konstanz, 55]1                                                                                     Kannstatt den 10ten Juli 46.

 

Hochverehrtester Freund!

 

Ich habe Ihren lieben Brief mit Pleystift geschrieben mit hieher gebracht; und nun habe ich schon über einen Monat versäumt Ihnen endlich zu anzuzeigen daß ich mich wegen meinem Flechtenausschlag (an den Ohren & Schläfen der immer wieder kehrte) entschloß, zu Hr. Dr: Veiel2 zu gehen, um mich da mit Gottes Gnade radikal kurieren zu laßen. Wohl Ihnen, wenn Sie Sich auch zu so Etwas entschließen könnten! Der Herr stellt uns bisweilen ein solches Bedingniß vor und läßt uns die Wahl. Diese ehrwürdige Heilsanstalt ist aber kein Platz des Wohllebens, sondern recht das Gegentheil; dafür hat man den Trost das man ein gesunderes Blut bekömt & wenn man beharrlich aushält, sich eines frischeren Lebens zu erfreuen hat: Es sind sehr viel Kurgäste Da aus allen Gegenden auch ein General aus Stettin & 2 Damen von Da, auch aus Lübek, und ein Dr: der Medizin aus Berlin; von München & Nierenberg:3 und viele finden keinen Platz mehr.

 

Gäbe es dann für Sie nicht auch so ein Örtchen wo Ihnen radikal geholfen würde? O, fragen Sie doch nach, aber nicht Ihr Arzt; den diese behalten gerne ihre Pazienten, der Meinige wollte mich auch nicht gehen laßen: O, thun Sie doch etwas für Ihre Genesung, denn es kömmt der lange Winter und mit ihm die Reue zu spät. –

 

Vor meiner Abreise hieher, vollendete ich noch den großen Carton der 7 Schutzengeln4 für den Fürsten,5 hier aber, thue ich gar nichts dieser Art, ich könnte auch nicht den die Kur ist angreifend; das ist aber recht, den mann muß auch Buße thun; e bono per tante cative, come io sono! ma Lei tanto bravo, troverà cértamente un bagno più agradevole. –

 

Geben Sie mir auch Hoffnung Sie zu sehen, um daß ich Sie auch wieder mündlich meiner unbegränzten Verehrung und Anhänglichkeit versichern kann: von Mißklang weiß ich nichts, unsere Freundschaft ist harmonisch und bleibt ein schönes Kind bis ins Andere Leben! –

 

Nun sage ich Ihnen mein herzlichstes Lebewohl! Der Frieden Gottes sei mit Ihnen & er schenke uns bald ein fröhliches Wiedersehn.

 

Ihre

 

                     Frd Marie Ellenrieder

 

Es ist auch eine Dame aus Offenburg da, Md. Qu

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig als Adressat bestimmen.

2 Dr. Albert Veiel (1806-1874), Oberamtsarzt in Cannstatt. Gründete1837 in Bad Cannstatt eine Heilanstalt für Flechtenkrankheiten.

3 Nürnberg.

4 Fischer und Blanckenhagen WV 403.

5 Carl Egon II. Fürst zu Fürstenberg (1796-1854).

 

 

148      [FFS Donaueschingen]1                                                                          [Konstanz, 2. November 1846]

 

Innigst liebe Fräulein von Heißdorf!

 

O, sagen Sie doch von dem langen Zwischenraum meines lezten Briefes an Sie! Und daß der Carton2 ohne mich nach dem heiligen Berg wandern mußte! Und daß die theuren Herrschaften so eilig vereisten! Die ich zu sehen mir ausbitten wollte! Am 7ten Sept. kam ich hier an, aber von der Reise & der strengen Kur ermüdet wollte ich einige Tage ausruhn, indem man mir sagte, daß Sie noch bis in Oktober bleiben. Und wie gerne hätte ich über die Vertheilung der Engel mit der Hohheit Fürstin3 gesprochen. – Nemlich in Dem mit der Harpfe gedachte ich den Schutzengel der Frau Herzogin Radibor, neben ihm Den von Prinz Max mit Dem von Prinz Emil. Jezt Den der Prinzess Paulin und Jenner mit der der Hand auf der Brust von Prinzess Elise und der äußerste mit der Mandolin von Prinz Carl. Des obersten Engels Gegenwart, dachte ich, heiligt & vermehrt noch den göttlichen Schutz seiner Brüder, daß Heil & Seegen gedeye für dieses & das andere Leben.

 

Daß ich diese Arbeit mit herzinniger Liebe behandelte, und bethend zu jedem dieser lieben unsichtbaren Geister mich wendete, daß wird man mir gewiß glauben. Da die Frau Herzogin noch gar nichts von diesem Carton sah, so lege ich eine Durchzeichnung des kl Entwurfes4 bei. Gemalte Skitze habe ich noch keine verfertigt, indem ich nicht bestimmt wußte ob ich es malen darf.

 

Nun hatte Hr: Dr: Stanz5 den gnädigsten Auftrag mir zu sagen, daß ich über den Preis mich bei Ihnen aussprechen soll. – Ich dachte 33 Louid’ors. Es thut mir so leid, daß immer ein solcher Zahltag kommen muß! Ich habe aber nie recht erfahren können ob dieser Carton ganz glüklich nach Heiligenberg6 gekommen ist, es sagte mir nemlich Jemand, er wäre bei eingetrettenem starken Regen auf einer Seite Naß geworden. Dieses wäre recht schade! –

 

Nun muß ich Ihrer freundschaftlichen Theilnahme doch auch noch ein Wörtchen von meiner Kur sagen. Mein Unwohlsein bestand aus Flechten an den Ohren & Schläfen schon von Mitte Dec: an; innerlich war mir immer wohl dabei, doch schienen sie mich zusehends zu schwächen, daß ich mich nemlich für nach Kannstatt7 zu gehn entschloß; um mich mit Gottes Gnade radikal kurieren zu laßen: da war aber jenner Saurbrunn nur eine Nebensache, denn in der Anstalt bei dem ehrwürdigen Dr: Veiel,8 da sucht man den bösen Baum bei der Wurzel auszureißen, und das greift Viele sehr an, mir war nie wohl, immer übel bis auf die letzten 14 Tage, ich war 13 Wochen & 4 Tage da. Ich habe aber diese Bußzeit sehr heilsam gefunden für Leib & Seel. Ich arbeite jezt wieder glücklich Gott sei Dank, und übe eine strenge Diet.

 

Soeben male ich an dem Bilde für die Königinn von England; (die heil Velicitas mit ihren 7 Söhnen)9 und dann ist mir ein Auftrag zu einem Altarbild zugefallen, für welches ich vor Jahr & Tag konkurierte /Die Geburt Christi 9 Schuh hoch & 6 Sch: breit nach Forbach/10.

 

Bis ins Früjahr hoffe ich mit Ersterem fertig zu werden.

 

Daß Sie nun Sämmtlich in Schlesien sind, davon schreiben Sie mir einmal nicht wahr? Ich bin sehr oft in Gedanken bei Ihnen Allen.

 

Dürfte ich Sie nun bitten den hohen gnädigsten Herrschaften den nöthigsten Inhalt meines Briefes mitzutheilen, und mich unterthänigst & liebend zu Füßen zu legen mit tausent schönen & frommen Grüßen.

 

Und so sage ich auch Ihnen mein herzliches Lebewohl! Gott sei mit Ihnen & Er schenke uns wenn es Sein heiliger Wille ist, im Frühling ein fröhliches Wiedersehn.

 

Ihre Sie

 

Konstanz den 2t Nov 46.                                                                    liebende Dienerin Marie

                                                                                                                           Ellenrieder

 

Was die Durchzeichnung betrifft, so ist es nicht nöthig daß man sie mir zurük schikt: ich habe schon noch Eine für mich.

 

 

1 Brief an Fräulein Therese von Haysdorf (1800-1882), ab 1855 mit dem Hofintendanten Baron Franz Simon von Pfaffenhofen verheiratet. Ihre Mutter war eine Schwester der ersten Gattin des Freiherrn Joseph von Lassberg.

2 Fischer und Blanckenhagen WV 403.

3 Amalie Fürstin zu Fürstenberg (1795-1869).

4 Die Zeichnung liegt dem Brief bei (Fischer und Blanckenhagen WV 403a).

5 Dr. Ludwig Stantz (1801-1871), studierte Medizin in Göttingen, wandte sich dann aber der Glasmalerei zu und betrieb in Konstanz ein Atelier. Er führte Aufträge für den Großherzog von Baden und den Fürsten von Fürstenberg aus (vergl. Martin Harris, Joseph Maria Christoph Freiherr von Lassberg 1770-1855, Heidelberg 1991, S. 371).

6 Fürstlich Fürstenbergisches Schloss im gleichnamigen Ort nördlich des Bodensees.

7 Heute Ortsteil von Stuttgart.

8 Dr. Albert Veiel (1806-1874), Oberamtsarzt in Cannstatt. Gründete1837 in Bad Cannstatt eine Heilanstalt für Flechtenkrankheiten.

9 Fischer und Blanckenhagen WV 344 (mit falscher Jahresangabe).

10 Fischer und Blanckenhagen WV 301.

 

 

149      [RM Konstanz, 56]1                                                                                [Konstanz, 6. November 1846]

 

Hochverehrtester Freund!

 

Sie schrieben Ihren lieben Brief am 7 Sept: und gerade an jennem Tage kam ich nach Hause, zwar von der strengen Kur ermüdet aber doch von den Flechten gänzlich geheilt.

 

Ich freue mich außerordentlich daß es Ihnen wieder viel beßer geth: mein Vorwurff war nun ganz ungerecht. Sie waren also wirklich fort! und pflegten unter großen Opfern doch endlich ganz Ihre Gesundheit. Aber was geschah noch mehr? Durch Hr: v: Rink2 erfuhr ich daß Sie in Freiburg waren. Wir werden freilich noch lange warten müßen! –

 

Sonst geth es mir jezt recht gut Gott sei Dank, arbeite fleißig, und übe nebenher eine strenge Diet. Meine Kur in Kannstatt, war kein sogenanntes Badeleben, den da wird unaufhörlich medizinert um das Blut zu reinigen: Viele greift es sehr an, mir war auch nie wohl, immer übel bis auf die lezten 14 Tage, ich war 13 Wochen & 4 Tage da. – Nun habe ich auch auf beiden Ärmen Visikator Fontanellen wovon ich Eine in einem halben Jahr zuheilen darf: dann muß ich auch alle Wochen 2 mal abführenden Thee trinken; es wäre dieses Alles zu bejammern, wenn wir im Paradies wären, hierunten aber, darf uns kein Leiden befremden, und ich bin wirklich mit diesen Übeln gänzlich zufrieden, wenn es nur so bleibt; die fortwehrende Erinnerung an die züchtigende Hand Gottes begreift viel Gutes in sich.

 

Unlängst verkaufte ich eines meiner größern Bilder an einen Herrn Salis-Schwabe3 nach Manschester; es ist jennes Bild der 2 heil Jungfrauen die miteinander von Gott reden;4 ich bekam 100 Louid’ors dafür: nur weiß ich noch nicht ob sie glücklich hinkammen.

 

Nun sage ich Ihnen mein allerschönstes Lebewohl, mit dem frömsten Wunsch daß Sie ein recht glücklicher Winter haben möchten: die Pepi5 läßt Ihnen auch alles Schöne sagen.

 

Nicht wahr, Sie haben Herrn Director Langer6 auch gekannt? Dieser folgte nun auch seinem Vater in die Ewigkeit; wie Schade für die Welt daß er so früh sterben mußte!

 

Adio caro amico!

Viviamo bene, in tantoché noi siamo sulla terra!

 

Ihre

Konstanz den 6ten Nov: 46                                                                          treuergebenste Marie

                                                                                                                                   Ellenrieder

 

N.S.

Wäre für Ihr Knieübel nicht auch eine Fontanella gut? An Ihrer Stelle würde ich doch den Arzt darauf erinnern.

 

 

1 Brief adressiert an:

»Seiner Hochgebohren

Freyherrn Carl, Cri: von Röder in

Diersburg

bei Offenburg«.

2 Karl Friedrich Rinck (1786-1851), Geheimer Rat und Erzieher der Großherzoglichen Prinzen Ludwig und Friedrich sowie der Prinzessin Alexandrine.

3 Adolf Salis-Schwabe (1800-1853), Industrieller aus Oldenburg, der mit 17 Jahren nach Middleton nahe Manchester auswanderte.

4 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 435.

5 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

6 Robert von Langer (1783-1846), Professor für Malerei an der Münchner Akademie und seit 1827 Direktor des Königlichen Kabinetts der Handzeichnungen.

 

 

150      [FFA Donaueschingen]1                                                                            [Konstanz, 26. März 1847]

 

Geliebteste Fräulein von Heißdorf!

 

Erlauben Sie mir, daß ich Ihnen diesen inliegenden Brief übersende, im September gleich nach Ihrer Abreise von Heiligenberg fing ich ihn an, indem Hr: Dr: Stanz2 mir anboth denselben einzuschließen wenn er nach Schlesien schreibe, ich erinnerte ihn öffters, zulezt bath ich um die Adreße und diese wußte er nicht mehr zu finden; mittlerweilen reisten die Herschaften nach Berlin; und als nun Hr D: Stanz unlängst nach Donaueschingen reiste, vergaß er mich davon zu benachrichtigen, Sie sind aber gewiß so gnädig und barmherzig und nehmen diesen verzögerten Brief freundlich auf; es ist manches darinn was ich noch einmal wörtlich hätte schreiben müßen: ich füge also nichts hinzu als meine herzlichste Begrüßung und meine freudige Theilnahme, daß Sie Alle so glücklich zurükgekehrt sind, Gott sei Dank!

 

Ich verlohr in diesen Tagen eine liebe Schwester die Md: Detrey3 nachdem sie 2 Monatte schwer gelitten hat.

 

Mit herzlicher Liebe & Verehrung

Ihre

Konstanz den 26t Merz

1847                                                                                                              ergebenste Dienerin

                                Marie Ellenrieder

 

1 Brief an Therese von Haysdorf (1800-1882), ab 1855 mit dem Hofintendanten am Fürstlich Fürstenbergischen Hof in Donaueschingen Baron Franz Simon von Pfaffenhofen verheiratet. Ihre Mutter war eine Schwester der ersten Gattin des Freiherrn Joseph von Lassberg. Bei diesem Brief handelt es sich wohl um das Begleitschreiben zum Brief vom 2. November 1846.

2 Dr. Ludwig Stantz (1801-1871), studierte Medizin in Göttingen, wandte sich dann aber der Glasmalerei zu und betrieb in Konstanz ein Atelier. Er führte Aufträge für den Großherzog von Baden und den Fürsten zu Fürstenberg aus (vergl. Martin Harris, Joseph Maria Christoph Freiherr von Lassberg 1770-1855, Heidelberg 1991, S. 371).

3 Valentine Detrey (1777-1847), älteste Schwester der Künstlerin.

 

 

151      [RM Konstanz, 57]1                                                                               [Baden-Baden, 27. Juni 1847]

 

Liebster Freund!

 

Tausend & 1000 Dank für Ihr theures Briefchen!!! Immer schwebte mir Ihre holde Erscheinung vor; und immer beklagte ich mein damaliges Übelbefinden! Nach wenigen Tagen ging es aber beßer, und Gott sei Dank geth meine Beßerung forwärts: noch müßen jedoch die Bäder & das Kißingerwaßer fortgebraucht werden; welches mir eine beständige Ermüdung verursacht; Dr: Ruf2 behauptet meine Nerfen seien ganz zerittet, auf die er aber zu wirken hofft, wenn ich länger bleibe; es wird also den ganzen Juli noch nöthig sein.

 

Wenn Sie also wirklich mir die große Freude machen wollen mich nocheinmal zu besuchen, so könnten Sie aus dieser Zwischenzeit die Ihnen Gelegenste wählen: und auch ich habe nicht aufgegeben Sie zu besuchen, nur für gewiß kann ich Solches nicht bestimmen.

 

Dr Ruf hat mir erlaubt des Tags ein paar Stund zu malen; daher habe ich ein Portät in Öhl zu kopieren angefangen, welches mir die Fr: Großherzoginn3 aufgetragen hat; es ist nemlich das Portr: der Königinn v: Schweden4 in einer anderen Anordnung.

 

Gott zum Gruß und seinen Frieden und seinen Seegen!

 

In treuer Verehrung Ihre

 

Baden den 27ten Juni 47

                                                                                                                     Frd: Marie

                                                                                                                               Ellenrieder

 

O, Bravisissimo!

 

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig als Adressat bestimmen.

2 Dr. Rueff, praktischer Arzt in Baden-Baden (vergl. Heinrich Schreiber, Baden-Baden, Stuttgart 1840, S. 45).

3 Sophie Großherzogin von Baden (1801-1865).

4 Friederike Königin von Schweden (1781-1826). Nicht bei Fischer und Blanckenhagen. Abgebildet bei Fritz Hirsch, Hundert Jahre Bauen und Schauen, Karlsruhe 1932, Bd. II, S. 65.

 

 

152      [RM Konstanz, 58]1                                                                                [Baden-Baden, 30. Juli 1847]

 

Gott zum Gruß, mein hochverehrtester Freund!

 

Es ist mir oft, als hätten Sie mein Briefchen nicht erhalten; oder entnahmen Sie daraus das Ungewiße für Gewiß? Ich werde leider wohl schwerlich zu Ihnen kommen; denn daß ich gar so lange hier verweilen mußte werde ich wohl nicht zu Ihnen kommen; Mit meiner Gesundheit kann ich nicht ganz zufrieden sein; obwohl es viel beßer ist, fühle ich mich stetz noch ermüdet.

 

Morgen gehe ich so Gott will nach Karlsruh um mein Bild für England2 der Spedizion zu übergeben dann gehe ich nach Forbach; aber in der Mitte der künftigen Woche hoffe ich bestimmt wieder in Baden zu sein: und am 7ten oder 9ten gedenke ich meine Nachhausereise anzutretten.

 

Ich hoffe Sie werden Ihr Wort halten.

 

Adio Mio caro amico, ad un bel rivedére!

 

Baden den 30ten Juli 47.                                                                                           Marie Ellenrieder

 

In Eile

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) als Adressat eindeutig bestimmen.

2 Fischer und Blanckenhagen WV 344.

 

 

153      [RM Konstanz, 59]1                                                                                    [Konstanz, 11. Oktober 1847]

 

Hochverehrtester Freund!

 

Vor Allem melde ich Ihnen daß der hochwürdige Überbringer dieses Briefes der berühmte Herr Liceums Director Lender2 ist, der nach 20 jährigem Wirken unsere Stadt verläßt um sich als frommer römischkatholischer Priester sich ganz der Seelsorg zu weihn; und wird nun Ihr würdiger Nachbar als Decan in Gengenbach bleiben. Wir verlieren hier unendlich Viel, und meine Schwester und ich sind ganz traurig darüber, indem Er seit einiger Zeit unser Beichtvater war, und ein aufrichtiger theilnehmender lieber Freund. Gott segne Ihn für alles Gute! – Sie werden Ihn gewiß bisweilen besuchen & Er Sie.

 

Nun komme ich an mich alleine: Aber wie müßte ich anfangen & wann enden, wenn ich Ihnen sagte daß ich Ihr leztes Briefchen erhielt & daß ich nicht nach Diersburg kam?!?! Entschuldigen möchte ich mich nicht & könnte es auch nicht; nur Eines theile ich Ihnen mit, daß, nachdem ich mich stetz angegriffen befand, den Entschluß faßte in Tryberg bei der heiligen Wallfahrt auszuruhn; – als ich aber bei Ortenberg & Gengenbach die milden Berge sah, die Sie einschließen, da fiel es mir schwer aufs Herz daß ich so vorüberführ – und bis auf den heutigen Tag reute es mich stetz, und wird mich immer reuen! Nur Eines giebt mir Trost, daß es almälig, zwar nur erst seit kurzer Zeit etwas beßer geth, und ich Hoffnung haben kann noch einmal nach dem Unterland zu kommen.

 

Seit meiner Zurükkunft beschäftigt mich der Carton zu dem Bilde nach Forbach,3 den ich in wenig Tagen zu vollenden hoffe. (Die Geburt Christi) ein Gegenstand der mich unendlich erfreuen muß, auch fühle ich nie daß mich die Arbeit angreift, indem ich es nicht übertreibe, nur Reden & Hören thut meinen gereitzten Nerfen weh, auch Leiden & Freuden & schnelle Begegniße geben mir stetz einen unwiderstehlichen Stoß, wovon ich mich nur bei der stillen Arbeit widerholen kann: auch gehe ich Stundenweis spazieren; aber sogenannte Visitten machte ich nur Eine, seit der langen Zeit, indem es mir der Arzt verboten hat.

 

Das Übrige kann Ihnen alles der liebe Hr Director erzellen.

 

Leben Sie wohl, Gott sei mit Ihnen & Er sei mit Seinem Frieden Ihre Freude in dem einsammen Winter: in Ihm sind wir nicht getrennt, und Er wolle uns zu einem freudigem Wiedersehn beschützen & bewahren, so es sein heiliger Wille ist!

 

In aller Verehrung & Anhänglichkeit Ihre

 

Konstanz den 11ten Okt: 47.                                                                            treue Freundin Marie

                                                                                                                                            Ellenrieder.

 

Beten Sie auch für die unglückliche Schweitz.4

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig als Adressat bestimmen.

2 Franz Xaver Lender (1796-1876), seit 1838 Lyzeumsdirektor in Konstanz, ab 1847 Stadtpfarrer und Schuldekan in Gengenbach und ab 1854 Münsterpfarrer in Breisach.

3 Altarbild für die Pfarrkirche in Forbach. Es gelangte später in die Franziskanerkirche in Pforzheim, wo es im 2. Weltkrieg zerstört wurde (Fischer und Blanckenhagen WV 301).

4 Der Grund dafür dürfte der drohende Krieg mit dem Sonderbund gewesen sein, der sich damals abzeichnete und dann einige Wochen später tatsächlich ausbrach.

 

 

154      [StA Sig HS NZ 53, 10 UF 38]1                                                            [Konstanz, 7. Dezember 1847]

 

Ihro Durchlaucht

Allergnädigster ErbPrinz!

 

Scho längst ist es einer meiner schönsten Wünsche, daß nemlich Ihro Durchlaucht auch ein frommes Bild von meiner Hand besitzen möchten: – Aber werden Ihro Durchlaucht mir wohl verzeih’n, daß ich nun so unbedingt diesen meinen Wunsch offenbarte? ich hoffte immer es mündlich thun zu können, denn als ich vor zwei Jahren das Glück hatte HöchstSie auf dem Heiligenberg2 zu sehn, da hatten Ihro Durchlaucht mir die angenehme Hoffnung gemacht einmal in mein Attelier zu kommen, den lezten Herbst hat es aber leider ein Unfall nicht möglich gemacht.

 

Doch hatte ich die große Freude den lieben Prinz Leopold3 zu sehn, und Er bewies mir ein freundliches Intreße, wie es von einem so unschuldigen liebevollen Gemüth zu erwarten war; ich freue mich heute noch darüber, & bin Ihm dankbar dafür.

 

Dürfte ich Ihro Durchlaucht nicht einmal Etwas zur Ansicht übersenden? etwa eine Madonna mit dem Kinde? Prinz Leopold & sein ehrwürdiger Begleiter werden sich deßen erinnern, es ist Brustbild, ein wenig unter natürlicher Größe, mit einer eigens dazu ausgeschnitzten Goldram.4

 

Der Preis würde 25 Louid’ors sein.

 

Wie glücklich will ich mich fühlen, wen ich einer freundlichen Antwort gewürdigt werde.

 

Auch möchte ich Ihro Durchlaucht schönstens bitten, Ihro Hohheit der Frau ErbPrinzessin5 mich unterthänigst zu empfehlen;

 

In aller Ehrfurcht & alter Anhänglichkeit Ihro Durchlaucht!

 

Conzanz den 7ten Dec: 1847.                                                                         unterthänigste Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief an Karl Anton Friedrich Meinrad Erbprinz von Hohenzollern-Sigmaringen (1811-1885). Siehe Fischer und Blanckenhagen WV 190.

2 Fürstlich Fürstenbergisches Schloss im gleichnamigen Ort nördlich des Bodensees.

3 Leopold Stephan von Hohenzollern-Sigmaringen (1835-1905), war von 1885 bis zu seinem Tod Fürst von Hohenzollern.

4 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 324.

5 Josephine Friederike von Hohenzollern (1813-1900), war von 1848 bis zu ihrem Tod Fürstin von Hohenzollern.

 

 

155      [StA Sig HS NZ 53, 10 UF 38] 1                                                            [Konstanz, 14. Dezember 1847]

 

Ihro Durchlaucht,

Allergnädigster Erbprinz!

 

            Wie mich Ihre huldreiche Zuschrift erfreute, das kann ich Ihro Durchlaucht nicht ausdrücken: ich erhielt dieselbe gerade nadem ich aus der Kirche von der heiligen Comunion kam; den Heiland also im Herzen, – wie vollkommen mußte meine Freude sein! Er segnete Sie gewiß dafür, wehrend ich Ihro Durchlaucht mit gerührtem Herzen tausentmal dankte.

 

Heute Abend gedenke ich das Bild in einem Kistchen wohl befestigt der Post zu übergeben:2 möge es glücklich reisen und mit Liebe und Nachsicht von Ihro Durchlaucht aufgenommen werden. Im Geiste begleite ich daßelbe mit dem frommen Wunsche, daß es Glück & Seegen bringe in Ihr Edles Fürstenhaus: und sollte es das Glück haben Da bleiben zu derfen, so freut mich dieß außerordentlich.

 

Mit herzinnigster Ehrfurcht

Ihro Durchlaucht

 

Konstanz den 14ten Dec 47.

                                                                                                                unterthänigste Dienerin

                                                                                                                                    Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief an Karl Anton Friedrich Meinrad Erbprinz von Hohenzollern (1811-1885).

2 Bei dem Gemälde dürfte es sich um die »Madonna mit dem Kind« handeln, welches die Künstlerin eine Woche zuvor (Brief vom 7. Dezember 1847) dem Erbprinz für 25 Louid’ors angeboten hatte. Das Gemälde gelangte später in Fürstlich Fürstenbergischen Besitz (siehe Fischer und Blanckenhagen WV 324).

 

 

156      [StA Sig HS NZ 53, 10 UF 38] 1                                                              [Konstanz, 3. Januar 1848]

 

Ihro Durchlaucht

Allergnädigster Erbprinz!

 

            Es wäre mir unmöglich eine so hohe Freude zu schildern, welche das theure Briefchen von Ihro Durchlaucht in meiner eregen mußte! Ein Engel soll es Ihnen sagen; ein Engel singe Ihro Durchlaucht meinen Dank!2

 

Bildlich ist er beikommend dargestellt; verschmehn Ihro Durchlaucht ihn nicht, den er stimmt ein Lied an, ein bethendes für Sie Alle. –

 

Was meine große Freude über die huldreiche Einladung betrifft; diese versezte mich in eine so liebliche Lage, als wäre ich wieder jung, und ich könnte dies wohl annehmen; und wirklich bin ich auch dankbar dafür entschloßen nur fürchte ich, daß meine geschwächte Gesundheit daßelbe verhindern könnte: den lezten Sommer war ich in Baden drei Monate lang sehr unwohl; und nach meiner gegenwärtigen Arbeit die ich bis nach dem Frühling zu vollenden hoffe wird es mir vieleicht nicht beßer gehn; es ist ein großes Bild, die Geburt Christi3 vorstellend, (nach Forbach).

 

Jedenfals denke ich aber doch an die Möglichkeit Ihro Durchlaucht mit Allen den theuren Ihrigen besonders der lieben Frau Erbprinzessin4 zu sehen und da zu arbeiten. –

 

den 3ten Januar

 

Bis hieher war dies Briefchen schon vor mehreren Tagen geschrieben: aber durch einige Unruhen und einer Unpäßlichkeit wurde ich daran unterbrochen.

 

Empfangen Ihro Durchlaucht auch meinen verbindlichsten Dank für die Summe der 25 Louid’ors, die mir allergnädigst zugesannt wurden:5 es ist immer ein großes Vergnügen für mich, wenn Gott mir eine so wesentliche Wohlthat durch so liebe Hände zukommen läßt! Er vergelte es tausentfach! Und auch zum neuen Jahr die Erfillung der allerschönsten Glückwünsche.

 

In Herzinnigster Ehrfurcht

Ihro Durchlaucht

 

Konstanz den 3ten Jan: 48.

                                                                                                           unterthänigste Dienerinn

                                                                                                                            Marie Ellenrieder

 

Danken Ihro Durchlaucht mir aber ja nicht für den Engel, er mußte ja nur mein unvollkommenes Briefchen vervollständigen helfen.6

 

 

1 Brief an Karl Anton Friedrich Meinrad Erbprinz von Hohenzollern (1811-1885).

2 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

3 Fischer und Blanckenhagen WV 301.

4 Josephine Friederike Erbprinzessin von Hohenzollern (1813-1900).

5 Wohl die Bezahlung für das Gemälde »Madonna mit dem Kind«, welches die Künstlerin im Dezember 1847 an den Erbprinz verkauft hatte. Das Gemälde gelangte später in Fürstlich Fürstenbergischen Besitz (siehe Fischer und Blanckenhagen WV 324).

6 Die Zeichnung des Engels liegt dem Brief nicht bei.

 

 

157      [Ms.Ff.J.D.Passavant A IIe, Nr.181]1                                                    [Konstanz, 23. Januar 1848]

 

Verehrte Herrn!

 

Zu gleicher Zeit, als ich Ihre verehrte Zuschrift erhielt bekam ich auch ein Briefchen von Frau v: Krieg2 und erfuhr sodann, daß es Hr: v: Passavang3 war, welcher ihr den Wunsch geäußert hat, daß ich einmal ein Bild zur Einsicht übersenden sollte; da nun aber wie ich höre Herr v: Passavang sich in Italien befindet so wird es Ihnen sehr unbescheiden vorgekommen sein, daß so auf einmal ein Bild von mir bei Ihnen eintraf. Ich habe daher Sie um Vergebung zu bitten.

 

Übrigens bin ich auch betrübt daß Sie es nicht aufnehmen wollen: ich schrieb daher gleich in den ersten Tagen an Frau Gräfin v: Bergen;4 ob sie nicht etwa das Bild lieb gewinnen könnte? und bath sie daßelbe anzusehn.

 

Ist sie nicht gekommen? oder hat sie vieleicht meinen Brief nicht erhalten? in diesem Falle bäthe ich Sie es Ihr gefälligst wißen zu laßen; und dann, wenn es Frau Gräfin v: Bergen nicht wünscht und es auch Niemand Anderem gefällt, so bitte ich daßelbe mir gütigst wieder wohlverpakt nach Konstanz zurück zu senden, wo ich das Bild des Gegenstandes wegen, mit offenen Armen empfange. Nur thut es mir leid Ihnen so viel Mühe verursacht zu haben.

 

In Verehrung Ihre

                                                                                             

ergebenste Dienerinn

Konstanz den 23. Jenner 48.                                                             Marie Ellenrieder

 

 

Sollte man das Bild zu theur finden, so dürften wohl jenne 3 Louid’or abgebrochen werden.

 

 

1 Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg Frankfurt am Main. Adressat nicht bekannt. Vermutlich handelt es sich aber um die Administratoren des Städelschen Kunstinstituts in Frankfurt a. M.

2 Anna Krieg von Hochfelden verw. von Vincenti (1793-1866).

3 Johann David Passavant (1787-1861), Kunstschriftsteller aus Frankfurt a. M.

4 Caroline Gräfin von Bergen, geb. von Berlepsch (1820-1877), ging 1843 mit dem Kurfürsten Wilhelm II. von Hessen eine morganatische Ehe ein. Nach dessen Tod 1847 erbte sie den kurfürstlichen Stadtpalast in der Neuen Mainzergasse in Frankfurt a. M.

 

 

158      [RM Konstanz, 60]1                                                                                   [Konstanz, 18. Februar 1848]

 

Theurster Freund!

 

Ich muß wieder mit Ihnen anfangen, weil ich nicht mit Ihnen aufhören kann, bis ich einst nicht mehr bin.

 

Auf Ihre zum Theil versöhnende Antwort vom 8t Nov: melde ich Ihnen nun einmal mein herzlichstes Vergnügen: Ihr Schmälen hat mich ganz entzükt, so, daß ich auch wieder schmälen möchte; denn im Ganzen genommen haben Sie eben doch noch nie Ihr Versprechen gehalten uns im Oberland zu besuchen. Wenn Sie es diesen Winter nur auch so gut hatten wie ich! die ruhige Stille hat ungemein wohlthätig auf mich gewirkt, ich arbeitete so lange es die kurzen Tage erlaubten, und bin daher schon zimmlich weit vorgerückt mit dem Bilde der Geburt Christi,2 nach Forbach: auch ein paar kleine Sächelchen bearbeitete ich nebenher: nemlich die katholische Religion3 allegorisch vorgestellt, und den Jesusknaben mit dem Kreutz4 und 2 Schutzengelein.

 

Außerdem gab es aber viel Trauriges, und durch die kreuelhaften Begebenheiten in der Schweitz wurden auch die Gesinnungen bei Vielen offenbar: ihre Äußerungen waren gleichsamm Dolchstiche, oft stritt ich dagegen und lange Zeit war mein Herz von Bitterkeit erfillt, da ich mich aber Gott, und dem Gebeth zu ihm, mich völlig hingab, kehrte die Ruhe mir wieder, und aufs Schlimmste, von Außen, gefaßt gehe ich heiter meine Wege, und diese sind, in die Kirch und an die Arbeit. Wir haben hier einen sehr frommen jungen Geistlichen, der furchtlos die römisch katholische Kirche vertheitigt und sein Wandel ist heilig. Ich beichte ihm alle 14 Tage dann darf ich alle Sonn & Festtage zur heiligen Comunion; In dieser Beziehung bin ich so glücklich als ich es in Rom war. Gott sei Lob & Dank! mein Sterbtag wird dann so hoffe ich ein Freudentag sein: vieleicht auch ein Märtirer-Tod, den so weit könnte es in dieser unsinnigen Zeit schon kommen: vieleicht ändert aber Gott die Herzen und erhört das Flehn vieler Tausenden, daß es wunderbar anders wird.

 

Ich glaubte ich sagte Ihnen einmal daß ich bereits seit 2 Jahren eine Schülerin habe meine Nichte von mir Anna Martignony,5 diese malt nun unter meiner Anordnung ein Altarbild, die Heimsuchung Maria, für nach der Schweitz: auch habe ich einen armen Jungen als Schüler6 angenommen, der ganz fromm & sehr fleißig ist.

 

Ich hoffe Sie geben mir auch bald Nachricht wie Sie leben, und wie Sie in Gott vergnügt sind, denn das können Sie sein, Sie haben ein gutes Gewißen, und geben Gott die Ehre; ich habe mich nicht wenig darüber gefreut, als ich in Ihrem Briefchen im Jahr 46 las, daß als Sie krank waren die heiligen Sakramenten empfingen. So that auch Görres7 der theure verehrungswürdige Sohn der Kirche.

 

Sie geben mir immer zu wenig Nachrichten von Sich Selbst, ich möchte vieles von Ihnen hören, möchte Ihre Tagesordnung wißen und möchte in Ihr liebes Herz schauen und von Ihnen Gutes lernen.

 

Leben Sie nun wohl! Gottes Gnade und sein Seegen sei mit Ihnen, und er bewahr uns zu einem fröhlichen Widersehn. Denn der Tod ist noch nicht so nahe wie Sie meynen.

 

Weil Sie ein Nachbar von Gängenbach8 sind, schließe ich den Brief an den Herrn Pfarrer bei;9 Sie können dann ein Weiteres von mir hören, Ihrer freundlichen Theilnahme ist nichts zu viel

 

A Dio! Caro Amico!

Dobbiamo esser contento di vivere in germania;

intantoche abbiamoancora  la pace.

 

La di lei

 

Konstanz den 18 Febr: 48.                                                                                fedele Maria

                     Ellenrieder

 

Sollten Sie in wenig Tagen den Herrn Pfarrer nicht sehen, so bitte ich den Brief durch sichere Hand zu befördern.

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig als Adressat bestimmen.

2 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 301.

3 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

4 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

5 Anna Martignoni (1826-1873), Nichte und Schülerin von Marie Ellenrieder.

6 Wohl Johann Baptist Hengartner (1827-1894).

7 Joseph von Görres (1776-1848).

8 Gengenbach bei Offenburg.

9 Pfarrer Franz Xaver Lender (1796-1876), seit 1847 Stadtpfarrer und Schuldekan in Gengenbach und ab 1854 Münsterpfarrer in Breisach.

 

 

159      [StA Coburg, LA A 8775]1                                                                              [Konstanz, 13. Mai 1848]

 

Ihro Hohheit

Allergnädigste Frau Herzoginn!

 

Gerade an dem Tag als ich das theure liebevolle Briefchen vom 8ten Mai erhielt, fing ich für die liebe Königinn2 zwei kleine Engelein3 in Waßerfarb zu malen an, um Höchstderselben zu danken, für die frühere freudenreiche Nachricht vom 14ten Merz. O welche Gnade und Liebe! Dank Ihnen, tausent Dank!!!

 

Von seiner Zeit an gedachte ich der Höchsten Königin selbst zu schreiben, doch wollte ich hierzu eine ruhigere Zeit abwarten, und wirklich befinden wir uns nun in einem wahren goldenen Zeitalter, wir haben bayerisches liebenswürdiges Militär: Die geflüchteten Freischärler befinden sich größtentheils außerhalb der Stadt in der Schweitz, und es sollen schon Einige davon sich an die Schweitzer angeschloßen haben um gegen Italien zu gehn.

 

Ich danke Ihro Hohheit um die huldvolle Sorge um uns, es that mir dieses so wohl! mann war freilich längere Zeit in großen Ängsten: meine Schwester und ich, wir hatten uns vorgenommen zu bleiben, nichts zu flüchten, und Alles von der Hand Gottes anzunehmen was er über uns zulaßen wird, nur ein kleines Kästchen hat meine Schwester zu verbergen gesucht, und mein goldenes Büchlein4 hätte ich in den Sack genommen, legte es neben mich hin, und meine großen heiligen Bildern, dachte ich, werden sie doch gewiß nicht mit ihren Sensen durchschneiden, auf Vieles gefaßt arbeitete ich ruhig alle Tage an meinem großen Bilde nach Forbach5 welches ich diesen Monat noch zu vollenden hoffe. Gebethet habe ich aber mit Inbrunst täglich in der Kirche und zu Hause, besonders für unseren theuren großmüthigen Lieben Landesvater;6 und daß doch Glaube & Gottesfurcht unter die Menschen kommen möchte, und die Strafe die von allen Seiten throt entfernet bleibe! Da aber doch Viele ihre Zuflucht zu Gott nahmen, so fühlt man sich offt ganz getröstet.

 

Nun habe ich wirklich auch einen Brief geschrieben der die Engelein nach England begleiten soll; möge die Liebe Königinn meine Künheit mir verzeihn! Ich hoffe es. Ich schließe daher diese meine Zeilen ganz glückselig und bitte Ihro Hohheit, meine tiefe Ehrfurcht und Liebe nebst meinem ewigen Dank nicht zu verschmehn.

 

Ihro Hohheit!

 

Konstanz den 13ten Mai 1848.

 

                      unterthänigste Marie

                           Ellenrieder Hofmalerin

 

 

1 Brief an Alexandrine Herzogin von Sachsen-Coburg und Gotha, geb. Prinzessin von Baden (1820-1904).

2 Victoria Königin von England (1819-1901).

3 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

4 Fischer und Blanckenhagen WV 411-441.

5 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 301.

6 Leopold Großherzog von Baden (1790-1852).

 

 

160          [StA Sig HS NZ 53, 10 UF 38] 1                                                               [Konstanz, 12. Juni 1848]

 

Ihro Durchlaucht

Allergnädigster Erbprinz!

 

            Ermuthigt durch Ihre zwei kostbaren Briefchen worinn Ihro Durchlaucht die huldreiche Versicherung gaben, daß es Ihnen Vergnügen mache von meinen Arbeiten etwas zu hören, zeige ich hiermit nun an, daß mein großes Bild der Geburt Christi2 /nach Forbach/ in diesen Tagen fertig geworden ist, und in Zeit 10 - 12 Tagen gedenke ich daßelbe abzuschicken.

 

Im Fall Ihro Durchlaucht nach Weinburg3 reisten oder sonst in die Nähe kämen, so wäre es gar schön wenn Ihro Durchlaucht diesem heiligen Gegenstand zu lieb einen kleinen Umweg machten.

 

Mein dankbarer Entschluß über die freundliche Einladung nach Sigmaringen zu kommen werden Ihro Durchlaucht zu seiner Zeit erhalten haben? Obwohl etwas angegriffen wäre ich doch vieleicht wohl genug Ihro Durchlaucht meine Dienste anbiethen zu können: aber, wie sehr haben sich seither die Zeiten verschlimmert! und besonders hier, ist man in trauriger Erwartung eines Überfalls; es fängt selbst dem lieben bayerischen Militär bei uns an unheimlich zu werden; und dieses hat auch Verstärkung erhalten.4

 

Es würde mich unter diesen Umständen schwer ankommen mein elterliches Haus zu verlaßen, weil ich hoffe, wenn ich gegenwärtig wäre, würde es gnädiger ablaufen. Vieleicht hätten auch Ihro Durchlaucht nicht Ruhe und Lust genug mich aufnehmen zu wollen: denn wer hat jezt vollständige Ruhe im Gemüthe?!

 

Es bethen jezt viele Fromme eifrig und unabläßig, dieses allein macht Einem noch Hoffnung auf Abwendung einer allgemeinen Noth.

 

Ist es recht, wenn ich zu Hause bleibe? Ich bin begierig was Ihro Durchlaucht mir (vieleicht Selbst wieder) antworten werden.

 

Ich schließe nun mit meinen herzinnigsten Grüßen und ich bethe für Sie Alle!

 

In tiefster Ehrfurcht und Liebe Ihro Durchlaucht!

 

Constanz den 12ten Juni 48.

                                                                                                                 unterthänigste Dienerin

                                                                                                                                Marie Ellenrieder.

 

 

1 Brief an Karl Anton Friedrich Meinrad Erbprinz von Hohenzollern (1811-1885).

2 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 301.

3 Vielleicht der gleichnamige Ort im Elsaß.

4 Die Rede ist von der Badischen Revolution 1848/49.

 

 

161      [GLA 69, Badischer Kunstverein Nr. 33]1                                                     [Konstanz, 14. Juni 1848]

 

            Erlauben Sie mir Ihnen die ergebenste Anzeige zu machen, daß ich in diesen Tagen mit dem Bilde nach Forbach2 (die Geburt Christi darstellend) fertig geworden bin; ich bitte Sie, in Ihren Anordnungen für die Ausstellung ihm einen guten Platz vorzubehalten; denn es könnte möglich sein, daß es nicht gerade auf den ersten Juni einträfe; doch gewiß in den ersten Tagen, so hoffte und wünsche ich es herzlichst.

 

Dann ersuche ich zugleich, daß man das Bild nicht weiter auf Ausstellungen versende, sondern daßelbe gleich nach Beendigung der Ausstellung in Carlsruh, nach Forbach befördern möchte, wofür ich herzlichst dankbar sein werde.3

 

In aller Verehrung mich bestens empfehlend

 

Ihre

Konstanz den 14ten Juni 48.

                                                                                                            ergebenste Dienerinn

                                                                                                                Marie Ellenrieder Hofmalerin

 

 

1 Brief an den Vorstand des Badischen Kunstvereins in Karlsruhe.

2 Altarbild für die Pfarrkirche in Forbach. Es gelangte später in die Franziskanerkirche in Pforzheim, wo es im 2. Weltkrieg zerstört wurde (Fischer und Blanckenhagen WV 301).

3 Die Kunstausstellung des Rheinischen Kunstvereins sah normalerweise einen Turnus vor, bei dem die Ausstellung nacheinander in den Kunstvereinen der beteiligten Städte gezeigt wurde. Im gegenständlichen Falle hat die Künstlerin die Beteiligung auf die Kunstausstellung des Kunstvereins für das Großherzogtum Baden in Karlsruhe und auf die Kunstausstellung in Freiburg beschränkt.

 

 

162      [RM Konstanz, 61]1                                                                                       [Konstanz, 27. Juni 1848]

 

Theurster Freund!

 

Aus der allgemeinen Zeitung wußte ich es schon einige Tage früher, daß Sie das traurige Schicksal hatten Ihre theure Frau Mutter2 zu verlieren; ich nahm den herzlichsten Antheil, und mein erster Gedanke dabei aber waren Sie! Seither schloß ich die theure Hingeschiedene in mein Gebeth ein; und Sie sind fromm genug Ihren Trost im Gebethe zu finden: beßeres haben wir in dieser Welt nichts. Gottes Gnade wird Ihnen beistehn, daß Sie recht bald wieder ruhig und heiter werden.

 

Ihr liebes Briefchen vom 8ten Apr: habe ich wohl erhalten, aber die Beendigung meines großen Bildes nach Forbach3 hatte mich so sehr beschäftigt, daß ich Briefe die nicht ganz nöthig waren alle unterließ: so=eben ist dieses Bild auf dem Wege nach Carlsruhe, dahin es auf die Ausstellung eintreffen sollte.

 

Über die unruhigen Tage ist uns Gott sei Dank nichts Übels geschehn: Immer könnte man zwar in Ängsten sein wegen der Bösen Zeit überhaupt; Eines ist aber gewiß daß der Herr nichts Anderes über uns verhängen wird, als was uns zum Heile dient.

 

Von der Überbringerin dieses Briefes erfuhr ich, daß Sie Einiges von Ihren Geschäften abgegeben haben; wenn Sie sich von Allem losmachen können, so thun Sie es doch: dann können Sie wieder an’s malen, o dabei kann man alles wie vergeßen. Und sollte es bei Ihnen unruhiger als bei uns werden, O! dann flüchten Sie zu uns; mit welcher Liebe wollten wir Sie aufnehmen!!

 

Ich lege Ihnen hier ein Gebethlein bei, es ist aus Jerusalemm: es soll nemlich daselbst am 2ten Merz 1847 wehrend der heiligen Meße eine Stimme gehört worden sein; daß über das ganze Menschengeschlecht ein großes Unglück und Verderben kommen werde: auf welches dann dieses Gebethlein von dem dortigen Bischof verbreitet wurde, mit dem Auftrag, daß, wer es bekömmt, daßelbe auch andern mitheilen soll; und wenn mann es täglich mit Andacht bethet, im Unglück ein besonderer Schutz haben werde: die liebe Fräulein von Schreeb4 wird sich gewiß sehr darüber freuen und daßelbe häufig abschreiben. Ich kann es schon längst außwendig und bethe es des Tages wohl 5-6 mal.

 

Von dem Bilde für die Königinn aus England5 habe ich schon angenehme Nachrichten erhalten: die Herzoginn von Sachsen Coburg6 war beauftragt mir das freundlichste darüber zu schreiben; und es befinde sich auf der Insel Wigth im Schloß Osborn, in den Gemächern der Königin aufgemacht wo es sich sehr gut ausnehme. Gott sei Dank!

 

Soeben bearbeite ich einen Carton von 2 Schutzengeln, und ich hoffe auch noch ein 2tes Bild für die Königinn malen zu derfen. Am liebsten würde ich wieder ein so großes Bild wie nach Forbach malen; denn ich wäre wie mir scheint wohl genug: besonders war der Winter gut, ich fühlte mich wie jung.

 

Nach Gottes Gnade verdanke ich es einem ganz einfachen Nervenstärkenden Thee, denn mir im lezten Herbst eine ehrwürdige durchreisende Frau anrieth, denn ich von jennem andern Tag bis heute täglich trinke: Im Falle Ihre geschwächte Gesundheit von den Nerfen käme, so riethe ich Ihnen denselben auch: im Anfang trank ich ihn 3 Monattelang 2 mal des Tages Morgens 10 Uhr und Abends vor Schlafengehn. Mann läßt nemlich in der Apothek 3 Loth Gamillen 3 Loth Lindenblüthe & 3 Loth Schafgarben untereinander gemischt, holen, nimmt davon was mann in 3 Fingern halten kann zu einer großen Taße, er wird nur Abgebrüht, verdünstet und lauwarm getrunken. Jezt trinke ich ihn immer nur um 10 Uhr, ohne Zuker.

 

Nun mein liebster Freund sage ich Ihnen mein herzlichstes Lebewohl so auch der lieben Frl: v: Schreeb. Gottes Gnade & sein Schutz sei mit Ihnen!

 

Ihre

Konstanz den 27 Jun 48.                                                                           treue Freundin Maria

                                                                                                                                           Ellenrieder

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder in Diersburg bei Offenburg.

2 Anna Caroline Freifrau von Röder (1772-1848), gestorben am 8. Juni.

3 Fischer und Blanckenhagen WV 301.

4 Amalie von Schreeb (1784-1864), Cousine von Carl Freiherr von Röder.

5 Victoria Königin von England (1819-1901).

6 Alexandrine von Baden, Herzogin von Sachsen-Coburg und Gotha (1820-1904).

 

 

163      [StA Coburg, LA A 8775]1                                                                            [Konstanz, 26. Juli 1848]

 

Ihro Hohheit

Allergnädigste Frau Herzogin!

 

Dürfte ich wohl meinem lezten Brief heute noch einige Zeilen beifügen? – Als ich damals auch Einen nach England der Post übergab, erinnerte ich mich nachher daß ich darinn der allergnädigsten Königinn2 nicht dankte für den Empfang des Geltes; ich dankte nur für meine übergroße Freude über die liebevolle Aufnahme meines Bildes, und glaubte auch daß die Engel des Himmels sich freuten, und so malte ich dann 2 kleine Engelein die sich in ihrer Entzückung umarmen.3 Ich zweifle zwar nicht daß Ihro Hohheit, Höchstderselben mein Gott-Vergelts werden berichtet haben: doch, im Fall dieses nicht geschehen wäre, so müßte ich der lieben Königin doch schrecklich undankbar vorgekommen sein, umsomehr da ich Höchstdieselbe auf die zweite Bestellung erinnerte, nemlich des schönen Gegenstandes, wo Jesus zwölf Jahre alt war,4 und bath inständig daß ich dieses Bild malen dürfte, und sprach auch meinen dringendsten Wunsch aus, daß mir diese Erlaubniß recht bald möchte ertheilt werden. Nun ist es aber schon so lange: es sagten mir freilich Einige; daß die, so große Königin ihr Wort gewiß nicht zurück nehme; ich soll nur getrost anfangen. Ich wende mich nun an Ihro Hohheit, soll ich dies wagen? Fürs Erste wäre damit meine herzlichste Sehnsucht befriedigt und fürs zweite wäre es mir eine große Wohlthat indem ich von keiner Seite her eine Bestellung habe. Ihro Hohheit könnten dann gelegenheitlich die Liebe Königinn in Wahrheit versichern daß ich, so lange das Bild dauern würde, täglich für Sie und Ihr ganzes Land beten wolle.

 

Diese meine Angelegenheit lege ich nun zu den Füßen Ihro Hohheit, thun Sie nach Ihrem Wohlgefallen, Gottes Geist & seine Liebe leite Ihr Urtheil.

 

Mit ehrfurchtsvoller Liebe & Treue

Ihro Hohheit,

 

Konstanz den 26ten Juli 1848.

           unterthänigste Marie

                       Ellenrieder Hofmalerinn.

 

Mein großes Bild nach Forbach5 ist jezt auf dem Wege nach seiner Bestimmung, es war in Carlsruhe & Freiburg auf der Kunstausstellung und wurde daselbst sehr gnädig beurtheilt, Gott sei Dank!

 

 

1 Brief an Alexandrine von Baden, Herzogin von Sachsen-Coburg und Gotha (1820-1904).

2 Victoria Königin von England (1819-1901).

3 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

4 Fischer und Blanckenhagen WV 433.

5 Die Künstlerin beteiligte sich 1848 an der Kunstausstellung des Rheinischen Kunstvereins. Ihr Altargemälde »Geburt Christi« für die Pfarrkirche in Forbach, mit dem sie sich an der Kunstausstellung beteiligte, wurde beim Turnus aber nur in Karlsruhe und Freiburg gezeigt. Das Gemälde gelangte später in die Franziskanerkirche in Pforzheim, wo es im 2. Weltkrieg zerstört wurde (Fischer und Blanckenhagen WV 301).

 

 

164      [StA Coburg, LA A 8775]1                                                                           [Konstanz, 7. August 1848]

 

Ihro Hohheit,

Allergnädigste Frau Herzogin!

 

Nun erhielt ich liebe liebe Nachrichten aus London, ich darf wirklich für die Edle liebe Königinn2 und Seiner Königlichen Hohheit Prinz Albert,3 noch ein Bild malen! auch Ließen sie mir viel Freundliches und Huldreiches sagen: wie ich mich über dies Alles erfreue, kann ich nicht mit Worten ausdrücken. –

 

Nur Eines thut mir leid, daß Ihro Hohheit wegen meinem lezten Brief vieleicht die Mühe schon auf sich nahmen zu schreiben; doch könnte es auch möglich sein, daß es noch nicht geschehn ist, ich beeile mich daher diese Zeilen eiligst abzusenden.

 

Mit Dank & Liebe Ihro Hohheit mich zu

                                                                                           Füßen legend

 

Konstanz den 7ten Aug 48.

                 die unterthänigste Dienerin

                          Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief an Alexandrine von Baden, Herzogin von Sachsen-Coburg und Gotha (1820-1904).

2 Victoria Königin von England (1819-1901).

3 Albert Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha (1819-1861), Schwager von Herzogin Alexandrine, seit 1840 Prinzgemahl (Prince consort) von Victoria Königin von England.

 

 

165      [StA Sig HS NZ 53, 10 UF 38] 1                                                          [Konstanz, 26. September 1848]

 

Ihro Durchlaucht,

Allergnädigster Fürst!

 

Es eile nun das Engelein, daß es inbrünstig bete für Ihro Durchlaucht und für das ganze höchst edle Fürstenhaus, daß demselben kein Unglück geschehe, und daß die Böswilligen sich zu Gott bekehren möchten! Es hat nicht umsonst ein grünes Kleid an, es hofft erhört zu werden. –

 

Noch tausentmal den herzlichsten Dank für die unaussprechliche Freude über die überaus huldreiche Überraschung, die mein ganzes Herz entzückt, besonders auch wegen der theuren lieben Hohheit Fürstinn2 die so freundlich gegen mich war: auch meine Schwester fühlte sich sehr beglückt.

 

Gott vergelte es Ihr & Ihro Durchlaucht dieses, wie Alles was Sie Alle vor Gott und den Menschen Gutes gethan haben!!

 

In herzlicher Liebe mich ehrfurchtsvoll zu Füßen legend

 

Konstanz den 26ten Sep: 1848.                                                        die unterthänigste Dienerin

                                                                                                                                   Marie Ellenrieder.

 

                                                                                                      bitte umzuw

 

Was die Besorgung des Cartons betrifft, konnte ich, des hiesigen Jahrmarktes wegen, den Herr Weber,3 der mir immer alles dieser Art aufs pünktlichste bestellte noch nicht kommen laßen: es wird aber jedenfals über 14 Tage anstehn bis die Versendung statt finden kan.

 

Mittlerweilen erfreut mich dabei der schöne Gedanke, daß dieses Bild einem so Höchstlieben Bestimmungsort entgegen zu gehen hat!4

 

Heute hatte man hier eine unruhige Nacht, weil man von den Freischärler in der Schweitz einen Überfall befürchtete; es war Alles in Bewegung.5

 

 

1 Brief an Karl Anton Friedrich von Hohenzollern (1811-1885), seit dem 27. August 1848 Fürst von Hohenzollern.

2 Josephine Friederike Fürstin von Hohenzollern (1813-1900).

3 Emil Weber, Vergolder und Rahmenmacher in Konstanz, war seit vielen Jahren für die Künstlerin tätig. Der Carton, den er besorgen sollte, war für den »Englischen Gruß« bestimmt, den zu malen sie von Fürst Karl Anton den Auftrag hatte (vergleiche Brief der Künstlerin vom 11. Dezember 1848 sowie Fischer und Blanckenhagen WV 298).

4 Laut Fischer und Blanckenhagen WV 384 besitzen die Fürstlich Hohenzollerischen Sammlungen ein Gemälde »Zwei Engel, der eine mit Schriftrolle«. Bezeichnet ist das Gemälde »Marie Ellenrieder pinx. 1850«. Es muss sich also bei dem im Brief erwähnten »Engelein« um ein anderes Gemälde handeln, welches bei Fischer und Blanckenhagen nicht erwähnt ist.

5 Viele Republikaner flüchteten nach der gescheiterten Revolution in die benachbarte Schweiz. In Konstanz kursierten im Sommer 1848 Gerüchte, dass Hecker von Kreuzlingen aus einen bewaffneten Einfall in die Stadt plane (vergleiche Gerd Zang, Konstanz in der Großherzoglichen Zeit, Geschichte der Stadt Konstanz, Band 4.1, Konstanz 1994, S. 179).

 

 

166      [StA Sig HS NZ 53, 10 UF 38] 1                                                               [Konstanz, 16. Oktober 1848]

 

Ihro Durchlaucht,

Allergnädigster Fürst!

 

Nicht schriftlich, sondern mündlich wollte ich für den theuren Brief danken, den Herr Lott aus Überlingen mir brachte. Eine hartnäckige Halsentzündung hat es mir aber unmöglich gemacht, daß ich kommen konnte: genehmigen Ihro Durchlaucht also heute noch meinen Dank für diesen lieben Brief, ein besonderes Gefühl von Theilnahme hatte sich meiner bemächtigt; und wie wohl that es mir daß Ihro Durchlaucht das Bild vor Gefahr sichern wollten: es ist wahr, mann sollte um keinen Preis so Etwas zerstören. Es bleibt also noch in meiner Hand bis Alles zur Ruhe und Sicherheit sich gestaltet hat.

 

Das betende Engelein2 wird nun schon längst eingetroffen sein, es scheint daß es gerade auf jennen unruhigsten Tag gefallen ist: das Postamt wir es aber gesichert haben indem ich es bescheinigen ließ.

 

In herzlichster Liebe und Ehrfurcht bitte ich, Ihro Hohheit der Theuren Fürstinn3 mich bestens zu empfehlen und daß auch Ihro Durchlaucht fortwehrend mir gut bleiben wollen.

 

Meines Gebethes zu Gott für Sie Alle, können Ihr Durchlaucht versichert sein.

 

Ihro

Konstanz den 16ten Okt:                                                                                gehorsammste Maria

1848.                                                                                                            Ellenrieder

 

                                                                      

1 Brief an Karl Anton Friedrich Fürst von Hohenzollern (1811-1885).

2 Vergleiche dazu die Anmerkungen zum Brief der Künstlerin vom 26. September 1848.

3 Josephine Friederike Fürstin von Hohenzollern (1813-1900).

 

 

167      [Theaterw. Slg., Universität zu Köln, Au 2114]1                                    [Konstanz, 31. Oktober 1848]

 

G  S  I  Ehr!

 

Ich habe Ihr theures Briefchen erhalten, ich war aber längere Zeit wieder weniger wohl, später werde ich es in Liebe beantworten!

 

1000 schöne Grüße!

 

Ihre

Konstanz den 31 Okt 48.                                                                              Frd: M. Ellenrieder

 

 

1 Adressat nicht bekannt.

 

 

168      [StA Sig HS NZ 53, 10 UF 38] 1                                                           [Konstanz, 11. Dezember 1848]

 

Ihro Durchlaucht,

Allergnädigster Fürst!

 

Im Falle Ihro Durchlaucht den WeihnachtsAbend mit Geschenken feiern, so würde der Carton des Englischen Grusses2 gewiß eine freundliche Stelle einnehmen: daher nehme ich die Freiheit Ihro Durchlaucht mit diesen Zeilen anzuzeigen daß das Bild in Glas & Rahmen zur Verfügung bereitet wäre. Sollte jedoch die Zeit und Gemüther nicht ruhig genug hiezu sein, oder das vieleicht das Frühjahr paßender dafür wäre, so brächte ich ihn womöglich sodann selbst.

 

Meine Antwort auf den lieben theuren Brief aus Überlingen werden Ihro Durchlaucht erhalten haben? und früher auch den mit dem bethenden Engelein? welches gerade in jenne Verhängniß vollen Tage fiel.

 

Ich denke viel an Ihro Durchlaucht und an Ihre ganze hohe theure Familie und bethe für Sie.

 

Ich male jezt fleißig an dem Bilde für England,3 besonders weil ich seit einiger Zeit wieder wohler bin, Gott sei Dank.

 

Nun sage ich Ihro Durchlaucht mein herzinigstes Lebewohl, und bin in aller Ehrfurcht und Liebe Ihro Durchlaucht und Ihro Hohheit der edelsten Fürstin,4

 

Konstanz den 11ten Dec: 1848.                                                                   unterthänigste dankbarste

                                                                                                                    Dienerinn Maria Ellenrieder

 

 

1 Brief an Karl Anton Friedrich Fürst von Hohenzollern (1811-1885).

2 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 298.

3 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 433A.

4 Josephine Friederike Fürstin von Hohenzollern (1813-1900).

 

 

169      [StA Sig HS NZ 53, 10 UF 38] 1                                                            [Konstanz, 20. Dezember 1848]

 

Ihro Durchlaucht

Allergnädigster Fürst!

 

Heute Donnerstag den 20 Dec: übergab ich nun die Kiste mit dem Bilde wohlempfohlen dem Postamt; Gott gebe daß es also glücklich in Ihro Hochverehrten Hände komme!

 

Das Ihro Durchlaucht mir wieder Selbst schrieben, ist wohl eine ausgezeichnete Gnade und Huld; denn ich kann es eigentlich kaum begreifen wie dieses in gegenwärtiger unruhigen Zeit nur möglich ist: wenn ich an die Leitung denke die Ihro Durchlaucht in so vielen Dingen obliegt, und daß es dabei so viel Betrübendes giebt, da möchte ich weinen. Gott sei Dank, daß bei diesem Allem Ihro Durchlaucht die heilige Ruhe bewahren: möge also der theure Gegenstand dieses Cartons2 Sie innig erfreuen, und daß darüber die Unvollkommenheit meiner Kunst vergeßen werde.

 

Ihro Durchlaucht!

 

 

              unterthanigste dankbarste

Das Glas & die Ramen                                                                                          Maria Ellenrieder

sammt Verpakung kostete                                       

26 fl 12 kr, ich fand es                                                                     

nicht theur.

 

 

1 Brief an Karl Anton Friedrich Fürst von Hohenzollern (1811-1885).

2 »Englischer Gruß« Fischer und Blanckenhagen WV 298.

 

 

170      [RM Konstanz, 62]1                                                                                     [Konstanz, 27. Januar 1849]

 

Theurster & hochverehrtester

Freund!

 

Was soll ich Ihnen über Ihr so sehr liebes Briefchen sagen? Ich werde Ihnen wohl die Hand dafür küßen wenn wir uns einst wieder sehen werden! denn diese liebe Hoffnung gebe ich nicht auf, nein, ich befaße mich durchaus nicht mit dem betrübenden Gedanke, als sehen wir uns in diesem Leben nicht mehr: und hätte ich auch nur entfernt eine solche Ahnung gehabt, so wäre ich damals nicht vorbei geschnurrt, – ist dieß das rechte Wort? halb sterbend hätte ich doch alle Kraft zusammen genommen meinen theursten Freund zu besuchen; noch klingelte mir aber noch in den Ohren der Ausspruch meines trefflichen Arztes, Ruf,2 der lautete, „wenn sie sich nicht entschieden vollkommen eine geraume Zeit alles Umgangs entziehn, so stehe ich für ihre Rettung nicht gut.“ Und als ich nach Hause kam besuchte ich nicht einmal meine leibliche Schwester Martgnonj3 etc etc. Lange, lange blieb ich sehr schwach, bis im Späthherbst eine fremde Dame mich als Künstlerinn besuchte, mich ins Auge faßte und mir einen einfachen Thee anrieth, den sie mir täglich zu trinken verordnete, mit dem Beifügen daß ich ihn wohl Monatelang forttrinken müße; An jennem Tage noch ließ ich ihn holen, und trank ihn und trinke ihn noch bis auf den heutigen Tag: einmal sezte ich 14 Tage aus, um zu sehn ob wirklich der Thee noch nothwendig wäre, und gleich fühlte ich mich wieder schwächer. Gott hat mir gewiß durch einen Engel diese li Frau zugeführt; denn ich sage Ihnen ich war schon lange nicht mehr so wohl, als ich es jezt schon lange bin, Gott sei Lob & Dank! Und Tag für Tag arbeitete ich fleißig und zwar wieder an einem Bilde für die Königinn v. England, /Jesus im Tempel als er 12 Jahre alt war, zwar nur einfach komponiert mit 3 Figuren, jedoch in Lebensgröße/;4

 

Wenn Sie einmal nach Forbach kommen, so sehen Sie da mein Bild der Geburt Christi.5

 

Die Pepi6 ist auch wohl Gott sei Dank; Sie läßt Ihnen viel Schönes sagen: wir Beide sind sehr konservativ gesinnt, weil aber der größte Theil der Menschheit aufs Niderreißen bedacht ist; so bethen wir nun im Stillen, Gott möge es so gnädig machen wie möglich. Wenn ich aber ein Regierender Herr wäre, so würde ich es machen wie der Fürst von Hohenzollern=Sigmaringen:7 den einem Volke vorstehn, das die Gebothe Gottes nicht hält, wovon die Beamteten die Ersten sind, ein solches Volk möchte ich nicht regieren. In dieser bedrängnißvollen Zeit ist Gott die einzige Quelle aus welcher dem Herzen Ruhe & Freude zufließt: und wahrlich ist es ein großer Trost, zu sehn daß doch viele Menschen sich inprünstig zu Gott wenden, und so könnte es am Ende doch beßer gehn als man glaubt.

 

Ma, est pertanto vero che ei sono delle donne moltissima radicale; aber bei all’ dem, daß man unsere Stadt als der Hauptsitz des Radikalismus erklärt, so ist es doch merkwürdig daß so viel Ruhe & Stille herrscht. –

 

Um noch einmal auf den preiswürdigen Thee zu kommen muß ich Ihnen doch das Rezept davon mittheilen weil er vieleicht auch für Sie gut wäre. Man läßt also aus der Apothehk 3 Loth Gamillen 3 Loth Lindenblühte & 3 Loth Schafgarben kommen, wohl untereinander gemischt; davon nimmt man was man in drei Finger faßen kan, *für einmal zu einer großen Taße, und brüht es mit kochendem Waßer ab, läßt es ¼ Stund dünsten: und dann lauwarm gedrunken; ich trinke ihn morgens 10 Uhr. Im Anfang trank ich ihn 2mal, auch vor Schlafengehn. Der hiesige Arzt hat ihn mir gebilligt & gesagt, weil er sehr schwach sei, so sei es nöthig lange damit forzusetzen und er könne in keinem Fall schaden. Wenn Sie ihn nicht selbst brauhen wollen, so rathen Sie ihn Andern; damit wir solche Engel seien, wie die ehrwürdige Frau mir Eine war. Was ich aber noch beifüge ist, daß man nebenbei fleißig in die Kirche gehen muß, und nicht etwa wegen einem kleinen Halsweh oder Resma zu Hause bleiben! Übelkeiten dieser Art muß man gar nicht achten, dann gehen sie wieder wie sie gekommen sind: probatum est!

 

Fröhliche Ereigniße könnte ich Ihnen sonst keine mittheilen, daher ende ich meine Zeilen, und sage Ihnen nun mein herzinnigstes Lebewohl; Gott behüte und bewahre Sie und zweifeln Sie nie an meinem gleichsamm beständigen Andenken an Sie, auch umgeben mich so viele schöne Sachen von Ihnen, wie das ausgezeichnete Bild von Thengenbach und das Andere mit dem schwärmerischen Ritter, dann der herrliche Pocal und die theuren Amadisten etc etc! Dieses sind lauter holde liebe Erinnerungen, die Sie auch an Ort & Stelle sehen sollten; die Pepi sagt, man könnte auch Zanken mit Ihnen! Adio!

 

La di Lei,

 

Konstanz den 27ten Jenner                                                                          fedelisissima amica

                                   49.                                                                                   Maria Ellenrieder.

 

So viel habe ich schon lange nicht mehr geschrieben, hoffentlich werden Sie diesmal mit mir zufrieden sein? Sehen Sie den lieben hochverehrten Herrn Pfarrer Lender8 so bitte ich Sie, mich ihm schönstens zu empfehlen.

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig als Adressat bestimmen. Dem Brief lag ursprünglich ein kleines Faltblatt mit einem Aquarell »Frau, an eine Tür klopfend« (Fischer und Blanckenhagen WV 248) bei, dazu der Vierzeiler:

»Nicht der Tod, sondern ich will klopfen an der Thür,

Denn Uns des Widersehens freuen, wollen wir!

So hoffe ich in schönen und freundlichen Träumen,

Und seh mich schon wandeln in des Gartens blumigen Räumen! M.E. 1849.«

2 Dr. Rueff, praktischer Arzt in Baden-Baden (vergl. Heinrich Schreiber, Baden-Baden, Stuttgart 1840, S. 45).

3 Maria Anna Martignoni (1782-1870), Schwester der Künstlerin.

4 Fischer und Blanckenhagen WV 433A.

5 Fischer und Blanckenhagen WV 301.

6 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

7 Karl Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen (1785-1853), trat aufgrund der politischen Ereignisse am 27. August 1848 die Regierung des Fürstentums an seinen Sohn Karl Anton ab.

8 Franz Xaver Lender (1796-1876), ab 1847 Stadtpfarrer und Schuldekan in Gengenbach und ab 1854 Münsterpfarrer in Breisach, früher Lyzeumsdirektor in Konstanz.

 

 

171      [RM Konstanz, 63]1                                                                                    [Konstanz, 15. März 1849]

 

Mein theurster Freund!

 

Soeben biethet sich mir eine freundliche Gelegenheit dar, Ihnen für Ihr theures Briefchen sowohl als für die schönen Wasen zu danken. Ja 1000 & 1000 mal empfangen Sie meinen herzlichsten Dank! Viel mehr kann ich Ihnen heute nicht sagen, nur so viel noch, daß mich das liebe Gedicht wahrhaft entzückte: Nur laßen Sie nie eine Spuur vernehmen daß Sie auch zu uns noch einmal kommen wollen? –

 

Mit dem Bilde nach England2 geth es rasch vorwärts, Gott sei Dank! Ich hoffe bis im Mai damit fertig zu werden: Reiseplan habe ich noch Keinen gemacht; ich will erst zusehn was die Zeit durch die Zulaßung Gottes bringt oder nimmt.

 

Der Bote dieses Briefchens ist der Hochwürdige junge Herr Benz,3 als Kaplan für nach Gängenbach,4 er ist ausgezeichnet sowohl in seinem Edelsinn als durch Talent. Es wird Ihnen gewiß Vergnügen machen ihn später kennen zu lernen, wenn er auch im Augenblick dies Briefchen nicht selbst bringen kann.

 

Die Pepi5 grüßt Sie angelegentlich, und schickt Ihnen ein paar Veilchen aus unserem Garten.

 

Ich hoffe Sie werden auch ein wenig fromm sein in dieser heiligen Zeit: den das Leiden des Herrn ist wunderbare Liebe, die wir nicht genug anbethen können.

Ihre

Konst 15ten Merz 49.                                                                                        Freundin Maria

                                                                                                                                        Ellenrieder

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig bestimmen.

2 »Der 12jährige Jesus im Tempel« Fischer und Blanckenhagen WV 433A.

3 Josef Benz (1825-1898), Kaplan in Gengenbach.

4 Gengenbach.

5 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

172      [ZB Zürich Ms. Z II 361a]1                                                                            [Konstanz, 11. Mai 1849]

 

            Um in mein Attelier zu gelangen bedarf es keiner besonderen Erlaubniß, daher freut es mich um so mehr Sie kommen zu sehn:2 weil ich Ihnen dann mündlich bezeugen kann wie sehr mir & vielen Anderen Ihre frommen Lieder gefallen haben.

 

Ganz besonders freute es mich, daß Sie auch für mich beteten; daher danke Ihnen statt meiner ein Gott lobpreisendes Engelein. –

 

Mit herzlicher Verehrung

Ihre

Konstanz den 11 Mai 49.

                                                                                                                      ergebenste Maria

                                                                                                                                      Ellenrieder

 

 

1 Brief adressiert an:

»Sr.

Wohlgebohren

Dem Herrn Herrn Horner

Inspector im Hof zu

Zürich

gleich abzugeben«

Aus dem handschriftlichen Nachlass von Konrad Meyer von Winkel.

2 Es gibt zahlreiche Quellen, die belegen, dass zur damaligen Zeit viele Reisende unvorangemeldet das Atelier der Künstlerin in Konstanz besuchten. Dies scheint die Künstlerin einerseits gefreut zu haben, andererseits gibt es Hinweise, dass sie sich verständlicherweise oft in ihrer Arbeit gestört fühlte.

 

 

173      [ZB Zürich Autogr. Ott: Ellenrieder, Marie]1                                      [Konstanz, 27. September 1849]

 

Hochverehrte Frau!

 

Empfangen Sie meinen wärmsten Dank für Ihr unendlich liebes Briefchen, es wäre indeßen zu schmeichelhaft für mich, und ich nehme es nicht für mich auf; sondern ehre nur Ihre liebevolle fromme Meinung. –

 

Und wegen dem Honorar welches Sie mir so großmüthig für meine Nichte übersannten sage ich Ihnen auch meinen verbindlichsten Dank; Gott wolle es Ihnen vergelten!

 

Bei diesem Anlaß erlauben Sie mir für Ihr Album diese drei beikommenden Engel einzulegen:2 sie singen Lieder vom himmlischen Frieden; danken Sie mir aber nicht dafür, denn ich habe mich schon längst gedrungen gefühlt Ihnen Etwas dieser Art zuzueignen, daß ich es bisher unterließ, dafür verdiente ich eher Strafe.

 

Was die schrecklichen Unruhen der Zeit3 betrift, diese haben wir mit Gottes Gnade ruhig überstanden, und seither auch den Druck der starken Einquatierung mit Liebe angenommen, soeben eßen wir mit drei freundlichen Husaren: wir betrachten sie als Gäste vom Heiland gesannt. Was aber betrübend bei der Sach doch ist; ist, daß mann keinem Ende entgegen sieht, sondern vielmehr noch Schlimmeres in Aussicht steth.

 

Leben Sie nun wohl, und genehmigen Sie die herzinigste Verehrung mit welcher ich öfters Ihrer gedenke; auch meine Schwester läßt Ihnen alles Schöne sagen.

 

Ihre

                                                                                                                     dankbar ergebenste Maria

Konstanz den 27 Sep 49.                                                                                         Ellenrieder

 

 

1 Name der Adressatin ist nicht genannt.

2 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

3 In der Zeit des Republikanischer Aufstandes 1848/49 waren in Konstanz wechselnde Regimenter der Reichstruppen einquartiert.

 

 

174      [GLA N Beringer Nr. 586]1                                                                      [Konstanz, 4. Oktober 1849]

 

Hoch und innigst verehrter Herr von Vogel!

 

Wie ich mein Briefchen an Sie anfangen soll, das weiß ich in Wahrheit nicht. Entschuldigen dürfte ich mich nicht, und Anderes weit und breit erzellen wäre langweilig.

 

Also bitte ich nun wegen meinem allzulangen Stillschweigen 1000 u: 1000mal um Verzeihung: auch sage ich 1000mal Dank für alles Überschickte und besonders rührte mich der freundliche Gruß durch Frommel2 mit dem außerordentlichen guten und schönen Blatt! – So ein lieber Vetter und so ein edler Sohn! Gott behüte und segne Sie Beide!!

 

Was mich betrifft, geth es mir ordentlich Gott sei Dank! arbeite fleißig und wache und bethe so viel mir Gott Gnade dazu gibt: Es wäre zu umständlich die Gegenstände alle zu beschreiben die ich gemalt & komponiert habe; ich wollte lieber ich könnte sie Ihnen persönlich zeigen: vieleicht begleiten Sie Ihren lieben Sohn einmal in die Schweitz?

 

Ihrem Ansuchen zu Folge finden Sie hier beikommend eine Handzeichnung mit der Bitte sie mit Liebe und Nachsicht aufzunehmen.

 

Nun hätte ich aber noch eine wesentliche Bitte: nemlich, vor Jahr und Tag erhielt ich ein sehr freundliches Schreiben von einem Fräulein von Bornstädten:3 dieses Schreiben war mit ein paar Ankündigungen für einen Pazar zum Besten der katholischen Kirche in Leipzig4 begleitet; ich ließ mir damals sehr angelegen sein mich dafür zu verwenden, und nammentlich sannte ich zur Ankündigung auch den Brief selbst an Herrn v: Laßberg,5 ein Bekannter dieser Dame: nach längerer Zeit und auf mehrmaliges Verlangen erfuhr ich endlich daß er den Brief verlegt habe und denselben nicht mehr finden könne, auch schien er nicht geneigt etwas beizusteuern: wohl aber Hr: v: Weßenberg6 sannte mir eine Handschrift begleitet mit 10 fl die sich in Gold in diesem Pageth vorfinden: weil ich also weder Brief noch die Ankündigungen von keiner Seite her zurück erhielt, weiß ich nun den Namen dieser Dame nicht ganz genau, sondern nur dunkel aus meiner Erinnerung.

 

Wer könnte nun beßer aus meiner Verlegenheit helfen als Sie! da Sie von der Aufforderung für die Leips’ger Kirche wißen werden.

 

Ich bitte Sie also wenn Sie diese Addreße richtig finden dieses Pageth zu übergeben; wo nicht, so  eröfnen Sie daßelbe und laßen Sie dann gelegenheitlich die Handschrift von Hr: v: W. sammt den 10 fl und den Jesusknaben mit dem Kreutze7 von mir, als kleine Beisteur an die gehörige Behörde abgehn. – In dem Briefe an das Fräulein werden Sie ersehn, daß ich gegen diese Dame nicht weniger nachläßig war im Schreiben als an Sie.

 

Leben Sie nun wohl und glücklich, und seien Sie meiner treuesten & innigsten Verehrung versichert womit ich öfters Ihrer gedenke.

Ihre

Konstanz den 4ten Okt 49.                                                              ergebenste Dienr: & Freundinn

                                                                                                                                  Marie Ellenrieder

 

Hätten Sie Gelegenheit die liebe Louise Seidler8 von mir grüßen zu laßen, so wäre mir dies sehr lieb.

 

Und noch eine Bitte, mir nemlich nur mit ein paar Worten anzuzeigen daß Sie dieses Pageth erhalten haben.

 

Das mit der Feder gezeichnete Figürchen ist nach der Natur bei der Lampe gezeichnet; ich habe diese Jahre viele solche verfertigt.

 

den 13ten Okt:

Als ich das Pageth schließen wollte, wurde ich abermal gehindert und mehrere unruhige Tage folgten nacheinander; in dieser Zwischen=Zeit fiel mir noch eine Bitte ein: nemlich schon lange wünschte ich mir wieder von dem Klepperbeinischen Magen & Nerfenstärkenden Pflaster von Dresten kommen zu laßen: und da soeben Madame Studer9 von hier, bei Madame Herion10 auf Besuch ist, so würde sie vieleicht so gut sein mir daßelbe mitzunehmen, umsomehr, weil ich dieses Pflaster größten Theils für Arme kommen laße; und Md: Studer ist sehr wohlthätig, dafür würde sie sich aus diesem Grunde eher dazu verstehn.

 

Dieses Klepperbeinische Pflaster11 befindet sich in Büchschen von Eisenblech: sollte es die Md: St: nicht mitnehmen wollen; so beauftragen Sie den Kaufmann daß er es der Post übergebe, auch bitte ich den Kaufmann mir den Betrag nach Gulden zu berechnen, im Wehrt von 5 bs 6 pr: Thalern: welches ich ihm dan portofrei zusenden werde; könnte er aber den Betrag nachnehmen wäre es mir lieber.

 

Werden Sie mir nun verzeihen, daß ich Sie so plage? Gott wird es Ihnen aber vergelten.

 

Aus Versehen habe ich die Handschrift des Hr: v: W: vergeßen diesem beikommenden Pageth einzuschließen, ich bitte also daßselbe mit Obigem abzugeben.

 

 

1 Brief an Carl Christian von Vogel (1788-1868), Hofmaler in Dresden.

2 Carl Ludwig Frommel (1789-1863), Galeriedirektor in Karlsruhe.

3 von Bornstädten, nicht ermittelt.

4 Die der heiligsten Dreieinigkeit geweihte neue katholische Kirche in Leipzig wurde am 19. September 1847 feierlich eröffnet.

5 Joseph Freiherr von Lassberg (1770-1855), Fürstlich Fürstenbergischer Landesadministrator und Sammler mittelalterlicher Handschriften (vergl. Dominik Gügel, Joseph Freiherr von Lassberg und sein Konstanzer Umfeld, in: Joseph von Lassberg – des letzten Ritters Bibliothek. Ausstellung im Bodman-Haus, Gottlieben, 2001).

6 Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg (1774-1860), von 1817 bis 1827 Bistumsverweser des Bistums Konstanz.

7 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 315.

8 Louise Seidler (1786-1866), Hofmalerin in Weimar.

9 Frau Studer, Konstanz, nicht ermittelt.

10 Frau Herion, Dresden, nicht ermittelt.

11 Die Firma Klepperbein, 1707 in Dresden gegründet, war in der Mittle Frauengasse 10 ansässig und handelte mit natürlichen Haus- und Heilmitteln.

 

 

174      [RM Konstanz, 64]1                                                                                         [Konstanz, 2. April 1850]

 

Hochverehrter liebster Freund!

 

Seit Ihrem lieben Briefchen, durch die gute edle Frau v: Schmid,2 welche meine Schwester & ich hoch verehren, so wie die ganze vortreffliche Familie des Herrn Oberamtman; seitdem wollte ich mich immer bei Ihnen bedanken: aber sieh’ da! schmälen Sie nur, schob ich es immer auf.

 

Zwei Ursachen zu meiner Entschuldigung möchte ich jedoch angeben; nemlich ein paar Arbeiten für Auswärtige versezten mich in die Nothwendigkeit sehr viel zu schreiben. Und dann hielt mich auch der Gedanke zurück daß, wenn es Gottes Wille ist, ich diesen Sommer nach Carlsruhe reise um noch einmal den Theuren Herrschaften3 meine schuldigste Aufwartung zu machen, und um nicht vorbei zu schnurren bei meinem liebsten Freund! um so mehr, da ich jezt viel wohler bin als vor 3 Jahren Gott sei Dank! Den ganzen Winter arbeitete ich beinahe so fleißig wie in meiner Jugend, gieng täglich mit dem Latärnchen durch frisch gefallener Schnee & Glatteis in die Fruhmeß: nur vor 4 Wochen verdarb ich mich durch eine schädliche Speise, wovon ich mich schwer erholte, so daß mir jezt noch nicht gut ist: es bedarf eben nur Weniges, so ist es um mich geschehn!

 

Die Pepi4 sagt Ihnen viel Schönes, sie ist aber durch die großen und aufhaltenden Einquartierungen5 doch etwas älter geworden; den wahrlich der Muth gebrach Einem öfters. Seit dem aber das Militär einkaserniert ist, haben wir es so still & ruhig, und auch so vergnügt beieinander, besonders in der Absicht diese Stille jezt recht zu genießen; weil man nicht weißt ob sie nicht vieleicht bald uns wieder genommen wird. Gott wolle uns Allen gnädig und barmherzig sein!

 

Wir haben jezt auch eine Mission in unserer Nähe und Tausende der Heilsbegierigen finden sich ein: Gott sei Lob & Dank!

 

So viel für heute, das Mehrere mündlich.

 

Mit herzinnigster Verehrung Ihre

 

Konstanz den 2ten Apr: 50                                                                             Freundin Maria

                                                                                                                                   Ellenrieder

 

Der lieben Frl: v: Schleiss6 danke ich herzlichst für die freundlichen Grüße.

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig als Adressat bestimmen.

2 Frau von Schmid, nicht ermittelt.

3 Großherzogliche Familie.

4 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

5 Die Rede ist von der Einquartierung österreichischer, bayerischer und hessischer Truppen im Zusammenhang mit der Niederschlagung des Republikanischen Aufstands 1848/49.

6 Theresia Freifrau von der Schleiß (1787-1852), Tochter des Joseph Aloys Freiherr von der Schleiß aus Berghaupten, der 1800 zum Vormund von Carl Freiherr von Röder bestimmt wurde (siehe dazu Stefani von Roeder, Eine »romantische« Geschichte, in: Mittelbadische Presse, 3. September 2011).

 

 

176      [StB, Slg. Darmstaedter, 2 n 1834]1                                                                    [Konstanz, 23. Mai 1850]

 

Hochverehrter Herr!

 

Wie angenehm Ihre außerordentlich theure liebe Zuschrift mir war, das kann ich Ihnen gar nicht beschreiben; Dank also, 1000 Dank!

 

Auch fühle ich mich sehr geehrt, daß ich Ihnes Einiges schicken darf: ich lege daher Ihrer kl Sapho2 noch 4 Blättchen von verschiedener Art bei; sollten Sie dieselben nicht behalten wollen und auch unter Ihren Freunden keinen Liebhaber dafür finden, so bringen Sie sie mir im Herbst wieder zurück.

 

Gott gebe daß Sie einen recht glücklichen Sommer in Kißingen haben, und das wir überhaupt vor Unruh und Krieg durch die Barmherzigkeit Gottes bewahrt bleiben!

 

Ich arbeitete viel seit Ihrer Erscheinung in Konstanz, ich wurde auch mit ein paar Aufträgen für Hr: Arnand von Lyon erfreut: der Carton der 3 Jungfrauen,3 deßen Sie sich vieleicht noch erinern, verkaufte ich an eine Familie Moitessier in Paris so auch eines von meinen kleinern Bildern. Einen Carton möchte ich gerne daß Sie auch von mir hätten.

 

In diesen Tagen versende ich 2 Köpfe in farbigter Kreide gezeichnet nach Wien an eine Gräfin Parrj-Sekenzi,4 welche vor einigen Jahren in unserer Nähe der Schweitz wohnte, sie hat mehrere Sachen von mir, diese Köpfe aber bestellte sie für eine Dame deren Namen sie mir nicht nannte.

 

Leben Sie nun wohl und empfangen Sie meine herzinnigste Verehrung mit welcher ich recht oft an Sie denke.

 

Ihre

Konstanz den 23tn Mai 50.                                                                     gehorsamste Fr: Maria

                                                                                                                                        Ellenrieder

b w

Die kl Skitze von Jesus & Johannes5 malte ich für die Familie von Scherer6 auf Schloß Kastel in natürlicher Größe.

 

Das Raue auf diesem Skitzhen wird sich verlieren wen es noch eimal gefirnnißt wird; es kam zu fruh ins Portfeule, der Name steth rükwärts.

 

Für die Königin von England habe ich auch 2 Albumblätter einsenden müßen.7

 

Bald hätte ich versäumt Sie zu bitten mir Ihre Bekannten die über Constanz reisen mir in mein Attelier einzuladen und daß dieselben es nicht versäumen möchten.

 

 

1 Adressat ist nicht bekannt (aus der Sammlung Darmstaedter, Signatur 2n 1834, Ellenrieder, Marie, in der Staatsbibliothek zu Berlin).

2 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

3 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 460. Der Carton dort aber nicht erwähnt.

4 Juliana Parry-Waltham, geb. Gräfin Széchényi (1809-1885).

5 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 317.

6 Scherer von Scherburg auf Schloss Castell bei Tägerwilen.

7 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

 

 

177      [RM Konstanz, 65]1                                                                                  [Baden-Baden, 30. Juli 1850]

 

Lieber Freund!

 

Ich komme, und Sie haben gewiß auch mein Briefchen noch aus Konstanz erhalten, worinn ich Ihnen sagte, daß ich dießmal nicht vorüber schnurren werde.

 

Ich komme also, wie es nur ein Mensch sagen kann: aber nur für einen Tag, denn ich sehne mich unaussprechlich nach der heimatlichen Stille & Ruhe; und ich fühle es in allen Gliedern daß ich in mein 60stes Lebensjahr eingetretten bin.

 

Mündlich ein Mehreres; nur das möchte ich noch beklagen, daß Sie in Baden waren & ich Sie nicht sah.

 

Leben Sie wohl! Der lieben Frl: v: Schreb2 rufe ich ich 1000mal Gelobt sei Jesus Christus! zu.

 

Ihre

 

Baden den 30ten Juli 50.                                                                                Freundin Maria

                                                                                                                                       Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder in Diersburg. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig als Adressat bestimmen.

2 Amalie von Schreeb (1784-1864), Cousine von Carl Freiherr von Röder.

 

 

178      [RM Konstanz, 66]1                                                                            [Konstanz, 15. September 1850]

 

Theurster Freund!

 

Empfangen auch Sie durch Fräulein von Schleiss2 einen schriftlichen Gruß; und noch 1000 & 1000mal meinen Dank für Ihre liebevolle Aufnahme.

 

Jezt wäre ich beßer geeignet von dem lieben Zimmerchen, daß Sie für mich so huldvoll ausstafierten, Gebrauch zu machen: denn nun habe ich von meinen 7 Wochenlangen Strapatzen ausgeruht und allmählich kamen die frühern Kräften zurük.

 

Von der heiligen Mission habe ich noch recht viel Gutes empfangen, mann ist jezt eigentlich nur noch wehmüthig gestimmt; weil wir dieser drei Gottbegeisterten Männern so schmerzlich beraubt sind. Es hat aber viel Gutes gestiftet, Gott sei Lob & Dank!

 

Jezt bin ich wieder recht im Malen begriffen und Sie im Schreiben & Dichten; Gott gebe, daß wir Alle einen recht glücklichen Winter durchleben, und daß Sie dem schönen Versprechen gemäß frei von allem Übel am Fuße zu uns kommen können: nach meinem Dafürhalten und nach der Meinung einiger Anderer wäre Ihnen eine Fontanelle gewiß gut; denn da Ihr Übel bald in diesem bald im andern Knie sich zeigt, ist es zu vermuthen, daß wenn ein Ausweg statt fände Sie schmerzlos 1000 Jahr alt werden könnten. O, thun Sie doch Dieses; wäre dieses nicht an mir geschehn, ich läge gewiß schon unter der Erde.

 

Nun sage ich Ihnen mein herzinnigstes Lebewohl und meine treue Verehrung Liebe und Dank.

Ihre

 

Konstanz den 15ten Sep:                                                                         Freundin Maria

                                   1850.                                                                                     Ellenrieder

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder in Diersburg.

2 Theresia Freifrau von der Schleiß (1787-1852). Vergleiche die entsprechende Anmerkung im Brief vom 2. April 1850.

 

 

179      [E. Fecker, Ettlingen]1                                                                             [Konstanz, 28. Oktober 1850]

 

Ihro Hohheit,

Allergnädigster Prinz!

 

Gott zum Gruß!

 

Nach mündlicher Verabredung wartete ich mit der Verabsendung des Carton2 bis beßeres Wetter eingetretten war, und so übergab ich ihn also heute den 28ten D. der Post mit den frömmsten Wünschen begleitet, daß er recht glücklich an dem Orte seiner schönen Bestimmung anlangen möchte; und daß Ihro Hohheit ihn so liebevoll aufnehmen möchten als liebevoll Ihr Entschluß war ihn Sich anzueignen. Gott vergelte Ihnen die Freude die Sie mir dadurch machten, und o! daß dieser liebe Gegenstand Ihnen Seegen bringe! Das glaube ich Ihro Hohheit nicht gesagt zu haben, daß ich unter dem Pharisäer der mit dem Jesusknaben im Vordergrund sitzt den künftigen Nicodemus3 dachte: owohl ich ihn etwas zweifelhaft darstellen wollte, war er doch schon von gutmüthiger Art: und dieses hat mich bei der Arbeit mit mehr Liebe begeistert.

 

Nun ist mir alles daran gelegen daß bei dem Auspacken und Aufstellen diesem Bilde kein Unglück geschieht; daher bäthe ich Ihro Hohheit diese Anordnung dem Herrn Hofvergolder Bilger4 anzuvertrauen, der mir immer alles mit der größten Pünktlichkeit besorgte, und so ließen Sie ihn rufen um die Kiste zu öffnen; was ich weiteres dabei wünsche möchte ich auf ein eigenes Blättchen schreiben damit Ihro Hohheit aller Mühe enthoben sind.

 

Nun sage ich Ihro Hohheit mein herzinnigstes Lebewohl! und wie gerne möchte ich Ihnen noch 1000mal sagen daß ich mit unendlicher Freude an Ihre Erscheinung in Constanz denke: hoffentlich werden Sie damals Ihre Reise glücklich vollendet haben? Meine Schwester empfiehlt sich Ihnen mit mir zu Gnaden.

 

Ihro Hohheit allergnädigsten Prinz!

 

Konstanz den 28ten Okt 50.

                                                                                                            unterthänigste Maria

                       Ellenrieder Hofmalerinn.

 

 

1 Brief an Friedrich Prinz von Baden (1826-1907), zwischen 1852 und 1856 Prinz und Regent  sowie von 1856 bis zu seinem Tod Großherzog von Baden.

2 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 433. Der Karton zu dem Gemälde für Victoria Königin von England ist bei Fischer und Blanckenhagen WV 433 nicht aufgeführt. Unter dem Titel »Jesus in der Schule« hat S. Maier nach diesem Karton eine Lithographie gefertigt, welche die Unterschrift trägt »Das Original ist im Besitz Sr Königlichen Hohheit, des Prinzen und Regenten Friedrich von Baden«. Der Karton wurde 1995 aus der Sammlung der Markgrafen und Großherzöge von Baden versteigert. Siehe Die Sammlung der Markgrafen und Großherzöge von Baden, Versteigerungskatalog Sothebys Baden-Baden 1995, Bd. IV, Nr. 4296.

3 Nikodemus, einer der Pharisäer genannt im Johannesevangelium (Joh 3,1).

4 Anton Bilger, Hofvergolder und Bilderrahmer in Karlsruhe.

 

 

 

Ellenrieder Marie Friedrich I. von Baden

 

180      [FFA Donaueschingen]1                                                                                [Konstanz, 29. März 1851]

 

Ihro Durchlaucht,

Allergnädigster Fürst!

 

Im Vertrauen daß Ihro Durchlaucht mir verzeihen werden, wenn ich auf das Ansuchen der Frau Bräumeisterinn Anger2 von Werrenwag, welche soeben auf Besuch bei uns ist, diese beikommende Bittschrift in Ihro Durchlaucht lieben Hände befördere: es ist eine Bescheidenheit der Familie Anger; indem sie glauben durch Jemand Beßerer als sie selbst sind, dieses besorgen zu wollen; und sie sich diese Täuschung nicht nehmen laßen: da nahm ich meine Zuflucht zum heil Erzengel Gabriel daß Er der Bote statt meiner sein möchte, und sezte mich hin und zeichnete Ihn, wie Er diese Bittschrift aus seiner heiligen Brust nimmt, um sie dem Edelsten Fürsten zu überreichen.3

 

Ich will nicht lange reden, aber mann könnte viel Gutes von dieser braven Familie sagen, und es scheint auch daß in dieser Schrift manches gut ausgedrückt ist: von so vielen Jahren sind so gute Zeugniße da; daß Ihro Durchlaucht gewiß gerne diese guten Leute beibehalten werden. Die Erleichterung um welche sie unterthänigst bitten, kann und wird Gott gewiß vergelten.

 

Ich wünsche jezt nur daß Ihro Durchlaucht ganz wohl diese Zeilen erhalten, und daß Sie Alle recht wohl und zufrieden sind!

 

Mich hat der Herr züchtigend heimgesucht, durch eine schon lang dauernde nervöse Beklemmung auf der Brust, die nicht weichen will. Im Frühjahr gedenke ich so Gott will nach dem schönen Werrenwag zu gehn, um mich dort zu erholen, auch denke ich jennen drei Wandzeichnungen eine Vierte anzureihen.4

 

Indem ich nun in aller Ehrfurcht und ewiger Dankbarkeit Ihro Durchlaucht die Hände küße und auch Ihro Hohheit der edelsten Fürstinn5 mein herzinnigstes Lebewohl sagen möchte, so auch der Allerbesten Prinzessinn Elise,

 

                                                                      bin ich in alter Anhänglichkeit

 

Ihro Durchlaucht,

 

Konstanz den 29ten Mrz 1851.

                                                                                                                     unterthänigste Marie

                                                                                                                    Ellenrieder Hofmalerin

 

 

1 Brief an Carl Egon II. Fürst zu Fürstenberg (1796-1854).

2 Maria Josepha Anger, geb. Benz.

3 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

4 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 298A.

5 Amalie Christine Fürstin zu Fürstenberg (1795-1869).

 

 

181      [E. Fecker, Ettlingen]1                                                                                    [Konstanz, 19. Juli 1851]

 

Innigst hochverehrter Freund!

 

Verzeihen Sie mir, daß ich nicht bälder mit dieser meiner dankbaren Antwort kam. – Im Sommer nehmen bei mir die äußeren Unruhen zu, und von zu langem Unwohlsein geschwächt muß ich Alles nur langsamm besorgen.

 

Herr v: Weßenberg2 schrieb es mir selbst in mein Gedankenbüchlein, wo und wann er geboren wurde: dieses Porträt fiel in die ersten Jahre meiner Künstlerlaufbahn; als ich nemlich in Zürich Anno 1817 mehrere Porträtte malte; da wurde mir von Hr: Obmann Füssli,3 Freund des Hr: v: Weßenberg der Auftrag gegeben, daß, wenn ich in Constanz zurückgekehrt sei, mein Erstes das Porträt des Hr: v: W: sein soll; für sich.4 Hr: v: Weßenberg erwies ihm gern diesen Gefallen und so geschah es etwa im Jahr 18 oder 19.

 

Und was soll ich nun zu Ihrem abermaligen Geschenk sagen? es sezt mich ja ganz in Verlegenheit! Ich muß es nehmen, weil ich es nun eben schon habe, tausentmal Gott vergelts sagen, und mir eine Gelegenheit wünschen Ihnen meinen Dank beweisen zu können, wenn Sie etwa Selbst kämen, welches mich sehr freuen würde.

 

Über Ihre außerordentlichen Arbeiten bin ich ganz in Bewunderung: und ich kann es nicht begreifen wie Vieles Sie in so kurzer Zeit zu Stande bringen konnten, & zwar so Schweres! Nun werden Sie vieleicht schon in Wien gewesen sein?

 

Was ich soeben in Arbeit habe, ist ein heil Antonius von Badova5 wie ihm der Jesusknabe erscheint und ihn liebkost. Dann die bethende heil Maria als Kind von 3 Jahren:6 und ein kl Bildchen den Englischen Gruß vorstellend.7 Von meinem lezten Bild nach Lyon8 habe ich Ihnen geschrieben, es kam glücklich daselbst an & wurde in aller Liebe & Nachsicht aufgenommen.

 

Leben Sie nun wohl, so auch Ihr geliebter Sohn, und Gott schütze und bewahre Sie Beide ganz besonders so wünscht und bittes es zu Gott

 

Ihre

 

Konstanz den 19ten Juli 51                                                    dankbarst ergebenste

     Frd: Maria Ellenrieder

 

Auch meine Schwester empfiehlt sich Ihnen schönstens.

 

Was die künftige Bestellung bei Klepperbein9 betrifft, ist es vielmehr nöthig daß wir seine gehörige Addreße bekommen; denn unter meinem einfachen Namen erhielt ich noch immer Alles, übrigens kann mann zu M & E noch Gr: Bd: Hofmalerinn hinsetzen. Ob er unseren lezten Brief den die Schwester schrieb erhalten habe daß wißen wir noch immer nicht.

 

 

1 Brief ohne Adressat. Aus dem Inhalt des Briefes lässt sich ableiten, dass es sich wohl um Carl Christian Vogel von Vogelstein (1788-1868) handeln muss (vergl. Brief vom 4. Oktober 1849 an Vogel von Vogelstein). Carl Vogel von Vogelstein porträtierte eine große Zahl seiner Zeitgenossen und fertigte für seine Sammlung 1832, anlässlich des Dresden-Besuches der Künstlerin, auch ein Porträt von Marie Ellenrieder. Der zweite Absatz des Briefes muss mit dieser Porträtsammlung zusammenhängen.

2 Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg (1774-1860) , von 1802 bis 1827 Generalvikar des Bistums Konstanz. Förderer der Künstlerin.

3 Johann Heinrich Füssli (1745-1832) genannt Obmann Füssli, Historiker, Staatsmann, Verleger in Zürich.

4 Vergl. Fischer und Blanckenhagen WV 79.

5 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

6 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

7 Vergl. Fischer und Blanckenhagen WV 298.

8 Vergl. Brief vom 23. Mai 1850.

9 Die Firma Klepperbein, 1707 in Dresden gegründet, war in der Mittle Frauengasse 10 ansässig und handelte mit natürlichen Haus- und Heilmitteln. Marie Ellenrieder kaufte dort die Klepperbeinschen magen- und nervenstärkenden Pflaster, die sie größtenteils an Arme verteilte.

 

 

182      [Archiv der Freiherrn v. Gayling Freiburg]1                                         [Konstanz, 21. Dezember 1851]

 

Geliebteste allergnädigste

Frau Gräfin!

 

Den schönsten Dank 1000mal für die glücklich wohlerhaltenen schönen Blumen für St: Loretto.2 Gott wird es Ihnen gewiß vergelten, den dieses ist ja zu seiner Ehre, und zum Wohl der theuren lieben Frau Gräfin selig! Es bot sich gleich eine fromme Jungfrau an dieselben hinauf zu tragen, und sie sollen sich da recht schön ausnehmen.

 

Auch danke ich Ihnen besonders für Ihr liebes Briefchen. Gott Lob daß Sie Alle wohl sind und man Hoffnung hat, daß Sie es bleiben; in dem milden Clima von Baden.

 

Von Ihrer genialisch unternommenen Riesen Reise haben wir damals gleich Nachricht durch Frl Sophie erhalten, und mit welcher Freude hörten wir dann Herrn Grafen davon erzellen! –

 

Uns geth es auch gut Gott sei Dank, nur vor wenigen Tagen hatte die Pepi3 das Unglück zu fallen & sich an der linken Hand sehr weh zu thun, so, daß sie dieselbe noch nicht gebrauchen kann.

 

Das Bild des heil Antonius mit dem Jesusknaben4 ist jezt bald fertig, auch das Übrige daß Sie bei mir angefangen gesehn hoffe ich bald zu vollenden. Dann habe ich zwei singende Engel5 für Frau Baron von Waldau6 in Berlin zu malen.

 

Leben Sie nun wohl, Leben Sie Alle wohl! & Gott wolle Sie Alle an Seel & Leib behüten & bewahren und wenn der reichbeladene edle Graf Louis7 von Stuttgart nach Baden komt, so bitte ich, wenn ich darf, ihn dankbarst von mir zu grüßen & zu lobpreisen und wenn Sie dan recht vergnügt mit Ihren unschuldigen Kinderchen sein werden und selbst vor dem lieben Gott Kinder sein werden; dann werden auch die Engel des Himmels sich freuen! –

 

Mit herzinnigster Liebe & Verehrung Ihre

 

Konstanz den 21ten Dec: 51.

                                                                                                               Gehorsamste Dienerinn

                                                                                                                                    Maria Ellenrieder.

 

 

1 Brief an Louise Gräfin Douglas (1825-1900). Louise Gräfin von Langenstein heiratete am 8. Juni 1848 Karl Graf Douglas.

2 Lorettokapelle in Konstanz-Allmannsdorf.

3 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

4 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

5 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

6 Baronin von Waldau, Berlin, nicht ermittelt.

7 Louis Graf Douglas (1849-1916).

 

 

183      [GLA 56, Nr. 256]1                                                                                  [Konstanz, 6. November 1852]

 

Ihro Königlichen Hohheit,

Allergnädigster Prinz=Regent!

 

Es ist mir am 14ten Oktober d. J. von dem Großherzoglichen Oberverwaltungs=Rath die Weisung zugekommen, mich im Bezug eines Besoldungs=Bildes auszusprechen.

 

Meine Zögerung kömmt daher, weil ich seit dem Jahre 50 als ich mein letztes Besoldungsbild selbst überbrachte, und dabei Seiner Königlichen Hohheit dem allergnädigsten, jezt in Gott höchstseligen, Großherzog die unterthänigste Bitte zu Füßen legte, mich in Zukunft wegen meinem vorgerückten Alter von dieser Verpflichtung frei zu sprechen: welches mir dann huldreichst nicht versagt, aber auch noch nicht genehmigt wurde. Seither hoffte ich immer eine Entscheidung; und ich habe vielmal daran gedacht, wie ich mich auch hiebei zu verhalten hätte.

 

Das allertraurigste Ereigniß ist inzwischen auch darüber gegangen.2 Dürfte ich nun wohl an Ihro Königliche Hohheit meine Bitte wagen? und auch um eine Entscheidung. Ich bin zu Allem bereit denn es ist meine höchste Pflicht den treuesten Gehorsamm zu leisten, wie es seit Anfang geschehen ist. Da ich aber nun in meinem 62 Lebensjahr bin; so hoffte ich immer es werde eines Tages mein Gnadengesuch in Erfillung gehn: so daß also meine Besoldung als Gnadengehalt in Zukunft mir zukommen möchte.

 

Möchten Ihro Königliche Hohheit auch das in Erwegung ziehn, daß ich in meiner Jugend alle die schönsten Einladungen ins Ausland aus Vaterlandsliebe nicht annahm; es wäre also eine besondere Gnadenerweisung meinem Herzen sehr wohlthuend.

 

Ich bin jezt freilich in Sorgen, wegen den vielen Geschäften womit Ihro Königliche Hohheit beladen sind, daß selbst ich dieselben durch Gegenwärtiges noch vermehrte. Gott wolle Ihnen die Gnade geben in großmüthiger Gedult mir verzeihen zu können. Im Gebete bin ich sehr oft ganz nahe bei Ihnen.

 

Ihro Königliche Hohheit,

 

Konstanz den 6: Nov: 1852.

                                                                                              alleruntertänigste Maria

                                                                                                                       Ellenrieder Hofmalerin.

 

Dürfte ich auch fragen ob mein Huldigungsbrief

mit dem Engel3 in Höchst Ihre Hände kam?

 

 

1 Brief an Friedrich von Baden (1826-1907), seit dem 24. April 1852 Prinz und Regent.

2 Tod des Großherzogs Leopold von Baden am 24. April 1852.

3 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 390A.

 

 

184      [RM Konstanz, 67]1                                                                               [Konstanz, 29. Dezember 1852]

 

Mein hochverehrtester Freund!

 

Kaum getraue ich mich den Datum zu nennen, an welchem Sie mir ein so liebes freundliches Briefchen schrieben!

 

Immer hatte ich es vor auch wieder in ein paar Schriftzügen mich vor Ihnen sehen zu laßen: doch immer unterließ ich es wider, bis ich jezt durch das traurige Ereigniß mich besonders aufgefortert fühle Sie zu trösten; denn es muß doch ein großer Schmerz sein eine so nahe liebe & gute Freundin2 zu verlieren & so schnell.

 

Ihr reines Bewußsein daß Sie als ein treuer Freund und Verehrer der theuren Hingeschiedenen ein großer Trost waren das muß für Sie nun eine gänzliche Beruhigung sein. Und für ihre Treue & ihre Liebe womit sie Ihnen in so großer Verehrung zu gethan war wird sie ihren Lohn erhalten. Gott schenke ihr die ewige Ruhe!!! –

 

Zu meinem Vergnügen hörte ich daß Ihre Gesundheit sich recht ordentlich machte und daß Sie einige Reisen unternahmen und Sie sogar in München waren; Das ist weit! Ich will nun gerne sehen wann Sie an Unsern schönen Bodensee kommen?

 

Was mich betrifft, so geth es mir zimmlich gut, obwohl ich mich öffters sehr angegriffen fühle doch kann ich immer arbeiten & ich male soeben ein Jesulein mit dem Kreutze3 für die Fürstin von Fürstenberg4 und ein klein Bildchen ist vor wenig Tagen nach Zürich abgereist, es stellt vor; die Demuth & die Frömigkeit in zwei Jungfrauen die Hand in Hand gehn.5

 

Einiges ist angefangen was vieleicht erst im Sommer fertig wird, und Sie etwa Selbst es sehen werden, wo Sie dann auch den heil Antonius finden wie ihm der Jesusknabe erscheint & ihn liebkost.6

 

Leben Sie nun wohl mein edler lieber Freund! und empfangen Sie meine besten Glückswünsche zum neuen Jahr und meine treue Verehrung mit welcher ich bin

Ihre

Konstanz den 29ten De:                                                                                   innigst ergebenste Frd:

                                   1852.                                                                       Marie Ellenrieder.

 

Noch möchte ich Sie bitten; daß, weil ich so eifrig für Sie betete daß die Waßerkur Ihnen gesegnet werden, Sie auch für mich nur ein wenig bethen möchten, um einen gloreichen Tod, nemlich, um in der Gnade Gottes sterben zu können. Wenn ich hier sagte nur ein wenig, so ist das schon Viel, weil Gott Ihr Gebet ganz besonders gefällt.

 

Heut feirt unsere heilige Kirche ein schönes Fest; zwar nur ganz in der Stille; es wird nemlich eine Bürgersfrau die einen katholischen Mann & katholische Kinder hat, sie aber der protestantischen Religion angehörte, ihr Bekenntniß zur katholischen Kirche ablegen. Am heil Neujahrstag wird sie sodann zum erstenmal das heil Abendmal empfangen.

 

Gelobt sei Jesus Christus!

 

Die Pepi7 läßt Ihnen viel Schönes sagen, sie ist immer wohl & vergnügt Gott sei Dank!

 

Später.

Soeben erfahr ich daß die liebe Fräulein von Schleiss Sie in ihrem Testament so freundlich bedacht hat: was aber Sie nicht wollen annehmen; dieses wäre meines Erachtens nicht recht, indem es die theure Dahingeschiedene gewiß betrüben müßte, wenn sie es wüßte.

 

Ich meine dieses Geschenk sollte Sie recht freundlich in Zukunft erfreuen.

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder als Adressat eindeutig bestimmen.

2 Theresia Freifrau von der Schleiß (verstorben am 14. Dezember 1852).

3 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

4 Amalie Christine Fürstin zu Fürstenberg (1795-1869).

5 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

6 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

7 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

185      [RM Konstanz, 68]1                                                                                    [Konstanz, 24. Januar 1854]

 

Hochverehrtester Freund!

 

Sie könten mich wohl einer zu argen Unart beschuldigen, denn ich habe Ihnen nicht nur nicht für Ihr liebes leztes Briefchen gedankt, ich ließ auch ein paar freundliche Gelegenheiten unbenützt vorüber gehen: ich habe aber bei diesen Anläßen durch Frau Obr Amt. Scheible2 erfahren wie wohl und vergnügt Sie wären; das war eine große Freude für mich, und ich denke Sie mir viel lieber in der Stadt als auf dem Lande: doch noch mehr hätte es mir gefallen wenn Sie nach dem Wunsche der lieben Frl: von Schleiss3 ihre Wohnung angenommen hätten, Sie waren eben immer ein wenig eigensinnig! –

 

Werden Sie mir nun wirklich verzeihen, daß ich auch gar so lang stumm & still schwieg? Wären Sie aber nur auch noch ein Maler, so könnten Sie leicht begreifen daß man lieber den Pinsel als die Feder ergreift; und ich werde immer geitziger mit der Zeit weil ich mich im innersten Grund so sehr zur Arbeit aufgefordert fühle, und weil mir Gott so gnädig & barmherzig Kraft & Muth genug verleiht, da doch Altershalber der Klapperbein stetz gleichsam vor der Thüre steth.

 

Was mich soeben beschäftigt ist, ein kleines Altarbild in eine Kapelle nach Schlesien (die heil Anna mit Maria4 vorstellend) von der Gräfin Beroldingen5 bestellt. Ferner ein Jesulein mit einem Kreutz auf Wolken sitzend,6 schon zum zweitenmal für die gnädigste Hohheit Fürstinn von Fürstenberg.7 Diesen Sommer war ich 10 Tag bei diesen lieben Herrschaften auf Heiligenberg,8 da malte ich ihnen auf eine Maur zwei Engel9 grau in grau in Öhl. Sie kauften mir auch als sie nach Constanz kamen zwei Bilder ab. (die heil Maria als Kind auf den Knien betend10) & eine heil Theresia.11

 

Ich hätte auch noch einige Bilder zu vollenden die schon sehr lang in Arbeit habe, weil ich inzwischen wieder Anderes unternahm.

 

Ich war Gott sei Dank, fast immer ganz wohl, gehe auch jeden Tag mit dem Laternchen in die Fruhmeß und Abends in den Rosenkranz der seit der heil Mission noch immer exestiert: gehe öfters zum Tisch des Herrn: Sie können also denken wie schmerzlich mich das Ereigniß mit unserer heiligsten Kirche betrüben mußte.12 Ich habe mich nicht gescheut frei & offen davon zu sprechen; & wenn es mich das Leben gekostet hätte!

 

Seit mehreren Tagen dämmerte zwar eine gute Hoffnung auf, und Gott gebe daß wir bald etwas Erfreuliches vernehmen: wir betten noch immer in einem eigens dazu veranstalteten Gottesdienst: und was haben Sie dazu gesagt & gethan! Hoffentlich entscheidend für die Kirche; und Sie haben hievon ein gutes Beispiel aus Freiburg vernehmen können.

 

Nun sage ich Ihnen mein herzinnigstes Lebewohl & nachträglich noch die besten Wünsche zum neuen Jahr! mit Punsch trank ich am ersten Jenner auf Ihre Gesundheit aus jennem schönen Pockal.

 

Meine Schwester Pepi13 sagt Ihnen viel Schönes und Sie möchten auch nach Constanz kommen.

 

Bald hätte ich vergeßen Sie zu fragen, ob wohl endlich die Altarbilder in Ortenberg14 gefirnnißt sind? – Wo nicht, da sollte man doch den Galerie Diener aus Karlsruhe kommen laßen, denn dieser hat große Übung, und der Kosten wäre gewiß nicht bedeutend; dann könnte auch zugleich das Bild des heil Carl Boromeus15 von ihm besorgt werden.

 

In treuer Verehrung Ihre

 

Konstanz den 24 Jenner 54.                                                                      inigst ergebenste Dienerinn

                                                                                                                 & Freundin Maria Ellenrieder

 

den 25t J.

 

Sie werden es mir vieleicht nicht gerne glauben, aber es ist wahr; das gerade gestern als Ihr lieber Brief an die Pepi ankam, der meinige an Sie vollendet war; nur wollte ich ihn noch nicht der Post übergeben, bis ich Md: Schaible besucht hätte, um sie zu fragen ob sie nichts Besonderes nach Offenburg zu berichten hätte.

 

Wie nahe waren wir also im Geiste beisammen & wie freute ich mich Ihren li Brief zu sehen & zu lesen!

 

Gott sei Lob & Dank daß Sie wohl sind: aber eine Aussicht ist betrübend, diese nemlich, Sie vieleicht nie mehr an unserem schönen Bodensee begrüßen zu können: und es ist wahr je schneller man jezt reisen kann, desto weniger hat man Lust dazu: es scheint mir beinahe daß die Natur des Menschen einen geheimen Widerwillen hat vor dem Infernalischen der Eisenbahnen.

 

Jezt noch 1000 & 1000mal die herzlichsten Grüße; auch bäthe ich Sie, den Frl: von Frosch16 mich schönstens zu empfehlen, und daß ich Ihnen Glück & Seegen wünsche zu diesem neuen Jahr.

 

Die Obige.

 

den 2ten Febr:

 

Endlich kömmt dieses Briefchen zum Schluß: daher noch einmal ein herzliches Lebewohl! –

 

In diesen Tagen sind 2 schöne Sachen hieher gekommen was Sie hoffentlich auch werden erhalten haben? nemlich, das Gedicht von *Os: v: Redwitz,17 der Hirtenruf, & die Orientierung über den Kirchenstreit, von Dr: Hirscher.18 Gott Lob & Dank für alles Gute!!!

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) als Adressat eindeutig bestimmen.

2 Ehefrau des Oberamtmanns Ludwig Schaible, seit 1851 Oberamtmann in Konstanz.

3 Theresia Freifrau von der Schleiß (verstorben am 14. Dezember 1852), vergleiche den Brief vom 2. April 1850.

4 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

5 Vielleicht Caroline Gräfin von Beroldingen, geb. Gräfin Larisch von Moennich (1806-1876).

6 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 315.

7 Amalie Christine Fürstin zu Fürstenberg (1795-1869).

8 Fürstlich Fürstenbergisches Schloss.

9 Vergleiche Fischer u. Blanckenhagen WV 384 und WV 410.

10 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

11 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

12 Gemeint ist wohl der sog. Badische Kulturkampf, eine Auseinandersetzung zwischen der katholischen Kirche und dem Großherzogtum, in den 1850er Jahren einsetzte und 1864 seinen Höhepunkt erreichte.

13 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

14 Fischer und Blanckenhagen WV 352.

15 Fischer und Blanckenhagen WV 355.

16 von Frosch, nicht ermittelt.

17 Oscar Freiherr von Redwitz (1823-1891).

18 Johann Baptist von Hirscher (1788-1865), Professor für Moraltheologie und Pastoraltheologie an der Universität Tübingen verfasste 1854 die Schrift Auch zur Orientierung über den derzeitigen Kirchenstreit in Baden, mit Bezug auf Hirscher’s Schrift, Karlsruhe 1854.

 

 

186      [GLA 56, Nr. 256]1                                                                                           [Konstanz, 4. Juli 1854]

 

Ihro Königlichen Hohheit,

Allergnädigster Regent!

 

Ein Briefchen der Frau Gräfin v: Douglas2 veranlaßt mich, allen Muth zusammen zu nehmen an Ihro Königlichen Hohheit zu schreiben: Frau Gräfin zeigte mir nemlich an, daß  die Zeit nun gekommen sei, daß der große Carton des göttl Kinderfreund3 sollte verpackt & abgeschickt werden, sie fragt mich, ob ich ihn nicht kaufen oder gegen eines meiner Bilder eintauschen wolle? Aber wo hätte ich Raum in meiner bürgerlichen niederen Wohnung? – Was kann ich also in dieser betrüblichen Lage Anders thun als Ihro Königlichen Hohheit zu bitten, daß doch Höchstsie diesen Carton in der schönen Mainau behalten möchten: er stellt ja den lieben Christus dar; Ihn aufzunehmen sammt den Kleinen Kindern, das würde Ihro Königlichen Hohheit gewiß Segenbringend sein; stünde ich jezt persönlich vor Ihro Königlichen Hohheit so würde ich auf meine Knie niedersinken und so um die allergnädigste liebevollste Aufnahme diese lieben Cartons bitten. –

 

Ich kann mich auch erinnern daß Frau Gräfin uns erzellte, daß Ihro Königliche Hohheit bei dem Anblick deßelben gesagt hätten, er scheine Ihnen beßer als das gemalte Bild4 daß die Frau Herzogin Allexandrine5 besitze, und wirklich sind meistens die Cartons genialischer, indem mann bei der Ausführung der Gemälde sich zu viel mit den Farben & dem Technischen abgeben muß; wobei das Geistige Schaden leidet.

 

In Rom bezeugten mir auch Alle die ihn sahen ihre Zufriedenheit: ich ließ es aber auch an nichts mangeln; ich miethete für die einzelnen Studien die theursten Modelle, ersuchte immer von den geschiktesten der teutschen Künstler bedingnisweis mich zu leiden und auf die einschleichenden Fehler aufmerksamm zu machen; auch die Wohnung war theurer als je Eine die ich bewohnte. Nun ist es das Lezte was ich für diesen Carton thun kan; zu bitten, daß er doch an der lieben Stellen zu verbleiben habe; es soll dieses aber auch meine lezte Bitte an Ihro Königliche Hohheit sein, die lezte Gnadenerweisung, womit Sie mich unaussprechlich beglücken könnten! – Um nicht länger lästig zu fallen, schließe ich nun meine Zeilen mit den besten Glückswünschen für Sie, und in ehrfurchtsvoller Liebe & alter Anhänglichkeit mich zu Füßen legend

 

Ihro Königlichen Hohheit,

 

Konstanz den 4ten Juli 1854.                                                            unterthänigste Marie Ellenrieder

                                                                                                                            Hofmalerin.

 

 

1 Brief an Friedrich von Baden (1826-1907), seit 1852 Prinz und Regent.

2 Louise Gräfin von Langenstein (1825-1900), seit 1848 verheiratet mit Karl Graf Douglas.

3 Elisabeth von Gleichenstein und Karin Stober (Hrsg.), »… und hat als Weib unglaubliches Talent« Angelika Kauffmann (1741-1807) Marie Ellenrieder (1791-1863), Ausst.-Kat. Rosgartenmuseum Konstanz, Konstanz 1992, Nr. 48, S. 214 sowie Fischer und Blanckenhagen WV 307a.

4 Fischer und Blanckenhagen WV 307.

5 Alexandrine von Baden, Herzogin von Sachsen-Coburg und Gotha (1820-1904).

 

 

186a    [DLA, A: Kerner, J. Mesmer, F. A. Z2079]1                                       Meersburg den 26 ten Dezmbr 1854

 

Geehrter Herr Docter!

 

Hier übersende ich Ihnen die verlangten

Abschriften.

Über unsere Verwandschaft mit Hr

Meßmer kann ich Ihnen folgendes mit-

theilen, Doctor Meßmer2 war der leibliche Bruder

der Sel Mutter des Bürgermeister und Spitalverwalter Stromay-

er,3 von Meersburg, und dieser Bürgermeister

Cajetan Stromayer4 ist oder war der

Vater meines Schwiegervaters Namens

Carl Stromayer, also bin ich nur durch

Anverheirathung in diese Familie ver-

wannt.

 

Über meine Leistung in der Malerey

die Sie anzuführen die Güte haben wollen,

kann ich Ihnen nur sagen daß ich mich

mit dem Historischen und landschaftlichen

Sache sowie der Portrait Malerey be-

faße, und Ihnen diese Abschrift des

Maria Ellenriederschen Zeugnißes über

meinen heiligen Vincens de Paula als Maß-

staab meinen Leistungen dienen mag!

 

Abschrift.

 

Ich Unterzeichnete bezeuge hiemit, daß

mir das Bild des heiligen Vincenzius von

Guido Mayer gemalt, wohl gut gefallen

hat, und es machte einen angenehmen Eindruk

auf mich, obschon die gelungene Portrait-

ähnlichkeit den schönen Formen zuvielen,

ist doch der Ausdruck der Milde und Lebendig-

keit so anziehend, daß man leicht begreift

wie die Kinder ihm zwar nahen und ihn

lieben, und diese sind so gemüthlich dar-

gestellt, daß man nicht anders kann als

dieselben loben, auch kann man dem

Bilde eine malerische Haltung nicht ab-

sprechen, und die Landschaft ist so manig-

faltig und paßt recht wohlthätig zum

Ganzen.

 

Maler Mayer dürfte also gut 200 f

dafür fordern; ich, die ich die große

Mühe aus Erfahrung kenne; hätte lieber

300 f gerathen.

 

Constanz den 31t. August 1854.

Maria Ellenrieder.

Grß. Bd. Hofmalerin

 

 

Ich hoffe, daß Sie dies Schreiben

in bestem Wohlsein antreffen werde, und

schließe mit der Bitte, wenn sich irgend

eine Arbeit, als Altarbilder oder sonstige

für Kunstmaler eignende Aufträge zeigen

sollten, mich gehörigen Ortes gefälligst durch

Ihren Einfluß zu empfehlen.

Unterdeßen zeichnet mit Achtung

Guido Mayer5

 

 

1 Deutsches Literaturarchiv Marbach am Neckar. Brief ohne Adresse. Da sich das Schreiben im Nachlass des Dichters und Arztes Dr. Justinus Kerner (1786-1862) befindet, könnte dieser der Adressat sein. Absender des Schreibens ist der Kunstmaler Albin Guido Mayer. Der Brief beinhaltet die Abschrift eines Schreibens von Marie Ellenrieder vom 31. August 1854, in dem sie ein Gemälde des Guido Mayer beurteilt und bewertet.

2 Franz Anton Mesmer (1734-1815) begründete den animalischen Magnetismus, wohnte ab 1814 im Gebäude des Heilig-Geist-Spitals in Meersburg.

3 Carl Strohmayer, Kaufmann in Meersburg, dort auch Bürgermeister und Spitalpfleger.

4 Reinhard Cajetan Strohmayer, Sohn des Kaufmanns Carl Strohmayer, geboren am 18. Januar 1825 in Meersburg, später dort Spitalpfleger.

5 Albin Guido Mayer, geboren am 31. März 1824, Kunstmaler in Meersburg, heiratete am 19. Februar 1852 die Maria Anna Strohmayer, Tochter des Carl Strohmayer, geboren am 24. Dezember 1823.

 

 

187       [VadSlg NL 202 : 40 : 100q]1                                                                          [Konstanz, 20. März 1855]

 

Hochverehrteste Frau v. Köster!

 

Ich kann Ihnen nicht ausdrücken wie sehr Ihr freundlicher Gruß mich erfreute, und daß Sie Etwas von meinen Arbeiten wünschten.

 

Aber es hält bisweilen schwer, daß ich gerade ein Bild habe, was dem augenblicklichen Verlangen entspricht: und erst Eines anzufangen würde lange verschoben werden, indem ich ein Altarbild2 in Arbeit habe und noch ein paar andere kleine bestellten Bilder & Zeichnungen zu vollenden habe.

 

Was ich Ihnen anbiethen könnte, wäre ein Englischer=Gruß: es ist zwar klein, aber sehr ausgeführt und gar viele Arbeit daran; daher es auf 150 fl käme.3

 

Dann eine Jungfrau die vor einem Felsen sitzt4 & und indenselben Dankbarkeit schreibt. 6 Louid`ors.

 

Diese beiden sind in Öhl gemalt.

 

Auch hätte ich ein betendes Kind5 in Pastell gemalt für 30 fl.

 

Vieleicht wären Ihnen auch Albumblätter gefällig deren ich mehrere habe?

 

In aller Verehrung Liebe & Dankbarkeit

Sie 1000 & 1000 mal begrüßend

 

Konstanz                                                                         Ihre

den 20ten Merz 55.                                                                             gehorsammste Dienerinn

                                                                                                                           Maria Ellenrieder.

 

 

1 An Frau von Köster in der Kantonalbibliothek Vadiana St Gallen (laut Adelslexikon, Bd. II, Limburg a. d. L. 1974, S. 318 müsste die Adressatin richtig »von Coester« geschrieben werden; die Familie wurde 1827 mit Gustav Coester in den bayerischen Adels- und Freiherrenstand erhoben)

2 Wohl Altarbild Mariä Himmelfahrt nach Guido Reni für die Pfarrkirche St. Maria in Fürstenberg/Hüfingen (nicht bei Fischer und Blanckenhagen).

3 »Englischer Gruß« oder »Verkündigung« (Luc. I, 28), vergl. Fischer und Blanckenhagen WV 298.

4 »Jungfrau vor einem Felsen sitzend und in denselben Dankbarkeit schreibend« (nicht bei Fischer und Blanckenhagen).

5 »Betendes Kind« (vergl. Fischer und Blanckenhagen WV 216).

 

 

188       [Archiv der Freiherrn v. Gayling Freiburg]1                                           [Konstanz, 17. Dezember 1855]

 

         Den schönsten Dank, meine inigstgeliebte gnädigste Frau Gräfin für Ihr theures Briefchen und die Inlage.

 

Herr Wingfildts2 heiliger Eifer & seine Dankbarkeit hat mich recht erbaut; da kann man in Wahrheit sagen, ihm ist Gott über Alles! und so sollte es bei uns Allen sein.

 

Was im Übrigen sein Nachsuchen betrifft, da wird er noch lange zu keiner vollständigen Ruhe gelangen: worüber eine katholisch=Gottliebende Seele ihn bemitleidet.

 

Sie in aller Verehrung & Liebe Sie 1000 & 1000mal begrüßend & Sie nächstens wieder erwartend,

Ihre

 

Konst: den 17ten Dec. 55.

                                                                                                                Dankbarste Dienerinn

                                                                                                                               Maria Ellenrieder.

 

 

1 Brief adressiert an:

»Ihro Hochgeboren Frau Gräfin Louise von Douglas.«

in Schloss Langenstein bei Aach.

2 Wingfildt, nicht ermittelt. Vergleiche Brief vom 12. Dezember 1856, wo die Künstlerin von einer Engländerin namens Wilfild spricht. 

 

 

189       [StB, Slg. Darmstaedter, 2 n 1834]1                                                        [Konstanz, 1. September 1856]

 

Hochverehrter Herr Director!

 

Sie könnten wohl geglaubt haben daß ich gar kein Blatt in das festliche Album einsende, weil Sie wißen daß ich so leidend bin: doch habe ich mit Liebe diese beikommenden Engel gezeichnet, und ich bitte, daß man sie nicht verschmehen möchte. |:ich dachte sie mir als die beiden Schutzengel des Hohen Brautpaar, wie sie Alles aufgeschrieben haben was höchstdieselben schon Gutes gethan haben & noch thun werden worüber Beide es lesend sich deßen freuen:|2

 

Die Hohheit Fürstin von Fürstenberg3 & die Prinzessinn sahen es bei mir, als sie durch Konstanz einen Ausflug in die Schweitz machten, sie waren recht zufrieden damit. Nur hätte ich es sodann gleich versenden sollen, war aber damals gerade im Begriff eine kleine Luftveränderung zu versuchen, in Werenwag,4 da blieb ich aber länger als ich es vorhatte; ich muß daher bitten daß man meine Versäumniß nicht übel nehme.

 

Herr Thouro5 der mir sein Blatt schon längst gebracht um daselbe dem meinigen beizufügen, ist nun auch durch mich verspätet worden. |:Dieses schöne Blatt stellt einen mahlerischen Theil der Insel Maccaire vor:|

 

Ihnen nun mein schönstes Lebewohl sagend

Ihre

 

Konstanz den 1ten Sep: 1856.                                                     gehorsamste Dienerinn &

                                                                                                   Freundinn Maria Ellenrieder

                                                                                                                               Hofmalerinn.

 

 

1 Adressat nicht genannt (aus der Sammlung Darmstaedter, Signatur 2n 1834, Ellenrieder, Marie, in der Staatsbibliothek zu Berlin). Es handelt sich aber sicher um Carl Ludwig Frommel, Galeriedirektor in Karlsruhe, der im Januar 1856 zusammen mit Johann Wilhelm Schirmer einen Aufruf zur Beteiligung am Friedrich-Luisen-Album veröffentlichte. Dieses Album sollte anlässlich der Vermählung des Großherzogs mit Prinzessin Luise von Preußen als Geschenk der deutschen Künstler dem Brautpaar überreicht werden.

2 Fischer und Blanckenhagen WV 386.

3 Amalie Christine Fürstin zu Fürstenberg (1795-1869).

4 Auf Schloss Werenwag im Donautal, einem Besitz des Hauses Fürstenberg, war die Künstlerin häufiger zu Gast (vergl. Franz Xaver Kraus, Die Kunstdenkmäler des Landkreises Konstanz, Freiburg i. Br. 1887. Auf Seite 411 heißt es über Schloss Werenwag »Schließlich dürfen die 4 im Wirtshaus des Schlosses mit schwarzer Kreide auf der weissen Wand eines Gastzimmers gezeichneten Heiligenbilder der bad. Malerin Marie Ellenrieder (1. kleiner betender Engel »der lieben Frau Bürgermeisterin Pepina Anger von Marie Ellenrieder« 1844 gewidmet; 2. Jesusknabe mit der Himmelskugel 1851, 9. 10. u. 11. Sept.; 3. hl. Franciscus 1844, 2. 3. 4. u. 5. Julius; 4. Ave Maria, 1845, 8. 9. 10. u. 11. Octob. – reizende Compositionen von grosser Innigkeit und Reinheit der Empfindung K.) nicht unerwähnt.«

5 Friedrich Thurau (1812-1888), seit 1837 in Konstanz ansässiger Landschaftsmaler. Seine Ehefrau Kreszenz Allenspacher war die Besitzerin des Hauses Konradigasse Nr. 16 (Konrad Beyerle und Anton Maurer, Konstanzer Häuserbuch, Heidelberg 1908, 2. Band, S. 380).

 

 

190      [ÖNB Wien, 492/11-1]1                                                                        [Konstanz, 11. September 1856]

 

Hochverehrter Herr Direktor!

 

Empfangn Sie meinen herzinnigsten Dank für Ihre liebevolle Vorsicht womit Sie mein Blatt mit den Engeln2 in Empfang genommen haben. – Ich selbst war auch besorgt, und ich hatte wohl beherzigt daß die Zeichnungen fixiert werden sollten: sonst ist aber diese Art, wie ich sie mir selbst erfunden habe, nicht so verwischlich, indem ich nur den Lokalton mit Pastell angebe, das Übrige dann mit harter Kreide & Waßerfarb hinein zeichne & male: doch bei jennem Papier gelang es nicht recht; und es ist hier mit mir Niemand der etwas von dem Fixieren etwas weiß bis Einer, und Dieser wollte es nicht wagen. Es ist mir also außerordentlich lieb wenn Sie allergütigst mein Blatt einzel überreichten. Und ich befolge nun Ihren Rath, indem ich Ihnen hier ein älteres übersende: ich componierte es nach den Worten, die Demuth & die Frömmigkeit gehe Hand in Hand.3

 

Nun sage ich Ihnen 1000mal mein allerbestes Lebewohl, und Gott wolle Ihnen alle Mühe vergelten, die Sie mit mir haben!

 

Mit besonderer Verehrung & Dankbarkeit

 

Ihre

Konstanz den 11 Sep: 56.

                                                                                                       ergebenste Dienerin

                                                                                                            Maria Ellenrieder, Hofmalerinn.

 

 

1 Adressat nicht genannt. Es handelt sich aber sicher um Carl Ludwig Frommel, Galeriedirektor in Karlsruhe, der im Januar 1856 zusammen mit Johann Wilhelm Schirmer einen Aufruf zur Beteiligung am Friedrich-Luisen-Album veröffentlichte. Am 1. September 1856 hatte die Künstlerin das Blatt mit den Engeln an Direktor Schirmer gesandt.

2 Fischer und Blanckenhagen WV 386.

3 Fischer und Blanckenhagen WV 259.

 

 

191      [RM Konstanz, 69]1                                                                                    [Konstanz, 14. Oktober 1856]

 

Mein hochverehrtester Freund!

 

Es ist schon lange daß ich ein Briefchen von Ihnen erhielt, nemlich vom 2ten Aprill; damals durfte ich wieder ausgehn, doch von einer Genesung des Übels war keine Wirklichkeit; Ein wenig Schmerz ist immer vorhanden, und eine Hemmung & Spannung im Knie, macht mir das Gehen sehr beschwärlich: Und weil ich durch diesem Umstand mich durchgängig geschwächt fühlte, konnte ich es nicht wagen an einen entfernten Kurort zu reisen: ich reiste also nur nach Werenwag2 im schönen Donauthal, war 4 Wochen abwesend, schonhte mich aufs gehorsammste, hielt mich gröstentheils im Freien auf; kam aber zurück, wie ich fortgieng: es ist also klar, das Gott mich züchtigen will und meine Gedult prifen. Daher bin ich schon längst vollkommen ergeben, und es ist nicht so, daß ich nicht Hoffnung auf Genesung haben könnte, drum warte ich gerne bis es Gott gefällt mir zu helfen. Ich habe es noch gut genug: indem ich in die Kirche kann und einige Stündchen arbeiten, am morgen 2 & Nachmittag 2 wovon ich mich nie besonders ermüdet fühle; wohl aber von den übrigen Unruhen des Tages: drum freue ich mich auf den Winter.

 

Nun habe ich Ihnen treulich berichtes, wie es mir geht: ich bitte Sie aber doch kein Mitleid mit mir zu haben: denn wenn es nicht wieder ärge kömmt bin ich überglücklich: denn Sie werden leicht begreifen daß ich mich nach keinem Vergnügen der Welt sehne; daher bin ich entschuldigt, und so bleibe ich dann von Manchem frei.

 

Aus Auftrag kopierte ich den Jesusknaben aus dem Bilde der Madonna3 die ich in Rom malte, statt der Hand hält er ein Kreutz & steht unter einem Bogen: auch habe ich ein betendes Kind in Arbeit: und einen Carton zu einem kleinen Altarbild, eine Madonna mit dem Kinde.4

 

Kleine Zeichnungen habe ich viele gemacht denn meine Augen sind Gott sei Dank noch ganz gut.

 

Nun schreiben auch Sie mir bald, wie Sie leben & beten und in die Kirche gehen.

 

Nun sage ich Ihnen mein herzinnigstes Lebewohl und meine 1000 & 1000 Grüße!

 

Ihre

 

Konstanz den 14ten Okt: 56.                                                                treu ergebenste Dienerinn

                                                                                                           & Freundinn Maria Ellenrieder.

 

Gelobt sei Jesus Christus!

 

Das Öhl gebrauche ich, wie Sie sagten.

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) als Adressat eindeutig bestimmen.

2 Auf Schloss Werenwag im Donautal, einem Besitz des Hauses Fürstenberg, war die Künstlerin häufiger zu Gast.

3 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 329C.

4 Fischer und Blanckenhagen WV 325.

 

 

192      [RM Konstanz, 70]1                                                                                [Konstanz] den 12t Dez. [1856]

 

Zum Schluße danke ich Ihnen also selbst noch für Ihre liebevolle Theilnahme: es war diese Krankheit freilich eine schreckliche Heimsuchung = Gottes, wenn mir die Daur derselben in den ersten Tagen hätte gesagt werden können; würde mich aus Schrecken der Slag getroffen haben; aber so hat die Barmherzigkeit Gottes mich nach & nach ganz ergeben gemacht. – 5 mal ist mir das Allerhöchste gebracht worden, das 6te mal konnte ich es nun am lezten Mittwoch wieder in der lieben Kirche empfangen, Gott sei Lob & Dank!

 

Ich finde daß es mir heilsamm war so vom Herrn gezüchtigt zu werden; und ich möchte wirklich nicht daß es nicht geschehen wäre.  Was eben Gott thut, ist wohl gethan!!!

 

Halten Sie nur recht an Gott, ihm dienen und ihn lieben über Alles, geht über alle Freuden der Welt!

 

In diesen Tagen bekam ich ein Buch zum Geschenke, über die Liebe Gottes, von einem Engländer geschrieben der vor wenig Jahren katholisch wurde, und nicht nur das, sondern sogar in einen Orden trat, mit Verlust großer zeitlicher Güter: gerne möchte ich Ihnen den Titel dieses Buches mittheilen, allein kaum hatte ich mich darin umgesehen, ließ es Md: Wilfild2 eine Engländerin dringend bittend bei mir abhohlen und ließ mir sagen daß der Verfaßer dieses Buches ihr Bruder wäre. Ich werde es zwar bald wieder erhalten: doch glaube ich daß Sie es doch erfragen könnten; sein Name ist Faber,3 im Orden des heil Philippus Nery, in London, nach der 4ten Auflage ins Teusche übersezt.

 

Diese Buch ermuntert außerordentlich zur Frömmigkeit und er sucht so leicht als möglich den Weg zum Himmel zu zeigen.

 

Nun leben Sie wohl! mein hochverehrtester Freund!!! und empfangen Sie 1000mal meine herzlichsten Grüße, auch bitte ich Sie nur ein einziges Vater=unser für mich zu beten.

Ihre

                                                                                                        treu ergebenste Dienerinn

                                                                                                       & Frd: Maria Ellenrieder.

 

Ich bin übrigens noch arg steif & schrecklich geschwächt.

 

 

1 Brief von Josefine Ellenrieder ohne Adressat und ohne Jahresangabe mit einer Nachschrift der Künstlerin. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) als Adressat eindeutig bestimmen. Ferner lässt sich aus dem Inhalt das Jahr 1856 ableiten.

2 Mrs. Wilfild, geb. Faber, nicht ermittelt.

3 Frederick William Faber (1814-1863), Alles für Jesus oder die leichten Wege zur Liebe Gottes, Regensburg, Verlag Manz, 1856.

 

 

193      [RM Konstanz, 71]1                                                                                            [Konstanz, 8. Mai 1857]

 

Mein hochverehrtester Freund!

 

Das liebväterliche Rezept hat mich so wohlwollend angesprochen, daß ich demselben wirklich nicht widerstehen konnte; am ersten Aprill legte ich also diesen Umschlag zum erstenmal auf, treu nach der Vorschrift und täglich, doch nur jezt erst fühle ich eine kleine Erleichterung im Gehen: das Knie ist eben etwas steif gekrümt; ich werde daher mit Beharrlichkeit fortfahren. Wenn mann aber das Alter und die vielen Strapazen bedenkt, so ist es kein Wunder, daß alles was Herstellung heist nur langsamm zu Stand kommen kann, und wo besonders das übrige Befinden so sehr angegriffen ist, ich kann sehr zufrieden sein, und bin es auch. Den ganzen Winter gieng ich in die Frühmeß ¼ nach 6 Uhr mit dem Laternchen, auch in den Abendgottesdienst: zeichnete & malte so 4 Stunden des Tags: gehe 2-3 mal aus des Tags, und so haben Sie nun ein treues Bild meines täglichen Thun & Laßens.

 

Daß Sie nach Freiburg ziehn hatte mich sehr überrascht, aber jezt freue ich mich darüber, indem ich hoffe daß Sie an dem kirchlichen Leben auch ein wenig Theil nehmen; von allem Guten auf dieser Erde, ist dieses das Beglükendste!

 

Was ich soeben in Arbeit habe ist eine Skitze, den Heil: Stephanus2 vorstellend, in der Verklärung unter Engel, welches ich sehr fleißig auszuführen gedenke; es ist von der Frau Herzoginn Hamilton3 bestellt. Unlängst vollendete ich einen Carton zu einer Madonna mit dem Kinde4 für ein kl Altarbild nach Böhringen: allein die Baukomißion hat den Bauern befohlen mir abzuschreiben. Dafür trug mir die Frau Gräfin Beroldingen,5 den göttlichen Kinderfreund6 auf, den ich für die hiesige Spitalkirche malte, nemlich daßelbe zu koppieren: schon ist die Leinwand bestellt und der hochwürdige Hr: Pfr: Hensler7 wird mir gütigst das Bild nach Hause geben; und so hoffe ich, mit der Gnade Gottes bald daran anfangen zu können.

 

Leben Sie nun wohl! auch meine Schwester empfiehlt sich Ihnen schönstens. Geben Sie uns bald Nachricht daß Sie die Last & Mühe des Aufbruchs glücklich überstanden haben; und Sie recht gern in Freiburg wohnen, und von da aus dann bald einmal wieder an den schönen Bodensee kommen mögen.

 

Gott erhalte Sie gesund und glüklich und empfangen Sie 1000 & 1000mal meinen herzinnigsten Dank!

 

In aller Verehrung & Anhänglichkeit

 

Ihre

 

Konstanz den 8ten Mai                                                                                 ergebenste Dienerin

                     & Freundin Maria

                           Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) als Adressat eindeutig bestimmen.

2 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen. Eine Ölskizze des »Sankt Stephan in der Verklärung« auf Karton, rückseitig signiert und datiert Marie Ellenrieder pinx. 1857, 27 x 22 cm, wurde im Juni 2011 beim Auktionshaus Dorotheum in Wien als Los 183 versteigert.

3 Marie Amalie Prinzessin von Baden (1817-1888), heiratete 1848 William Douglas-Hamilton. 1855 konvertierte sie zum römisch-katholischen Glauben.

4 Fischer und Blanckenhagen WV 325.

5 Gräfin von Beroldingen, nicht ermittelt.

6 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

7 Hubert Ferdinand Henzler (1809-1868), seit 1852 Stadtpfarrer an der Dreifaltigkeitskirche in Konstanz.

 

 

194      [RM Konstanz, 72]1                                                                                         [Konstanz, 18. Juli 1857]

 

Mein hochverehrtester Freund!

 

Empfangen Sie endlich einmal einen herzinnigsten Dank für Ihr liebes Briefchen vom 10 & 31ten Mai: auch seien Sie mir 1000mal willkommen in dem schönen & blühenden Freiburg; würde ich Ihnen diesen schönen Aufenthalt nicht vollkommen gönnen, so möchte ich gerne schaluu sein, denn sieht man da auch einen See, und so herrliche Gebürge!

 

Der Umgang mit geistreichen und so ausgezeichneten Menschen ist freilich mehr werth: und welche Freude ist auch Das, so oft den Erzbischöflichen Segen zu empfangen. Waren Sie auch bei der Frohnleichnams=Prezession? – mehr Liebe können wir unserem lieben Heiland nicht erweisen, als wenn wir dieselbe auch öffentlich zu erkennen geben; dieses Jahr habe ich wieder einen großen italienischen Blumenteppich Ihm zu Füßen gelegt.

 

Nun werden Sie wißen wollen wie es mit dem Knie geht, – immer ein wenig beßer; unausgesezt wendete ich den feuchten Umschlag an, jedoch seltener bei Tag, nicht als wäre es unbequemm, sondern weil das Knie so arg kalt davon wird. Ich bin vollkommen zufrieden, und male alle Tage, und an einem zimlich großen Bilde: die Frau Gräfin Beroldingen2 beauftragte mich nemlich, das Bild des göttl: Kinderfreund,3 daß ich für die Augustienerkirche malte zu kopieren; es wird in eine Kirche nach Schlesien kommen.

 

Hr:Pfr: Hensler4 gab mir also das Bild nach Hause; und so glaube ich daß es mich weniger anstrengen wird, als ein ganz Neues, und es ist schon weit vorgeschritten.

 

Meine Schwester läßt Ihnen alles Schöne sagen, sie war 14 Tage recht krank: doch jezt ist sie wieder vollkommen hergestellt; Gott sei Dank!

 

Leben Sie nun wohl! Gott sei mit Ihnen! Ich grüße im Geiste ganz Freiburg mit Allem was d’rinn ist; und seien Sie meines steten Andenkens und meiner treuen Verehrung & Anhänglichkeit versichert.

Ihre

 

Konstanz den 18ten Juli 57.                                                                 ergebenste Dienerinn

                                                                                                            & Freundin Maria

                                                                                                                                  Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) als Adressat eindeutig bestimmen.

2 Gräfin von Beroldingen, nicht ermittelt.

3 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 308.

4 Hubert Ferdinand Henzler (1809-1868), seit 1852 Stadtpfarrer an der Dreifaltigkeitskirche in Konstanz.

 

 

195      [SBE, Autographensammlung Morel]1                                                    [Konstanz, 16. Februar 1858]

 

Gelobt sei Jesus Christus

 

Hochverehrter Herr von Deschwanden!

 

Empfangen Sie 1000mal meinen herzlichsten Dank für Ihren lieben Brief sammt den Inlagen.

 

Herr Blasens2 Brief hat mich außerordentlich intereßiert. Gott hat ihn aber sehr prüfend heimgesucht! Der ledige Stand ist eben in der Kunst der Beste. Mann arbeitet; lebt und stirbt leichter.

 

Von Ihnen höre ich nur immer das Allerfrömmste Gott sei Dank. Daß Sie mir aber gar nichts schrieben ob auch unser Altarbild den heil Steffanus3 vorangeschritten ist, befremdete mich, ich freue mich sehr darauf, und hoffentlich werde ich es erleben daßelbe zu sehen.

 

Mann hat mir die Liebe & Ehre des Auftrags erweisen wollen, allein ich wäre damals nicht wohl & stark genug gewesen; auch für jezt noch wäre dieser Auftrag über meinen Kräften; obwohl ich Gott sei Dank wieder recht fleißig sein kann.

 

Unser ordentlicher braver Milchbauer sprach ich leider wenig, solche Leute sind aber allzugedrängt mit der Zeit, ich ermangle aber doch nichts ihm so freundlich zu sein als möglich.

 

Nun sage ich Ihnen mein herzinnigstes Lebewohl! und Gott segne Sie in allen Ihren schönen Arbeiten!

 

Auch meine Schwester trägt mir viele Grüße an Sie auf.

 

Mit herzlicher Verehrung Ihre

 

Konstanz den 16 Febr: 58

                                                                                          ergebenste Dienerin & Frd:

                                                                                                                 Maria Ellenrieder

 

Was ich soeben in Arbeit habe, ist ein kleines Altarbild, Die Mutter Gottes mit dem Kinde,4 Eine heilige Cecilia mit einer Harpfe,5 und zwei kleine Bildchen, die Opferung im Tempel,6 & Christi Himmelfahrt;7 auch kleine Zeichnungen die ich bei der Lampe verfertige, wovon Eines Agar mit Ismael & 2 Engelein,8 vorstellt.

 

Ich werde nicht ermangeln dem guten Fiktor zu predigen; denn einem alten Fräulein nimmt man nichts in Übel.

 

 

1 Brief an Melchior Paul von Deschwanden (1811-1881), Maler aus Stans, der bei der Künstlerin 1832 für einige Zeit deren Arbeiten studierte.

2 Herr Blasen, nicht ermittelt.

3 Altarbild des Kirchenpatrons für einen Seitenaltar in der St. Stephanskirche in Konstanz (s. Theodor Humpert, Chorherrenstift, Pfarrei und Kirche St. Stephan in Konstanz, Konstanz 1957, S. 167, mit Abb., datiert 1860).

4 Fischer und Blanckenhagen WV 325.

5 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 343.

6 Fischer und Blanckenhagen WV 302.

7 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

8 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 292.

 

 

196      [FFA Donaueschingen]1                                                                                  [Konstanz, 15. Juni 1858]

 

Ihro Durchlaucht

Allergnädigster Fürst!

 

Schon nahet der Zeitpunkt daß das Bild der heil Cäcilia2 in Höchst Ihren Händen sein sollte: zwar hoffe ich daß daßelbe in kurzer Zeit vollendet sein wird: warum es aber so verspätet wurde, ist daß ich in Mitte Januar & in Mitte Aprill sehr unwohl war, da wartete ich jedes mal wieder einige Zeit bis eine gehörige Kraft zurückgekehrt war, denn es sollte ja ein liebliches Bild werden, daß dem huldreichen Auftrage entspreche, und daß auch I: D: die Allergnädigste Fürstinn3 mit mir zufrieden sein könne.

 

Warum ich aber dem Bilde dieses Briefchen vorausschicke, ist der Umstand daß nemlich die badischen Hofmaler alle ihre Arbeiten von größerem Umfang nach Carlsruhe auf eine wochentliche Ausstellung schicken müßen.4 Daher möchte ich Ihro Durchlaucht fragen, ob ich das Bild nicht über Donaueschingen senden sollte, damit Sie daßelbe zuerst sehen könnten, umsomehr da mann die Bilder nicht regelmäßig zurücksendet, das Lezte erhielt ich erst nach 6 Wochen.

 

den 15ten Juni

 

Bis hieher schrieb ich dieses Briefchen schon vor 14 Tagen; als ich aber nach der Goldram frug, war diese noch nicht fertig, weil der Vergolder wegen meinen Verzögerungen andere Arbeiten übernahm, doch jezt ist diese da und recht schön: es bleibt mir nun nichts zu wünschen übrig, als daß Ihro Durchlaucht die Verspähtung verzeihen möchten; denn es ist nicht allein das widerholte Unwohlsein schuld, sondern auch jennes kl Altarbild, zu welchem Ihro Durchlaucht ebenfals den Carton sahen, es stellt vor die Mutter=Gottes mit dem Kinde5 für das Kirchlein nach Böhringen bei R Zell;6 dieses fing ich auch im Jenner mit dem Bilde der heil Cecilia an, weil es mir von je her nie möglich war fortwährend an Einem Bilde zu malen, indem dieses für den Geist & Körper zu ermüdent wäre, auch ist es für ein Gemälde gut, wenn es nach jeder Behandlung wieder recht ausdroknen kann.

 

Zu meinem großen Bedauern hörte ich erst gestern daß Ihro Durchlaucht an einem Fuß verlezt worden wären: Gott gebe! daß Sie nun diese Zeilen in bester Gesundheit erhalten.

 

Mit Ehrfurcht und treuer Anhänglichkeit Ihro Durchlaucht und der allergnädigsten Fürstin mich liebend zu Füßen legend

 

                                                                                                       die unterthänigste Dienerin

Konstanz den 15 Juni 58.                                                                    Maria Ellenrieder Hofmalerin

 

Meine Schwester empfiehlt sich auch unterthänigst.

 

 

1 Brief an Carl Egon III. Fürst zu Fürstenberg (1820-1892).

2 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen (vielleicht steht WV 343 damit in Zusammenhang).

3 Elisabeth Henriette Fürstin zu Fürstenberg (1824-1861).

4 Tatsächlich beteiligte sich die Künstlerin an der Kunstausstellung des Kunstvereins in Karlsruhe im Jahre 1858 mit den Gemälden »Hl. Cäcilia« und »Mutter Gottes mit dem Kinde«, letzteres für die Pfarrkirche in Böhringen.

5 Fischer und Blanckenhagen WV 325.

6 Abkürzung für Radolfzell.

 

 

197      [FFA Donaueschingen]1                                                                                 [Konstanz, 3. Juli 1858]

 

Ihro Durchlaucht,

Allergnädigster Fürst!

 

Schon vor ungefähr drei Wochen zeigte ich Ihro Durchlaucht unterthänigst an, daß das Bild der heil Cecilia2 bereits zu versenden sei, auch zeigte ich zugleich an, daß nach Grossherzoglicher Anordnung die badischen Hofmaler ihre Bilder auf eine kurze Ausstellung nach Carlsruhe schiken müßen, und so frug ich dann an, ob ich daßelbe nicht über Donaueschingen addreßieren sollte, daß Sie es zu allererst sehen möchten? Nun blieb ich aber ohne Antwort, so daß ich beinahe auf den Gedanken kam mein Brief wäre verlohren gegangen.

 

Und nun hörte ich von Frau von Bodmann3 daß Ihro Durchlaucht mit der lieben Fürstinn & den Kindern auf längere Zeit nach Ostente abreisen werden, daher besorgte ich die Verpakung sogleich; aber der Hr: Spediteur sagte mir soeben daß nicht alle Tag Gelegenheit sei mit der Fracht er müße die Kiste dem Postammt übergeben; dieses kam mir freilich etwas unbescheiden vor; doch möchte ich daß Ihro Durchlaucht das Bild noch vor Ihrer Abreise sehen könnten; denn ich sollte doch auch wißen ob es gefalle?

 

Gott gebe daß es glücklich in Ihre allergnädigsten Hände gelange & Sie daßelbe mit Nachsicht & Liebe aufnehmen möchten.

 

Dem Herrn Galerie Director Frommel4 werde ich indeßen schreiben daß Er in Zeit 14 Tagen dieses Bild von Donaueschingen aus auf eine kurze Ausstellung erhalten werde; (das Jesulein von der lieben Hohheit Fürstin6 war ehmals auch da) Nur bestimmen dan Ihro Durchlaucht allergnädigst wohin hernach das Bild soll zurück gesendet werden.

 

Und wen ich nur um eine kleine Antwort bitten dürfte.

 

Ihro Durchlaucht und der allergnädigsten lieben Fürstin mich ehrfurchtsvoll & in Liebe zu Füßen legend

 

                                                                                  

                     die unterthänigste Dienerin

Konstanz den 3ten Juli 58.                                                                  Maria Ellenrieder Hofmalerin

 

 

 

1 Brief an Carl Egon III. Fürst zu Fürstenberg (1820-1892).

2 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

3 Freiin von Bodman, nicht ermittelt.

4 Carl Ludwig Frommel (1789-1863), Direktor der Kunsthalle in Karlsruhe.

5 Die Künstlerin beteiligte sich an der Kunstausstellung des Kunstvereins in Karlsruhe im Jahre 1858 mit den Gemälden »Hl. Cäcilia« und »Mutter Gottes mit dem Kinde«, letzteres für die Pfarrkirche in Böhringen.

6 Elisabeth Henriette Fürstin zu Fürstenberg (1824-1861).

 

 

198      [FFA Donaueschingen]1                                                                                   [Konstanz, 8. Juli 1858]

 

Hochgeehrter Herr Hofrath!

 

Indem ich Sie herzlichst begrüße und Ihnen für Ihre lieben zwei Briefe schönstens dankend, übersende ich also hier die gütigst verlangte Rechnung.

 

Was ich geheim halten soll, will ich treulich beobachten; aber um Eines möchte ich gerne bitten daß das Bild nach der Ausstellung nicht ganz verschloßen bleibe.

 

Und nun ersuche ich Sie dringend Seiner Durchlaucht2 und der Allergnädigsten Fürstinn3 mich ja bestens zu empfehlen und unterthänigst und liebend zu Füßen zu legen, so auch eine recht glückliche Reise wünschend!

 

O, daß im Himmel die heilige Caecilia4 des lieben Fürsten und Seines ganzen Hohen Hauses Fürbitterinn sein wolle! so habe ich oft gefleht wehrend ich in aller Glückseligkeit dieses Bild malte; denn wahrlich, es hat mich kaum je ein Auftrag so herzinnigst erfreut wie dieser!!!

 

Und Sie lieber Herr Hofrath freuten Sich gewiß auch mit mir: da Sie stetz so theilnehmend für mich waren. Meine Schwester und ich, wir hatten Sie nie vergeßen, d’rum war es für uns beide ein großes Vergnügen bei diesem Anlaß so ein freundliches Lebenszeichen von Ihnen zu sehen, wir bitten Sie ferner um Ihr gütiges Andenken.

 

Mit innigster Hochachtung

Ihre

Konstanz den 8ten Juli                                                                                     ergebenste Maria

                        58.                                                                                                 Ellenrieder Hofmalerinn.

 

                                                          

1 Brief an Mathias Sulger (1793-1871), F. F. Domänenrat in Donaueschingen.

2 Carl Egon III. Fürst zu Fürstenberg (1820-1892).

3 Elisabeth Henriette Fürstin zu Fürstenberg (1824-1861).

4 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

 

 

199      [RM Konstanz, 73]1                                                                                           [Konstanz, 10. Juli 1858]

 

Innigst hochverehrter Freund!

 

Ich habe Ihnen für zwei li Briefe zu danken. Meine Schwester beantwortete Ihnen zwar Alles, also blieb mir nichts übrig als einmal selbst ein Lebenszeichen zu geben und eigenhändig Ihnen zu bezeugen daß Ihre guten Nachrichten mich unendlich erfreuten; ja mann muß sagen, Sie leben schön & angenehm, doch immerhin gar zu wenig kirchlich!

 

Mit meinem Befinden geht es Gott sei Dank, zimmlich ordentlich, obwohl noch immer ein kleiner Schmerz vorhanden ist. Mit den Umschlägen sezte ich 5 Monate unausgesezt fort, dann sagte mann mir von einem ähnlichen Patienten, daß er das Knie nur kalt wasche: wobei ich keinen Unterschied wahrnahm, später hörte ich ganz auf, bei der großen Hitze fing ich aber mit den Umschlägen wieder an bis auf den heutigen Tag: so viel also Ihrer überaus freundlichen Theilnahme.

 

Was die Kunst betrift, darin gibt mir der liebe Gott noch immer Gnade, ich habe Verschiedenes gemalt & gezeichnet, es wäre zu umständlich alles zu beschreiben, Sie kommen vieleicht doch noch einmal zu uns! vor wenigen Tagen wurde das Bild der heil Caecilia2 nach Donaueschingen an seines hohen Bestellers des Fürsten3 gesannt; und dann zu gleicher Zeit ging auch ein kleines Altarbild die Mutter=Gottes mit dem Kinde4 nach Carlsruh wo nächstens Beide auf eine kurze Zeit ausgestellt werden.5 Lezteres kommt in das Kirchlein nach Böhringen bei Radolfzell. Soeben male ich an einer Madonna die das Jesulein6 welches schläft, auf ihren Armen trägt für eine Familie Gibert nach Ney=ork.

 

Leben Sie so glücklich wie ich, und bleiben Sie der saumseligen Korespondentin immer gut. Ich grüße Sie 1000 & 1000mal mit dem Wunsche daß Gott Sie recht gesund erhalten wolle, und daß Sie auch gerne & oft zu Ihm in die Kirche gehen!

 

Ihre

Konstanz                                                                                                    innigst ergebenste Din

den 10ten Juli 58.                                                                                        & Freundin Maria

                                                                                                                                     Ellenrieder

 

Von der Pepi:7 alles Mögliche Schöne!!

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) als Adressat eindeutig bestimmen.

2 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

3 Carl Egon III. Fürst zu Fürstenberg (1820-1892).

4 Fischer und Blanckenhagen WV 325.

5 Die Künstlerin beteiligte sich an der Kunstausstellung des Kunstvereins in Karlsruhe im Jahre 1858 mit den Gemälden »Hl. Cäcilia« und »Mutter Gottes mit dem Kinde«, letzteres für die Pfarrkirche in Böhringen.

6 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

7 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

 

Marie Ellenrieder Boehringen

 

200      [Staatsarchiv Basel, PA 804 K 7 29]1                                                             [Konstanz, 7. April 1859]

 

Der hochverehrten Fräulein

Charlotte Kestner,

 

mit 1000 schönen Grüßen und Empfehlungen

 

von

Konstanz den 7ten Apr: 59.

Maria Ellenrieder

 

 

1 Brief an Charlotte Kestner (1788-1877), jüngere Schwester des »römischen« August Kestner.

 

 

201      [RM Konstanz, 74]1                                                                                        [Konstanz, 16. Mai 1859]

 

Hochverehrtester Freund!

 

Es ist in der That doch recht peinlich, so lange nicht mehr von Ihnen zu hören! Hoffentlich werden Sie immer wohl und wo möglich auch glücklich gewest sein!

 

Was uns betrifft, so hatten wir einen überaus guten Winter: ich konnte täglich in die Fruhmeß und malte fleißig an zwei größern Staffelei Bilder, das Eine stellt vor die Unbeflekte Empfängnis Maria,2 das Andere, ein emporschwebender Engel der die Geheimen Anliegen in den Himmel trägt:3 auch drei kleinere Bildchen in Öl malte ich, auch zeichnete ich Mehreres bei der Lampe.

 

Aber vor einigen Wochen waren die Pepi4 & ich weniger Wohl; jedoch nicht ganz krank, und nun geht es uns wieder ordentlich Gott sei Dank!

 

Indem ich Sie nun 1000 & 1000 mal begrüße und Sie versichern möchte daß ich recht oft an Sie denke bitte ich Sie auch um freundliche Nachricht von Ihnen.

 

In treuer Verehrung Ihre

Konstanz den 16ten

                        Mai 59.                                                          Dienerinn & Freundinn

                                                                                                           Maria Ellenrieder

Auch die Pepi empfielt sich Ihnen schönstens.

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) als Adressat eindeutig bestimmen. Auf einem beiliegenden Blatt ist ein koloriertes lithographiertes Andachtsbildchen mit einem Wollfaden befestigt. Es zeigt »Das Jesuskind, die Weltkugel segnend« und ist bezeichnet »M. Ellenrieder pinx. Lith. Benziger.«

2 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

3 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

4 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

202      [RM Konstanz, 75]1                                                                                     [Konstanz, 11. August 1859]

 

Hochverehrtester Freund!

 

Wehrend ich mich der angenehmen Hoffnung hingab daß es Ihnen recht gut gehen möge, hörte ich schon zum drittenmal daß es so sei; ich freute mich herzlich darüber, und gedenke öfters Ihres freundlichen Versprechens daß Sie uns besuchen werden, doch haben wir erfahren, daß Sie nicht einmal auf Mittag, sondern nur eines Nachmittags herüber2 kommen wollen: ich aber lade Sie ein und die Pepi mit mir daß Sie auf länger nach Constanz kommen möchten und Wohnung bei uns nehmen; wäre es Ihnen denn nicht angenehm wieder einmal sich da ein wenig aufzuhalten, wo Sie einst so lange wohnten, und da malten? Überlegen Sie es gütigst & zeigen Sie es uns dann an.

 

Indem ich Ihnen auch noch schriftlich für Ihren lieben lezten Brief von 18ten Mai danke, beantworte ich auch zugleich, daß ich jennes kl Bildchen3 nicht selbst colorierte, sondern es kömmt so von Einsiedeln in welche Anstalt4 dort ich einige Zeichnungen versendete: zum Danke erhielt ich dann Viele, auch die Originale wurden mir ubeschädigt zurük gegeben.

 

Noch muß ich Ihnen berichten, daß die rothen Eggn an dem Bild schon dunkler sind, was eine gute Wirkung hervorbrachte. Der Profeßor kann jezt kommen wenn er will.

 

Mit herzlicher Verehrung Sie 1000 & 1000mal

begrüßend

Ihre

Konstanz den 11 Aug 59.

                                                                                                             innigst ergebenste Dienerin

                                                                                                             & Freundin Maria Ellenrieder

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder als Adressat eindeutig bestimmen.

2 Aus Überlingen am Bodensee.

3 Beilage zum Brief vom 16. Mai 1859.

4 Verlag Gebrüder Karl und Nikolaus Benziger in Einsiedeln.

 

 

203      [RM Konstanz, 76]1                                                                                          [Konstanz, August 1859]

 

Hochverehrter Freund!

 

Da wir Sie Tag für Tag erwartet haben, so könnte es vieleicht möglich sein, daß Sie am Mittwoch kämen, an welchem Tag ich schon morgens 8 Uhr nach der Mainau fahre, um dort eine Zeichnung anzufangen.

 

Ich hoffe Sie doch noch zu sehen?!

 

Grüßen Sie mir doch Hr: v: Krieg2 recht schön!! und ob Er nicht ein paar Tag Wohnung bei uns nehmen möchte?

 

Sie Beide 1000mal grüßend in

Eile.

 

Montag

                                                                                                          Maria Ellenrieder

 

 

1 Brief an Carl Freiherr von Röder ohne Ort und Datum. Aus dem Inhalt und dem Brief vom 11. August 1859 ist aber abzuleiten, dass der Brief wohl ebenfalls im August von Konstanz nach Überlingen gesandt wurde, wo Carl von Röder im Sommer 1859 im dortigen Badhotel zur Kur weilte.

2 Georg Krieg von Hochfelden (1798-1860), der Ehemann der Freundin von Marie Ellenrieder, Anna von Vincenti, verh. Krieg von Hochfelden, war gleichzeitig mit Carl Freiherr von Röder in Überlingen zur Kur.

 

 

204      [RM Konstanz, 77]1                                                                                [Konstanz, 16. Dezember 1859]

 

Mein hochverehrtester Freund!

 

Seit Ihrem Verschwinden aus unserer Nähe,2 hatte ich immer ein sehnsüchtiges Verlangen zu erfahren, wie Sie nach Hause gekommen sind: und ich hoffte von Zeit zu Zeit ein paar Zeilen von Ihnen zu erhalten; endlich erlaubte ich mir dieses lange Stillschweigen zu unterbrechen. – Die stillen Abende des Winters sind ganz geeignet an gute Freunde traudliche Grüße zu senden: empfangen Sie solche 1000 und 1000mal! Und laßen Sie mich hoffen, daß ich recht bald eine Nachricht bekomme und wo möglich eine recht gute.

 

Uns gieng es bisher ziemlich ordentlich, Gott sei Dank! Und ich bin überzeugt daß Sie Sich mit mir über den schönen Auftrag erfreuen den S.K.H. der Großherzog3 mir so allergnädigst ertheilten, indem ich nemlich das Bild des alten Simeon wie er das Kindlein Jesu aus den Händen Mariä empfängt,4 für Ihn malen darf. Sie sehen nun daß ich sehr angenehm beschäftigt bin: und ich bin nun in allem Studium des Carton den ich sehr fleißig ausführe, weil, wenn ich die Vollendung des Bildes nicht erleben sollte, doch der Carton ein vollendetes Ganze wäre: und ich bin auch ganz zufrieden, wenn der liebe Gott mich auch nur diesen in seiner Gnade zu Stande bringen läßt; wenn Er aber auch zum Gemälde mein Leben noch fristet, so wäre freilich meine Freude Groß.

 

Denken Sie! Herr v: Krieg5 kam noch herüber,6 seine Sprache war sehr ernst; nach der Begrüßung war sein erstes Wort „Jezt sehe ich die Welt mit ganz anderen Augen an, ja seit dem meine Frau mit der brennenden Wachskerze an meinem Bette kniete als ich die heiligen Saccramenten empfing, ja seitdem ist es mit mir ganz anders: er sei aber mit seiner Kur vollkommen zufrieden und er hofft daß seine Frau ihn künftiges Jahr nach Überlingen begleiten werde; Anderes ist nichts gesprochen worden.

 

Da meine Schwester Ihnen selbst auch schreiben will, sage ich Ihnen nun mein allbestes Lebewohl und auf den heiligen Weihnachtstag das Kindlein Jesu in Ihr Herz!

 

In treuer Verehrung & Anhänglichkeit

Ihre

Konstanz den 16ten

            Dec: 59.                                                                                           ergebenste Dienerinn

                                                                                                                     & Freundin Maria Ellen-

                             rieder.

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) als Adressat eindeutig bestimmen.

2 In Überlingen am Bodensee.

3 Friedrich I. Großherzog von Baden (1826-1907).

4 Darstellung im Tempel (Luk. 2, 27-34), rückseitig signiert und datiert 1860, versteigert 1995 beim Auktionshaus Sotheby’s (Die Sammlung der Markgrafen und Großherzöge von Baden, Versteigerungskatalog Sothebys Baden-Baden 1995, Bd. IV, Nr. 4295).

5 Georg Krieg von Hochfelden (1798-1860), der Ehemann der Freundin von Marie Ellenrieder, Anna von Vincenti, verh. Krieg von Hochfelden.

6 Aus Überlingen.

 

 

205      [RM Konstanz, 1964/259]1                                                                           [Konstanz, 31. Januar 1860]

 

Meine hochverehrte liebe Freundin!

 

Es ist schon lange seit dem 20 ten Sep: an welchem Sie mir Ihr leztes Briefchen schrieben; ich danke Ihnen herzlichst dafür, so wie auch für das beigelegte Goldstük. Ich gab meiner Schülerin der Anna Martignony2 das Betreffende für jenne Blätter: sie war sehr erfreut, daß Sie dieselben behielten, doch hat es sie etwas entmuthigt, weil sie gar kein Urtheil darüber aussprachen.

 

Was mich betrifft, habe ich sehr oft, ja fast immer an die kl Zeichnungen gedacht, die ich diesen Winter verfertigen wollte, um solche Ihnen zur Auswahl zu senden; ich fing auch mehrere an, um sie bei Tag zu vollenden: aber mein gr Carton nimmt mich so sehr in Anspruch und will mir keine Zeit für etwas Anderes gestatten. Um die heiligen Festzeiten habe ich Ihrer besonders viel gedacht und Ihnen viel Glük & Segen zum neuen Jahr gewünscht; Gott gebe, daß sie in Erfillung gehn!

 

Am 11ten dieses Monats wurde ich mit einem schreklichen Seitenstechen heimgesucht, und seither ist auch mein Atelier nicht mehr geheizt worden, doch jezt hoffe ich daß es wieder bald geschehen kann, Gott sei Dank.

 

Es ist übrigens heilsamm so züchtigend vom Herrn heimgesucht zu werden: und als es wieder beßer war kam ich an die kleinen Zeichnungen, ich nehme also die Freiheit Ihnen hier Solche zu Ihrer Einsicht zu senden; ich habe dieses mal den Preis zu Franken berechnet. Die Idee der kl stehenden Engel ist, daß sie im Begrif sind ein himmlisches Lied zu singen;3 die Anderen möchten mußizieren zu einem frommen Hochzeitfest, das blaue Schutzengelein forscht nach dem Willen Gottes, und wird dann einen guten Rath geben.

 

Nun sage ich Ihnen mein herzlichstes Lebewohl! O! daß ich auch einen Blik in Ihr liebes Haus werfen könnte, und wie Sie da in gemeinsammer Liebe ein schönes Leben führen! Wenn Sie mir in einiger Zeit von den Blättern zurük senden, so geben Sie mir gütigst recht fröhliche Nachrichten von Ihnen.

 

Empfangen Sie und all die lieben Ihrigen die schönsten Grüße und Empfehlungen von meiner Schwester & mir, und Gott schenke uns die Freude Sie noch einmal in diesem Leben sehen zu können!

 

In treuer Verehrung & Liebe

Ihre

 

Konstanz den 31ten Jenner 60.                                                             dankbare Dienerin

                        & Freundin Maria Ellenrieder.

 

 

1 Name der Adressatin in der Schweiz nicht genannt (wahrscheinlich Frau La Roche in Basel).

2 Anna Martignoni (1826-1873), Nichte und Schülerin von Marie Ellenrieder.

3 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 382.

 

 

206      [RM Konstanz, 78]1                                                                                           [Konstanz, 31. Juli 1860]

 

Gott zum Gruß!

 

Mein hochverehrtester Freund!

 

Nun möchte ich Sie einmal erinnern, daß Sie es uns versprochen haben, bald wieder nach Constanz herüber zu kommen,2 und ich hoffe dies umso mehr, da in dieser Zwischenzeit Frau von Gleiser3 ankam: und wenn Sie nur auch so gut wären & bei uns wohnen möchten, wir hätten einen freundlichen Raum für Sie und Ihren Bedienten; zum baden ist es bei diesem Wetter doch zu kalt: also wäre es ganz Vernunft gemäß, augenblicklich aufzubrechen, um hier die warmen Tage abzuwarten.

 

Für das überaus schöne Geschenk sage ich Ihnen noch 1000mal den herzlichsten Dank!

 

Seit 10 Tagen befolgte ich den gütigen Rath, niechtern Waßer mit Wein zu trinken, welches mir wirklich recht gut bekömt.

 

Meine Schwester & ich, wir empfehlen uns Ihnen bestens und freuen uns auf ein baldiges Widersehn!

Ihre

Konstanz                                                                                            treue Verehrerin

            den 31 Juli 60.                                                                                    & Freundin Maria

                                                                                                                                        Ellenrieder.

 

Darf ich bitten inliegenden Brief gütigst zu übergeben.

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) als Adressat eindeutig bestimmen.

2 Aus Überlingen am Bodensee.

3 von Gleiser, nicht ermittelt.

 

 

207      [RM Konstanz, 79]1                                                                                   [Konstanz, 18. Oktober 1860]

 

Mein hochverehrter lieber Freund!

 

Wir hatten uns sehr gesehnt zu erfahren, wie Sie nach Hause gekommen sind, daher war die Freude über Ihre lieben Briefe groß.

 

Ich hatte noch vor diesen lieben Nachrichten die Absicht Ihnen zu schreiben: denn ich wollte Ihnen doch mittheilen, daß Ihre guten Räthe für mein Bild wohl gethan haben; nemlich in der Nähe der Fenstern ein Luftton, dann an der äußern Saul mehr Schatten: und an dem violetten Gewand des fromen Simeon2 oben auch dunkler damit sich die Goldstikerei beßer abhebt, auch die blauen Reflexen im weißen Tuch thaten gut.

 

Ich nahm auch die Madonna mit dem Kinde3 noch einmal durch, und that überall wie ich glaube mein Möglichstes; später wurde ich auch noch auf Einiges aufmerksamm gemacht, so, daß ich mit Unterbrechung bereits immer noch daran malte, doch jezt steht es am vollkommenen drocknen, bis die Goldram dazu verfertigt sein wird. Dann gedenke ich es einen Tag öffentlich auszustellen; worauf ich es nach Carlsruhe ins Schloß zu addreßieren habe: die gnädigsten Hohen Herrschaften haben mir liebevoll ihre Ihre Zufriedenheit über das Bild ausgedrückt.

 

Nun muß ich Ihnen auch berichten, daß ich den andern Rath ebenfals befolgte, nemlich, mit dem Waßer und 3ten Theil Wein, welches mir gut bekömmt.

 

Empfangen Sie also meinen herzlichsten Dank für Alles, und Gott gebe, daß wir uns künftiges Jahr wieder finden können!

 

Ich freue mich nun auf mehrere kleine Arbeiten, bis ich wieder etwas Größeres anzufangen gedenke.

 

Nun habe ich Ihnen Vieles mitgetheilt, machen Sie es auch so: nach Ihren Briefen so theur sie mir auch sind, bekomme ich doch nie einen rechten Blick in Ihr häusliches Leben; ich hoffe aber das nächstemal entwerfen Sie mir ein Bild davon. Bis dahin sage ich Ihnen mein allerbestes Lebewohl, und besonders in den stillen Winterabenden eine fröhliche Einkehr in Ihr Inneres und ein Wandel mit Gott, und dann am Tage nicht an der Kirche vorüber sondern hinein.

 

Mit herzinnigster Verehrung

und Dankbarkeit Ihre

Konstanz den 18ten

                        Okt: 60                                                           gehorsammste Dienerinn

                                                                                              & Freundin Maria

                                                                                                          Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) als Adressat eindeutig bestimmen.

2 Darstellung im Tempel (Luk. 2, 27-34), rückseitig signiert und datiert 1860, versteigert 1995 beim Auktionshaus Sotheby’s (Die Sammlung der Markgrafen und Großherzöge von Baden, Versteigerungskatalog Sothebys Baden-Baden 1995, Bd. IV, Nr. 4295). Siehe auch Fischer und Blanckenhagen WV 302.

3 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

 

 

208      [GLA 56, Nr. 1290]1                                                                                 [Konstanz, 4. Dezember 1860]

 

Ihro Königlichen Hohheit,

Allergnädigster Großherzog!

 

In der zuversichtlichen Hoffnung daß Ihre Königliche Hohheit mir verzeihen, wenn ich es wage an Höchst Sie Selbst zu schreiben.

 

Nachdem nemlich das Bild des alten Simeon2 so lange liegen blieb, weil der Frachtbrief verloren gieng: so hat daher meine mütterliche Sorgfalt, womit ich dies Bild in Gedanken begleitete keine Ruhe, bis ich erfahren habe, ob daßelbe nicht gelitten; sondern unbeschädigt angekommen und mit Nachsichtsvoller Liebe von Ihrer Königlichen Hohheit aufgenommen wurde?

 

Mehr will ich nicht schreiben, den Ihre alte Dienerinn kennt die vielen Unruhen, womit Ihre Königliche Hohheit so sehr umgeben sind.

 

Gott gebe, daß Sie Sich Alle recht wohl befinden! Mit Ehrfurchtvoller Ergebenheit Ihro Königlichen Hohheit und der lieben allergnädigsten Frau Großherzoginn mich zu Füßen legend, und dem lieben theuren Erbgroßherzog3 die Hand küßend,

 

Konstanz den 4t Dec: 1860.                                                                                 die unterthänig Marie Ellen-

                                                                                                                                                  rieder Hofmalerinn.

 

 

1 Brief an Großherzog Friedrich I. von Baden (1826-1907).

2 Darstellung im Tempel (Luk. 2, 27-34), rückseitig signiert und datiert 1860, versteigert 1995 beim Auktionshaus Sotheby’s (Die Sammlung der Markgrafen und Großherzöge von Baden, Versteigerungskatalog Sothebys Baden-Baden 1995, Bd. IV, Nr. 4295). Siehe auch Fischer und Blanckenhagen WV 302.

3 Friedrich Erbprinz von Baden (1857-1928).

 

 

209      [GLA 56, Nr. 256]1                                                                                [Konstanz, 17. Dezember 1860]

 

Hochgeehrter Herr!

 

Auf Ihre sehr erfreuliche Zuschrift, wozu Sie von Seiner Königlichen Hohheit des Allergnädigsten Großherzog2 so gnadenvoll & huldreich beauftragt wurden, bezeichne ich nun gehorsamst aber ungerne den Preis für das besagte Bild des fromen Simeon: nemlich, 1300 fl. (tausend drei hundert Gulden.)3

 

Muß es mir nicht leid thun, wenn ein solcher Zahltag eintreten soll? Freilich habe ich dabei den Trost, daß es aus nachsichtsvoller & großmüthiger Liebe geschehen, und Gott segnend darauf herabblicken wird.

 

Indem ich Ihnen nun für Ihre theuren & lieben Zeilen verbündlichst danke, bitte ich Sie schönstens Seiner Königlichen Hohheit dem Allergnädigsten Großherzog mich in aller Ehrfurcht & Liebe unterthänigst zu Füßen zu legen, und zu sagen, daß ich das unendlich beglückende Briefchen erhalten habe, und daß ich es vieleicht wage selbst dafür zu danken.

 

Mit besonderer Verehrung Sie begrüßend

 

Ihre

 

Konstanz den 17ten Dec:                                                                    ergebenste Maria Ellenrieder

                                   1860.                                                                                                 Hofmalerinn.

                                                                                             

 

1 Brief ohne Adresse an Hofrat Adolf Kreidel, Großherzogliches Hof-Sekretariat in Karlsruhe. Der Adressat ergibt sich aus der Akte GLA Karlsruhe 52/256.

2 Friedrich I. Großherzog von Baden (1826-1907).

3 Darstellung im Tempel (Luk. 2, 27-34), rückseitig signiert und datiert 1860, versteigert 1995 beim Auktionshaus Sotheby’s (Die Sammlung der Markgrafen und Großherzöge von Baden, Versteigerungskatalog Sothebys Baden-Baden 1995, Bd. IV, Nr. 4295). Siehe auch Fischer und Blanckenhagen WV 302.

 

 

210      [GLA 56, Nr. 256]1                                                                                  [Konstanz, 12. Februar 1861]

 

Hochgeehrter Herr!

 

Da ich schon am 17ten Dec: Ihr höchsterfreuliches Schreiben beantwortete, und seither noch nie eine Nachricht von Ihnen erhielt, muß ich bereits glauben daß Sie meinen Brief nicht erhalten haben.

 

Dürfte ich Sie nun mit Gegenwärtigem bittn mir recht bald gütigst nur ein paar Worte zu schreiben?

 

Mit aller Verehrung Sie begüßend,

Ihre

Konstanz den 12ten Febr:

                                   1861.                                                                                 gehorsammste Maria

                                                                                                                                        Ellenrieder.

 

 

1 Brief ohne Adresse an Hofrat Adolf Kreidel, Großherzogliches Hof-Sekretariat in Karlsruhe. Der Adressat ergibt sich aus der Akte GLA Karlsruhe 52/256.

 

 

211      [RM Konstanz, 80]1                                                                                     [Konstanz, 14. Februar 1861]

 

Mein lieber Hochverehrter Freund!

 

Ich will Ihnen doch selbst auch noch für Ihr liebes Briefchen danken: obwohl Sie mir nie alles beantworten was ich Ihnen schreibe ich hingegen befolge alles was Sie mir rathen was zugleich ein recht praktisches Andenken an Sie ist: was aber die Pepi2 Ihnen von meinem Fleiß berichtet, müßen Sie nur so viel glauben als ich Ihnen sage, nemlich, arbeite ich nur 4 oder 5 Stund des Tages sammt jenner Stund bei Licht; die übrige Zeit brauche ich nebst dem Kirchenbesuch (als die Fruhmeß & Abendandacht) zu einer menge von Comißionen und andern Gängen aller Art.

 

Gott gebe, daß Ihnen dieser Winter noch recht gut vorüber gehe & wir uns im Sommer noch einmal wieder sehen!

 

Bis dahin seien Sie nur recht fromm & laßen Sie Sich den diesjährigen schönen & guten Hirtenbrief geben.

 

Mit treuer Verehrung & Anhänglichkeit

 

Ihre

Dienerinn & Frd: Maria

Ellenrieder.

 

 

1 Nachschrift zu einem Brief der Josefine Ellenrieder ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) als Adressat eindeutig bestimmen. 

2 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

212      [GLA 69 Baden Sammlung 1995 A Nr. 118]1                                                   [Konstanz, 2. März 1861]

 

Ihro Königlichen Hohheit,

Allergnädigster Großherzog!

 

Ich habe für ein außerordentliches Kleinod zu danken, und dieses theure Kleinod ist das Briefchen vom 9ten Dec: von der Hand & dem Herzen I: K: Hohheit Selbst geschrieben! wie mich dasselbe erfreute & beglückte kann ich unmöglich ausdrüken. – – Dank, 1000mal Dank!

 

Ich wartete nur noch mit diesen meinen Zeilen, bis der schönen That die Krone aufgesezt war: und diese geschah vor einigen Tagen, durch den Empfang des großmüthigen Opfers, für welches ich nun 1000mal Gott=vergelts sage!

 

Daß Ihro Königliche Hohheit mir das Bild des lieben Jesulein Maria & Simeon im Tempel2 bestellten, das ist & bleibt mir so lange ich noch lebe eine herzinnige Freude; denn ich war so sehnsichtig von dem Wunsche erfillt diesen Gegenstand zu malen daß ich ihn vieleicht jedenfals würde gemalt haben, obwohl mit großer Besorgniß; so aber war mein schönster Wunsch erfillt & es machte mich ganz glücklich: wozu aber auch die theure allergnädigste Frau Grossherzogin beigetragen hat, ja Höchstdiselben habe es vermittelt weil ich das gemalte Skitzchen im vorlezten Herbst nach der Mainau schicken durfte, von da aus Sie mir dann ganz kurz vor der Abreise durch ein kl: Briefchen die Zusage wie ein Engel des Himmels mir mittheilte.

 

Gott wolle alles dieses Schöne & Gute auch an dem lieben Prinzen vergelten!

 

Laßen I: K: H: Sich die nachsichtvolle Liebe zu diesem Bilde nicht aus dem Herzen nehmen, indem man jezt leicht verwöhnt werden kann, durch die gegenwärtigen neuen Bilder, die mit so großer Meisterschaft von Effekt & Naturwahrheit in Erstaunen setzen; ein ehrwürdiger bayrischer Künstler rieth mir, doch ja nicht nach dieser Art zu trachten, sondern bei dem alten Styl zu verbleiben, der keiner Zeit unterworfen sei.

 

Eines glaube ich noch nicht angezeigt zu haben, daß ich dem Bilde einen Waßerfirniß geben ließ, welcher abgewaschen werden muß ehe man daßelbe recht zu firnießen gedenkt. Am liebsten möchte ich dieses selbst anordnen, wenn nur meine Gesundheit nicht gar so schwächlich wäre! und in diesem Monat trette ich schon in mein 71tes Lebensjahr. Wie gerne möchte ich noch einmal die Plätze begrüßen, wo ich mit Ihnen Allen so glüklich war, und wo ich zu Tische sein durfte, auf demselben Gange wohnen, und unter den Christbäumen auch selbst einen Eigenen zu erbliken, und nun, nach so vielen Jahren dachten I: K: H: noch Selbst daran, daß ich dabei war! – – Meine Schwester war auch ganz entzükt, und dankt schönstens für die allergnädigsten Grüße.

 

Was mich soeben beschäftigt, sind einige kl Bildchen die ich größtentheils schon vor Langem angefangen hatte: ich wurde übrigens schon dreimal diesen Winter durch Unwohlsein unterbrochen.

 

So kurz ich mich faßen wollte, ist dieser Brief doch etwas lang geworden: ich sage also nur noch daß diese beikommende Zeichnung3 eines von den hin & her schwebenden Engelein vorstellen sollte, die das Gute das auf der Erde geschieht schnell in den Himmel tragen & mit Seegen schnell wieder zurükkehren! Möchten I: K: Hohheit es doch gerne von mir annehmen.

 

Ich bitte um Verzeihung daß ich es gewagt habe in Ihr Höchst unruhiges Leben noch mehr Unruh zu bringen.

 

Mit herzinnigster Ehrfurcht Liebe & Dankbarkeit Ihro Königlichen Hohheit & der Allergnädigsten Frau Großherzogin mich zu Füßen legend & dem lieben Erbgrossherzog 1000mal die Hand küßend,

 

Konstanz den 2ten März 1861.

                                                                                                    die unterthänigste gehorsammste

                                                                                                             Maria Ellenrieder Hofmalerin

 

Ich möchte freilich auch der theuren Frau Grossherzogin Sophie und Allen den Liben Ihrigen mich empfehlen, und Gott gebe daß I. K. H: von den lieben Auswärtigen immer gute Nachricht erhalten!

 

Soeben bemerkte ich, daß das Hohe Namensfest ganz nahe ist, zu welchem ich nun auch besonders Glück & Segen wünsche. Ich werde an diesem Tage im Geiste ganz still nach dem lieben Schloß gehn und da im aufgeschlagenen Buch in aller Ehrfurcht & Liebe meinen Namen einschreiben.

 

                                                                                                                                    M. E.

 

 

1 Brief an Großherzog Friedrich I. von Baden (1826-1907).

2 Darstellung im Tempel (Luk. 2, 27-34), Auktionskatalog Sothebys 1995, (Die Sammlung der Markgrafen und Großherzöge von Baden, Versteigerungskatalog Sothebys Baden-Baden 1995, Bd. IV, Nr. 4295). Siehe auch Fischer und Blanckenhagen WV 302.

3 Beiliegend ein Umschlag aus Karton mit der Aufschrift »Ihro Königlichen Hohheit Allergnädigsten Frau Großherzogin Luise. Dieses beifolgende Engelein möchte danken in meinem Namen für die Freude am heiligen Weihnachts=Abend. Marie Ellenrieder Hofmalerin.« Die Zeichnung ist abgelöst und fehlt. Vielleicht identisch mit der Nr. 4357 monogrammiert und datiert 1860 im Auktionskatalog Sotheby’s, 1995 (Die Sammlung der Markgrafen und Großherzöge von Baden, Versteigerungskatalog Sothebys Baden-Baden 1995, Bd. IV, Nr. 4357).

 

 

213      [Archiv der Freiherrn v. Gayling Freiburg]1                                         [Konstanz, 28. Dezember 1861]

 

Ihro Excelenz!

Innigst verehrte gnädigste Frau!

 

Sie werden Sich leicht vorstellen mit welchen Gefühlen des Dankes ich Ihnen den glüklichen Empfang des theuren überaus hocherfreulichen goldenen Büchleins anzeige!

 

Das liebliche Schächtelchen kam also mit seinem kostbaren Innhalt richtig am heiligen Weihnachtabend an: & meine Schwester war auch mit mir ganz entzükt; nur ist zu viel Huld & Gnade dadurch mir widerfahren!!

 

In der Kirche dann am frühen Morgen habe ich vor dem Allerhöchsten Gut und in der heiligen Communion recht inniglich um reichliche Vergeltung gebetet, ja, ich habe es dem lieben Jesulein gesagt was die Allergnädigste Frau Großherzogin2 mir erwiesen hat. –

 

O, daß ich Ihro Exzelenz recht dringend bitten dürfte, Ihrer Königlichen Hohheit der regierenden Großherzoginn, mich mit innigstem Dank zu Füßen zu legen, und so auch danke ich Seiner Königlichen Hohheit dem Allergnädigsten Großherzog auch küße ich dem lieben Prinzen segnend die Hand.

 

Gott wolle Alles vergelten!!!

 

Empfangen auch Ihre Excelenz meinen verbündlichsten Dank für Ihr theures Briefchen, und Gott wolle Ihnen recht viel Glück & Wohlergehen verleihn!

 

Ihrer gnädigsten Theilnahme möchte ich auch gerne berichten, daß es mir dieses Jahr ziemlich ordentlich gieng, und Gott gab mir noch immer Gnade zum fleißigen Arbeiten: was mich soeben beschäftigt ist ein Carton zu einem Porträtbilde der seligen Fürstinn zu Fürstenberg,3 nach einer guten Phothografie, aber himmelwärtz sehend, weil sie so fromm & Gottergeben gestorben ist; welches der trauernde edle Fürst für seine lieben Kinder zum Andenken will malen laßen.

 

Auch habe ich ein Bild des heil: Antonius mit dem Jesusknaben4 angefangen, so auch einen Carton zu einem Bilde des heil: Florian,5 Schutz Patron in Feurgefahr, für unsere brave Feuerwehr.

 

Nun sage ich Ihrer Excelenz, und im Geiste Allen das schönste Lebewohl! mit der Bitte zu Gott um Glük & Seegen für das herannahende Neue Jahr.

 

Ihro Excelenz

 

Kon den 28ten Dec: 61.                                                                      gehorsammste dankbare Dr:

                                                                                                          Maria Ellenrieder Hofmalerinn.

 

 

1 Brief ohne Adresse an Freifrau Antonia von Roggenbach, geb. Freiin von Andlau (1801-1866), Obersthofmeisterin der Großherzogin Luise von Baden. Adressatin von fremder Hand später hinzugefügt.

2 Luise Großherzogin von Baden, geb. Prinzessin von Preußen (1838-1923), heiratete am 20. September 1856 Friedrich von Baden.

3 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 123.

4 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

5 Fischer und Blanckenhagen WV 346.

 

 

214      [RM Konstanz, 81]1                                                                                       [Konstanz, 25. Februar 1862]

 

Mein hochverehrtester Freund!

 

Die Antwort meiner Schwester auf Ihren lieben theuren Brief werden Sie wie ich hoffe erhalten haben? Wir waren ganz außerordentlich erfreut endlich einmal Nachrichten von Ihnen erhalten zu haben. Wir sahen & hörten so lange nichts von Ihnen: nur einmal tröstete mich Jemand der von Freiburg kam, daß man Sie sehr gut aussehend auf der Straße vorübergehen sah: viel mehr wißen wir aber nicht aus Ihrem Briefe, denn Sie verschaffen uns niemals einen rechten Blik in Ihr schönes Leben & Treiben.

 

Ihre Glükswünsche zum neuen Jahr, haben sich Gott sei Dank ziemlich treulich erfillt: bis am ersten Februar als ich von einem Resma im Rüken & ein wenig Fieber heimgesucht wurde; doch nach 13 Tagen war ich schon wieder der Haft entlaßen; Solche Züchtigungen sind aber heilsamm, nun gehe ich wieder nach wie vor alle Tage in die Frühmeß, und diese ist es nicht, – die Schuld ist an meiner Verkältung, sondern weil ich in meinem Atellier den Platz am Fenster einem Gehilfen überließ, der mir an einem Bilde den Hintergrund & die andern Nebensachen untermalte: in jennen Tagen saß ich also zu nahe am Ofen, und das hatte mir geschadet.

 

Es sind eigentlich 3 ziemlich große Bilder die mich gegenwärtig beschäftigen: der heil. Antonius2 der heil Florian3 und das Bildniß der seligen Fürstinn von Fürstenberg4 (nach einer guten kleinen Phothografie), in natürlicher Größe, Beinstük, und zwar mit ausgebreiteten Armen nach dem Himmel sehend: am lezten Tage ihres schönen Lebens nahm sie diese Stellung 5 Minuten lang; sie war nemlich in ihrer Krankheit vollkommen Gott ergeben, daher will also der noch immer sehr trauernde Fürst sie auf diese Weise seinen 2 Kindern zum Andenken malen laßen: ich verfertigte dann einen großen Carton dazu und behandelte das Ganze wie ein historisches Bild, nemlich ganz einfach ohne etwas Modernes daran. Und es ist wirklich dieses ein sehr angenehmer Auftrag, möchten Sie mir nur auch Glük dazu wünschen, und einmal ein andächtiges Vaterunser für mich beten, daß ich dieses Bild glüklich zu Stande bringe.

 

Denken Sie! ich war im Herbst noch auf dem Heiligenberg,5 6 Tage. Da machte ich das Studium zum Kopf der Fürstinn, welcher zur Befriedigung ausfiel. Vom ganzen Bild selbst ist nun die erste Malung fertig: da mir aber keine Zeit vorgeschrieben wurde gedenke ich das Bild nur ganz langsamm zu übermalen.

 

Nun bin ich aber recht ins Weitläufige verfallen! Es ist Zeit daß ich Ihnen Lebewohl sage. Die Pepi6 läßt Ihnen viel Schönes sagen, sie war nicht immer ganz wohl.

 

Ich hoffe Sie schreiben uns einmal recht viel, und dann wünsche ich es auch von Herzen daß der liebe Gott im künftigen Sommer uns wieder ein fröhliches Wiedersehn schenken wolle!

 

Mit innigster Verehrung Ihre

 

Konstanz den 25ten Febr: 62.                                              

                   ergebenste Dienerin und

                                                                                                                    Freundinn Maria Ellenrieder.

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) als Adressat eindeutig bestimmen.

2 Nicht bei Fischer u. Blanckenhagen. Siehe Verzeichnis zum Verkauf des Nachlasses von Marie Ellenrieder C 14, Konstanz 1865 (GLA Karlsruhe 56/256, Nr. 21).

3 Fischer und Blanckenhagen WV 346. Siehe Verzeichnis zum Verkauf des Nachlasses von Marie Ellenrieder B 38 und C 13, Konstanz 1865 (GLA Karlsruhe 56/256, Nr. 21).

4 Elisabeth Henriette Fürstin zu Fürstenberg (1824-1861). Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 123.

5 Fürstlich Fürstenbergisches Schloss nördlich des Bodensees.

6 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

215      [FFA Donaueschingen]1                                                                                 [Konstanz, 26. April 1862]

 

Ihro Durchlaucht,

Allergnädigster Fürst!

 

Indem ich nun das liebe, mir so lange anvertraute Bild, in aller Verehrung sorgsamm verpakte, übersende ich es Ihro Durchlaucht mit dem schönsten Dank, und Gott gebe, daß es glücklich in Ihre theuren Hände gelange!

 

Ich bin aber indeßen auch etwas ängstlich geworden, so daß ich bitten möchte daß Ihro Durchlaucht mir den Empfang gnädigst anzeigen ließen.

 

Die Corretionen, von welchen ich in meinem lezten Briefe schrieb, sind nun gemacht und wenn ich noch ein paar Tage daran gearbeitet habe, gedenke ich das Bild einige Zeit droknen zu laßen, um dann, noch einmal das Ganze fleißig zu übergehn: und daß es mit der Gnade Gottes ein recht erbauliches Bild gebe, denn es ist dieses ja wohl eine Lehre & ein Beispiel für alle Menschen; so ganz Gott ergeben zu sterben!

 

In aller Ehrfurcht & Liebe Ihro Durchlaucht & Hohheit Fürstinn & Allen den theuren Ihrigen mich unterthänigst zu Füssen legend

 

Konstanz den 26. April 62

                                                                                                                die gehorsammste Maria

                                                                                                                     Ellenrieder Hofmalerinn.

 

Wie froh werden jezt Ihro Durchlaucht sein, dieses liebe Bild wieder zu besitzen!!

 

 

1 Brief an Carl Egon III. Fürst zu Fürstenberg (1820-1892).

 

 

216      [RM Konstanz, 82]1                                                                                       [Konstanz, 9. August 1862]

 

Gott zum Gruß!

 

Lieber hochverehrtester Freund!

 

Ich muß Ihnen doch endlich selbst ein Lebenszeichen geben, durch welches ich zugleich herzlichst danken möchte für Ihre gütige Theilnahme. Auch habe ich Ihnen noch für einen sehr lieben Brief vom 6ten Merz zu danken, da schreiben Sie mir einmal recht viel! Damals war ich recht ordentlich wohl, und es gieng alleweil mit kleinen Ausnahmen so, fort & fort, bis am 6ten Juli, da hat es eben Gott gefallen mich pletzlich erkranken zu laßen: es geht zwar Gott sei Dank, jezt beßer, doch werde ich vieleicht noch lange nicht ins alte Geleiße kommen. Kommen Sie aber einmal herüber,2 so kann ich Sie schon in mein Attelier führen, und Ihnen alles zeigen, was ich in der Barmherzigkeit Gottes zu Stande aber noch nicht ganz zu Ende gebracht habe.

 

Gott gebe daß Ihnen die Badekur recht wohl bekömt, und ich wünsche aufrichtig daß Sie dieselbe nicht wegen mir unterbrechen, sondern nur nach dem Aufhören des Badens gütigst nach Constanz kommen möchten.

 

Ich vernehme mit Freude daß Frl: von Schreeb3 meiner bisweilen gedenkt, und ich bitte Sie später mich ihr in ihr heiliges Gebet zu empfehlen und wenn ich auch Sie um ein andächtiges Vaterunser bitten dürfte!

 

Leben Sie nun wohl, die Pepi4 empfiehlt sich Ihnen mit mir schönstens, und wir haben uns abermal für ein so schönes Geschenk zu bedanken!

 

Mit 1000 herzlichen Grüßen Ihre

 

Konstanz den 9ten Aug 62.                                                                              innigst ergebenste Maria

                                                                                                                                             Ellenrieder

 

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) als Adressat eindeutig bestimmen.

2 Aus Überlingen am Bodensee.

3 Amalie von Schreeb (1784-1864), Cousine von Carl Freiherr von Röder. Sie wohnte damals wie Freiherr von Röder in Freiburg i. Br.

4 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

217      [RM Konstanz, 83]1                                                                                   [Konstanz, 11. Oktober 1862]

 

Hochverehrtester

Theurster Freund!

 

Ich weiß es nicht mehr was gerade in jennen Tagen mich hinterte, daß ich über Ihr leztes Briefchen an die Pepi2 nicht gleich schrieb, den die Nachricht von Ihren Schmerzen im Fuß hat mich unendlich betrübt; und ich wollte Ihnen mein Mitleiden kund thun. Hoffentlich wird es in dieser Zwischenzeit um Vieles beßer geworden sein? ganz gut wird es wohl noch nicht sein, den die Fußleiden sind die hartnäkichsten: vieleicht ist es auch eine Art Gicht; in diesem falle könnte ich Ihnen ein Mittel anrathen, welches mir sehr gut that, so daß ich nun bereits ganz frei bin, Gott sei Dank! Ich kann wieder regelmäßig in die Kirche und mein Atelier: also; ein Maler Namens Hofmann,3 der hier durchreiste, sah bei seinem Besuche mich sehr müde und angegriffen, dieser erzellte sodann daß er einmal die Gicht in einem solchen Grade gehabt daß er gar nicht mehr gehen konnte, da rieth man ihm an, sizilianischen Schwefel in kleinen Säckchen aufzubinden, und in 14 Tagen gieng er so durch die Straßen daß die Leute es nicht glauben wollten daß Er es sei: er war so gefällig & schrieb es mir nieder, indem er befürchtete ich möchte ihn nicht ganz verstehn. Weil mein Schmerz hauptsächlich in den untersten Knochen war, so machte ich Sohlen von Leinwand, kaufte ein paar Filzsohlen, die ich in abgeschnittene alte Strümpfe stekte & befestigte die gefillten Sohlen darauf auf die Filzsole & band sie so für die Nacht an, für den Tag machte ich ein paar andere gefillte Sohlen & legte sie in die Pantoffeln, zum ausgehn that ich sie weg, wohl aber die kleinen Säckchen die ich unter dem Knie umband, diese ließ ich immer d’rauf. Von Sicilianischen Schwefel sagte der Apotheker wiße er nichts, es sei aller Schwefel gleich. Versuchen Sie es doch auch, und Gott wolle seinen Segen dazu geben. (ich nahm gewöhnlicher Schwefel weil ich kein Anderen bekam.) Ich habe Ihnen nun auch für einen sehr lieben Brief zu danken den Sie mir noch von Überlingen schrieben: ich hätte Ihnen gern gleich ein Lob zugesannt, daß Sie an dem hohen Festage nicht abgereist sind; Sie wünschten mir damals eine Wiederherstellung & Gott werde sie mir verleihn, und siehe Er hat es gethan! so hat Ihr frommer Wunsch gefruchtet! Gott wird auch den meinigen erhören und Ihnen die Wiederherstellung verleyn. Ein großer Theil meiner Sorge & meines Verlangens geht dahin recht bald befriedigende Nachricht von Ihnen zu erhalten.

 

Wegen meiner Schonung dürften Sie unbesorgt sein, denn ich habe so viel allerlei Geschäftchen, daß ich kaum 4 Stund des Tags zum malen komme. Daß mich das lange Unwohlsein sehr zurük brachte ist begreiflich, doch ist das Bildniß der seligen Fürstin4 vollendet, & sie steht nun in ihrer Goldram zur Versendung bereit.

 

Am Bilde des heil Antonius5 habe ich auch wieder gearbeitet, so auch an dem Gnadenkindlein,6 (im alten Styhl) welches Sie, wie ich glaube angefangen gesehn; an den heil Florian7 bin ich aber noch nicht gekommen.

 

Ich habe auch ein paar Aufträge erhalten, ein Seitenaltarbild nach Waibstadt, die Mutter Gottes mit dem Kinde;8 und für eine teutsche Familie in Nework ein Staffelei Gemäld nach eigener Wahl, und wieder ein Schutzengelein.

 

Anderes weiß ich jezt nichts mehr zu schreiben: als (mit Ihren eigenen Worten) Sie mit einem treuen innigen Lebewohl begrüßend, verharre ich bis zu meinem letzten Hauche

 

Ihre

                                                                                                         

                  Sie ehrenden Freundinn

Konstanz den 11                                                                                        & Dienerin Maria

                        Okt: 62.                                                                                                  Ellenrieder.

 

 

Der Pepi ihre Begrüßung steht auf dem Rande der Aufschrift.

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) als Adressat eindeutig bestimmen.

2 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

3 Vielleicht Baptist Hofmann, Sohn des Konstanzer Buchdruckers. Er war seit dem 5. November 1842 an der Münchner Akademie der Bildenden Künste als Student für das Fach Malerei eingeschrieben (Kunstakademie München, Matrikelbuch 1809-1841).

4 Elisabeth Henriette Fürstin zu Fürstenberg (1824-1861). Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 123.

5 Nicht bei Fischer u. Blanckenhagen. Siehe Verzeichnis zum Verkauf des Nachlasses von Marie Ellenrieder C 14, Konstanz 1865 (GLA Karlsruhe 56/256, Nr. 21).

6 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

7 Fischer und Blanckenhagen WV 346. Siehe Verzeichnis zum Verkauf des Nachlasses von Marie Ellenrieder B 38 und C 13, Konstanz 1865 (GLA Karlsruhe 56/256, Nr. 21).

8 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

 

 

218      [FFA Donaueschingen]1                                                                        [Konstanz, 13. November 1862]

 

Geehrter Herr!

 

Aus Auftrag Seiner Hochfürstlichen Durchlaucht ist diese beikommende Kiste (unter Ihrer Addreße) auf das Zimmer des Durchlauchtesten Fürsten zu bringen und daselbst uneröfnet zu bleiben.

 

Gott gebe, daß diese Kiste unbeschädigt in Ihre verehrten Hände gelange! und Sie für dieselbe gütigst besorgt sein wollen.

 

Mit Dankbarkeit Sie vielmal grüßend.

Konstanz den 13ten Nov: 62.                                                                   Maria Ellenrieder.

 

Nachschrift

Diese Kiste hätte heute Donnerstag mit dem Postwagen versendet werden sollen; leider war sie aber zu breit & zu schwehr: und kömmt also erst an, wenn Seine Durchlaucht schon längst da sein werden. Nun erlauben Sie mir auch noch eine Bitte, nemlich dem Schreinermeister zu sagen, daß wenn der Dekel der Kiste abgeschraubt ist, und vieleicht bald nachher auch das Bild herausgenommen wird; so hätte er noch 8 Schrauben rükwärts der Kiste heraus zu nehmen. Auch hat der Vergolder keinen Aufhänger an die Rahme befestigt: er sagte es sei beßer man überlaße es Demjenigen, der das Bild zu plaßieren habe.

 

Ich dachte es wird gut sein, wenn man dieses vorläufig weist.

 

Und wie gerne werden Sie dieses Alles besorgen wenn ich Ihnen sage, daß die Kiste das Bildniß der verewigten Fürstin2 enthält, und zwar historisch dargestellt.

 

Nochmals Sie dankbar begrüßend die Obige.

 

1 Brief an Karl Guttmann (1829-1905), F. F. Kabinettsrat in Donaueschingen.

2 Elisabeth Henriette Fürstin zu Fürstenberg (1824-1861). Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 123.

 

 

219      [FFA Donaueschingen]1                                                                        [Konstanz, 20. November 1862]

 

Hochgeehrtester Herr!

 

In meinem Schreiben an Sie, welches ich dem Boten selbst übergab, vergaß ich Sie zu bitten mir doch sogleich nur zwei Worte zu berichten, ob die Kiste & das Bild2 glüklich an seine hohe Bestimmung gelangt ist?

 

Es bemächtigt sich meiner immer eine große Unruhe, wenn so Etwas auf der Reise ist, um so mehr bei diesem lezten so lieben Gegenstande.

 

Nicht wahr, mit umgehender Post senden Sie mir ein paar Worte.

 

Ihnen mich bestens empfehlend

Konstanz

den 20ten Nov: 62.                                                                                        Maria Ellenrieder

                                                                                                                                   Hofmalerin.

 

 

1 Brief an Karl Guttmann (1829-1905), F. F. Kabinettsrat in Donaueschingen, dessen Erledigungsvermerk mit Unterschrift auf dem Brief der Künstlerin angebracht ist.

2 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 123.

 

 

220      [FFA Donaueschingen]1                                                                             [Konstanz] Den 29ten Nov: 62

 

Hochgeehrter Herr!

 

Nach einem Briefchen von Frau von Pfaffenhoffen2 habe ich heute Abends die Zeichnung oder Carton3 von dem jüngst versannten Bilde, wohl verpakt & bestens empfohlen der Post übergeben, morgen Sonntags ½ 12 wird die Kiste also abgehn & Abens 9 Uhr in Donaueschingen sein: dieses mal fand es keine Widersetzlichkeit; auch hoffe ich zu Gott daß die Reise glüklich sei. Ich bitte Sie Seiner Hochfürstlichen Durchlaucht mich unterthänigst zu empfehlen.

 

Die Befestigung des Carton besteht in 4 Schrauben von der Seite herein; sollten von dem Zuschrauben des Dekels einige Holzspähnchen auf dem Bilde liegen, so sind dieselben nur wegzublasen, oder mit einem stumpfen Meßer zu entfernen. Ein Tuch könnte zu viel verwischen. Für Ihr leztes Schreiben danke ich Ihnen herzlichst. Sie mit aller Hochachtung

 

begüßend.

 

                                                                                                               Maria Ellenrieder Hofmalerin

 

 

1 Brief an Karl Guttmann (1829-1905), F. F. Kabinettsrat in Donaueschingen, dessen Erledigungsvermerk mit Paraphe auf dem Brief der Künstlerin angebracht ist.

2 Therese von Pfaffenhofen, geb. Haysdorf (1800-1882), seit 1855 mit dem Hofintendanten Baron Franz Simon von Pfaffenhofen verheiratet. Ihre Mutter war eine Schwester der ersten Gattin des Freiherrn Joseph von Lassberg.

3 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 123.

 

 

221      [RM Konstanz, 84]1                                                                                    [Konstanz, 20. Dezember 1862]

 

Gott zum Gruß!

Mein Hochverehrtester Freund!

 

Meinen Dank für Ihren lieben lezten Brief will ich nicht ins künftige Jahr hinüber nehmen; er sei Ihnen also aus Herzensgrund gezollt. Freilich aber war die Nachricht sehr betrübend daß Sie so lange schon das Zimmer hüten, und statt auszugehn bisweilen ausfahren; das ist ja wahrhaftig schreklich! da aber doch eine kleine Beßerung eingetretten ist so hoffe ich mit Zuversicht daß Sie in dieser Zwischenzeit Sich erholt haben: ich hätte Sie gern schmälen mögen daß Sie kein Vertrauen faßten den Schwefel zu gebrauchen: und vieleicht könnten Sie in Freiburg ächt sizilianischer Schwefel bekömmen von welchem man hier nichts weiß, nicht einmal in der Apothek. Wenn Sie schon meinen Ihr Leiden wäre keine Gicht so ist es doch gewiß ein Brüderchen zu ihr: Sollte etwa die Ermüdung nur eine Schwäche sein, so ist es begreiflich daß es langsamm geht: aber sicher.

 

so gebe es der liebe Gott!

 

Bei mir ist keine Spur von Gichtschmerzen mehr vor Handen auch keine Geschwulst mehr, und seit längerer Zeit geht es mir recht ordentlich Gott sei Dank!

 

Das Bild der Fürstin2 habe ich glücklich zu Stande gebracht und ist von den gnädigsten Fürsten mit großer Liebe & Nachsicht aufgenommen worden.

 

Auch am heiligen Antonius3 malte ich wieder & St: Florian4 ist unter & übermalt: 2 Gnadenkindlein sind bereits fertig: auch fing ich ein kleines Bildchen an, welches mir Hr: Pfr: Nüssle5 in Waibstadt bestellte, (vorstellend Virgo imaccolata.6) Frau von Gleiser7 trug mir auch eine Muttergottes mit dem Kinde auf, in Pastell gemalt. Sie sehen also wie arg ich im malen begriffen bin: Auch zeichnete ich seit Nov: ein Stündchen bei der Lampe. Ist das nicht auch eine Ermunterung für Sie; wahrzunehmen wie man durch Gottes Barmherzigkeit wieder genesen kan.

 

Hoffentlich werden Sie in gewohnter Thätigkeit Ihr zwar oft undankbare Arbeit ausüben können: oft möchte ich einen Blik in Ihr häusliches Leben werfen, es ist dies nach Ihren Briefen aber schwer, den Sie fangen darin erst von Sich zu reden an wenn Sie die Zeilen schließen wollen. Sreiben Sie uns auch einmal Ihre ganze Tagesordnung: Die Pepi8 läßt Ihnen viel Schönes sagen; sie befindet sich soeben nicht ganz wohl, sie hat nemlich für das Übelhören vom Arzt etwas gebraucht was sie angegriffen hat.

 

Mit herzinigster Verehrung Ihnen mein Lebewohl sagend und das Kindlein Jesu in Ihr Herz wünschend

 

Ihre

 

Konstanz den 20ten                                                                                treuergebenste Freundin

                        Dec: 1862.                                                                                    Marie Ellenrieder

 

 

1 Brief ohne Adresse an Carl Freiherr von Röder. Aus der Provenienz und dem Inhalt des Briefes lässt sich Carl Freiherr von Röder (1789-1871) eindeutig als Adressat bestimmen. Am Ende des Briefes steht: »– Der letzte Brief Mariens an mich. Röder.« Angefügt ist ein Blatt, wo Carl von Röder schreibt: »An den heißen Trähnen welche mir bei der Nachricht von Ihrem Tode entquollen, erkannte ich, daß ich sie nach meiner Mutter am meisten geliebt. Röder.«

2 Elisabeth Henriette Fürstin zu Fürstenberg (1824-1861). Vergleiche Fischer u. Blanckenhagen WV 123.

3 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen. Siehe Verzeichnis zum Verkauf des Nachlasses von Marie Ellenrieder C 14, Konstanz 1865 (GLA Karlsruhe 56/256, Nr. 21).

4 Fischer und Blanckenhagen WV 346. Siehe Verzeichnis zum Verkauf des Nachlasses  von Marie Ellenrieder B 38 und C 13, Konstanz 1865 (GLA Karlsruhe 56/256, Nr. 21).

5 Johann Nüßle (1804-1879) aus Birkendorf, von 1850 bis 1864 Dekan in Waibstadt, danach Pfarrer in Fautenbach.

6 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

7 Frau von Gleiser, nicht ermittelt.

8 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

 

 

222      [FFA Donaueschingen]1                                                                          [Konstanz, 22. Dezember 1862]

 

Hochgeehrter Herr!

 

Um keinen Postag zu versäumen, zeige ich Ihnen in Kürze an, daß Hr: Vergolder Weber mir heute sagen ließ, daß die Goldram fertig sei. Ich gieng sogleich um dieselbe anzusehen; sie ist schön, oben kreutzen sich die Stäbchen zu kleinen Viereggen & unten geht die Rahme schreeg aufwärts hinein. Die Kiste dazu ist auch gemacht.

 

Daher habe ich Sie zu bitten Seiner Hoch=Fürstlichen Durchlaucht dieses Alles mitzutheilen, so wie es mir aufgetragen wurde.

 

Sie hochachtungsvoll begrüßend.

 

Konstanz den 22ten Dec: 62.                                                                          Maria Ellenrieder

                                                                                                                                      Hofmalerinn.

 

 

1 Brief an Karl Guttmann (1829-1905), F. F. Kabinettsrat in Donaueschingen, dessen Erledigungsvermerk mit Paraphe auf dem Brief der Künstlerin angebracht ist.

 

 

223      [FFA Donaueschingen]1                                                                                  [Konstanz, 4. Januar 1863]

 

Hochgeehrter Herr!

 

Da Sie in Ihrem Schreiben keine Anzeige machten an wenn die Contos für die Goldram & Kiste (zu dem vorausgegangenen Carton) zu übergeben seien, so sagte ich zu Hr: Weber er soll dieselben mir überbringen um Sie Ihnen zuzuschiken.

 

Die Kiste ist schon vor einigen Tagen abgegangen, aber die Contos brachte Hr: W: erst jezt; Er sagte die Rame hätte mit den Stäbchen & der starken Vertiefung viele Mühe gekostet.

 

Hoffentlich werden Sie die heiligen Tage glüklich zugebracht haben! & Gott gebe Ihnen viel Glük und Segen in diesem neuen Jahr!

 

Dürfte ich Sie bitten, den lieben Hohen Herrschaften mich unterthänigst zu Füßen zu legen.

 

Und nun, Ihnen ein recht gutes Lebewohl sagend

 

Ihre

 

Konstanz den 4ten Jenner                                                                 ergebenste Maria

                                   1863.                                                                  Ellenrieder Hofmalerin.

 

 

1 Brief an Karl Guttmann (1829-1905), F. F. Kabinettsrat in Donaueschingen, dessen Erledigungsvermerk mit Paraphe auf dem Brief der Künstlerin angebracht ist.

 

                                                                                                   

 

 

III. Tagebücher

 

Marie Ellenrieder hat insgesamt sechs Tagebücher geführt, von denen drei im Original und drei in einer gekürzten Abschrift erhalten sind. Die einzelnen Tagebücher sind von ihr selbst wohl im Jahre 1858 mit einem Aufkleber versehen worden, auf dem sie die Nummer des Buches vermerkt hat.

 

Das erste, vierte und fünfte Buch sind Tagebücher („schmale Hefte"), welche nur in einer Abschrift erhalten sind. Sie waren ursprünglich im Besitz der großherzoglichen Handbibliothek1 und gelangten von dort allem Anschein nach in den Besitz der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe. Sicher ist, dass Clara Siebert, die erste Biographin der Künstlerin, die Bücher von der großherzoglichen Handbibliothek 1914 ausgeliehen hatte und im Jahre 1934 von der Landesbibliothek angeschrieben wurde, ob sich die Bücher noch bei ihr befänden, was diese verneinte mit dem Hinweis die Bücher bereits 1914 wieder zurückgegeben zu haben.

 

Vor der Rückgabe hatte Clara Siebert Auszüge aus den Tagebüchern angefertigt, welche  heute in einer maschinenschriftlichen Fassung in der Badischen Landesbibliothek aufbewahrt werden.2 Die Auszüge geben hauptsächlich Ereignisse aus dem künstlerischen Leben der Künstlerin wieder und übergehen meistens die Schilderung seelischer Zustände und religiöser Selbstbeschuldigungen.

 

Das zweite Buch, heute im Besitz des Generallandesarchivs in Karlsruhe,3 stammt ebenfalls aus großherzoglichem Besitz und konnte 1995 vom Land Baden-Württemberg zusammen mit einer großen Zahl von Archivalien und der Privatbibliothek der badischen Großherzöge aus markgräflich badischem Besitz erworben werden. Die vier ursprünglich in großherzoglichem Besitz befindlichen Tagebücher scheinen von der Verkaufsaus­stellung im Wessenberg-Museum zu stammen, auf welcher im Jahre 1865 der Nachlass der Künstlerin verkauft wurde. Unter der Nr. 20 ist dort aufgeführt: Eine Mappe das Tagebuch aus Italien, 44 Blätter, und unter der Nr. 21: Eine Mappe das Tagebuch aus Italien, 49 Blätter, jeweils zum Preis vom 25 Gulden.

 

Das dritte Buch, den Zeitraum vom 7. Oktober 1822 bis zum 4. August 1823 umfassend und das sechste Buch, welches vom 29. Dezember 1833 bis zum Jahre 1862 reicht, wird im Rosgartenmuseum in Konstanz aufbewahrt. Das dritte Buch gelangte aus Familienbesitz und das sechste Buch als Geschenk der Gräfin Maria Douglas in das Museum.

 

 

1 GLA Karlsruhe, Abt. 56/1290.

2 Badische Landesbibliothek Karlsruhe, HSA, Inv.-Nr. K 2678. Siehe dazu den Artikel von Karin Stober, Die Tagebücher der Marie Ellenrieder, in: Elisabeth von Gleichenstein und Karin Stober (Hrsg.), »… und hat als Weib unglaubliches Talent« Angelika Kauffmann (1741-1807) Marie Ellenrieder (1791-1863), Ausst.-Kat. Rosgartenmuseum Konstanz, Konstanz 1992, S. 135-137.

3 GLA Karlsruhe, Abt. 69 Baden Sammlung 1995 A/o. S. 63.

 

 

Erstes Buch1

 

Im Frühjahr des Jahres 1813

 

Ich bin ein glückliches, ein äusserst glückliches Geschöpf, liebenden Eltern gegeben von Kindheit auf, wurde ich mit der zärtlichsten Sorge beschützt, immer mit Liebe und Schonung behandelt, und jezt, da ich mir selbst überlassen sein kann, bieten sie mir eine Gelegenheit dar, in welcher sie keine Unkosten zu scheuen suchen, weil sie sich Hoffnung machen, daß es zu meiner Vervollkommnung dient. –

 

Ach, wo verdiente ich solch köstliche Sorge, deren Bewusstsein eine heilige Freude einflösst. –

 

O welche Vergnügungen stehen mir bevor. Eine herrliche Reise machen zu können, eine Reise nach München,2 eine Reise zu meinem Vorteil und auf ein ganzes Jahr. O möchte Gottes Vorsicht sie mir zu meinem Besten leiten, zu einem Nutzen, mit welchem ich auch meinen Mitmenschen dienen kann, denn dahin zweckt meine Absicht. Verachte sie nicht, o Schöpfer, und erhöre die Bitte Deines Geschöpfes, das sich zu diesem Unternehmen kraftlos fühlt, wenn Du Deine Hilfe nicht darbietest. Sende Deinen Geist in mein Herz, um mein Vorhaben zu leiten, meine Hände zur Geschicklichkeit zu bilden, denn ohne die Hilfe des göttlichen Wesens werde ich unvermögend sein diesen Plan auszuführen, welcher mir ohne Dich ein zu großer Berg erscheint, den ich zu besteigen nicht getrauen würde. – Also auf Deine leitende Vorsicht will ich mein Glück bauen, und unter Deinen Augen meine Zufriedenheit suchen. Kein Missgeschick soll jene Ruhe stören, die ich in meinem Herzen gründen will.

 

Gewagt in die Welt, sie ist ja der Ort, wo Du überall wohnst, wo kein Geschöpf Deinem allmächtigen Auge entrinnt. Du wirst mich unter Millionen von Menschen bemerken und mein Flehen hören, wenn Unfälle meine Seele belasten, und die selige Hoffnung, daß Du für mich väterlich sorgen wirst, erhöhe in mir den Mut, die Entfernung nicht zu scheuen, welche mich von meinen liebenden Eltern und Geschwistern trennt – welche Trennung mich tief schmerzt, da sie ein ganzes Jahr dauern soll. Wie oft wird mein Herz sich nach Ihnen sehnen, nach den Teuern, die mich mehr lieben als ich verdiene.

 

Vergebens werde ich Thränen vergießen, durch welche ich sie mir zu nähern wünsche, doch was ist ein Jahr, wie bald fließt es dahin, und dann, so wie die Erde ihre Bahn um die Sonne vollendet und wieder in ihren ewigen Zirkel tritt, ebenso werde ich auch wieder mit Gottes Hilfe in den Kreis der lieben Meinigen aufgenommen werden.

 

O Wiedersehen, wie wirst du mir teuer sein, da werden die seligsten Freuden meine Seele durchströmen; aber werden sie wohl vollkommen seyn? Werde ich geschickter, weiser, besser werden? Wird meine Gesundheit dauerhaft, mein Gesicht gut, mein Fleiß hinlänglich sein?

 

O das steht noch im Zweifel und ist eine Frage, die nur der Allwissende beantworten kann, der die Schicksale meines Lebens ordnet, der mir dauerhafte Gesundheit ein gutes Gesicht und Mut zu schuldigem Fleiß verleihen kann, ohne die ich nicht das Ziel erreichen kann, meine Lieben durch eine glückliche Zukunft zu erfreuen.

 

Ach was würde aus mir werden, wenn so viele Unkosten an mir vergebens angewandt wären, oder Schwäche meiner Gesundheit mich nach Hause beriefe? O diese Gedanken darf ich nicht in meinem Herzen nähren, sie würden meine Tage trüben, denn eine hoffnungslose Zukunft könnte mich ganz unglücklich machen und jezt schon verliere ich den Mut, wenn ich mir diese Scenen meiner Einbildungskraft darstelle. Ich will also hinwegeilen vor diesen traurigen Gedanken, die meiner Seele Frohsinn rauben und die Art ruhig zu denken mit diesen Ungewißheiten unterdrücken, sondern gelassen mich Gottes Vorsicht übergeben, die alles zum Besten der Menschen lenkt. In dieser Überzeugung will ich nun hinausdenken und unter der Leitung eines Schutzgeistes bald jene Reise antreten, wohin der Zweifel eines guten Erfolges mich beängstigte.

 

Und dann will ich mich dieser Gedanken aller erinnern, die ich auf einsamen Spaziergängen machte, an die schönen Morgen will ich mich erinnern, wo ich ganz allein auf der Straße einherging, und den Einfluß der schönen Natur in meinem Innersten fühlte; ach ich war so glücklich, als alles um mich her so schön aufblühte. Die lieben Vögel, die nicht zu weit entfernt waren hörte ich singen. O da wallte auch ein stiller Gesang in meiner Seele empor, der dem Schöpfer den Dank der ersten fühlenden Freuden des neuen Morgen zollte. Ach wie groß ist der Schöpfer, der das Menschenherz zum Genuß der reinsten Freude und zum Behältnis der Thautropfen des Glückes schuf..... Ach, ich werde den Zweck nicht erreichen, um dessentwillen meine Eltern so manches aufopfern wollen. O Gott stärke mich bei diesen Gedanken, daß ich den Mut nicht sinken lasse; und beschenke mich mit einem gesegneten Fleiß ..... Es wird vielleicht auch an jenem Ort Menschen geben, die mich lieben werden.

 

O so lebt denn wohl ihr Geliebten, Ihr Theuren, die Ihr des Himmels reichen Segen verdient; er weile über Euren Herzen und erteile Glück und Zufriedenheit.

 

Auf der Reise Naturschönheiten genossen, erblickte aus der Ferne die hohen Zinnen der Frauenkirche, da wurde es mir schwerer als je in meinem Leben, der Anfang meiner Pflichten, das hohe Ziel meines Vorhabens und alle wahrscheinlichen Schwierigkeiten schien sich auf einmal in mir aufgeschlossen zu haben.

 

Am 27. Juli 1813 zum ersten Mal auf der Königlichen Akademie gearbeitet. Langer Professor und Sohn3 ihre Lehrer zwei Jahre lang. Uneigennützig für die Wahl und für den Bestand des guten Namens besorgt. Nach Heuthausen4 gezogen ¼ Stunde von München weg. Durch die Familie Langers mit Güte und Liebe überhäuft. Erkennt dankbar, daß Gott es gut gemeint.

 

Nach 2 Jahren nach Haus, nach Konstanz zurück, große Freude über das Wiedersehen. Glücklich als sie die Ihren wieder erblickte. 8 Monate in der Heimat; malte sie, dann neuerdings nach München. 1816 am 26. April. Dort sehr gut aufgenommen. Ich war seliger denn je. Zum ersten Mal historisches Bild gemalt, hl. Cecilia5 – nach 7 Monaten Familie Langer verlassen, die ihr immer mit gutem Beispiel voran gingen. Zurück nach Konstanz – wieder große Freude. Gesegnet vom Himmel mußte ich einen merklichen Unterschied in meinen Arbeiten wahrnehmen, die ich auch mit etwas mehr Leichtigkeit hervorbrachte; und so wurden meine Leiden seltener; Hingegen mangelte es mir an Beschäftigungen, die einzig den Kunstgenuß erhöhen und beleben. Dann nach Zürich zu Bekannten. Nach 4 Wochen ein Schreiben aus Schwaben zum Prinz von Hohenzollern Prinzessin und ihre Kinder6 zu malen. Aufnahme, Arbeit, Aufenthalt – alles glückte. Dann zurück nach Zürich um bestellte Arbeiten zu unternehmen. Ging gut – man schenkte mir Zutrauen und überhäufte mich mit Freundschaft und Liebe, ich wurde gut belohnt und beschenkt und wurde meine Kunst erleichtert durch die gründlichen Urteile der Künstler und Kunstkenner, die sich meiner annahmen und mich fleißig besuchten. (Mutter Heimweh und kehrte zu ihren Eltern zurück.) – Mangel an Bestellungen – dann aber Auftrag von 9 Portraits, die mich in der Seele freuten. Dabei eine Madonna übermalt. Nach 5 Monaten Reise nach Freiburg im Breisgau.

 

26. Juni 1818 Bekanntschaft mit außerordentlichen Professor Hug7 wollte sie mit nach Italien nehmen, aber Mutter erlaubte es nicht, deshalb nach Freiburg um den Umgang dieses weisen Mannes zu genießen. Und wirklich genoß ich einen Aufenthalt, der auf mein ganzes Leben Einfluß haben wird. Sein beispielvolles Leben – und sein stets reger Geist für das Höchste und Erhabene mußte mir Mut zur schönen Kunst und allem Guten einflössen, ohne daß es noch sein tägliches Geschäft war, mich aufzumuntern. Ja er brachte es dahin, daß ich wieder zu komponieren anfing, welches ich früher nie selbst zu thun wagte. Die gesunde Luft allda, die paradiesische Lage und die Freundlichkeit der Einwohner, besonders die namenlose Güte des vortrefflichen Herrn von Baden,8 machte mich zu Unternehmen kühn und zum ersten Mal wagte ich es ein Portrait in Halbfigur zu malen, nach diesem ein zweites und mehrere andere Brustbilder, dann allmählich wuchs das Zutrauen, womit man mir reichlich zu gethan wurde. Winter dann zu Hause mit dem Versprechen nächstes Jahr wieder zu kommen.

 

Freunde und Kunstliebhaber erbaten die Zustimmung von Eltern der M. E. daß sie nach Italien gehen dürfe. Sie glaubt sich selbst berufen dahin, ist ihr erster und letzter Gedanke im Jahr; aber überlegte auch wieder, ob die Ausübung der Kunst nicht auch diesseits der Alpen möglich sei, weil ihre sehr alte Mutter ihr zu erkennen gab, daß ein banger Kummer ihr Andenken an mich begleiten werde, so entschloß ich mich auf einmal nicht auf Leben und Tod von ihr Abschied zu nehmen, sondern in meinem deutschen Vaterland zu bleiben und das, was unsere Könige mit Großmut für die Kunst opferten, nicht undankbar zu verkennen und mit neuem Mut und Eifer an die Arbeit zu gehen, stellte mich auf festen Fuß allen Schwierigkeiten zum Trotz, vertraute ich auf den Segen eines allmächtigen Gottes und so zog der Frieden und die Ruhe triumphierend in mein Inneres ein. Dies erregte Freude bei den Eltern, Enttäuschung bei ihren Freunden. 10 Monate zu Haus – mehrere Portraits. Dann nach Freiburg, aber unglücklicher Weise bekam ich da nur Aufträge für Brustbilder, daher opferte ich der Kunst alles, was ich da Angenehmes hatte, und ging nach zwei Monden von da wieder zurück. Auf meiner Durchreise in Donaueschingen mußte ich auf Begehren des Fürsten in’s Schloß kommen und sieh’ da – ich wurde mit hohem Auftrage beehrt die liebenswürdige Fürstin9 in Halbfigur zu malen. Unendlich darüber erfreut, ließ ich mich auf der Stelle behalten und begann mit herzlicher Lust zu arbeiten. Bald nachher entschloß sich auch der Fürst10 mir zu sitzen und so kam mir aber eine Freude über die andere. Es war November. Auch freudig in tausend angenehmen Vergnügungen verflossen mir die Tage, früher als andere glaubte ich jedesmal das erste Geschenk des Morgenlichtes zu empfangen, denn hoch über die Berge hinweg sah ich aus meinem geliebten Schlafzimmerchen dem Aufgang der Sonne entgegen. Mit Wonne ging sie der Arbeit entgegen – die Bilder gingen ihrer Vollendung entgegen – dann mit einem bunten Christbaum beschenkt, kam die Nachricht, daß die kranke Mutter Sehnsucht nach ihr hätte. Fürst sorgte für baldige Abreise. Mutter sagte: Gott sei Dank, daß Du da bist, ... E sagte daß sie die beste Mutter habe.

 

Religion und Tugend, Göttliche Hingebung sehnsuchtvolles Schauen in die Zukunft überstrahlten mich mit einer solch entzückenden Kraft, daß das teilnehmende Gefühl sich zum Lobe Gottes umgestaltete. Ja und so schwur ich bei ihrem Hinscheiden auf ewig der Tugend treu zu bleiben. Es war am 13. Januar in der Nacht11 – als mir das Liebste aus dieser Welt entrissen wurde, mit ihr schien alle Freude des Lebens zu vergehen. Lange glaubte ich, sie hätte einen Teil meines Herzens mit in die Ewigkeit genommen, doch wurde es auf einmal wieder leichter, es war mir als bete meine geliebte Mutter am Throne Gottes für mich, daß wieder kehren die Freude und der Frohsinn. – Nach Tod von Mutter zurück nach Donaueschingen um Arbeiten zu beendigen, dann zurück nach Hause, und bald darauf Ruf nach Karlsruhe Herrn Markgraf Leopold und seine Gemahlin12 zu malen. Ohne Verzug Anstalt zur Reise – sehr glücklich über diesen Auftrag. Aufnahme sehr liebevoll vollkommene Gesundheit, Herrschaften sehr liebevoll, dann Herrschaften in Baden besucht. Mit ihren Arbeiten allseitig zufrieden; schied mit Einladung und Aufträgen für ein ander Mal. Nach Hause zum Vater, dann 3 Altarbilder für Ichenheim13 – dann nach München um Studien für diese Altarbilder zu machen, in Konstanz gemalt, dann selbst nach Ichenheim mit ihrem Vater und der Schwester Valentine, riesige Freude bei der Aufstellung. Für erworbene Summe nach Rom, reiste glücklich; mit Freuden von ihrer Freundin Predl14 empfangen. Der erste Gang in die Peterskirche – um hierüber mein Gefühl des Dankes und der Glückseligkeit auszudrücken – da muß ich die Feder niederlegen – denn nur Thränen können meine Sprache sein.

 

Ellenrieder St. Nikolaus Ichenheim

Altarraum der Kirche St. Nikolaus in Ichenheim mit den Altarbildern von Marie Ellenrieder (Foto: M. Fischer) 

 

 

1  www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/besondere-bestaende/nachlaesse/nachlaesse-a-h.php Badische Landesbibliothek Karlsruhe, HSA, Inv.-Nr. K 2678.

2 Reise zum Studium an der Königlichen Akademie der bildenden Künste.

3 Johann Peter von Langer (1756-1824), Direktor der Akademie und Robert von Langer (1783-1846), Professor daselbst.

4 Haidhausen, heute Stadtteil von München.

5 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 339.

6 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 190.

7 Johann Leonhard Hug (1765-1846), unternahm vom 13. Oktober 1818 bis 15. August 1819 eine Studienreise nach Italien (Erwin Keller, Johann Leonhard Hug, in: FDA, Bd. 93, 1973).

8 Karl Freiherr von Baden (1770-1830).

9 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 120.

10 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 51.

11 13. Januar 1820.

12 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 40 und 104.

13 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 311, 332 und 362.

14 Katharina von Predl (1790-1871), befreundete Malerin aus der Studienzeit in München.

 

 

Zweites Buch1

 

Alle Tage sey ein aufmerksammes Aug auf mich gerichtet, und das Geschäft ein guter Mensch zu seyn sey mir das Wichtigste. =

 

Vor Allem muß ich sorgen daß ich mich nicht in unütze Gedanken verliere, die mich vernichten, während andere sich hervor thun und weiter streben. =

 

Fange gleich nach einer gethanenen Arbeit eine andere an; auf diese Art, kan man des Tages erstaunlich viel thun. Ich habe hierin das schönste Beyspiel in dem thätigen Herrn Pr: Hug2 gesehen; deßen regsamer würkender Geist mich oft zur Bewunderung hinriß.

 

Durchdrungen von so schönen Handlungen des Fleißes und der Selbstüberwündung, wünschte ich mir auch eine solche Kraft; aber von der Sinnlichkeit verleidet konnte ich die Wirkung meiner edlen Vorsätze nie empfinden, weil ich ihre Ausübung mit meiner eigenen Schwachheit unterbrach. Aber mein Gott! soll es von nun an geschehen! Er wird mir seinen Seegen nicht versagen wenn ich Ihn täglich darum bitte. Will bey jedem Vorfalle meine Beobachtungen machen, und habe ich mich dan mit der Gnade Gottes einen frommen verständigen Wandel errungen, so will ich der liebenden Gottheit meine Freude als Dankopfer in diesem Büchen aufzeichnen. =

 

Im stäten denken und würken, im unermüdeten Fleiß und weiterlernen, werde ich erst zur Kraft kommen. Schäme, dieselbe zu verlängen, dadurch du dich zu erkennen gibst das du faul und muhtlos bist. =

 

Sey ohne heftige Anstrengung, verbanne du nur deine Zerstreuung dann geht es leicht; nie darf ich einem unerlaubten Gedanken Raum laßen. Je schwerer, je muhtiger muß man darauf los arbeiten dann komme ich bestimmt ans Ziel. O Gott! wie will ich dich preisen wenn ich überwunden habe! =

 

Ich muß den guten Vorsatz nicht vernachläßigen theilweise Schönheiten aus der Natur zu zeichnen; Die Studien die ein Künstler sich sammelt, sind was die Auszüge einem Gelehrten. =

 

Gebe wohl Acht, vom höchsten Licht bis zum entferntesten Schatten, und beachte dabey ein einziges Ganzes hervorzubringen. =

 

Wie kan ich mich des Lebens freuen, wenn ich nicht tugendhaft bin? Ich will es aber in Zukunft seyn, im Glauben auf deine mitwürkende Kraft und liebliches Herabblicken O Gott! = .

 

Unerreicht mich schuldlos zu wißen habe ich es noch nie empfunden was tugendhafte Ausdaur bewirkt; aber die Sprache meines guten Geistes hat mir früh schon zugeflistert, daß es gut wäre. Auch habe ich mir schon vor mehr als 2 Jahren ernstlich vorgenommen, am frühen Morgen gleich nach dem ersten Erwachen aufzustehen. Aus Erfahrung weiß ich, das es für alles Gute Kraft und Seegen bringt. Das Alter ist zur Ruhe, die Jugend zur Arbeit bestimmt. =

 

Nicht aber für meine Eigenliebe und sinlichen Genuß muß ich arbeiten, sondern allein zur Ehre Gottes. =

 

Auf meinen Knien opfere ich Dir aus Liebe und Dank diesen heutigen Tag. Ich will Deine Ehre vergrößern; den schönen Beruf eine tugendhafte Künstlerin zu seyn, nicht aus meinen Augen verlieren: aufblicken will ich wenn meine Zerstreuung mich davon abführen will. Aber Deine Gnade sende von Deiner Barmherzigkeit hernieder, daß ich es kan. Verschone mir mit Versuchungen, ich habe ja schon so oft die traurige Bemerkung gemacht, daß ich fiel wenn Du mich prüfftest. Auf! – jezt will ich an die Ausführung, O Mein Gott segne mich! =

 

Heil mir wenn ich überwinde,

Siege über Tod und Sünde;

Genniße, was Tugend gewehrt,

Handle wie Gott es begehrt. =

 

O! Wenn mich der liebe Gott nur würdigt unter der Zahl seiner Erlößten, seine Ehre zu vergrößern! =

 

Ach es kehren die traurigen Stunden gewaltsam heran. Ich fühle daß ich dagegen kämpfen sollte; und fühle wie ich mich kraftlos dem Kampf wiedersetze: Aber ich weiß daß der Weise sie nicht achtet die schleichende Pest, die nur jenne vergiftet die am Boden liegen; er geht darüber hinweg und erfillt seine Pflichten. =

 

O, Mein Gott, ich bin so glücklich, wenn ich nur Dir anhange, meinen Blick auf Dich nur wende - Vater ich möchte weinen, daß ich Dir so treulos bin! =

 

Nicht einen Moment, weder des Tages noch der Nacht, sey einem sinnlichen Gedanken geopfert. Übe ich dieses mit aller Genauigkeit aus, so wird die Kraft des Allerhöchsten über mich kommen, und meine Arbeiten werden einem bethauten Felde gleichen und meine Seele und mein ganzes Wesen wird in Gott frohlocken – Freylich hat Gott schon so oft mir durch mein Gewißen diesen und keinen andern Weeg bezeichnet, aber ach, ich sindigte dennoch und kehrte wieder auf die erste Stufe zurück. Aber ich will nicht immer anfangen und nie enden, Ich will Vater! anders leben, anders handeln, will Vater! Dein Kind heißen, will von nun an ewig treu Dir bleiben! Amen. = Eigene Arbeiten kopieren ist gegen die Natur der Seele – – . Sehe & betrachte in allen Erschaffungen, ob nicht überall Abwexlung ist. – Ein Baum nur, so ist nicht Ein Blatt wie das andere. – Die Erfahrung hat mich dieses gelehrt; und zum Gesetz sey es mir nun gemacht, nicht Eines meiner Werke je zu kopieren! = diesem blieb ich aber nicht treu.3

 

Die Kraft der Erkenntniß soll wirken, nicht die geübten Behandlungsarten – dann sind meine Werke Manigfaltig. =

 

Ich habe mir vorgenommen, der Vergangenheit und Zukunft keinen Dank zu geben, damit ich die Gegenwart weise benütze, und um das zu können bitte ich Dich jeglichen Tag O Gott! Fleiß und Voranstreben soll meine Freude seyn, ohne mich anzustrengen will ich forschen in Ruhe, ohne Zerstreuung und ohne Funken eines giftigen Gedankens, tugendhaft will ich seyn und so stetz fort unter Deinen Augen wandeln.

 

Amen.=

 

„Nicht das Erlernte, und Erstrebte, sondern das Lernen und thun ist Zweck des Lebens. Man muß sich nicht den Dingen, sondern die Dinge sich unter werffen. Ein Gemüht, daß von jedem Einfluß sich aus dem Gleichgewicht bringen läßt, ist ewig fern von dem heitren Frieden, der das Leben beglückt. Diese Ruhe kan erstrebt werden, das wichtig Erkannte mit Anstrengung der Kraft anzuwenden". – Dieses las ich an einer Stelle, begrief es zu meinem Besten, umfaste es mit Muht und Eifer – aber umsonst, ich ging aus Vergeßenheit wieder auf Abwege. =

 

Nicht die Reue, nicht das Entsetzen und verwundern über meine Schwachheit macht mich beßer. Ein rastloses Aufmerken, daß ich fromme rechtschaffene forschende Gedanken in dem Mittelpunkt meines Herzens festhalte und keine meiner vorgenommenen Gebräuche eingehen laße. Dieses wird die wahre Beßerung seyn, welcher ich mich von jezt an bestreben werde, im Nammen Jesu. =

 

Herr! Du hast mich berufen Dir ein Opfer zu bringen. Ich stehe vor Deinem Angesicht Dein gehorsammes Kind zu seyn. – Ohnmächtig & entblößt, erschittert von meinen sinnlichen Gefühlen ist arm an Kraft meine kranke Seele. Gieb Du mein Vater Beginnen und Ausdauer leite jeder meiner Gedanken nach Dir und meiner Berufspflicht. Laße keinen Augenblick mir ungenützt noch viel weniger sindhaft vorüber gehn. Ich will Deinen Einsprechungen gehorchen und streiten mit den Waffen die Du meiner Willenskraft anvertraut hast. =

 

Es schmerzt mich die Demühtigung, und ich fühle mich durch sie gedrückt; noch nie in meinem Leben habe ich das auf diese Weise empfunden. – Soll ich nun meinem Schmerz Nahrung geben, wo mein schuldloses Herz/ mein vermeynt’ schuldloses Herz Erleichterung findet? – Nein, baue Dir eine Brücke, und setze über den Fluß; auf festem Land baue Dir eine Kapelle ins Herz wo Gott wohnt, was willst Du mehr?! Sey gut, daß der Fluß vorüber ziehen kan und die Zukunft dir herrlich wird. =

 

Ja, herrlich war der Ausgang, und mehr als ich wünschen durfte wurde mir vergollten, was schon in Vergeßenheit war! Stille Ausdaur wußte Gott mir zu segnen! =

 

Vater! Ich will meiner Pflichten gedenken, stärke aber meinen Geist, daß er die Höhe seines Berufes erkenne. Ich fühle die Spuren eines Vergehens; den belastet wie von Jochen einer gangbaren Brücke ist die Lage meines Herzens. – Woher kömmt das Unbehülfliche, woher das Zögern meines Fleißes? – – Aus allen Menschenkindern, der Glücklichsten Eine, bin Ich! Namenlose Freuden und Wohlthaten strömten auf mich zu; ich lebte in einer Seligkeit, die ihre höchste Stufe erhielt; Auf geflügelten Füßen eilte ich von da nach dort, und es hüpfte gleichsam meine Seele, wie mein Herz.

 

In Gottes Liebe munter und fröhlich, derfen wir der Erden Freuden genießen; aber uns nicht davon überwältigen laßen, wie es mir erging. – Ich darf es nicht vergeßen, welch unaufhörliches Studium man seinem Berufe schuldig ist. – O! daß ich mich erinnerte, wie es mir die Geisteskräften schwächte, als ich nur leben, nicht würken wollte. –

 

Keimt das kleine zarte Gräßchen von der Sonnenwärme gelockt, und glänzt mit seinem wohltätigen Grün in zahlloser Menge über die Erde! und ich, soll nicht denken, nicht forschen, daß über meine Werke einen Geist wallte, deßen Kräfte, Gottes Allmacht kund thut. – O, daß ich lieber in Nichts versinke, als Gottes Pläne in Schande zu kleiden! – Warum horchtest du nicht der Stimme, die dich von deinem Schlummer erwachte? Willst du nicht das Tauperlen empfangen daß segnend auf deinem Geiste ruhen soll?! =

 

Unschuldig will ich seyn, Du allein mein Heiland sollst in meinem Herzen wohnen. Mit Dir will ich die Tiefen der Natur ergründen! =

 

Erhaben und anmuhtsvoll ist die Seele des Menschen, wenn er in den glücklichsten wie in den traurigsten Verhältnißen tugendhaft ist. Ha! es ist das Bild des erschaffenen Engels, der über die sterbliche Hüle seinen wunderbaren Glanz wirft, und unmitelbar das Gemüht des Beschauens hinführt, daß er niedersinkt vor dem Thron des allmächtigen Gottes, und in tiefer Anbehtung sich selbst vergißt. – In der stillen Betrachtung, wenn rein Dein Herz ist, kannst du himmlische Seelen schauen, so wie das Bewegen des Blattes am Baum. =

 

Herr ich will auf dich vertrauen! den wunderlich hast du mir immer geholfen. Alle meine Kraft sey dazu verwendet Fleiß und Eifer an mich zu ziehn, auch wen mein Gefühl sich dagegen streiben will, so will ich meinem Schutzgeist folgen, der mir dahin deutet wo es über Klippen und Dornenpfade geht. Eringen werde ich, um was ich bitte, den mein Vertrauen habe ich auf meinen Heiland gerichtet. =

 

Gott ist’s – der an jede Spitze des Blattes ein Perlein kettet,

Von Verwirrungen menschlicher Schwachheit rettet,

Nach dem Fehlen schonet,

Und nach den guten Vorsätzen in unserem Herzen wohnet;

Der liebend seine Gegenwart verkündet

Ewig an sein Wesen uns bindet.

Ha! – von welch’ göttlicher Natur muß unsere Seele seyn?

Laße sie mich Dir zum Opfer weyn,

Aber dan mache, ach – daß sie nicht wieder kehre die Sinde,

Deine Priffungen gelinde.

 

=

 

Es verschwinden Jahre und Tage mir Kummerlos, nichts steht meinem Herzen im Weege die Stille göttlicher Liebe zu genießen als meine Sinden, der Hang zur Vergeßenheit der Allgegenwart Gottes. =

 

Herr! Du hast mich in ein Laberinth von Beängstigungen & Qualen geführt, Du hast mir den bittern Kelch des Leidens gereicht. – Aber alles und alles nur mich aufmerksamm auf deinen Willen zu machen, du wollest mich herausführen, aus den Feßeln die mir so lange sieß schmeckten, daß Du der einzige Leitstern aller meiner Handlungen seyst. - Aber mit welch` mächtiger Stimme rufst du mir jezt die Wachsammkeit zu! – ! Ach laße durch jeden meiner Pulsen mich daran erinnern. =

 

O Herr wie unaussprechlich bemächtigt sich meiner ein wehmuhtsvolles Sehnen nach Herzensstille und fröhlicher Ausübung himmlischer Liebe. – Ach! ein Herz O mein Jesu! nach deinem Wohlgefallen, ein christliches sindloses Herz fehlt mir! Und so oft sehn ich mich der stillen Ruh’ entrißen, o! sag mir was es ist daß ich nicht kan – daß ich diesen unfruchtbaren Baum bey der Wurzel anfaße; – dan sollen mei. Entschlüße dauren bis an das End meines Lebens! =

 

Laße michs angewöhnen mit raschem Eifer alle Gedanken zu verbannen, die mich von jennem hohen Ziele ableiten, von jennem Grösten, wo alle Richtungen ohne Seitenblick deine Gottheit berühren. Ich bins zwar unwürdig daß ich mit Zuversicht an deine Erbarmungen mich wende, aber die Liebe kennt keine Furcht, ich eile in deine Arme O Vater – Beschütze das Göttliche daß Du in meine sterbliche Hülle hauchtest, ich habe es zwar gebrandmarkt, aber seine Rettung fand es in dem Bluthe deines göttlichen Sohnes, und so biethe ich es Dir dankend und anbethend zum Opfer an. Hart wird es mich ankommen meine böse Neigungen zu bezwingen, aber sieh da! ich schwöre Dir, diese steile Höhe hinanzugehen, Deine Gnade wird mir entgegen kommen, und meine Seele ist ihres Triumpfes gewiß, den Du bist die Liebe, die Wahrheit und das Leben. =

 

Herr! Du hast große Dinge an mir gethan, den schwach, so sehr als eines der Schwächsten bin ich – aber du hast von mir abgewendet jenne Versuchungen die ich nicht bestanden hätte. Soll ich nun weiters sinnen und trachten, sorgen und mich sehnen? Nein - ich habe das Höchste das Beste, Alles in Einem. –

 

Nimmer will ich die Tage meines Lebens mit menschlichem Denken verkürzen; morden die edle Zeit mit dem unsinnigen Schwärm der gifthauchenden Nebenabsichten, entfliehe dem stillen Paradies wo das einfache Gesätz am friedlichen Morgenstern haftet! O! daß ich zu Staub zermalme die eißerne Kette, an die ich geschmidet, vom Feinde mich hinreißen ließ – und im Kampfe der Engel den Sieg mir eringe, und von reiner Liebe nur durchglüth (bis in den Tod) den unsichtbaren aber nahen Bräutigam anbethend verehre.

 

Ich mühthe mich herum, und wo sich mir eine Erkenntniß der Begriffe darboth, ergrief ich sie mit Leidenschaft, aber jedesmal ließen sie meine Seele unbefriedigt; ich mußte fühlen mit aller Macht der Erbarmungen Gottes, daß ein kindliches Hingeben die Summe aller Weisheit ist. –

 

Ich muß wirthschaften mit Dem, was Gott mir anvertraute, es sind ja der Gaben große, und viel genug – und Eine, (die höchste) aller Welten & Himmel zu nenen, ist die Offenbarung; deß allmächtigen Vaters Kind zu seyn. An seiner Hand soll ich die dunkeln Wege seiner Vorsehung /weder links noch rechts blickend/ geraden Gangs verfolgen. Und mit dem Studium des Fleißes den hohen Forderungen der Kunst nachforschen; da – finden sich der Tiefen genug die zu Begriffen gediehn der Täthigkeit Lohn ausmacht, und dann wird auch jenne Zugabe nicht ausbleiben für welche weder die Kunst noch Wißenschaft ein Wörtchen kennt – hier, wollen wir dann unter den Schutz Gottes fliehn und sagen, gieb Du, was wir im Kleide der Sterblichkeit nicht geben können.

 

Laß uns die Gränzen unseres Wißens erkennen, damit wir am Zaune nicht zu lange verweilen der in einem erstaunlichen Kreise uns ermattet und halb vernichtet zu jennem schmalen Eingange zurückführt den wir als den rechten nicht annehmen wollten. - Wie weit wären wir schon von Porte zu Porte gerückt, wenn nicht die prunkvolle Weltweisheit mit dem Reichthum Ihrer Worte uns nicht verführt hätte! – – Herr! Gieb mir die Ruhe wieder und laß der Frieden Gottes meine Speise seyn, und die Demuth und der Glaube, das Reichthum meiner Erkenntniße. = Amen.

 

O Könnte mein Herz von jennen hellen Augenblicken etwas festhalten; daß es hell bliebe und friedlich, hingebend und wirksamm.

 

Aber tausend tunkle Nebel zerstäuben die Deutungen Gottes – Im Einklang der göttlichen Liebe wäre ich ganz einfach – Mühelos entrichtete ich oft nützliche Dinge, die im Schwarm unnöthiger Erkenntniße als verwahrloste Edelsteine mich einst anklagen werden. –

 

Ach wie fühle ich mich erkrankt! Ich mag nicht lernen nicht arbeiten, ich mag meine Pflichten nicht erfillen, ich mag weder leben, noch sterben, ich bin nichts! In ein Meer von Qualen nur ist versenkt meine Seele, die im Berufe vorwärts zu gehn, an der erbärmlichsten Hemmkette schmachtet! –

 

Vater! in wie vielen Gestalten muß ich noch mein Nichts erkennen, bis ich ganz hingegeben in deine Arme, meine Hinfälligkeit Muthvoll ertrage? –

 

Oder glaubst du, du elende Forscherinn! du wirst allen Schwierigkeiten zu trotzen einen Lehrsatz aufstellen können? Ha! Ein solch’ sindhaftes Anmaßen wird von Gott stetz auf der Stelle vernichtet. Nicht ein Blatt des Baumes ist dem anderen gleich – noch ein Thier, noch ein Mensch, noch eine Seele - und eben so zerschieden sind die Priffungen welche mit jedem Tag mit jeder Stunde andere Wendungen nehmen, und du willst sie erforschen die Krümmungen – die einzig nur, in der Hand Gottes liegen?!

 

Höbe stillanbethend deinen Blick - und du schaust Freyheit – und Freyheit ists, was deine Seele sucht – Nichts liegt im Weg wenn man zu Gott schaut – Nirgends stoße ich an, wenn ich meinen Gott suche – funkelnd ermannt sich das erstickte Flämmchen, wenn es die Spuren zum heimathlichen Weege enddeckt. – Allmählich erheben sich die Fittiche des Schutzgeistes in freudigem Fluge zum Throne Gottes zu eilen, um für meinen Willen zum Gehorsamm neue Kraft zu hohlen. – Komme aber ja bald zurück du Brüderchen Gottes! daß ich den Willen meines Alliebenden Vaters vernehme!

 

So oft schon habe ich den besten Vorsatz gegen einen geringen Vorschlag vertauscht. – Nimmer – will ich mich auf jenne Weise beunruhigen laßen – die Unruhe gehört nun den Kindern der Welt. Nicht den Kindern die an der Hand Gottes gehn, – und so ein Kind o Vater! möchte ich seyn. Vater! – als ein solches Kind dringe ich mich dir auf. –

 

Wenn ich aufwache will ich dich grüßen, loben, bitten. – Dan will ich als dein Werkzeug mein Tagwerk beginnen, kömmt ein Hinterniß will ich sie mit Liebe & Langmuth umfaßen. – Ein Kind Gottes sollte ja göttlich sein in seynem Benehmen. – Komme ich zum Eßen, will ich dankbar genießen. – Komme ich zum Vergnügen anderer Art so will ich es nicht als absichtslos mit Unwillen von mir schieben, oder - fruchtlos geniesen. – Komme ich zu meinen geliebten einsamen Stunden will ich Gott preisen, componieren & lernen – aber niemals mehr Dinge priffen die außer meiner Sphäre liegen.

 

So will ich an deiner Hand jeden Tag beginnen und vollenden – Mit einem Danklied vollenden, weil Dein Erbarmen mein Erhaltung geworden ist.

 

Ruf deß Gewißens zum Sieg über mich Selbst. Es ermahnt – es ruft – es fordert – es zwingt in vernehmlicher Stimme, es schwebt vor den Augen es geth hinter mir her; es berührt das Eingeweide meiner Seele, und der Geist schaut in klarer Erkenntniß, es wogt vor meinen Augen der Strom der ewigen Liebe, ein sicherer Kahn will mich aufnehmen, es wandeln die Wolken in Schutzgeister sich, jeder Tropfn wird zum Meer der Sicherheit; huldvoll winkt der Morgenstern, und die Bewohner deß Himmels harren deß Entschlußes, auf der Erde sproßen die Blumen und wenden ihr Angesicht nach der Sonne; das schöne Grün ist ohne Verlangen. Die hohen Binien haben den Menschenblick – rein ist des Himmels Gewölbe ohne Mackel – Rein ist die Sonne; noch reiner ein schuldloses Herz wie es im Anfange war noch eh es die Sinde es brandmarkte. Nun schmachte ich im Elende; wie Harzt klebt mir der Hang mich selbst nicht zu verlängern – – mein Fuß ist an die Erde geknüpft, er zuckt immer und besteigt nicht den sicheren Kahn. Es fließen die Thrähnen, ich fühle die Schwäche; – Blitze verkinden den herannahenden Sturm, – als Sprößling der Erde lockt mich die nährende Brust, als Schprößling deß Himmels winkt mir die Fahne; – für Gottes Ehre baut der Erzengel sein Schild mir – die heilige Jungfrau den geschloßenen Gürtel der ewigen Treue, alle heilige Engel Ihre thätige Hilfe und Luckas will leiten den Pinsel; und sieh da! wer kömt herangenath? Es ist Gristus die Füße von ihren Feßeln zu befreyen. Heilig! Heilig! Heilig!

 

Rom im Merz 1824.

 

Die Ursache warum ich hier nicht weiter fortsezte, weiß ich nicht, wahrscheinlich weil es kein eigentliches Tagebuch ist. Aber angefangen hatte ich es schon im Jahr 1819 wo ich in Freiburg & Donaueschingen mehrere Porträte malte.

 

Jezt gedachte ich alle meine Tagebücher durchzugehen.

 

Konst: im Juni 1858.                                                                                                                   Maria Ellenrieder.

 

 

1 GLA Karlsruhe, Abt. 69 Baden Sammlung 1995 A/ o. S. 63. Das ca. 8 x 11 cm große Büchlein trägt außen einen von der Künstlerin aufgeklebten und beschrifteten Zettel »Zweites Buch«.

2 Dr. Johann Leonhard Hug (1765-1846), Professor an der Universität Freiburg (siehe Erwin Keller, Johann Leonhard Hug, in: Freiburger Diözesan-Archiv, Bd. 93, 1973).

3 Spätere eigenhändige Hinzufügung–.

 

 

Drittes Buch1

 

Am Dienstag & Freytag Briefschreiben, d....

Und alle Tage ein bischen italienisch lernen. =

Von der Mitte November an, alle Abend 2 Stunde für die Kunst beschäftigt seyn. =

 

Dieses Buch war schon alt & Blätterleer; weil es aber leicht war wählte ich es zum Gebrauche auf die Reise.

 

Konst. Am 7ten Oktober 1822. (Die Reise nach Rom!)2

 

Am Tage meiner Abreise. Morgens vor 4 Uhr. Im Vertrauen auf Gott, mit ihm, und unter seinem Schutze

trette ich getrost meinen Weeg an. Alle meine Gedanken seyen auf Gott und meine Berufstreue gerichtet

 

Segne mich O Vater der Liebe, noch in meinem Elterlichen Hausen, und laße michs nie einen Augenblick

vergeßen was ich Dir und diesem und meiner Kunst schuldig bin. Und laße wenns Dein Wille ist mich

einst glücklich wieder zurück kehren. Lebet wohl! Gott sey mit Euch Allen und mir auf Ewige Zeiten

Amen!

 

den 1ten Tag 7 Okt. =

 

Ruhig und stille war die ganze Natur, hell glänzte der Mond, noch heller die Sterne, und der See sang und

bewegte sich kaum. Hier war nun das Schauspiel der Ruhe. Der Ruhe, die die schöne Natur mich täglich

lehrt; wehrend ich mich selbst suchend, sie stetzfort vernachläßige. – Groß & erhaben war der Schimmer der

aufgehenden Sonne; festlich der begonnene Antritt der hoffnungsvollen Reise; der Reise nach Rom! Um halb

7 Uhr begegnete ich den Meinigen in Gott, die sich zur Fürbitte im Tempel vereinigten. Niemand würde so für

mich gebethen haben, aber auch niemand soll und darf auch meine Liebe so genießen. –

 

Später war mirs dann so wohl! Ganz übermäßig wohl! Ach, und vieleicht genoß ichs zusehr im Überfluße,

denn, Kälte trat dan an die Stelle der Freude; und Unthätigkeit des Geistes waren die Früchten davon: Große

Schönheiten der Natur wechselten indeßen mit jedem Schritte und so endete der Tag; aber nicht ohne trauriges

Gefühl weil tief unter meinem Plane beschämt mein sindhaftes Ich zurück blieb!

 

                                                                                                                                            Feldkirch

den 2ten Tag. den 8ten Ok

                                        =

Auftrag. – Hohes Ziel und unermüdetes Studium.

                                       =

Beides verfehlte ich heute ganz. Eine Niederdrückung des Geistes bemächtigte sich stetz meiner. Nichts von allen

meinen kleinen Beschäftigungen that ich Heute. Aber eine große Manigfaltigkeit zeigte sich von allen Seiten in der

schönen Natur bey dem allerschönsten Wetter! Ich hatte Freude aber sie war mir nicht erquickend, den mein

Inneres wiedersprach dem hohen Einfluße welcher nur auf ein reines thatenreiches Herz Einfluß hat.

 

                                                                                                                                                Kuhr.

 

den 3ten Tag. den 9ten Okt.

 

In der Kirche von Khur sahen wir viel schönes & intereßantes, vorzüglich das Gefäß zum Allerheiligsten, und

das Bildchen auf Stein, Christus & den hl Petrus vorstellend. – Der Altteutsche Hochaltar mit halb lebensgroßen

Figuren, & die Gemälte rückwärts am Hochaltar.

 

Übrigens gelang es meinem Geiste nicht das Streben nach einem hohen Bilde; und stürmisch wechselnden meine

Gedanken ehe wir unsere zukünftigen Reisegefärthn erblickten, und auch nachher tobte die Unruhe noch eine

Weile fort, bis endlich, der Liebe Stille, mein Herz wieder einnahm.

 

                                                                                                                                                Thusis.

 

der 4te Tag. 10ten

 

Nun gieng es über den Splüga; über tiefe Abgründe, gesprengte Brücken, Waßerfälle, reißende Ströme,

Felsenhöhlen, gewölbte Gänge; über den wunderbarsten und schönsten Straßenbau. Doch jenner

Piramidenförmige Waßerfall machte den tiefsten Eindruck auf mich. Erhaben & schön stürzt er von der

Obersten höhe des Berges herab, Ein Wunderwerk der allmächtigen Größe Gottes! So wandle ich arme

Sinderinn durch das Land, daß ich unwürdig betrette!

 

Ach! wird keine Macht von Dingen die versunkene Kraft des Geistes wecken?

Muß ewig verdecken

Der Abgrund banger Ahnungen, Kälte und verworrener Sinn,

bis ich einst nicht mehr bin?

 

Dieses muß ich mir auch noch bemerken daß bey Eintritt über die Gränze von Italien mein Herz im Leibe lachte. –

Und welch’ lebenslustiger Eindruck mir das erste Städtchen machte, als wir bey Nacht ankammen & Mußig uns

empfieng! Sey also auf deiner Huth, daß es nicht mehr, als es darf dir gefalle.

 

                                                                                                                                            Chiavenna.

 

den 11ten & 12ten

 

Von da führt das Thal zum Comersee. Alles fremdartige entzükte mich und die Bauart der Häuser ist so einfach

und schön, sie sind wie hingezaubert in das wunderherrliche Grün und ganze Kastanienwälder erheben sich an

diesen Bergen. – Still & heiter war der See, eine muntere Gesellschaft Gitterspieler, und links und rechts die

stetz abwechselnden Gebürge mit kleinen Ortschaften & einzelnen Häuschen machten unsere Schiffahrt recht

angenehm. – In San Tomaso ein wunderliebliches Ort! landenden wir zum Mittag an, unsere Mußiger spielten

zum Einzuge einige Walzer, da sprangen die Knaben zusammen tanzten Rondo und hüpten fröhlich nach dem

Tackt unter einander: & in den Häusern auf den Galerien tanzten die Mädchen. Alles lebte und wimmelte und

alles zeigte sich in einem originellen Carackter!

 

Hier aß man zum erstenmal mit Öhl gekocht, & ich merkte es nicht. – Zum Nachteßen landete man in     . Und

von da sezte mann noch die ganze Nacht über den Comersee, welches sehr unangenehm war. Und jennes

Frühstück! – und endlich kamen wir nach Mayland, glücklich & Sorgenfrey!

 

                                                                                                                                    Mayland. den 12ten

 

Das Unangenehme daß mich hier betraf zog mich von meinem Vorhaben ab, täglich mir etwas aufzuschreiben.

 

Es steht der Verfall meines Herzens mir befor wen ich nicht wachsamm genug bin das in Wahrheit Guterkannte

mit Treue auszuführen. – Wie werde ich dem Ziel meines Lebens entgegen gehn, wenn tobende Nebendinge

meinen Geist an sich ziehn! – Auf! – Die Schlacht hat begonnen, die Festung muß erstirmt werden! Hin zur

Überwindung als Opfer fordete der Engel Gottes mich auf! – – – .

 

Aber was ließ ich meinen Tritten folgen! – Was zog mich wieder Zurück? – . – .

 

Casali den 17ten Oktobr 1822.

 

Die Bemerkung v. Z.3 hat mir meinen Fehler im Urtheile über andere gerügt, es hat mich beschämt, aber

gelehrt. Es war wegen der Bianca Milesi.4

 

Hier zu Land sieth man links & Rechts an den Straßen & Flüßen meistens Wiedenbäume gepflanzt, die in

Verbindung mit andern bisweilen liebliche Gruppen bilden: Auch wieder so angenehme Baurenhäuser, bis

wir uns den Städten nahten, und die gefielen mir nicht. Ihre Hausthüren sind meisten das Licht ihrer untern

Stube und folglich den ganzen Tag offen.

 

den 18ten Okt.

 

Heute verstrich der Tag in guten Vorsätzen und in schlechter Ausführung derselben in allen Hinsichten.

In Piacenza war die zweite Togana, und wieder gieng es gut wie bey der Ersten, Überall geths gut, nur ich

schwebe stetz zwischen der Urkraft und dem sinnlichen Anhange.

 

So zwecklos durchbrachte ich die einigen Tage in Mayland, daß ich mir nicht einmal aufzeichnete was ich da

beteudendes sah. Und ich sah doch das kolosale Gebäude der Domkirche das Gleich einem hohen Berge

heranwuchs; alles verschwindet zur Kleinigkeit steth man auf der obersten Galerie des Thurmes! ja im Triumpfe

steth es da und empfängt noch vergoldende Strahlen der untergehenden Sonne, wen alles umher schon in

Dämerung schwimmt. Und wie still & erhaben spricht nicht das Licht durch die 1000 farbigen Fenstern wo

das Allerheiligste ruth, und fordert auf daß sich das Herz erschließe, das einkehre der Frieden den die Welt

nicht geben kan.

 

Im Reflectorio di Carmeliti sah ich das hl Abendmahl des Leon d Vinci. unvergeßlich meinem Herzen. –

Im Palzo Litta und der Brera sieht man schöne Fresken von Luini und das Bild der Vermählung Maria

v: Raffaello. Großer menschlicher Fleiß; hoheit des Geistes. Milde in allen Farben.

 

 In der Bibliotheck ambrosiana den herrlichen Carton v: Raffaello zu der Schule v: Athen. Mit rascher

großer lebendiger Behandlung.

 

                                                                                                                        Borgo di San Tonino.

                                                                                                                                        über Nacht.

 

den 19ten Ok.

 

Ach Gott! wie groß ist deine Liebe!

Sinnliche Triebe

Wollten mich verschlingen

Aber du erhobst mich auf deiner Erbarmungen

Schwingen.

Von da sah ich in jenne Abgrunds Tiefen

Wo meine Gedanken liefen.

Aber noch ehe die Pforte der Hölle sich sprengte

Sah ich wie der Engel die Palme senkte

Erschrack & kehrte zurück

In des Ewigen Vaters stillen Glück

Eile! Durch Welten Dank der Errettung!

Für die süße Verkettung

Die das Menschenherz an Gottes Liebe bindet

Wo aller Schmerz und Drang verschwindet.

 

Da haben schon lange die Wiedenbäume aufgehört, und wunderschön werden Reben an unfruchbaren

Bäumen aufgepflanzt und von einem zum andern in Girlanden verbunden.

 

Auf der 3ten & 4ten Togana gieng es wieder gut. Und gelebt haben wir köstlich und reinere Wirthshäuser

nahmen uns auf.

 

                                                                                                                                        Marsaglia.

                                                                                                                                        über Nacht.

 

Bologna den 20ten Okt.

 

So näherten wir uns Modena & Parma, hier hätte mir aber das Herz bluthen mögen weil es unmöglich

war di Kupel v. Coreggi zu sehen. Nicht einmal eine Kirche konnte ich besuchen und war Sonntag.

Aber doch strömte mir Gnade aus des heitern Himmels Gewölbe! – – .

 

den 21ten Okt:

 

Mit Bologna verschwindet die gleichförmige Ebene: herrliches Gebürg entzückt bald von da das

Aug mit 1000fältigen Gestalten. Meistens Eichen und Kastanienbäume in wundersamem Grün, schmücken

wo der Schmuck am schönsten steth und hie und da erhebt sich eine Zipreße in ihrer tunklen

mächtigen Gestalt.

 

Doch immer und imer wird es noch schöner je mehr man sich Florenz nähert. Ganze Krupen von Zipreßen

Alleen entsteigen nächst den Willen; doch nur eine Linie entzückte mein Auge; aber die Frucht glänzende

Olivenbäume mußte jedes Herz erfreuen. So näherten wir uns beym schönsten Glanz der untergehenden

Sonne vom Berge herab der Weltberümhten Stadt! –

 

Ich erwartete schöne prächtige Häuser, aber es schien die elendesten und ärmsten Häuschen hätten sich für

die erste Straße versammelt. Aber kömmt man weiter erheben sich Paläste, Säulengänge, Monmenti,

coloßale Statuen, grandiose Plätze und das ungeheure Münster, daß mit seiner Kupel schon vom Berge

herauf die Macht seiner Größe verkündete. – Alles Lebte und wimmelte in den Straßen, alle Kaufläden

waren erleuchtet, & nichts was man da in Florenz sieth mißfällt, weil es nichts von dem Modernen hat, was

mir in Mayland so im Wege stand.

 

Da sah ich nun herliche Dinge! aber viel zu kurz war die uns bescherte Zeit. Ich verschlang alles ohne es zu

verdauen, doch niemal werde ich vergeßen die grandiose Fornarina, das Christusköpfchen v: Coreggio,

die Venus v: Ti. die frommen Gemälde des Mantegna, und die herrlichen Fresken v: A. del Sarto &.

Girlandajo, &. Massaggio. – Das Leben & die Bedeutung in allen Köpfen!!! – Die Macht des Eindrucks! –

 

Und im Leben so manche mahlerische Darstellung; wie jenne weißen Klostergeistlichen im dunklen Coore

und jenne Tragbahre mit der Kranken Frau.

 

                                                                                                                            Florenz den 23ten Okt.

 

Nicht lange nach Florenz verödet sich ringsrum das Land. So verödede sich mein Geist auf diesem Weege

durch Gedankenlosigkeit. Von 11 bis Abends 8 wurde nie angehalten, aber dann nahm uns ein freundliches

Wirthshaus auf proper & nett. Ein lieblicher Eindruck machte die römische Lampe auf mich: ich hegte sogleich

den Wunsch mir einst eine nach Hause zu bringen.

 

                                                                                                                                        Poggibonzi.

 

Gegen 10 Uhr Morgens kamen wir nach Siena; nun konnten wir eine kleine Zeit zu unserm Vortheile

verwenden. Hier scheint über die zahlreichen Gebäude welche nach Gothischem Geschmacke gebaut

sind der Geist der Vorzeit zu wallten. Es gefiel mir. Ein herrliches Münster triumpfiert im Geiste des

Christenthums, von weiß und schwarzem Marmor hoch in die Luft & Mächtig erhebt das Innere das Herz

zur Andacht. Und was sahen wir nicht in der Sacristey! Ach! die wunderherrlichen Fresken aus Rafaels

erster Zeit; Ein Reichthum ohne Gleichen! Ein Leben aus seiner unschuldsvollen Seele, auf ewige Zeiten zur

Auferbauung & zum stillen Antriebe für Tugend & Fleiß!

 

den 25ten Von Siena aus war es immer gleichförmig. In Buonconvento blieben wir über Nacht, und von

da kömmt man über die Appeninen meistens aufwärts geth es durch das langweiligste Gebürg daß man

sich denken kan, es wachsen da weder Gebüsche noch Gras, auch keine Felsen, nur kahler magerer Grund,

den man nur hie & da anzubauen versuchte, und höchst selten sieth man ein armes dürftiges Baurenhaus

in einem kleinen grünen Bezürk stehn, so giens bis in die Nacht, aber auf einmal fuhr man durch einen

Bogengang, und sieh da! wir stiegen in einem allmächtiggroßen Wirthshause ab. – So mußte uns auch in der

allerrausten Gegend die erwünschlichste Bequemlichkeit werden!

 

Auf diesem langen Weege tachte ich oft viel oft wenig, oft gar nichts, oft schlimeres als das Lezte.

 

Ich habe die Tiefe meines Nichts kennen gelernt, die zarten Gränzen worauf mich die Vorsicht zu

führen

verlangt und mein Abfall bey den geringsten Veranlaßungen.

 

Kaum erfaßt mich die Wahrheit mit ihrer

Klarheit, Mit ihrer Einfalt und

reinem Sinn,

So fühl ich tief schon daß ich glücklich bin.

Und doch brech’ ich die Treue,

Mit jedem Augenblick aufs Neue!

 

                                                                                                                    über Nacht Radicovene.

 

Hier konnte ich Morgens 5 Uhr eine heil. Meße anhören von einem Mittreisenden Priester der da eine

Hauskapelle fand. Also mitten auf den Appeninen war es mir vergönnt Gott im großen Opfer das kleine

meines Herzens darzubringen. Ein seltsammes Gefühl durchdrang mich, aber es war auch nicht ohne

Ursache! – Und wieder kam ich zur stillen Betrachtung den leisen Wink meines himmlischen Vaters zu

vernehmen. – – Zieh dich zurück in dein Schneckenhaus, du verdienst ja die Verachtung so hieß es.

Fordere weder Huldigung noch Dienst, aber Andern sie zu zollen sey Deine Pflicht. – In dem Mittelpunkt

wo dein Herz sitzt, sitze die Liebe. – Klingts nun an der Porte, trette sie heraus in Wort & in That ohne

Eigennutz, und nie unterlasse sie die Achse zu treiben an welcher die Berufspflichten haften. Amen.

 

Lange daurte noch die Einöde, aber gegen Mittag sammelte sich almählich wieder schönes Grün, Bäume,

Weinbau und wunderherlicher Felsenbruch mit Mooß bewachsen in 1000fältigen Gestalten, und so

mancherley Laubwerk, so mancherley Dinge, und ein uraltes Städtchen* hoch auf dem Berge, so mahlerisch

sah ich noch nie was in meinem Leben! – Manigfaltig daurte es so noch fort bis wieder ins Thal, aber leider

regnete es was vom Himmel konnte und verdarb uns auch die Ansicht des herrlichen Sees von Bolsena.

/*Aquapendente/

 

                                                                                                                    Bolsena den 27. Oktober.

 

Wie glänzten nicht des Morgens über Bolsena

die Sternen

aus der Fernen!

Es schien als verkündeten sie noch das Wunder der

heiligen Meße,

Daß es niemand vergeße,

Und der Tempel erhob sich in tunkler erhabener Gestalt,

Mit Gewalt

Zu betheuern daß noch täglich das gleiche Wunder

geschieth,

Womit Gott die Seinen für den Himmel

erzieth.

 

Auf den Mittag kamen wir nach Viterbo, da sahen wir die Kirche der heiligen Rosa, und ihr Katheter, und eine

Nonne beschenkte jedes aus uns mit einer weißen Girtel.

 

Die Ansicht dieser Städte gleicht einem Haufen Ruinen, die für die Entfernung eine mahlerische Wirkung thun, aber

mit der Annäherung verschwindet alles Liebliche: den unter aller menschlicher Nachläßigkeit herrst hier

Schweinerery und Vernichtung.

 

                                                                                                            über Nacht Ronciglione den 28ten

 

O! Morgenroth! – was bringst Du mir Heute noch eh’ deinen Glanz im Westen erblaßt? – !

 

Rom! ach Rom! bey deinem Nahmen durchdrang mich oft ein seltsames Gefühl, damals noch ungedacht daß

unter dem Himmel es zu schauen mir möglich werden könnte – – und unmerkbar nahte der Augenblick mir

heran! – Schnell entflohn die Tage der Reise, sorgenlos und beschützt unter dem allmächtigen Seegen des

Himmels nahten wir uns wirklich der Hauptstadt der Welt! – !

 

O! Wort Gottes! daß ich liebe!

Sende mir kraft, daß ich mich übe,

In der Kapelle der Treue

Mit jedem Augenblick aufs neue.

Strömt auch der Seegen nicht sichtbar herab,

Pflüg’ ich nur muthvoll, das, was es gab.

 

                                                                                                                    Rom den 29ten October 1822

 

den 30ten Okt:

 

O Augenblick meines Lebens, wie köstlich bist du mir, und wie segnend mit jeder herannahenden Stunde! –

Wo giebts in der Welt einen Preis der dem Werth einer wahren Freundin gleich käme? Und so fand ich

meine Predel5 in Rom; es flogen zwar Ahnungen auf dem Weege durch meine Seele, doch nicht von Zweifel

an Treue & Liebe, aber unbekannte hinderliche Dinge, an die ich mich hart zu gewöhnen hätte. Und nun weit

über die höchsten Wünsche fand ich da die lieblichste Heimath der Welt! –

 

Rein von allen Schlacken der traurigsten Erfahrungen |:die jeder Fremde hier zu durchwandern hat:| gehe ich

nun leichten Trittes sorgenlos über den Beginn meiner Laufbahn. – Ach mein Gott! ich zittere beym Genuße

dieses großen Glückes! den – deiner Gaben unwürdig wird deine Gerechtigkeit mir bittere Tropfen

mischen! – ! – Dann, Vater! sende Kraft dem sterblichen Wurme daß er ja nicht achtet den Staub in dem

er kriecht.

 

Der erste Gang war nun zu St. Peter. Links durch die Colonade gieng es dem Portale zu, hinein ins Heiligthum

und dann vor dem Allerheiligsten niedergekniet in nahmenloser Empfindung von Dank und Freude! Hier nun legt

Jeder den Finger auf den Mund und schweigt vor dem Übermaß der Größe im Genuße des triumpfpfierenden

Segens und der Früchten des ewigen Wortes. – Heilig! Heilig! Heilig! bist du o Herr! Die ganze Welt ist mit deiner

Herrlichkeit erfillt. Ehre sey dem etc etc etc !!!!

 

Nach diesem führte mich meine Freundin der Krone aller Kunstwerke zu, Raphaels Verklärung Christi. Zu kurz

war aber der Augenblick die Größe & Tiefe dieses Bildes zu faßen.

 

Am andern Tage sah ich das Studium des Schwaglie Camucini,6 da sah ich auch erfreuliche Dinge! Und am

gleichen Tage noch, entschloßen wir uns nach Frescadi zu gehen; Und Heute nach Crotto Ferata. Dahin gieng

es auf Eseln und dann noch höher auf den Berg die Ruinen v. Tuscolo zu sehen. Wir beyde freuten uns herzlich

darüber, und so endete der Tag mit der herrlichsten Aussicht aufs Meer wo die Sonne untergieng: Ein Wunder

der Ruhe & der sanften Bewegung! –

 

                                                Crotta Fr. den 1ten November 1822.

 

den 2ten

 

Nun gieng es in die geweyte Kapelle des hl Nilus, von Dominichino ausgemahlt. – Alles ist da unendlich

lebendig-ausdrucksvoll & wahr, herrlich gezeichnet und nichts Gesuchtes. Wir entschloßen uns also einige Tage

hier zu bleiben; fanden freundliche Wirthsleute, und rasch gieng es dan mit arbeiten. Von 4 Tagen war unser

Aufenthalt, und es war mir lieber hier den Anfang gemacht zu haben als im Vatican. –

 

Es ist hier zu Land schwer über etwas Auskunft bekommen zu können, sie wißen nur was in ihrem Hause vorgeth,

und damit sind sie meistens eigennützig und falsch: aber auch ehrlich wie unsere lieben Wirthsleute; unverschloßen

ließ die schöne Bäurin ihre Perlen und andere Dinge in dem Schranke.

 

Das erste Schläfchen nach Tisch schmeckte mir gut. – Einstimmig sind wir in allen unseren Unternehmungen,

hochvergnügt & fröhlich. Heute hätten wir aber bald keine Suppe gekriegt, würde die rasch entschloßene Predel

nicht selbst Eine gekocht haben.

 

den 3ten

 

Nicht ohne Dankgefühl schieden wir nun von unserem lieben Crotta Ferata, und als wir uns Frescadi näherten fuhr

gerade jenner Lohnwagen ein, der uns am andern Tage nach Rom wieder bringen mußte. Ein allerliebstes

Zusammentreffen. Glücklich vollendeten wir unsere ländliche Reise, kauften an diesem Tage noch Vieles ein, was

mir für die Zukunft nöthig ist, und so sehe ich nun bald aller Freyheit von irdischen Sorgen dieser Art entgegen,

dieses Krimpel wollte mich Heute ein wenig beunruhigen; und es wird Noth thun dieser Schwäche ein

wachsammes Aug entgegen zustellen. – ! –

 

                                                                                                                                Rom den 6ten November:

 

Heute überließ ich mich zuviel dem innern Gefühl, sprach fortwehrent von dem was mich ergrief, und zog mich

nicht zurück in meine Clause die Kraft für die Wirksammkeit einzuschließen. –

 

                                                                                                                                den 7ten Nov:

 

Die Predl ist viel rascher in ihren Unternehmungen als ich, daher sind ihre Tagwerke von größerer Bedeutung als

die Meinigen, weil alles schnell und frisch auf einander folgt. –

 

Die Thätigkeit ist nicht lebentig genug in mir Es herrscht keinen Aufbruch von dem, was ich mir in Gedanken

mißbilige; so fliehen Stunden dem Wirbel des Abgrundes entgegen! =

 

Heute sah ich die Galerie von Camucini, und wie manches gefiel mir ganz vorzüglich! Die Esther, die zwey

kleinen weiblichen Heiligen von Raphael, und die kl Madonna, die Eitelkeit, und die Carnazion in dem dem

travestirten Göttermahl. Und unter den Handzeichnungen von Camuc: über alles, Christus wie er in die Vorhölle

steigt. =

 

                                                                den 10ten

 

Mein Zwickbüchen will ich jedesmal mit in Vatican nehmen, auch wen es 100mal für einmal umsonst geschieth! =

 

Ich hatte Freude als ich Heute ein paar Bekannte antraf, aber es hatte mich eine gewiße Eitelkeit bemächtigt; –

ich schwazte so schnell und dummes Zeug untereinander, daß diese zu keinem Wort kommen konnten; ich schaute

sie nicht einmal recht an: – Warum faße ich den die Leute nicht tichtig ins Gesicht, damit mir ein paar ihrer Züge

bleiben könnten? =

 

                                                                                                                                        den 12ten Nov. 1822

 

Die Predl sparrt so sehr ihre Kleider, sie wexelt es mit jedem Augenblicke wenn es seyn muß, und verliert dabey

doch keine Zeit weil alles schnell und vorsichtig geschieth. – So – hat sie stetz unbefleckte Kleider, an welchen

man weder die Zeit noch den Gebrauch wahrnimmt. – Auch du hast angefangen; fahre fort!! =

 

Wirdrig giengs mir Heute bey meinem ersten Gang in Vatikan; doch friedlich war ich in meinem Zimmern, glaubte

mich wirklich unverschuldet, und habe doch so nachläßig für den Beginn meiner Arbeit gesorgt. 16 Tage sind nun

entflohn und saß hier noch auf keinem Gerüste!! Morgen ist Freytag, da fange ich wieder nicht an, und am

Feyerabend beginnt mann doch auch nicht gern am Weinberge die Trauben zu schneiden; aber dan – mit Gottes

Hilfe und Erbarmung will ich am Montage den Anfang machen. =

 

                                                                                                                                den 14 November 1822

 

Sonderbar gieng der heutige Tag vorüber, ich hätte so manches zu besorgen gehabt, wählte davon das Beßere

kam aber gar nicht damit voran, daß mein Tagwerk gleichsamm nicht zu benennen ist, Können mir auch Täge

so in Rom vorübergehn? =

 

Es ist doch gut wenn man gleichgiltig über Hinterniße hinweg geth: oft bereiten sie Ruhe, oft Gelegenheit andere

Dinge auszuüben, die man recht gerne thut, und zu welchen man sich sonst keine Zeit erlaubt. – Wenn nur dann

die Wirksammkeit nicht geringer ist, wenn die Zeit, zur Ausübung unsere Schuldigkeit fordert! – ! –

 

Ach warum geth es doch mit meiner Beßerung so schlecht wie auf dem Meere dem Sturm ausgesezt ? – Weil ich

die Hand nicht achte die mich führen will, weil ich die Treue breche die ich schwor, weil ich meiner Nichtigkeit

vergeßend mir wirklich gutes zuschrieb! – So, häufte ich das Maß meiner Sünden! Angefillt sey es nun vor meinen

Augen, daß keine Vermeßenheit mich beflecke vor dem Angesicht deß erbarmenden Gottes! Der – meine

Sündhaftigkeit nicht achtend mit der ganzen Fülle seiner Liebe in mein Herz einkehrte ! – ! – Ach! Übermaß der

Liebe! Wie fange ich an Dir auf ewig treu zu seyn! Ach gieb mir zur allergrößten Gabe noch diese; daß ich Deiner

niemals vergeße! Amen. =

 

                                                                                                                        am ersten Comunontage in

                                                                                                der St Peterskirche in Rom. den 17ten Nov:

 

Jezt fing ich an im Vatikan zu arbeiten, es freute mich; aber doch nicht recht. Erstens betrübten mich die

Schranken, ich sah die Unmöglichkeit je etwas daraus ausführen zu könen mit meinem Kurzen Gesichte; dann

fürchtete ich die steilen Gerüßte, und 3tens wußte ich noch nicht was mir aus all’ diesem wohl am nützlichsten

wäre; so arbeitete ich zween Köpfen ohne raschen Eifer. =

 

In der Zwischenzeit zeichtnete ich in den Logen; ich fühlte mit Bitterkeit wie mir die Fertigkeit mangelte; aber groß

war meine Freude über die manchen lieblichen Kleinigkeiten, und doch so grandios der Geschmack! =

 

 

Ellenrieder Marie VatikanDiese erste Figur im Jünglingsalter, hat das Gewand im Licht Meergrün, und

der Schatten ein gebrochenes tunkel roth, es ist so weise diese Farbe zum

Schatten gewählt um eigentlich nicht Schatten machen zu müßen, es sind also

in diesem Dunkel nicht wieder Maßen tunklerem Schatten sondern nur hie

und da ein tunkler Punkt selbst die Falten sind nicht zu deutlich ausgedrückt.

 

Die andere Figur ist von magerer Gestalt das Gewand ein wohltähtiges

mattes Hellgelb und der Schatten Violett. Nur an 3 Stellen sehr dunkel die

übrigen Maßen in einem mittelmäßigen aber großartigem Dunkel. Das

Fleisch ist auch bey beyden in einem gewißen Ton gehalten. =

 

Ich fange wieder an in meinen Unternehmungen das heißt in allen aufeinanderfolgenden Arbeiten des Tages

nachläßig zu seyn, und auf mein herumirrendes Ich keine Achtsamkeit zu verwenden. =

 

Ein schönes Beyspiel gab mir Heute der junge Römer: in aller Schnelligkeit waren alle Hinterniße überstiegen,

und gedacht & gethan! =

 

                                                                                                                                    den 18ten December.

 

In dem lieben Hause wo Rein=hold7 die höchste Bildung wohnt, und wo ich deß Lebens Glück so hoch empfinde;

stieß mir die erste Übelkeit zu, aber auch dieser floß meiner Freude einen neuen Zuwachs entgegen. – Vater!

Wenn Du willst daß ich Dir diese Genüße bezahle, wie muß ich zittern vor Deinem Gerichte! . =

 

Ich habe mich hingegeben dem Genuße der Freude und die Macht meiner Seligkeit überwog beynahe die Kraft

meiner Erhaltung. Ach mein Gott! es kann so deine Gnade nicht seyn; es ist Blindheit in deren Dunkel ich meine

Riesenfehler nicht sehe und so glaube ich den Genuß zu verdienen, breche die Rosen alle die mir am Weege

blühn und furche nicht ein, in die Erde, ein Kernchen für die Zukunft zu verbergen! O heiliges Rom wie

verschwenderisch benützte ich Deinen himmelvollen Einfluß! =                                                                    

                                                                                                                                den 20ten December.

 

Idem ich vergaß was ich der Sanftmuth und Duldung auch der zuvorkommenden Liebe schuldig bin, übertrat

ich zugleich auch das heilige Gesetz. – Nun flammt nicht rein mehr die Fackel der Freude, Rauch verfinstert

mir die Aussicht ins Blaue; mit Inbrunst hast Du O! Vater! Dein Kind nicht mehr an Deinem Herzen: denn –

ach! die Sinde hat mir dieses Glück entwendet; ich ließ mich von der Macht der berauschenden Freude

beteuben, verharrte im Schwärmen und in eitlen stolzen Gedanken. Die ernste Dochter des Himmels die Zeit

gieng ungesehen vorüber, nichts habe ich ihr an den Saum ihres festlichen Gewandes geheftet, daß sie es

mitzöge mir einst einen Theil des Gerichtes damit zu versöhnen! =

 

Thätigkeit ausüben, und oft sich ermannend zu Gott aufblicken ist die Wirkung seiner Gnade und ein Leben

voll Selligkeit! – Ein Leben aber voll eignen Willen und Undienstfertigkeit streut Kernchen zu

schnellaufkeimenden Gram. =

 

Und, ein Leben mit Gott vereint – mit Gott eines Wollens und Wirkens, mit dem Tempel im Herzen den die

Liebe erbaute, mit der Kraft belebenden Gegenwart und mit dem mächtigen Einfluß ewiger Erbarmungen! –

Dieß ist jenne goldene Zeit, wo der Heiland, ja die ganze heilige Dreyfaltigkeit vom Himmel herniedersteigt

Wohnung in dem Menschenherz zu nehmen; am Tische des Herrn! – – Wohl mir wenn ich es zu bewahren

trachte; – aber weh’ mir, wenn ich von dieser süßen Bande an die Sinde mich loskaufe!! =

 

                                                                                                                           Rom am hl Christag 1822.

 

Der heutige Tag wäre für mich von großen Verdiensten gewesen, hätte ich die Himmels Gabe beßer

verwendet, die unter Millionen kaum Einem gespendet wird. – Meine Freude war mit Gefallsucht, Eitelkeit

& Verstellung vermischt; und diese 3 Dinge verwirrten mich so sehr, daß ich mit der Wichtigkeit der

Hauptsache nicht eine Seite meines Herzens berührte; und also auch nicht mein Gemüth zu Gott erhob;

und war doch so heilig der Augenblick! = ! den 28ten !

 

Überhaupt niemals zu sehr mit meinen Empfindungen & Meynungen heraus; damit ich die Kraft der Seele

& des Leibs nicht vergeude, daß ich sie habe zur Ausübung und für die Stunden der Einsamkeit mit Gott. = –

 

Wie wahr ist doch nicht die Gruppe der Frau mit den Kindern v: Catell8 !! so leicht, und doch so fleißig!

Er sagte bescheiden daß er 8 Tage daran gearbeitet hätte, und stetz die Modelle beybehielt. =

Ellenrieder Marie Raphael

Die erste Figur9 hat ein blondes Hahr welches gegen dem Gesicht dunkel abgeth, auch das Gesicht ist im

Schatten, doch geth es gegen der Hand heller ab. Das Gewand ist hellblau, faßt weiß im Licht der Schatten

ins Violette nur ein paar kleine dunkle Maßen. Die Girtel ist dunkelroth mit hellgelben streifen, das Fleisch

ist weißlicht, doch der Fuß ist dunkel wie der Schlagschatten der Figur. – Die 2te Figur hat den Mantel und

den Ärmel dunkelroth nur die Partie über dem Rücken ist ganz hell, das Leibchen ist hellen Oker und vorn

an der Brust violettgrau, die Hahre gehen grau ab. Der Ärmel ist dunkler als das Übrige, wenn er schon

weiter zurück ist, es drückt den Kopf recht heraus.

 

Die 3te hat ein blaugrünes Gewand von ganz mittlerer Dunkelheit, doch gegen die nächste Figur mit hellgelb

gehöth nur an 3 Orten dunkle Maßen um den fordern Gegenständen heraus zu helfen, tunkles Hahr; und tunkles

Untergewand was oben am Halse ein wenig herauskömmt und dem Fleisch wohl thut. Der Stiefel von

gebrochenem gelb. – Die 4te ein gelbgrünes Gewand mit unmerklichen Vertiefungen eine rothe Sentur mit

einem gelb gehöth. Sanften Schatten im Fleisch aber tunkle Schatten in den braunen Hahren. – Der Fünfte

hat 2 große dunkle Maße in den Hahren: überhaupt die Köpfe und Hände wenn schon endfernter sind stetz

kräftig gehalten. Hellroth wie fleischfarbig das Gewand im Licht, und ein helles blau anstadt dem Satten: nur

ein kleines Stückchen vom Mantel sieth man noch, dunkelroth, damit die Achsel der fordern Figur abgeth.

Er beugt sich vortrefflich durch das hellblau und der Kopf tritt sehr deßwegen heraus; Die Stiefel

sind grünlicht gelb, und sehr dunkel am Schatten. Der Schlagschatten auf dem Boden ist hier dunkler

als die übrigen Gegenstände; Und er ist doch von ganz heller Natur. Die Bewegung der Hände ist

überall so wahr und so natürlich; Ach! daß mann doch stetz alle Wirkungen der Natur beobachtete! =

 

Wie war ich an jennem Tage nicht fleißig! als ich die Scitze der kl Madonna machte, und bey Licht noch eine

Figur zeichnete aus dem Eleusishen Fest, und es wollte mich die Versuchung der Selbstsucht und Eitelkeit zu

einem Ausfluge verleiten: aber Gott gab mir Gnade im Kampfe zu bestehen.

 

Anders verhielt ich mich des andern Tages, von einer kleinen Hinterniß des Morgens ließ ich mich zu einem

Zwecklosen Tagewerk verleiten, und übte aus, wider welches ich gestern kämpfte, vergaß meinen Mantel

umzuwerffen und es machte kalt und feucht. und als ich zurückkam folgte mir die gerechte Strafe auf dem

Fuße nach, ich ward Halswehkrank. =

 

Alle meine Übereilungen, meine heftigen Halskrankheiten, mein Zeitverschwenden, meine 1000fältigen

Schwachheiten, alles Übel, alles was ich noch bereute, floß aus einer einzigen Ursache; daß ich nemlich

nicht auf Gott schaute. – Den – schaue ich nicht auf Gott, führt mich die Erde in Staub, und da geschieth alles

absichtlich, eine Menge Bewegursachen drängen sich zu; daß im Gewirre von Eitelkeiten die ganze Lebenskraft

zu Grund gehen möchte: – dahingegen ein Leben unter den Augen Gottes so sanft sich fortbewegt, wie um die

Sonne ihre Planeten! Sie sind zwar von Abgründen umrungen, aber sie schweben sicher, weil sie aus ihrer Bahne

nicht gleiten; sie zittern nicht vor dem rollenden Donner, und der tödliche Blitz darf keinem solchen Gebilde sich

nähern; frey von aller Leidenschaft sind sie gleichsam gehorsamme Kinder Gottes. – O! Freyheit! Die sich allein

nur unter Deinen Augen entfaltet! Gieb sie mir, gieb daß ich mit dir bin, dann verschwindet alle Mühseligkeit! = !

 

Als ich zum zweitenmal das Madonna Scizchen malte gieng es sehr schnell, ich zeichnete es ganz klein auf ein

ordinäre Schreibpapier mit der Feder, schattierte es auch damit, dann übergieng ichs hieben & drüben mit Firnniß,

heftete es auf und mahlte. Ein neues Licht gieng mir bey diesem Sckizchen auf, das tunkelrothe Gewand mit

Neappelroth & Lack that dem Fleisch so wohl, welches ich nur mit gebrannter Terradisiena & Kremnitzerweiß

malte, nur bey den Wangen nahm ich etwas Zinober darunter, den Schatten machte ich graulicht & schattirte mit

Asfalt hinein. Die Ärmel machte ich gelb & laßierte es grün. Es war nicht übel; Gott sey Dank.

 

Immer geh ich von meiner angenommenen Regel der Tagesordnung ab; nie noch verharrte ich bey Jennem

Allem was ich mir thätig auszuüben vornahm. =

 

Ich bin nicht gut, und ich breche die Feßel nicht, die mich von dem Reiche der Ausübung ausschließt! =

 

Aber wie schön ist nicht die Sixtinische Kapelle! Hier, spricht es sich deutlich aus, daß der Mahler die

Materie vergaß und der Geist allein das Mittel befruchtete! =

 

Es ist kein gutes Zeichen, wenn mir Tage verstreichen, ohne meines Tagebuches zu gedenken: es ist ein Beweis

daß ich nicht achtsamm genug die Dinge belehrend auffaße; und daß daurt nun schon seit Langem! Sah’ ich

nicht heute das schöne Bild von Pintorichio in der Kirche di Popolo? wie gemüthlich die hl Maria den kl Jesus

anbethet! Hat nicht Heute durch Gottes Gnade die Klugheit der Predel uns vielleicht beyde vom Tode gerettet,

als der unbekannte Mensch mit seinem falschen Gesicht in unser Zimmer trat? Erzellte mir nicht bey diesem

Anlaße die Predel mehrere solch’ traurige Ereignisse; um die Wichtigkeit recht zu erkennen, wie Frauenzimmer

auf sich Acht zu geben haben? =

 

Ellenrieder_Marie_007.jpgZum Himmel Weiß Neapelgeb & Ultramarin, 3 Partien. Pastos aufgetragen, mit einem

Porstpinsel verarbeitet, nach diesem gedupft & dann mit einem Geißpinsel leicht

vertrieben, nach einer Seite, doch, hat es keine Regel. –

 

 

Außer den Laßuren, nur 3 Farben zum Fleisch, Englischen Oker, Neapelroth

& Ultramarin.

 

Also Weiß mit Oker, dieses 2 mal verstärkt mit Neapelroth. dan Weiß mit Neapelroth allein, einmal hell, das

anderemal tunkler. aus diesem lezteren macht man auch den Violetten Ton durch Ultramarin. Zur Schattenfarbe

pur Ultr: & Nroth. Dieses kan man durch die frühern Fleischtinten verringern. Dann kommen 2 grünlichte Tinten,

die erste mit Neapelgelb Ultr: & Weiß. Die 2te Oker & Ultr. –

 

Nun wird mit den Schatten angefangen, sowohl in Maßen, als alle Conturen. Von da aus wird nach dem Licht

gearbeitet.an den Schatten  schließt sich das Violette an dan grün, dan gelb, oder roth wie es die Formen

erheischen. Liegt nun alles nebeneinander vergleicht man noch mehr die Tinten mit dem Original, geth mit

den Fleischtönen & grün & gelb in Schatten daß auch dieser pastos wird & heller als er bey der Vollendung 

werden muß. nach diesen wird es mit einem leichten Porstpinsel verarbeitet & nachher mit einem zarten

großen vertrieben. Uneben darf man es nicht dulden wegen dem Laßieren. – Zu dem Dunkel der blonden

Hahre Terra di Siena & Ultr: |:sie sagte, nie nehme sie Schwarz:| verhellt mit Oker & Ultr: & recht blaulicht

& hell die Lichter: & Überhaupt sehr hell & pastos gehalten, auch ein bischen Fleischfarbe unter das Hell

der Hahre.

 

Das schöne rothe Gewand, musste ich nur mit Neapelroth & Weiß mahlen, im Schatten pur, & sie verwarf mir

die blaulichten Tinten. – Das dunkle Grün ganz mit Neapelgl & perlinerblau, zum Schatten ein bischen GoldOker;

und es wäre sehr gut und nützlich stetz nach der Form zu arbeiten und gleichsamm fortwehrend mit dem Pinsel zu

zeichnen & zu modelieren, was immer es auch ist! =

 

Beym Übermahlen  die Tinten auf gleiche Weise gemischt, graulicht gehalten, und keine Stelle unbemahlt gelassen.

dann nach der Form mit einem kleinen Pinsel verarbeitet und dan erst mit einem großen vertrieben. Aber bey der

ganzen Behandlung unentlich auf die Contur und die kleinsten Formen bedacht seyn. – Die Ungedult muß

vollkommen überwunden werden; – wer fleißig mahlt, mahlt geschwind – der Fleißige geth bedachtsam zu Werke.

Die Hahre mußten auch übermahlt werden, nachdem ich es mit braunem Lack, Terra di S. & Ultra. laßiert hatte.

kaum konnte ich mich überwinden es fleißig zu machen, und ich habe mich würklich in meiner Nachläßigkeit

höchst nachtheilich verwehnt: Aber mächtig ermunterte mich Alles |:was ich bey den teutschen Künstlern sah:|

zum ausdauernden Fleiße. Gott gebe mir Gnade daß ich in Thätigkeit den Forderungen der Kunst muthvoll

entgegentrette! – Wie ich an das Laßieren des grünen Gewandes kam, da musste ich auch wieder meine

Übereilung büßen. –

 

Niemals irrte ich so wankend umher, als wie in diesen Tagen; Entschloßenheit  schien sonst ein froher Triumpf

meines Innern; aber nun bin ich feig wie eine Memme: wie der Wind, so laße ich den Segel meiner lecken Barke.

Ich bin gleich einem Vogel in der Luft, der kein Zweigchen findet worauf er ruhen könnte; – Was vermag nun der

laße Vogel? er hat zwar Flügel, aber bald wird er gleich einem Wurme aufs Meer herabsinken! So irte das Arme

Thier!! – da streckte Gott seine allmächtige Hand aus, und der Vogel stand auf dem Finger Gottes. – Nimmer

will er nun den Finger laßen, denn zu groß für sein kleines Wesen scheint ihm das All. In der Nähe seines

Schöpfers sieth er die Quelladern alles Guten, und die fruchtbaren Ströme seiner Erbarmungen, führen die

Perle der himmlischen Ruhe seiner ermatteten Seele entgegen. – Gott! wie unaussprechlich glücklich machst

Du doch die Deinen! Gieb mir daß ich schweigend Dich anbethe, den Worte können nicht groß genug den

Dank bezeugen! – Amen. =

 

Warum will ich die Menschen flühen? wir sind ja alle für einander da! Ich muß also nachdenken über meine

Arbeit, daß ich durch etwas Tichtiges der Menschlichen Gesellschaft nütze. =

 

Durch meine zurückgezogene Art zu leben, gewöhnte ich mir an, nur an mich zu denken; und das Lob daß

man mir stetz unverdient zollte bestärkte mich darin; ich habe also die Schöne Tugend, bey Andern mich zu

vergeßen, ganz verlernt. Auch gegen meine Vorsätze wurde ich meiner nicht mächtig. =

 

                                                                                                                                          den 1ten Merz.

 

Ich fieng  nun an im Vatican zu kopieren – nach Raffael, ich eilte mit der Contur und glaubte in Eitelkeit, ich

hätte es wirklich gut beyeinander, aber leider machte ich zu wenig Vergleiche, ich habe das Ganze nicht genug

mit dem Einzelnen geprifft, und eilte gleich einer Thörin die die Wichtigkeit des Augenblicks unberührt läßt. –

Ich muß also Vorsicht & Pünktlichkeit beobachten. =

 

Herr! du hast mir von Anfang ein Übermaß von Erbarmungen über mich ausgegoßen, mein Herz überfloß

von Glückseligkeit: Aber nun gefällt es Dir mich zu priffen, und es scheint die Zeit gebährt mir auch unter dem

südlichen Himmel traurige Stunden. Nimms hin mein Herr das schwere Athmen ich opfere es Dir; gieb mir

aber die Gnade dafür daß ich nicht klage, und daß ich nicht etwa das Schicksal bitter nenne, es ist ja doch

nur meine eigene Schuld. =

 

Der 8te Merz soll mich dankbar an die Familie Reinhold erinnern, so oft er in meinem Leben noch kehren

wird.Großmüthige Liebe in Werkthätigkeit ist der Abglanz dieser schönen Herzen. – Der Herr gebe ihnen

seinen Seegen, den – Menschenkräften können Seelen Züge nicht belohnen! =

 

Schöne Bilder sah ich bey Rippenhausen;10 schöne Farbe, schöne Hintergründe; Behutsame Behandlung. =

 

den 16ten Merz

 

Was soll ich mir wohl niederschreiben vom Heutigen Sonntag? Mein Gemüth war nicht stetz zu Gott gerichtetet

meine Freude also nicht rein in der herrlichen Villa Borghese! Ich sah herrliche Binien Zipreßen und ganze Stellen

von tunklen Bäumen, eine Menge Grasblümchen und der schönen Violetten. Grandiose Anlagen und schöne

Gebäude; es war eine Stelle schöner als die Andere. Ich hätte sie aufzeichnen mögen um sie zu besitzen, aber

was ists! ich würde sie doch nur hingehudelt haben, den es belebt mich ja der wahre Fleiß nicht: – Ich hätte

alles wißen mögen was mich umgab ob einige dieser Bauten aus der Vorzeit oder dem Mittelalter stammten,

und fand mich unglücklich daß ich nicht unterrichtet bin; das hat meinem lieben Gott gewiß nicht gefallen. Es ist

die wahre Bescheidenheit noch nicht in meinem Herzen, denn nach Außen gehen meine Blicke. – An mein Studium,

an mein Bild machte ich nicht. Nichts thun wäre meine Lust, Schwärmen meine Seligkeit. In meinem Gebethe

ließ ich nach, und, es wäre wirklich ungerecht der Himmel, wenn ich den Trost der göttlichen Gnade genöße.

Meine Eitelkeit und meine schlechten Fortschritte machen mich schwermüthig, ach, es wechseln so viele

Empfindungen von Wohl & Weh in meinem Inneren und ich laße mich von Beyden hinundherreißen gleich

einer Lumpenpuppe die weder Geist noch Leben hat. O, Mein Gott! Hilf mir, daß ich mich rette aus diesem

sumpfichten Thale auf den Klippenweg zum ewigen Vaterlande! =

 

den 22ten Merz.

 

Die Traperie bey Camucini = ich machte die Falten zu mager & zu gleich & der Fehler eine Menge. Fehlen ist

aber hierin keine Sünde, & schlecht machen auch nicht, wenn man es nicht beßer kan. Aber ich meyne immer

ich könne, und meine Eitelkeit wähnt, es wären nur wenige Striche nöthig um jennes auszudrücken, was ich zu

begreifen mir noch nicht Mühe gab. – Und hätte ich einen Verdienst wen ich nicht tächte? Von nun an

Alles recht gedacht & geprifft. Lieber nichts, als mit Schande unsichtbar machen die unendlichen Erbarmungen

Gottes, die durch ihre Ermahnungen den Willen Gottes mir offenbaret. – Im Nammen Jesus Amen. =

 

Villa Balfili! wie groß bist Du in Dir und Deinen Anlagen! Alles Städtische verschwindet vor deinem  Eindrucke.

Und rufen nicht die alten Denkmäler das geistvolle Bestreben der damaligen Künstler uns zur Auforderung

entgegen, daß wir in ihre Fußstaffen tretten, der Weld ein Caracterbild zu mahlen, daß es auferbauen möge,

die Seele zu großen erhabenen Thaten, und sollte es auch nur in dem stillen Zirkel des häuslichen Lebens

geschehn! Wahre Seelengröße ist überall, wo das Herz vom Geiste geleitet wird. Und am wirksamsten fühlt

der Geist sich wenn ihm Geistes Kräften werkthätig fürs Auge tretten. =

 

Es gieng nun beßer mit der Arbeit, aber ganz konnte ich mich meines herumirrenden Geistes nicht bemächtigen.

Und sieh da! wenn ich ein Theilchen meiner Geisteskraft errungen, mißbrauchte ich sie jedes Mal zu andern

ausschweifenden Dingen: – und Gott überläßt mich dan mir selber, daß ich falle, um durch den Fall die

Erkenntniß meiner reitzbaren Schwäche mir anschaulich zu machen. – Ach! jennes ist kein gutes Kind, welches

man stetz aufs neue ermahnen muß, und das oft, selbst den lautesten Ermahnungen mit Sinde trozt. =

 

Am hl grün Donnerstag. – Wie war mir Heute in der Peterskirche so wohl, und wie fühlte ich mich meinem Gott

so nahe; denn ich schenkte mich ihm zum Opfer, und betheurte zu wandeln nach seinem Wohlgefallen; eine süße

Schwermuth begleitete meine Andacht; ach! es war eine Sehnsucht nach der ewigen Ruhe, den schwere

Ahnungen erfillten meine Seele, weil ich kenne meine wankenden Schritte auf dem Weege des Opfers mit Allem

was ich bin & habe. – Ach! mein Gott gieb mir Gnade, daß ich nicht vergeße was ich deiner Treue schuldig bin.

Amen. =

 

Ich wollte nun allen den Functionen beywohnen, aber leichtsinnig vergaß ich die gehörige Anstalt zu treffen. –

Und was ich mir am sehnlichsten wünschte gerade das sah ich nicht. Es gefällt mir aber die Sitte daß bey

solchen Anläßen die Frauenzimmer nicht ohne Begleitung der Herren seyn sollen. – Und in Zukunft will ich mir

immer auch um ein Häubchen gesorgt haben; damit mann mit den großen Hüthen andern nicht im Weege steht. =

 

„Folgen sie mir jezt“ sagte der Beichtvater und fügte noch die Worte Christi bey „wachet & bethet, damit ihr

nicht in Versuchung fallet“. =

 

Gestärkt mit dem Brode des Lebens, gehe ich nun getrost wieder meinen Weeg, den Weeg der Achtsammkeit &

des Friedens. =

 

Bereits 6 Monde verstrichen! ich war glücklich als Mensch, aber als Malerinn war ich es nicht. Es konnte ein

Wörtchen von Diesen & ein Wörtchen von Jennen mich besinnungslos zu Boden drücken. Aber nun glaube

ich nach meinem Gefühl die Überzeugung des Wahren erreicht zu haben. Ich stehe nun, und Gott wird mir die

Gnade geben daß es fürs ganze Leben beschloßen bleibt! ! = . = . = . den 4ten Aprill. 1823

 

Beym Gewand meiner stehenden Madonna11 machte ich die Falten zu einförmig, zu mager, mann muß doch bey

allem auf die Natur der Sache schauen! es gieng dan beßer als ich die Formen zu verstehen strebte. und sagte

man mir nicht, bey diesem Anlaße wie Raffaello einmal für einen Ärmel 10 Studien machte! =

 

Dietrichs12 Bild machte einen großen Eindruck auf mich, es half mit, meine Ansicht von der Kunst fester zu

stellen. =

 

Mit meiner Nachläßigkeit ist es doch weit gekommen; Ich will sogar meine Schwermuth für eine Entschuldigung

angeben. Aber ist das, das Thun einer weisen christlichen Seele? – Ein frommes Herz thut was es kan, Ein

Unfrommes läßt sich vom Sturme bewegen! =

 

Beym Retuschieren des lieben Julianensköpfchens mußte ich mit Firniß und Öhl anfeuchten, dan die gewöhnlichen

Tinten mischen, aber davon sich nur gleich einem Hauche bedienen; der Schatten wieder zuerst und dan vertrieben;

brauner Lack mit Ultramarin ist gut; was die hellen Fleischtöne anbetrift nimmt man röthlich wo es gelb ist, und wo

es zu roth ist nimmt man gelblicht, und so geben sich die violtten Töne von selbst, und das sanfte. aber nicht die

geringste Nachsicht darf man sich je erlauben! O! die Seidler13 that mir viel, indem sie mich dieß Köpfchen unter

ihrer Anleitung bey ihr mahlen ließ, sie quälte mich auf eine Wohltätige Art bis keine Spur meiner Nachläßigkeit

mehr sichtbar war. Durch sie gieng mir ein neues Licht auf, durch sie wurde ich mit den edlen Teutschen bekannt,

und durch ihre wie durch diesen alle ihre Arbeiten zur beßeren Nachahmung hingerißen, & im Anerkennen

des Wahren und Schönen wendete sich meine Denkungsart. Ich sah diese Bilder gleich der Sonne die

Efecktproduckte überglänzen. So wankend ich herumirrte, so fest glaube ich nun für alle Zukunft zu stehn! Gott

sey Dank! Gott gebe mir Hilfe, er gebe mir Gnade! denn Vieles ist versäumt, manches muß verlernt werden,

und unendlich gebrichts mir in allen löblichen Eigenschaften!!! =

 

Ich mußte zum 4ten mal drüber, über das Köpfchen weil es in manchen Tönen dem Original nicht gleich war. –

Auf die Vergoldungen kränkte es mich, aber es war zu meiner angenehmen Überraschung recht leicht, man

feuchtet nur mit dem Speichel jenne Stellen an und reibt es hinein, aber es muß gut trocken seyn, dann nimmt

man ein zartes Pinselchen und mahlt aus dem goldenen Müschelchen mit Waßer, wenn man fertig ist geth man

ganz leicht mit Firniß darüber. =

 

Auch ein Tönchen von braunem Lack mußte über die Blaue Luft gemalt werden, so wie man überhaupt darauf

acht geben muß daß das Ganze sich zu einem Lokal Ton vereinige. =

 

Heute schien die Natur & die Gnade mit mir im Kampfe zu stehn. Ich konnte mich kaum entschließen mit meinem

kleinen Bildchen zur Seidler zu gehn. Das Bildchen war unvollendet und doch hätte ich so gerne das Gegentheil

geglaubt. Ich gieng, und wußte nicht was wohl damit kan vorgenommen werden: Aber wie leicht entfaltet sich

dem Muthigen alle Schwierigkeit! ich mußte anfangen & wirklich ohne Anstoß schien mir eine beßere

Vollendung möglich. Es war zu blau, also ohne Wärme, ohne Leben! Nun laßierte ich mit Gelb, vereinbarte

den Schatten mit grünlicht und dan wieder mit Laßur hinein auch über die hellen Tinten gieng ich wieder, die

Augenhöhle war zu tief der Augapfel nicht rund, der Stern nicht tunkel genug noch die Contour des Augenlieds;

die Hahre nicht zart und nicht glänzend: das Hemtchen mußte ich auch laßieren, und vorzüglich that die

weichere Rundung am Kieferbein beßer, und half mit das Köpfchen jugendlicher zu machen. Oft glaubte ich

fertig zu seyn aber ebensooft fand die Seidler wieder neue Mängel. – schäme Dich über die Kleinheit deiner

Ausdaur und laße von nun an diese Regel dein ewiges Andenken seyn. – Den Hintergrund ließ ich gegen

dem Köpfchen heller werden, und das ist nicht gut. =

 

den 16ten Aprill.

 

Als an Schinzens14 Geburtstag mit Seidler Predel & Frl. Emilie nach Monte Mario & Villa Madama, und wie

niedlich zeichnete Schinz von der Straße aus ein Allerliebstes Gebäude! Ellenrieder_Marie_008.jpgmit

bestimmten Strichen fieng er an.

  

Der heutige Spaziergang war schön. Übersah ich nicht ganz Rom, die Gebürgskette und hinter denselben die

Schneeberge; wie schauten diese herein in das Land des Frühlings! Die Sonne glänzte auf jedem Blatte, die

Blumen rankten, und ein Lüftchen zart und mild bewegte jeden Grashalm: und wie mächtig erhöbt sich die

schöne Eiche über die geweihten Stuffen, wo einst heiliges Volk saß, die Worte Gottes aus dem Munde

des heiligen Philipus Nerus zu hören. – Ich sah meine Gefährtinnen glücklich und hoch und innig erfreut.

Aber in meiner Seele war es dunkel, in meinem Herzen kalt, und Schwehrmuth erfillte meinen Geist. –

Die Strafe folgte meiner Sinde, und gerecht wäre der Himmel, übergäbe er mich den quahlen der Hölle

auf ewig! Aber von unendlicher Langmuth sind die Erbarmungen Gottes; er will mich glücklich machen

und erwehlte mich selbst zum Werkzeuge. Aber ich verkenne diese Führung und schuf mir den Seegen

zum Fluche.

 

O! Es ist gewiß nicht bald ein Herz daß so sehr die unaussprechliche Liebe Gottes genoß als das Meine!

Aber 1000 Herzen wären bedächtlicher dankbarer gewesen als das Meine!! Gleichsam durch himmlische

Offenbarungen sah ich ein, wie ich seyn sollte; schrieb mir Regeln auf, gehorchte eine kleine Zeit mit Erfolg

aber laß wurde ich bald wieder in allen meinen guten Unternehmungen! –

 

O Mein Gott, ich bin zu Dir zu bethen nicht würdig, doch bethe ich mit Inbrunst, Vater sey mir gnädig im

Nahmen Jesu! Laß mich gleich einem Schnecke ein inners Leben führen; und heraustretten zur rechter Zeit

nach Deinem Wohlgefallen. Vergiß daß ich Dir mein ganzes Wesen Opferte und es Dir sinnlich grausam wieder

entriß. Es sey Dir nun wieder geschenkt, und nimmer genommen, bis die tote kalte Hand meine Gebeine dem

Staube giebt. Ewig schwöre ich Dir meine Treue, ich will icht sagen, wenn Du mir Deine Gnade giebst, den

Deine Gnade versagst Du dem sterbenden Geiste nicht. = den 25ten Aprill 1823. =

 

„Il capriccio, e l’opinione altrui non deggion inquietare il mio animo“. =

 

                                        Auf dem Weege in Vatikan den 2ten May.

Wohl ist es wahr was in dem Buche Job geschrieben steth, „deß Menschen Leben ist ein beständiger Streit.“

 

Umsonst würde ich mit Jammern über meine Thorheiten mein Tagebuch fillen; schicke dich lieber zum Kampfe

an gegen dieselben, und die Vorsicht womit du deine Gedanken und Handlungen leiten wirst, wird dir andere

Früchten bringen als die Reue die dem Falle folgt; anstadt mit Vorwürffen mich zu quehlen ist es beßer mit Eifer

Bemerkungen für die Kunst einsammeln, und indem ich so meine Pflichten erfille, werde ich mich seltener der

Gefahr der Versuchung aussetzen. =

 

Nie konnte ich die Klarheit an dem Engel nach Raffael wieder herausbringen die ich mir durch das schmutzige

Untermalen verdarb, es giebt halt kein anderes Mittel als Fleiß und Ausdaur von dem Anfang bis durch alle

Stuffen zur Vollendung, und je mehr man übermalt deßto beßer läßt sich laßieren. Rippenhausen versteth das

sehr gut, und seine Compositzionen aus den Scenen Rafaels sind schöne & ermunternde Ideen, warum soll

man nicht Dinge dieser Art bisweilen mahlen, es geschieth ja Alles in der großen erhabenen Schöpfung nach

der ewigen Leitung der Vorsehung überall findet man Spuren der lebendigen Gottheit! der geringste Mensch

ist nicht ohne Tugend.

 

den 14ten May 1823 auf der Kupel von St Peter im Knopf und bey dem schönsten klaren Himmel mit einer

liebenswürdigen Gesellschaft. =

 

Es sollen die Stunden der Anwendung kein

saumseliges Verweilen gestatten.

Es muß eine Arbeit die Andere begatten.

Daß unter Mühe und dem Fleiße Früchten

entsprießen.

Die in Sieße dem verwahrlosten Herzen

zufließen.

Will auch das Fleisch die warnende Stimme des

Gewißens nicht hören,

und mit Gewalt mich bethören,

Dann rufe alles Heilige & Große mir zu –

Verworfene bist Du!

Nur in der Folge wird sich das Große deiner

Seele entfalten.

Wenn Du im Kampfe die Treue gehalten.

Wenn Du den Sinnen keine Reitze gewährst,

Und einzig nur immer das Höchste begehrst.

Engel des Himmels! Gesannt zu der Erde!

Ermahne mich Würmchen daß ich gottselig werde!

 

Frühmorgens zum lezten mal in den Logen als ich im Mayen den Vatican besuchte.

 

Herr! Du hast mich erhört, Du hast mir Kraft zum Überwinden gegeben, und im Siege gabst Du mir die Sieße

deiner Liebe zu kosten. Groß sind die Wunder deiner Erbarmungen, und mächtig der Einfluß, daß ich in den

Stunden der Versuchung es nicht vergeßen möchte. Segne die Thränen meiner Freude, daß sie Thränen der

Reue werden und daß ich als ein Opfer der Liebe & Audaur meine Tage vortsetzen und dankbar beschließen

möge.Segne nun O Vater! im Namen Jesu meine Vorsätze & die Ausübung. Amen!

                                                                                                               St Carlo am hl Pfingstage

                                                                                                                    den 18ten May 1823.

 

Noch an eben demselben hohen Tage. –

„Wer Ohr hat der höre, was der Geist durch Johannes zu den Gemeinden spricht. „Den Überwinder will ich

genießen laßen von dem Lebensholze, der in meines Gottes Paradiese steth. Sey treu bis in den Tod, und

ich will Dir die Krone des Lebens geben.! Dem Überwinder soll der zweite Tod nicht wehe thun. –

 

Dem Überwinder will ich von dem verborgenen Manna geben, und einen weißen Stein, und auf dem Steine

einen neuen Nahmen geschrieben, den niemand kennt als der Empfänger.

 

Wer überwindet und an meinen Werken bis ans End festhalt, dem will ich Macht geben über die Völker; und

mit eisernem Zepter soll er sie regieren, und wie Töpfergeschirr sie zerschmeißen, wie auch ich Macht empfing

von meinem Vater; und den Morgenstern will ich ihm geben.

 

Wer überwindet soll mit weißen Kleidern geschmückt werden, sie sollen mit mir wandeln weil sie es wehrt

sind. Nie werde ich ihre Namen aus dem Buch des Lebens löschen, vor meinem Vater und seinen Engeln

werde ich ihre Namen bekennen.

 

Wer überwindet, will ich zum Pfeiler in meines Gottes Tempel machen, daraus er nimmer weichen soll. – Ja

schreiben will ich auf ihn den Namen meines Gottes und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen

Jerusalems, das vom Himmel niederkommt, von meinem Gott & meinem eignen neuen Namen.

 

Wer überwindet dem will ich gestatten sich neben mich auf meinen Thron zu setzen; so wie auch ich

überwand und neben meinen Vater auf seinen Thron mich sezte“. Amen.

 

In wie viel tausend Gestalten, muß ich |:O! mein Gott!:| mein Nichts noch kennen Lernen ? Es ist keine Kraft

zum Widerstand in mir, es toben die Zerstreuungen, es siegt meine Schwäche! –

 

Kome ich zur Seidler sehe ich sie in ihrer Arbeit immer so beteutend vorgerückt. – So ganz im Geiste des

lebendigen Ausdrucks sind ihre schönen Köpfe, und alles im harmonischen Einklang mit dem Sinne der Vorstellung.

Klein zeichnete sie ihre Figuren auf, so auch die Köpfchen wenn sie eines anwendbar fand; und nach diesen führte

sie es ins Große aus, und es gelang. – . –

 

Die festliche Abendgesellschaft bey Herrn von Redens15 war schön. Aber ich plauderte zu viel, ich sezte meinem

sinnlichfrohem Vergnügen keine Schranken. Ich tachte weder an Gott noch an meine Kunst. Mich selbst liebend

vergaß ich andere zu lieben. =

 

Ich muß mich ein andermal in Acht nehmen daß wenn ich zu einem Carton von der Sckitze Quaterate ziehen will,

ich die Gesichtslänge zum Maßstab nehme und nicht den Ganzen Kopf. =

 

Es hat mich die Thätigkeit der Seidler zur Nachahmung begeistert, und nachahmend war ich glücklich, aber bald

vergeße ich das rasche Zeitbenützen, sehe ich sie nur ein oder 2 Tage nicht! Wie wird es erst seyn wenn die

Produckte ihres Fleißes und Verstandes mich nicht mehr auferbauen können und sie mit all ihrer Liebenswürdigkeit

und Aufmunterung verschwunden seyn wird!! –

 

Der liebe Gott hat sie mir als Freundin gegeben, und ihr Beyspiel erfreute mich. So, läst Du O Gott, die Lilie

blühen & vergehn, aber die Einladung zur reinen Liebe & Keuscheit mit der sie uns den Willen des ewigen

Vaters verkündet müßen wir  festhalten, über alle Herbe der abwechselnden Zeiten. Und so erinnere mich

Engel zu meiner Rechten! daß vor meinen Ohren deine Ermahnungen niemals verstummen! =

 

Wenn Du die Ankündigung des ewigen Krieges nicht herzhaft besiegen willst und noch ehe die Schlacht begonnen

nicht gepanzert entgegentritst, so wird sie ohne Frucht seyn die kindliche Beicht die ich heute abgelegt habe. Der

fromme Priester rieth mir ruhige Ortnung in meinen Geschäften; aber ohne Stillstand in immerwehrender Thätigkeit.

Vertrauen! – Mit Ritterlichem Kampfe, mit Fleiß & Ausdaur, mit einer unwandelbaren Liebe zu Gott & dem

Nächsten und mit frommem Gebethe & treu gehaltenen Gelübte; kann man durch Gottes Gnade Wunder wirken.

 

Deß Morgens soll mein Erstes Geschäft seyn schnell aufzustehn und knieend zu Gott Vater zu bethen. – Und ich

will mit Gott die Herrschaft meiner Schwäche vertilgen! – Amen den 13ten Juni 1823.

 

=

 

Wenn auch noch so schön der Untergang der Sonne jedem fühlenden Herzen deine Größe verkindet, aber mich

kalt und verworren laßt – Vater! Du bist mir dennoch nahe, und ich will mit Gedult jenne selige Stunde erwarten,

wo Du mir deine Liebe Offenbaren wirst und mit ihr die stille Gabe spendest womit ein Menschenherz das Gefühl

seines ewigen Daseyns empfindet, den was trennt der Tod! er trennt nichts, er führt mich nur zu der

unvergänglichen Seligkeit und dem stillen Frieden nach dem meine Seele schmachtet.

 

Doch auch hierunten fühl ich mich nicht verweiset, und je länger je mehr werde ich deine Nähe empfinden, wenn

ich tapfer das Irrdische dem Ewigen Opfere. = den 14ten

Ellenrieder_Marie_009.jpg 

Alle Tage eine Stunde Italienisch, und alle Tag, wen auch nur Weniges, gelesen. Mittwoch & Sonntag

geschrieben, die Arbeit jeden Tag vornehmen und festsetzen. und das Eine gleich nach dem Andern.

 

                                                                    =

 

                                                Zu meinem Bilde der Madonna.

 

Heilige Maria, Mutter unsers Erlösers! Du kennst die Triebsalen dieser Welt. Du kennst die Schwäche meines

traurenden Herzens. Steige hernieder mir zu Hilfe zu kommen, und laße den Seegen des göttlichen Kindes auf

meinem Geiste ruhn; Schenke mir Augenblicke die unendliche Gottheit der ewigen Liebe zu empfinden.

Höchste Mutter, im Staube gebückt schaue ich flehend deinem Schutze entgegen. Eine Sphäre von dem tuftigen

All umgebe mich, daß keine irrdische Sorge mir nahe, und so will ich nun das Tagwerk beginnen, das mir

aufgetragen ist, im Namen des Vaters des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

 

                                                                    =

 

Wenn aus ungemeßenen Höhen Vater! Dein Licht mir Frieden in mein Zimmer gießt; fühl ich vom Erdendruck

mich entfeßelt, und wohl, unaussprechlich wohl ist mir.

 

Auf Gott vertrauend fühl ich dan Kraft zu was Entschloßenheit in einer guten Stunde mich lehrte; sie festzuhalten

ist heilige Pflicht, daß Gottes Ehre durch Ausharrung vergößert werde. =

 

Wenn ich meiner frommen Mutter gedenke jubelt meine Seele, die Du O Gott in eine kleine sterbliche Hülle

gekleidet unter ihr Herz legtest. Sie verwahrte das anvertraute Kleinod mit Sorgfalt, und nachdem sie mich

gebahr lehrte sie mich Deine Liebe kennen: Freylich befleckte ich meine Seele auf die manigfachste Weise,

aber durch Deine Erbarmungen hast Du sie gereinigt zurück erhalten: und es ist Dir nun wieder gegeben, das

Herz daß meine Mutter Dir zu schenken mir oft geboth. Laße den Seegen ihrer guten Ermahnungen auf der

Krone ihrer ewigen Seligkeit ruhn! =

 

Nehme dich in Acht, daß du bey deinen Handlungen die Meinungen der Menschen nicht achtest, oder in

ihrem Lobe ein verschönertes Ich erwartest. – O! ganz anders sind dann deine Ansichten, und mit immer

lichterm Auge schauscht du die Nichtigkeit des zeitlichen Krimpels. – Wer ist mehr in Hochachtung verschmolzen,

als ich! für ein paar meiner Freunde, ehe ich ihre Eitelkeit entdeckte; – Mehrere Jahre vergiengen so in Verehrung,

mit Hintansetzung der allgemeinen Menschenliebe, welche der Sender der Sonne |:über Gute & Böse:| unsern

Herzen so nachdrücklich empfielt. =

 

Vater! Gieb mir Deine Liebe, ohne Liebe gleich ich dem Grashalme nicht, der buntbesäht mit Diamanten im

Glanze der Morgensonne Gottes Gegenwart verkindet, und jedem Wanderer der vorüberzieth freundlich

zulächelt. =

 

Im Gewirre von Dingen, von äußerlichen Eindrücken, unter den Lasten von eitlen Sorgen, die von meinem

schwachen Herzen festgehalten zu unabsehbaren Martergruben sich bildeden, fühlte mein Geist sich hingezogen

zum Staube. In Staub gehüllt sieth sein Auge nun nicht mehr die Göttlichkeit seiner Gestalt – dem Thaue

unempfänglich lebte er verworren ohne Zweck & Berufstreue – Stunden eilten gleich tötenden Pfeilen in seine

Tiefe, dem Tode hingegeben verglümte allmählich das Fünklein des Lebens, daß so friedlich an der Hand Gottes

geleitet, die Weege des Schicksals gehen könnte. Ach winde dich heraus aus dem Staube, schaue wie alles um

dich her im thauigen Grase glänzt. Überall ist Seegen, überall verkindet die Natur, Gottes Weisheit & Liebe.

 

Nur meine Seele ist unthätig und meine Hände lege ich in meinen Schooß.

 

                                                                                    =

 

Villa Massimma, ausgemahlt von Overbeck,16 Veit,17 Schnorr.18 Hier erbaut das rühmlichste Streben, die

Seele zu großen erhabenen Gedanken, zu Gedanken die keine Sinnlichkeit kennen, zu Empfindungen die mit

der Gottheit vertraut das Beste, das Höchste nur lieben & ergreifen wollen. =

 

Es ist nothwendig, daß ich den Faltenwurff beßer Studiere, oder vielmehr die Falten selbst in ihrer Eigenschaft,

daß sie so recht ineinander vermodelliert werden. =

 

Vater! Du spendest die Ruhe im Ringen und Streben,

Aber Ringen & Streben verzehrt mir das Leben,

Wenn Du nicht nahe, nicht über mir bist,

Und nicht mein Alles ergeben Dir ist.

 

                                                                                    =

 

Nun sind sie vorüber die Tage der Schwärmerzeit. Meine Freundin Seidler ist fort. Rühmliche Erinnerungen ihres

Fleißes leben in meinem Gedächtniße; und freudig bleibt mir der Gedanke daß ich noch oft mit ihr war ehe die

harte Stunde des Abschieds verglang. Es war um die 3te Stunde nach Mittag!19 Segen möge ihr diese Stunde

auf alle Zukunft bringen; wir fuhren über den 3faltigkeits Berg, Gott, möge sie beschützen, sie segnen, ihr

thausentfältig vergelten was sie mir gethan!

 

Eine Reine kühlende Luft, und ein freundlicher Weeg über Aquacetosa führte uns nach dem Geleite wieder nach

der heiligen Stadt. Da gab man gerade unter sanften harmonischen Tönen in der Chiesa di popolo mit dem

Allerheiligsten den Seegen. Gott sey Dank!!! =

 

Es giebt Vorfälle im Leben, die uns von dem gewöhnlichen Treiben abrufen. Und ich glaube nicht daß diese

Dinge gegen den Willen Gottes sind, er sagt ja selbst, weine mit den Traurenden und freue dich mit den

Fröhlichen. Aber dann, wenn die Zeit der Ausübung gekehrt ist, dann ergreife muthvoll & mit Ausdaur

die Arbeiten deines Tagwerks. = den 26ten Juni 1823. =

 

                                                                            =

 

Ich habe sie thätig begonnen, aber nicht priffend genug. – Ich strebe bey den Studien zu wenig nach

Überzeugung, und bey dem Original vergeße ich daß es gemüthlich & mit Empfindung behandelt werden

sollte. =

 

Ein sonderbarer Tag war der heutige! Ich fieng ihn gut an, mein Herz schien Liebe zu athmen an die Arbeit

freute es mich, und es gelang mir über meine Erwartung. Aber kaum hatte ich glücklich vollendet und die

höchste Gnade des Himmels genoßen; erzürnte ich mich über eine kl Widerwertigkeit auf die empfindlichste

Weise. –  Da – verließ mich der Seegen deß Himmels, den nichts geschah mehr an diesem Tage von Erfolg,

wohl aber zum bereuen genug Ursache. – Ich war zerstreut, ohne Beschäftigung & so wurde ich diesen

Abend von 2en Freunden überrascht. Ich schwazte dummes Zeug, nahm gar nicht an, das ordentliche stille

Jungfreuliche, welches unserm Geschlecht so wohl ansteth, und für deßen Anstand wir uns immer beeifern

sollten; ohne streng zu seyn.

 

Ich sorgte auch nicht für die Arbeiten des künftigen Tages. =

 

Und weil ich nicht sorgte, so geschah auch nicht Alles zur gehörigen Zeit. =

 

Und wer in diesem Augenblick das nicht ist, was er seyn soll, wird es auch im andern nicht seyn. Diese

traurige Erfahrung machte ich Gestern & Heute mit der Aufopferung meiner Gewißensruh. Den – verbannt

ist die Ruhe aus meinem Herzen das freywillig sindigt. = den 12ten Julli. =

 

Es gieng mir immer so schlecht mit dem Studium zum Kopfe des hl Johannes, immer war oben der Kopf zu

sehr verdrückt, da sagte mir Thorwalzen20 es wäre nur eine kleine Ansicht von der andern Seite nöthig, so

werde mir der Kopf dan meine erwünschte Wendung erhalten. Er gewann nicht nur an Zeichnung, sondern

auch an Ausdruck. =

 

1823.

Wunder der Nacht!

Glanz der Sterne!

Blüthenduft der Orangen!

Liebliche Kühle!

Süße Stille!

O wer beschreibt, die Erbarmungen der Liebe!

Es strömten alle Seligkeiten im Einglange der bedeutvollen nahen Gottheit, aber nicht ohne Schwehrmuth fühlt der

Geist, die Bande der sterblichen Hülle!

Auf meiner li Loggia im Mayen. Roma! St Roma

 

Wundersamme Wege führst Du o Gott! deine Kinder; ach, daß ich nie einen Seitenblik  machte, wie

glücklich wäre ich! – Wäre ich nicht zu weit von der wahren Demuth entfernt, würden 1000 Dinge mich

weniger beunruhigen!

 

Sinnlichkeit & Stolz verbannt die Kindschaft = Gottes weit von dem Herzen: aber der heilige Gehorsamm

läßt sie wieder erlangen: und in der Hülle der Erbarmungen seiner ewigen Liebe, hat meine erfreute Seele

diese beseligende Erfahrung gemacht. – Gott sei Dank!

 

                                                                den 4ten August 1823.

 

Schinzens Geburtstag den 16ten Apprill.

Seidlers Geburtstag den 15ten May.

 

 

1 Rosgartenmuseum Konstanz. Leihgabe Eglau. Transkription: Christoph Michel, Freiburg i. Br. 1993. Das ca. 11 x 17 cm große Büchlein trägt außen einen aufgeklebten und von der Künstlerin beschrifteten Zettel »3tes Buch, Nun eigentlich ein Tagebuch«. Kurze Auszüge aus diesem Tagebuch hat Christoph Michel im Jahre 2000 publiziert.

2 Die Station der Fahrenden Post befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft des Wohnhauses der Familie Ellenrieder im Gasthaus »Zum Goldenen Adler« an der unteren Marktstätte. Betreiber der Posthalterei war damals Ferdinand Mayer d. J. (1785-1831), der mit der Familie Ellenrieder gut bekannt gewesen zu sein scheint, denn er wird bei der Hochzeit der Schwester der Künstlerin mit Johann Hutter am 6. November 1813 im Standesbuch der Münsterpfarrei als Trauzeuge genannt. Die Reiseroute von Konstanz nach Rom lässt sich wie folgt rekonstruieren:

 

 

Konstanz ab Montag den 7. Oktober 1822 um 4 Uhr morgens mit der Kutsche nach Staad und mit dem Schiff nach Meersburg. Weiter mit der Postkutsche nach Lindau. 17 Uhr Weiterfahrt mit dem Schiff nach Fußach (Postkurs der Fußacher Messagerie Lindau-Chur-Mailand); Ankunft in Fußach gegen 20 Uhr

Fußach ab Dienstag den 8. Oktober um 6 Uhr morgens mit der Postkutsche

über Hohenems nach Feldkirch; Ankunft 11 Uhr

Feldkirch ab Dienstag den 8. Oktober nachmittags 14 Uhr mit der

Postkutsche über Balzers, Maienfeld, Zizers nach Chur; Ankunft Mittwoch früh 1 Uhr

Chur ab Mittwoch den 9. Oktober nach dem Besuch der Kathedrale

und nach dem Eintreffen weiterer Reisegäste aus Zürich (Anschluss an die Postroute Zürich-Chur) um 12 Uhr mit

Saumpferden weiter nach Thusis, dort Ankunft um 16 Uhr

Thusis ab Mittwoch den 9. Oktober um 18 Uhr weiter mit

Saumpferden nach Andeer, Splügen-Dorf, dort Ankunft am Donnerstag den 10. Oktober um 4 Uhr morgens, um 6 Uhr weiter nach Splügen-Berg mit dem Zollamt auf der Passhöhe des Splügenpasses (Via Spluga) und weiter nach Chiavenna (Ankunft bei Nacht)

Chiavenna ab Freitag den 11. Oktober um 6 Uhr morgens mit der Postkutsche

nach Riva und dann mit dem Schiff tagsüber und nachts auf dem Comer See bis Como (Ankunft gegen Mitternacht)

Como ab Samstag den 12. Oktober um 6:30 Uhr morgens mit der Postkutsche

weiter über Piode, Barlassina nach Mailand

Mailand an Samstag den 12. Oktober gegen Mittag

 

Einige Tage Reiseunterbrechung in Mailand 

 

Mailand ab Donnerstag den 17. Oktober

mit der Postkutsche auf der Via Emilia über Melegnano und Lodi nach Castel Pusterlengo (Casalpusterlengo)

Casalpusterlengo ab Freitag den 18. Oktober

mit der Postkutsche über Piacenza, Fiorenzuola nach Borgo San Tonino (Dominico?)

Parma (Borgo di San Tonino) ab Samstag den 19. Oktober

mit der Postkutsche über Castel Guelfo, Parma, Sant’Ilario, Reggio nell’Emilia und Rubiera nach Modena

Modena ab Sonntag den 20. Oktober

mit der Postkutsche über La Samoggia nach Bologna (Ankunft abends)

Bologna ab Montag den 21. Oktober

mit der Postkutsche über Pianoro, Loiano und Filigare nach Covigliaio

Covigliaio ab Dienstag den 22. Oktober

mit der Postkutsche über Monte Carello (Montecarelli), Casagliolo (Casa Loli) und Fonte buona (Fontebuona) nach Florenz

Florenz ab Mittwoch den 23. Oktober

mit der Postkutsche über San Cassiano und Tevernelle nach Poggibonsi (von 11 bis abends 8 wurde nie gehalten)

Poggibonsi ab Donnerstag den 24. Oktober

mit der Postkutsche über Castiglioncello nach Siena (gegen 10 Uhr morgens kamen wir da an, anschließend ein kleiner Aufenthalt)

Siena ab Freitag den 25. Oktober

mit der Postkutsche über Montarona nach Buonconvento

(über Nacht blieben wir in Buonconvento)

Buonconvento ab Samstag den 26. Oktober

mit der Postkutsche nach Radicofani. Nach dem Besuch der Frühmesse (5 Uhr morgens) weiter über Centeno (Grenze zum Kirchenstaat), Aquapendente und San Lorenzo Nuovo nach Bolsena

Bolsena ab Sonntag den 27. Oktober

mit der Postkutsche über Montefiascone, (auf den Mittag waren wir in) Viterbo, Montagna nach Ronciglione

 

Ronciglione ab Montag den 28. Oktober

mit der Postkutsche über Monterosi, Baccano und La Storta nach Rom

Rom an Montag den 29. Oktober abends

 

3 Nepomuk Zwerger (1796-1868), Bildhauer aus Donaueschingen mit dem Marie Ellen­rieder nach Italien reiste. Nach einer Bemerkung im 6. Tagebuch wurde die Künstlerin zudem noch von dem Bildhauer Heinrich Keller (1771-1832) nach Rom begleitet.

4 Bianca Milesi (1790-1848), Schriftstellerin und Malerin aus Mailand, die zusammen mit der Karlsruher Künstlerin Sophie Reinhard in Rom, Neapel und Ischia lebte (vergl. Katrin Seibert, Rom besuchen. Italienreisen deutscher Künstlerinnen zwischen 1750 und 1850, München 2009, Bd. I, S. 82 und 240). Sophie Reinhard (1775-1844) war wie Marie Ellenrieder Großherzoglich Badische Hofmalerin.

5 Katharina von Predl (1790-1871), befreundete Malerin. Beide wohnten und arbeiteten gemeinsam im Haus Nr. 4 an der Piazza di Spagna.

6 Vincenzo Camuccini (1771-1844), Präsident der Accademia di San Luca.

7 Johann Gotthard von Reinhold (1771-1838), niederländischer Gesandter in Rom.

8 Franz Ludwig Catel (1778-1856), Maler.

9 Nach dem Fresko Raphaels »Schule von Athen«, das er von 1510 bis 1511 in der Stanza della Segnatura des Vatikans für Papst Julius II. malte.

10 Gebrüder Franz und Johannes Riepenhausen, Maler und Kupferstecher aus Göttingen.

11 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 329.

12 Johann Friedrich Dieterich (1787-1846), Maler aus Biberach, Mitglied des von Schnorr gestifteten Komponiervereins.

13 Louise Seidler (1786-1866), befreundete Malerin aus Jena.

14 Johann Caspar Schinz (1798-1832), Maler aus Zürich.

15 Baron Franz Ludwig Wilhelm von Reden (1754-1831), Gesandter des Königreichs Hannover in Rom.

16 Johann Friedrich Overbeck (1790-1854), malte gemeinsam mit Philipp Veit, Julius Schnorr von Carolsfeld, Peter von Cornelius, Joseph von Führich, Joseph Anton Koch und anderen die Fresken im Casino Massimo (vergleiche Stefano Susino, Die Fresken des Casino Massimo in Rom, in: Klaus Gallwitz (Hrsg.), Die Nazarener in Rom. Ein deutscher Künstlerbund der Romantik, Ausst.-Kat. Galleria Nazionale d'Arte Moderna, Rom 1981, S. 288 ff.).

17 Philipp Veit (1793-1877), Maler aus Berlin.

18 Julius Schnorr von Carolsfeld (1794-1872), Maler aus Leipzig.

19 26. Juni 1823.

20 Bertel Thorvaldsen (1770-1844), dänischer Bildhauer.

 

 

Viertes Buch1

 

Gebet am Kommuniontag, immer Bitte um offene Augen. »Bedenke mich daß ich die Welt nicht achtend im Verborgenen meinen Weg vorwärts gehe. Gieb dem Geist Mut und dem Körper die nötige Gesundheit. Alles Gute kommt von Dir. Aus Dir quillt die Erkenntnis mit Dir muß ich also suchen wenn ich finden will. Du öffnest die Augen wenn ich prüfend die Wunder Deiner Schöpfung beobachte. Verborgen im Schatten des Todes liegen alle guten Eigenschaften, wenn sie nicht von Deinem Lichte gesonnt und entfaltet werden. –« Sie findet ihre Freundin tugendhafter als sie selbst ist.

 

8. November2 1823

 

Gebet zum hl. Johannes dem Täufer während der Arbeit. »Heiliger Johannes Du tauftest und legtest Zeugnis ab von dem der da in seiner Göttlichkeit zu kommen begann. Als Kind schon lag Dir das Zeichen des prophetischen Geistes auf dem Gesichte. Bitte im Namen Jesu für mich, daß ich empfinde die erhabene Größe Deines Berufes. Die Ausführung des Bildes fällt mir schwer besonders die Hand. Der Daumen hat gar keine Daumengestalt, die Finger waren zu groß und der andere Teil zu klein. Als ich an dieser Hand fortsetzte, sah ich doch ein, daß ich mit Röthel die Mezzitinte besser herausbringen könnte und als ich die Zeichnung und die Maaße vollendet hatte vollendete ich es ganz in der Nähe ohne Brille; und es war gut so. Noch besser würde ich es gemacht haben, wenn ich nicht bei jedem Theil weniger fleißig geworden wäre, als ich es beim ersten war, die Saumseligkeit will sich auf allen Wegen meiner bemächtigen.«

 

Sonntag 14. September.

 

»Diese Woche war ich ziemlich fleißig, ich war an der Arbeit von Morgen bis Abend, aber vernachlässigte auch deswegen alles übrige. Fromme und heilige Gefühle durchdrangen mich heute in der Rotonda, und das schöne Bild von Begas3 forderte mich zu allem Guten auf. Wenig nachsichtig betrachtete ich das andere Bild, mein Vorurteil verscheuchte jeden frommen Eindruck und im Laufe dieses Tages bemächtigte sich meiner ein schwermutsvolles Gefühl. Habe ich in meinem Urteile Unrecht getan, oder ist an meinem Trübsinn die Untätigkeit schuld? O mein Gott leite Du meine Schritte und mein Auge richte sich stets gegen Dich, daß ich nicht unbewußt abgleite auf dem Weg dahin wo meine müde Natur wankend sich neigt.

 

Es wurde mir an dem Carton meiner Madonna doch so mancher Fehler gesagt, die ich gar nicht sah ......... Ich hatte ein Auge zu tief an der Stirn, der Scheitel auf der Stirn ging hineinwärts die Achsel machte ich immer zu breit, die Brust zu derb, ans Gewand zu viele überflüßige Falten etc.4 Beim kleinen Johannes5 mußte ich die dunkle Lockenpartie heller machen, daß der Kopf die gehörige Form erhielt. Als ich heute bei Cammicini6 seine Zeichnungen nach Raffael, Michelangelo und Guido Reni sah, wurde ich recht auferbaut und seine schönen reichen Compositionen waren ebenfalls sehr ergreifend, auch die Kleineren worunter mir vorzüglich drei gefielen. Die Madonna mit dem Kind, Petrus und Paulus, in der Mitte eine Gruppe Engelchen die eine Musik anstimmen und auf der Seite eine bittende Fromme ... – Der Tod Tassos und der Christus aus der Kirche della Minerva dem das Volk die Füße küsst. Es war ein glücklicher Morgen nachdem wir noch bei St. Carlo die letzte Messe anhörten und bei unserer Zurückkunft bei Hause die Nachricht erfuhren, daß der Kirche wieder ein heiliger Vater geschenkt sei.7 Und wie dieser Tag begann, so endete er auch. Wir sahen den Pabst im Zuge hinaus, wir sahen ihn aus der Capella Sixtina in die Kirche getragen, vor dem Hochaltar sitzend, wo er alle Cardinäle liebend umarmte und nachdem er auch den Segen dem Volk erteilt, wieder freundlich aus der Kirche gehen, und jedes Mal nur auf ein paar Schritte entfernt, ich weiß selbst nicht wie wir zu diesem Glück vor der ganzen Volksmenge kamen. Wir scheuten aber keine Gefahr und vorne an kann einem am wenigsten geschehen. Mich freuten auch die Kanonenschüsse die von der Engelsburg über unsere Köpfe hindonnerten.«

 

28. September Sonntag, am Vorabend vor Michael.

(Gebet um Kraft und Selbstbeherrschung)

 

„So oft ich das Bild von Begas8 sah ging ich gebessert davon hinweg, warum genierte ich mich aber in meinem Innern allein hinzugehen, was auch jedes Mal der Fall ist wenn ich Herren besuche. Es liegt gewiß ein Fehler zu Grunde, entweder ist es gegen die Absicht Gottes oder ich bin nicht rein und selbstvergessend genug. Ich meine das letztere denn ich war eitel in meinem Betragen.”

 

23. Oktober. »Heute speiste Kästner9 bei mir, schöne Blumen brachte er mir mit, diese zierten unsere kleine Tafel so niedlich. Es war mir ein wahres Fest, in seinem Umgange könnte man viel Gutes lernen.«

 

29. Oktober 23. »Heute ist es ein Jahr, daß ich nach Rom gekommen bin. Sei mir also gegrüßt du himmlischer Tag. Ich danke o Gott für Deine Wohltaten. Preisend erhöhe meine Seele Dich, ich mag reden oder schweigen. Gieb mir Gnade daß ich Deinen Ruhm und Deine Größe und Deine Liebe werktätig verkünde.

 

Es ist die Geschichte meines Herzens nichts anderes als wie die Geschichte des israelitischen Volkes. Sie hingen an ihrem Gott, aber ihre Anhänglichkeit war von keiner Dauer, und so bin ich. Habe ich Ihm in Liebe und Treue gedient und in Seinem Besitze Himmelsseligkeit genossen, so verließ ich doch jedes Mal den frommen kindlichen Pfad. Herr mach mich Deinem Willen gleich.

 

Stets bewies ich auch meine Unbeständigkeit in dem Vorsatz des Morgens früh zu sein. Hätte ich meiner inneren leisen Stimme gefolgt längst schon hätte ich in den dunkeln Frühstunden mir manches Nützliche ausgedacht.

 

Es ließe sich allenfalls auch ein Bild oder ein Carton durch einen aufgespannten schwarzen Flor – in der nämlichen Größe durchzeichnen mit weißer Kreide, so pflegten es die Römer teilweise zu machen. Wer löst mir das Rätsel wie ich mich gegen meine Freunde benehmen soll. Wer reinigt mich von der geheimen Selbstliebe?

 

Heute als dem 12. November war der liebenswürdige Kronprinz von Bayern10 da, er traf aber weder die Predl11 noch mich, er ließ sich indes doch aufschließen und ging alle Arbeiten durch und mit dem freundlichsten Gruß wer dagewesen war. Am 17. speisten wir bei ihm.

 

Es scheint o Gott Du wollest mich wieder etwas Neues lehren. Unterdrücke eine mir eingewurzelte Sünde, die ich noch niemals recht erkannte. Ja sie ist eine Sünde, die die Liebe und Nachsicht tief berührt. Es ist wohl wahr daß der Mensch Ursache hat über sich zu weinen. Ach und daß ich jezt weinen könnte wie wohl würde es mir vieleicht. Ein Freudentag schien mir der heutige zu werden; sehnsuchtsvoll verlange ich schon lange nach ihm. Ich war getröstet und erquickt, als er nahe war, und nun ist es mir peinlich, weil die Gerechtigkeit Gottes mich heimsuchte, mit einer Sünde begann ich den Morgen und alle meine Vorsätze vernichtete ich ohne Furcht vor dem allsehenden Auge Gottes. Ich erhob mich über andere in stolzen Gedanken und Worten. Mittlerweile war ich geringer und schlechter als ich mir nie einen Menschen dachte, so tief fällt der Mensch der die Liebe Gottes in ihrer Auszeichnung genießt und sie undankbar verkennt. Und was noch schlimmer ist vermessentlich jeder Aufopferung ausweicht. 8 Wochen verbrauchte ich nun zu der Copie der Prinzessin von Montfort,12 ich war fleißig und unverdrossen. Das gelbe Kleid hat sich vortrefflich malen lassen. Mit dem schönen hellgelb gebrochenen mit hell ocker und im Schatten mit Terra di Siena auch schwarz darunter wo es nötig war. Dann lasiert mit gelbem Lack und Licht im Schatten mit grünem Lack, in der tiefsten Falte helles Braun. Den Schleier malte ich darüber ganz hell, erst später machte ich 1823 dann die Schatten in die Falten hinein. Entsagung – Tätigkeit – Erfüllung – – – – So soll ich täglich neu mein christliches Sein als einen Kampfplatz betrachten.«

 

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»Nach einer Arbeit von so vielen Wochen fordert der Geist und der Körper Ruhe, und er sucht und will sich wieder neue Kräfte sammeln und ich will seinem Begehren willfahren, will mich sonnen am großen Lichte der großen Geister der Vorzeit, will auch der Natur in ihren Erscheinungen in Ruhe und prüfend begegnen. Dies soll mir eine köstliche Woche abgeben. – –

 

Aber – versündigte ich mich nicht in diesem Augenblick? daß ich gerade so sage ich will dies oder jenes thun? Ach vergieb mir Vater, ich sagte es im Glück Deiner Liebe und weil ich nichts arges dabei im Sinne hatte so glaubte ich nicht zu fehlen. Ich fehlte aber doch, denn mir mangelt stets die Furcht Gottes. Eine Tugend die den frommen Christen durchglühen sollte. Wenn es Dein Wille ist, also, so vergehe mir diese Woche zu meiner Erholung. Auch komme mir zu Hilfe wenn ich Buße thun möchte und stärke meine Seele mit dem Brode des Himmels. Amen.«

 

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»Es war mir vergönnt. Dieser erste Tag meiner Ruhewochen und ich glaube auch nicht ohne Nutzen, ich zeichnete das schöne Altarblatt Guido Reni, schöner kann man die heilige Dreifaltigkeit nicht vorgestellt sehen. Ich sah auch ein paar andere schöne Kirchen und steigte über alle Plätze und durch mir fremde Straßen in aller Gemächlichkeit. Um 2 Uhr kehre ich erst nach Hause; dann wirtschaftete ich, und hatte eine Wäsche und nähte Kopf über Hals, – aber leider führte ich jenes was ich mir aufschrieb nicht aus, was ich bereuen darf. Dann machte ich eine angenehme Bekanntschaft mit Spenze,13 der uns besuchte. Auch ist es merkwürdig was mir am Morgen mit Klink14 begegnete. Und nun will ich noch versuchen ein paar Sächelchen aufzuzeichnen, die mir auffielen.

 

Am 2. Tag geschah schon wieder weniger, ich machte ausser drei Aufzeichnungen nichts, als noch einen Besuch bei einem Künstler bei Remy,15 wo ich aber zum einem Erstaunen eine wunderschöne Zeichnung sah. Rachel mit Jakob am Brunnen. Und der Besuch bei der Fürstin nahm mir auch Zeit, aber es war eine schuldige Artigkeit. Dann richtete ich meinen Winterhut wieder vortrefflich her, und vergaß alle Kunst-Ideen.

 

Aber heute am 26. hielt ich das Fest meines Vaters; und wo konnte man wohl festlichere Tage durchleben als in der Peterskirche im Vatikan; mein frommer Beichtvater entsündigte mich auf mein Versprechen meine Vorsätze zu halten. Ich dachte viel, ja immer an meinen lieben Vater, auch meiner frommen Mutter selig gedachte ich, und freute mich und dankte für mein Leben, ich weinte und war glücklich. So verstrich mir der Morgen; dann ging ich zu meinen freundlichen Wirtsleuten, dann zum Kaffee, dann in der Sacristia wo die schönen Fresken von Mantegna sind und zeichnete mir eine; dann gings in die Logen und Stanzen Raffaels, da wollte ich auch wieder zeichnen, aber da ich schon lange nicht mehr da war ließ ich mich ganz dem Genuß der Beschauung über; majestätisch ging die Sonne unter, und es formiert sich gegen dem Gebirge wie ein goldener Tempel vor den geröteten Wolken, in der Form wie die Engelsburg. – – – O möchte der Tag wieder so freundlich wiederkehren wie er verschwand, im Besitze meines Vaters. Nun will ich ein paar artige Gruppen zu zeichnen versuchen, die ich sah.« – – –

 

»Auch dieser Tag ging mir ziemlich anwendbar vorüber, ich malte mehrere Sachen in meinem Skizzenbuch, und machte ein paar Komissionen und einen unangenehmen aber notwendigen Besuch, wir kamen spät nach Hause, es hatte Nebel, ich war zwar sehr gut angezogen, aber ich fühlte nach meiner nach Hauskunft eine Alteration. Vielleicht habe ich wieder mit zu viel Theilnahme gesprochen, denn von Herzen ging es doch nicht; es ist mir sehr notwendig alles was vorgeht gleichgültig zu betrachten, ich mag gefallen oder nicht, wenn ich dabei nur meine Christenpflicht beobachtet habe.« – – –

 

»Diesen Tag war ich wirklich ganz krank. Zu nichts war ich aufgelegt und immer kam mir der traurige Gedanke von der Abreise meiner geliebten Freundin, aber es geschieht ja nichts gegen den Willen Gottes; warum soll ich also Schwermuth nähren und mir dadurch Schaden thun. Also Herr Dein Wille geschehe! Schon oft habe ich die Bemerkung gemacht, daß ich auf Nebendinge zu viele Zeit verwende; ja wahrhaftig ich wirtschaftete nicht gut mit meinen anvertrauten Gaben.

 

Die Predl greift alles mit mehr Eifer an und setzt es auch ebenso fort ohne dabei stehen zu bleiben. – – – Und meine guten Vorsätze setze ich immer beiseite. Und jene Tage, wo ich am Abend zuvor meine Arbeiten aufschrieb und sie vollführte waren immer gute Tage, und vorzüglich wenn ich des Morgens sehr früh war. – – Heute war mir freilich noch nicht wohl, da machte ich mir ein Paar Hosen von Flanell, und die sind vortrefflich warm.« – – – –

 

»Meine zweitägige Uebelkeit soll mir nun eine Warnung sein mich ja niemals aus Eitelkeit leichter zu kleiden als es die Jahreszeit erfordert; auch nicht über unerwartete unangenehme Dinge unmäßig und auf Eigennutz bedächtig zu kränken. Und gottesfürchtig muß ich vor dem Herrn wandeln wie meine Freundin. So verstrich mir nun die Ruhewoche nicht ganz zu meiner Befriedigung, sie sei indes doch als solche beschlossen.«

 

 

29. November 1823.

 

»Heute als am 1. Dezember kam nun Schinz16 mit seiner wunderschönen Zeichnung von Tobias und er wollte auch die meinige sehen, aber ich hatte nichts aufzuweisen. Ich war träge. Die Predl im Gegenteil machte Vorkehrungen auf den Montag und entwarf mein Portrait recht gut. Dann weinte ich und ärgerte mich über eine kleine Widerwärtigkeit, anstatt ich diese von Gott gesandte Versuchung überwand. Die Predl wandelt vor dem Herrn, ich neige mein Haupt zur Erde. Ich wende meinen Blick hinweg und meine Gedanken erinnern mich nicht daran.

 

Deine Prüfungen o Herr sind zwar sehr gelinde aber dennoch zertrübe ich unter ihnen.«

 

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»Heute fing ich nun wieder an meiner Madonna an. Ich machte die Cherubin, doch vorerst in Carton. Und diesen Abend plagte ich mich recht mit der Skizze von Tobias. Ich sah in Schinzens so viel ausgezeichnet verdienstvolles, daß ich wieder einmal recht deutlich einsehen konnte wie wenig stark im Zeichnen und Auffassen ich bin.«

 

2. Dezember 1823.

 

»Heute zeichnete ich nach Fiesole in der Galerie v. Card. Fesch, ich fand es nützlich nach diesem Maler zu zeichnen und wie sind die Köpfe mit wunderbarer Wahrheit gemalt, vorzüglich die Augen, man glaubt durch diese die Seele zu schauen.

 

Die Bemerkung von Schinz gefällt mir, nämlich zu den Gliedern der jungen Leute Modell von Älteren zu wählen um die Knochen die die Jugend verbürge, fühlbar zu machen; er nahm zum Beispiel eine zu einem weiblichen Fuß, den Xaverino, und zu einer Madonna ein ganz junges Mädchen. Auf diese Art werden auch die Hände vom heiligen Johannes besser werden. –«

 

»Vorsätzlich werde ich meine Freundin niemals mehr mit Worten beleidigen, oder sie auf eine andere Meinung bringen wollen, die sie niemals annehmen wird. Mein Amt ist kein Lehramt. Schätzen – lieben – dulden soll meine Pflicht sein. Dazu möge mir Gott die Gnade geben, allein und aus mir vermag ich es nicht; also im Namen Gottes sei angefahren den stolzen und zur Vernachläßigung geneigten Sinn zu brechen. Wenn ich des Vorsatzes gedachte, bog sich der stolze Sinn, aber meine Vorsätze für Pflicht und liebreiche Tätigkeit vernachlässigte ich wieder und sah und fühlte nicht die Menge meiner äußeren Versäumnisse bis mich Gott vor seinem Angesichte wieder demütigte weil ich ihn vergaß. Mit dem Studium zur Hand des heiligen Johannes ging mir’s doch recht schlecht. Wenn ich mit dem Entwurf nicht zufrieden bin, muß ich doch niemals zum ausarbeiten schreiten, bin ich aber damit zufrieden, so kann ich die Glieder des Modells wenden wie ich will um alle Kleinigkeiten darin zu schauen, überhaupt muß man wenn man mit der Skizze einig ist, keine Veränderung vornehmen, und die Stellungen im Kleinen nach der Natur zusammensetzen, und dann erst ohne abzuweichen, die einzelnen Teile apart ausführen, man kommt ja sonst gar nicht zu Ende !!! – – –

 

Alle diese Hinderniße mußten aber so kommen, zur Strafe weil ich nicht den Weg ging den mir der Vater zeigte, ich suchte Ruhe ich suchte mich selbst und fand mich auch im Abgrund meiner Vernichtung.«

 

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»Von der alten Frau des Abendmodells machte ich den äußeren Augenwinkel zu tief und dies gab ihr ein falsches Aussehen.«

 

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»Die grünlichen Töne habe beim übermalen der Madonna recht gut gethan.

 

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Als ich den Kopf der Predl ihres Handmodells im kleinen mit Bleistift zeichnete, sah ich nicht, daß die Nase zu lang war, es ist doch gut, wenn man fragt, ich sah hernach gleich, daß ich nicht Achtung gab, daß der Eindruck der Nase mit der Augenlinie gleich war.« – –

 

»Die Gesellschaft unserer Landsleute war sehr angenehm, doch meinen Vorsatz mich selbst nicht zu suchen hielt ich nicht.

 

Es war sehr artig und nachahmungswürdig von Hess,17 daß er mit vieler Anstrengung die ähnlichen Silhouetten in weißem Papier ausschnitt.«

 

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»Heiliger Christtag sei mir gegrüßt in Dir verbindet der Himmel die Erlösung der Welt, Süße Erlösung. Heilige Nähe der Gottheit. O daß ich ein Herz hätte, das reif genug wäre Deine erbarmende Liebe und die Größe Deines Segens zu fassen; oder daß ich fähig wäre nur ein Fünklein dieser Gnade in mir zu verschließen, daß ich Deiner stets eingedenk das Böse meidete und das Gute übte. Segne o holdselig Kind aus der Krippe ein nach Segen schmachtendes Wesen und überströme uns mit Deiner Süße, gieb das tägliche Brot dazu, und daß wir vor Deinem Angesichte bestehen.

 

Manches Seltsame wird mir vielleicht in diesem Jahr begegnen und wer weiß wo ich Dir o Gott im künftigen Jahr in diesem hohen Festtage mein Lob und meinen Dank singen werde.

 

1823

 

Es scheint von dem Anatom eine kluge Bemerkung, daß man vergebens sich müht einen Kopf alt zu machen, wenn der untere Teil des Gesichtes zu lang ist. – – –

 

Gestern war recht der böse Geist bei mir, als ich bei meiner geliebten Kirche St. Andrea vorbeiging, wo das Volk haufenweis knieete vor der Thüre (weil die Kirche schon zu voll war) um den heiligen Segen zu empfangen. Ich stand zwar stille und wollte ihn auch empfangen, aber eine gewisse Scham hielt mich zurück auf der Gasse, wie das gemeine Volk niederzuknieen. Hier versündigte ich mich gegen alle Größe der erbarmenden Gottheit. – – Niemals sollte der katholische Christ bei solchen Anlässen auf die Umgebung Rücksicht nehmen, sondern frei vor der Welt und ihrem Gerede, den Glauben an die lebendige Gegenwart Gottes bekennen, denn wer mich vor der Welt bekennen wird, werde ich auch vor m einem Vater bekennen im Himmel, sagt Christus.

 

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Wie oft schon beunruhigen mich Beantwortungen auf Briefe und andere notwendige Briefe, wenn ich es zu lange anstehen ließ, und bei meinem Vorsatz alle Mittwoch und Samstag zu schreiben nicht verblieb; und wie mußte ich in diesen Tagen, nicht meine Berufsarbeit deswegen bei Seite setzen. Möge die traurige Erfahrung stets in meiner Erinnerung bleiben, daß ich nun doch einmal das alles was ich im Namen Gottes für gut fand und beschloß mit gewissenhafter Treue fortsetze. Ein neues Jahr rückt heran. O Gott gieb mir Gnade daß dies Alte, alle meine Unordnungen mit sich fortnehme, und ich rüstig zur Erfüllung alles Guten dem Gegen Kampf in’s Antlitz trotze. (3 Bilder)

 

Aber wie lange war ich meinem lebhaften Entschlusse treu. Ach Entschluß war es und nicht Erfüllung.«

 

(Gebet zum Schutzengel)

 

Ach wie ungern schreib ich es nieder, daß dies liebe holde Jahr 1823 vorüber ist. Ich danke Dir o Gott, Du schenktest mir so viel in diesem Jahre, Du hast mich vor allen Unglücksfällen bewahrt. Es war mir keine Stunde trüber als jene die ich durch meine Sünden vernichtete, und jene die ich leichtsinnig vergeudete. Aber mit Dir o Gott beschloß ich es und in Deinem Namen (wenn Du mir das Leben schenkst,) will ich es weiter beginnen. Es ist mir auch in einer anderen Hinsicht dieser Tag merkwürdig geworden, weil ich mit meiner geliebten Schwester Valentine18 bin übereingekommen daß wir uns im Gebete zu Gott, noch ehe die Sonne den Horizont rötet im gegenseitigen Gebet begegnen wollen. Noch leuchteten die Laternen in die Straßen Roms so war ich schon auf dem Wege – und es war mir wohlig, und ich betete und vertraute und Herr ich vertraue auf Deinen versprochenen Segen, der die Liebe spendet. Ach kaum ist es mir möglich, daß ich so eilig beschließe dies süße Jahr. O sei mir geküßt du letztes Stündchen und höre noch meinen Dank. Und nun ewiger Vater stehe ich am Rande. In Deine Hände empfehle ich meinen Geist und meine Hülle.

 

Gott sei Lob, Ehr und Dank.

Heiliges Rom – Sylvestertag.

 

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Mit welcher Auferbauung geht man nicht aus einem solchen Studium wie das von Heinrich Hess. – – Wie wunderschön hat er doch Apollo und die neun Musen gezeichnet; wie lebendig, wie verschieden im Ausdruck und mit welcher Ausführung und Mannigfaltigkeit, und wie innerlich die Skizze gemalt, wie wohlverstanden, malte er nichts blaues hinein, damit die Luft nicht herabgesetzt wurde, es ist ein wahrer Frühling indes lebendige Blumen sich sinnreich lagerten. Ach daß mich doch die Erinnerungen an diese Hervorbringungen stets zum wahren Eifer mahnten, der so bald ermüdet, gedankenlos der Ruhe fröhnt. O mein Gott, darf ich Unwürdige Dich für mich um eine Gnade bitten, so gieb mir Fleiß, gieb mir Eifer, gieb mir Nachdenken, daß ich horchend die Wunder der Natur durchschaue.

 

Um einen Bogen aufzureißen der nicht Zirkelrund sondern Fläche ist, ______ schlägt man einen an, der den regelmäßigen Halbzirkel macht und teilt sodann die Horizontallinie in 12 Teile führt sie nach oben ______ z. B. ist nun die gerade Linie länger und die senkrechte kürzer in ihrer Höhe. Darauf aufgestürzt so kann man über ihre Enden einen Bogen ziehen.

 

Ich muß mich in Acht nehmen, daß ich mich in der Proportion der Figuren nicht verzeichne, bei noli me tangere machte ich die Maddalena gegen den Christus viel zu klein, vorzüglich den Kopf; ich dachte bei diesen Skizzchen auch an den Effekt.

 

Und warum war das Skizzchen des hl. Johannes so gar nicht entsprechend, und warum schien er mir wie ein Kind? weil ich die Landschaft davon zu kleinlich hielt, wenn man will, daß die Figuren grandios erscheinen sollen, muß man die Umgebung kleinlichst halten; und so im Gegenteil.

 

Herr von Nachtmann19 hat wirklich mir etwas zu gut gethan, daß er mich Spenze so gut empfohlen hat, er ist wirklich ein vortrefflicher Mann. Und wie angenehm verging uns der halbe Tag als wir bei ihm speisten.

 

Ach schon so lange schrieb ich wieder nichts in mein Tagebuch, es ist mir gewiß manches entkommen. In meinem Bilde sehe ich nun, daß ich es viel zu furchtsam und zu hell anfing, und daß mir noch vollkommen die Kenntnis mangelt wie ein Bild in Harmonie und ein ungestörtes Ganzes zu bringen ist, ich war bis daher auch gar nicht darauf bedacht, wenn ich ein Bild schaute. Oppenheimers20 Bildchen ist wunderschön in der Farbe und nichts was nur ein Bischen stört ist so wohl die Composition als die Anordnung der Farben mit der Ausführung.

 

18. Januar 1824.

 

Es ist sonderbar schon seit mehreren Jahren bemerkte ich, daß ich in diesem Monat zum Aufstehen träger bin als sonst. Überhaupt stehe ich der Predl im Fleiß um vieles nach. Ich lebe nicht so recht in meiner Kunst. Äussere Dinge ziehen einen Teil der Geisteskraft an sich; und Mangel an Thätigkeit lasse ich unvermerkt über mich walten. Auch die Eitelkeit wohnt noch in mir, davon fühlte ich Beweise auf dem letzten Balle bei Herrn von Rodens,21 nehme dich in Acht, heute gehst du wieder.

 

Hess machte heute sonderbare Bemerkung über mein Bild, und riet mir vor allem zuerst den Vordergrund recht tüchtig kräftig zu halten und gleichsam vollenden, und an den Säulen und am Gewand die Farbe des Hintergrundes in die Conturen bringen und die Contur wohl bestimmt machen, aber das dunkelste näher dem Auge zu rücken.

 

In den glatten Hintergrund ein wenig hineinschimmern, daß das Ganze mehr beweglich und mannigfaltiger werde, man muß nur ein wenig mit den Augen plinseln (blinzeln), auch muß man beim Lasieren ans fertig machen denken und keck mit anderen Farben hinein malen, bis es ist wie man es wünscht.

 

den 19.

 

O köstliche Stunde mit der mich Begas22 besuchte! O daß es fortdauern möchte das hohe Empfinden für’s Höchste, für das Wahre, Innige. Auch für das Entfalten der Schaffungskraft des göttlichen Funkens den der Schöpfer in meine Hülle pflanzte. O daß ich auch alles Außenwerk der Weltmeinungen niemals achtete und daß ich das Gedachte und Empfundene in Harmonie und in ein Ganzes mir festhalte.

 

Es gefiel ihm aber meine kleine Skizze der Madonna besser, weil das helle wohl einen Lichtglanz macht, aber keine Farbe; im Bilde ist es eine Farbe und eine schreiende Farbe. Und dann sagte er weiter, daß er für gut finde ein Bild skizzenhaft anzufangen und dann erst den Fleiß auf den Hauptzweck vereint wirken zu lassen.

 

Auf diesen ersten Besuch kam ein lustiger, Ich schwätzte viel und zeige alle meine Federzeichnungen und radierten Blätter und erwähnte auch ein paar Worte von der obigen Unterredung. Es reute mich, ach, und daß es mich das letzte Mal reuen dürfte. Freundlich muß ich und will ich sein, aber Kürze oder Länge sollte nach der Weisheit bestimmt werden.

 

Wie denkwürdig ist nicht die Villa Ludovisa mit der köstlichen Aussicht, wie vortrefflich die Fresken von Quercino, ich war ganz überrascht über das Helldunkel, das an mehreren Stellen so wunderbar schön ist. Vorzüglich an der Fama im oberen Saale; und unter den Statuen bleibt mir unvergesslich die schön drapierte Figur die dem Jüngling ein Geheimnis entlockt, es ist eine wunderschöne Gruppe, und soviel Leben und Ausdruck darin; und die Blümchen im Garten wie schön, wenn sie die immergrünen Eichen deren Wipfel von der einen Tramontana sich bewegten. Und wie unendlich liebenswürdig war die Gesellschaft von der lieben Familie von Reden23 und Dürenberg.24 etc. etc. und Kestner brachte die ersten Maiblumen, diese dufteten nun vor meinem lieben Christusköpfchen. Auf dem Rückwege begegneten wir die deutschen Künstler, die sich zu einem Zuge von Cosaken zu Pferde für eine Maskerade auf dem Corso versammelten; es war allerliebst ausgedacht, dem Zuge folgte ein Schlitten mit der Frau Generalin da riefen die Römer in voller Verwunderung aus: »Seht doch ein Wagen ohne Räder.« !!

 

29. Februar

 

So tadelhaft auch das Treiben der Menschen, (d.h. von jenen die wir in unserem Urteil nicht ruhen lassen) so ist es vielleicht noch viel besser als das sich gut glauben.

 

Ich schämte mich neulich als  man mich so liebreich und schmeichelhaft aufnahm. Ich will doch nie wieder urteilen. – Wunder der Führungen Gottes. O Weisheit ohne Namen im Verein mit Liebe und Erbarmung. Wielange willst Du noch milde meiner Untreue zusehen? Wie lange noch mahnen mein unthätiges Wesen! – – Wird die Zeit nie mehr kehren wo ich vor Deinen Augen wandle? Ja sie wird wiederkehren, sie ist schon da; sie ist da so daß ich in ihr die Strafe der Gerechtigkeit Gottes mit Buße und Verläugnung vertilge. O ewige Erbarmung, gieb mir Kraft, daß ich ganz Dein Eigentum werden kann, denn Dein will ich sein, zu Dir meine Blicke wenden. –

 

am Fastnachtsonntag 9.1.25

 

Ich muß mich in Acht nehmen, daß ich der ersten Befriedigung über meine Compositionen nicht glaube; es haben sich immer auf den ersten Blick anderer auffallende Fehler darin gezeigt, wie z. B. bei der Gesellschaft der Engelchen, der Raum wieder zu groß; bei Tobias die gleichlaufende Linie in den Köpfen und Füßen etc. etc. O daß mir ewig gegenwärtig bliebe was wir heute mit Kritik über die Kunst sprechen.

 

Er sagt auch, daß man sich nichts einreden lassen müsse in dem was die in uns hervorgebrachte Idee betrifft, wohl aber die Fehler in der Zeichnung, auch nicht oder höchst selten in der Farbe, denn die Farbe ist auch Gefühlssache. – – So verstand ich auch zu Recht das Reflektlicht im Schatten meines Mantels der Madonna, er war wie ein gegossenes Erz als ich mit dem Luftton hineinmalte. Man muß wohl nachher etwas von der nächsten Tinte hinein zu bringen, aber mit Lasur und recht dunkel darf es sein, gelber Lack und roter Lack wird vielleicht gut thun, blau kann dieses somit nicht zurücktreiben, auch bei der Verkürzung des Beines mit ein wenig einem anderen Ton abgerundet wird gut thun. Im Fleisch war noch keine Abwechslung und hie und da ein kleiner Punkt mehr Kraft ist nicht notwendig. Mit Beinschwarz hätten meine Säulen nicht ein durchsichtiges dunkel gekriegt; man kann also mit Asphalt lasieren und mit Rot und Ultramarin es brechen, oder mit diesen beiden letzten so hineinspielen. Beim Anfeuchten ist reines Oel – das ratsamste, das aber wenig davon auf dem Bilde bleibt putzt man’s wieder weg mit einem umgekehrten Handschuhleder oder der Hand.

 

Michelangelo soll in seinem jüngsten Gericht die Köpfe wohl recht ausgeführt haben, welches man in der Nähe sehe, um es aber auch in die Ferne deutlich zu machen, hat er die Formen und Züge mit großer Kraft bedeutet.

 

18. März 1824.

 

Von allen Seiten gehen traurige Nachrichten ein. Harte Prüfungen für ganze Familien und einzelne Menschen. – Ach aber mit mir und uns allen zögerte die ewige Erbarmung. Ich danke Dir o Gott für das Glück der Meinen, aber für mein unaussprechliches Glück was soll ich Dir sagen; nachdem ich Deine Züchtigung von all Deinen Kindern am meisten verdiente? Ja wenn Deine Gerechtigkeit meine Untreue und meine Vergehungen bestrafen wollte Herr es müßte das tiefste Unglück unser Haus ergreifen. Denn meine Sünde ist größer als ich bin, und so würde auch die Strafe weit um mich her auch andere treffen. Ich rufe also mit David, strafe mich nicht in Deinem Zorne, nicht in Deinem Grimme. Erbarme Dich meiner aus Deiner großen Liebe. – –

 

Immer mehr mache ich meine Bemerkungen daß ich in der Schule mich selbst zu beherrschen noch keine Fortschritte gemacht habe.

 

Ich sah und empfand, daß mein Bild gelingen wollte, und ohne die geringste Aufopferung mir die Gnade Gottes beistand.

 

Daß die Welt es erkennen möge wie ich unter Deinen Augen wandle, im Namen unseres Erlösers und Heilandes.

 

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Die Art in mich gekehrt zu sein scheint mich viele Mühe kosten zu wollen, und leider leiste ich so schlechten Widerstand. Ich machte gestern in der Gesellschaft bei H. Redens wieder gar keine malerischen Beobachtungen, und anstatt ich andere verehrte suchte ich geehrt und beobachtet zu sein.

 

den 29. März.

 

Die Predl gab mir ein schönes Beispiel an dem werktätigen Bemühen um eine Bittschrift für die arme Franziska, auch in anderen ähnlichen Fällen zeigt sie lebhafte Mitwirkung. – –

 

Einem Andachtsbildchen ist die Composition meiner hl. Catharina nicht zu vergleichen, es war dies eine gerechte Bemerkung denn weder ernst noch tief empfunden eilte ich darüber hinweg.

 

Es verstreicht ein Tag um den andern ohne ein bestimmtes Tagewerk auszuüben. Schlecht bestehe ich vor meinem Gewissen, wie muß ich erst vor der Gerechtigkeit Gottes ein Abscheu sein. Irdisch gesinnt suchte ich in dieser hl. Charwoche die Ceremonien zu sehen und zu hören, ich gab mir Mühe die schönste Gelegenheit mir zu verschaffen und es gelang vollkommen, aber mir war die rechte Stimmung nicht gegeben, so glücklich ich auch mitunter war, wäre ich doch glücklicher zu Hause geblieben. Es ist auch gut wenn man sich die Menschen innerlich entfernt hält, das beste Mittel dazu ist, daß man sich selbst prüfe ob die Artigkeit gegen Jemand nicht aus Eigenliebe geschieht. Wer nur auf das allgemeine Wohl des Menschen denkt, sich selbst dabei vergißt, ist bälder fertig und kommt niemals in verbindliche Verlegenheiten, – – –  wie neulich bei R. Sollte ich nicht immer den Tag feiern den Geburtstag der lieben Seidler.26 Ein holder Tag, ein Maitag und Fest. Da sah ich St. Pietro in Vincoli das Kloster der Geistlichen vom Berge Libanon, im Vorbeigehen die Bäder des Titus, und St. Clemente. Da freute ich mich über die Fresken von Masaccio und erbaute mich am frommen Ausdruck und der ungesuchten Wahrheit. Auch freute ich mich nach der Natur zu zeichnen; aber es ging mir so langsam, ich wollte zu sehr auf alles acht geben da hingegen Schintz es grandios auffaßte. –

 

Der Fleiß meiner Freundin mahnt mich und mein Inneres sagt mir dasselbe. Oft erkühne ich mich noch sie zu tadeln indem ich meine Pflichten auf allen Seiten unterlasse. Es gibt nur eine Richtung, alle anderen drücken der Seele einen schwarzen Punkt auf.

 

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Der Tag den ich mit Schintz im Freien zubringen wollte, ging doch recht unbenützt vorüber; wir hätte eigentlich bei dem neblichten und windigen Wetter gar nicht gehen sollen, es ging auch recht schlecht mit meiner Zeichnung, ich vergaß was Thürmer27 mir sagte, daß man mit dem Bleistift das Augenmaß prüfen könne, auch sollten mich die Kleinigkeiten nicht hindern.

 

6. Juni.

 

Heute ging es mir so schlecht, als ich die Palme zeichnete ich gehe viel zu viel immer in Detail, und fasse die Sache nicht auf nach ihren Gruppen und Hauptformen und mein Gefühl war auch nicht ganz dabei. – – –

 

Meine Frömmigkeit gleiche nicht dem Morgengewölk das verschwindet wie Thau in der Frühe. Bewahrt sei der Tropfen, daß ihn nicht auftrockne – die Mittagsglut .... er glänze für Gott.

 

Lebe wohl o Welt, ich will nichts von dir. Nach was ich verlangte gabst du mir nie!

 

Es ging mir recht schwer mit dem Studium zum St. Bartholomäus. Ich habe auch die Nase oben zu schmal gehalten und den unteren Teil des Gesichtes zu kurz, weswegen der Kopf nicht schön war. Als ich die Stellung der Schergen aufzeichnete fehlte ich groß daß ich meine gedachte Haltung erzwingen wollte. Man muß diese Dinge der Natur überlassen.

 

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Nun komme ich recht beschämt aus dem lieben Haus Overbeck,28 wo ich vor diesen ruhigen frommen Seelen mich sah. Ich schwatzte wieder so viel, sogar achtungslos war manche meiner Erzählungen vor Andern; und den Zweck warum ich mitkam verfehlte ich gleichsam ganz, denn hätte ich nur von ihm Zeichnungen ausgebeten, hätte ich mehr Anlaß gehabt über dieses oder jenes zu beraten.

 

Von Morgens 7 Uhr bis Abend 7 Uhr arbeitet er gewöhnlich in der Villa.  – Alles ist fleißiger als ich, denn als ich nach Hause kam konnte mir die Predl sagen, daß sie den Nachmittag einen ganzen Kopf gemalt habe.

 

13. Juni 1824.

 

Wie reich und gedacht und lebendig ist nicht die große Composition der Rieppenhausen,29 wie ermunternd zum Fleiß und der Ausübung der Kraft, treues Costüm des Zeitalters und wahres Portrait des – – – – – –. Veit30 nahm mich heute recht freundlich auf, einen wahren Schatz von Kupferstichen sah ich da, und welche Zeichnungen von jenen Aufgaben die wir gemeinschaftlich einander aufgaben. Glückliches Volk.

 

Villa Massima am 14. Juni.

 

Overbeck gefiel mir über alle am besten. Alles hat da eine Eigenthümlichkeit. Alles im Einschluß der Contour. Wär nichts als der Umriß würde man doch das Ganze schon empfinden. –

 

Die Geschichte der heiligen Helena in Santa Croce von Pinturicchio ist wahrhaftig sehr lieblich und macht einen ernsten frommen Eindruck und überhaupt ist dies ein herrlicher Tempel mit einer Vorhalle. Unwillkürlich kommen da Pläne wieder zu kehren.

 

Die Kirschen und das Brot auf den Treppen Santa Maggiore schmeckten mir sehr gut.

 

Es war wirklich ein köstlicher Morgen, aber unartig war ich gegen eine schätzbare Dame, die mich auf unsere Verabredung besuchen wollte, und ich war zur bestimmten Stunde noch nicht da.

 

Ich habe doch neuerdings die Erfahrung gemacht daß Einladungen für Mahlzeiten für mich gar nicht sind, und daß man an große Verbindlichkeiten kommt wenn man mit seinen Freunden in zu große Gemeinschaftlichkeit kommt. Es sei also auf einmal der Schluß gemacht mich dergleichen vollkommen zu entziehen. Auch Abendgesellschaften thun mir wieder nicht gut.

 

Der vortreffliche Overbeck31 hat sich in dieser Hinsicht ganz von der Welt getrennt. Er lebt indessen doch nicht ungesellig, und seine Werke und seine Ausführungen zeigen, daß er seine Pflichten kennt und sie in rühmliche Ausführung bringt. Es sei mir also in diesen meinen ruhigen Tagen da keine Umgebung mich fesselt vorgenommen und festgesetzt, daß ich alle Verbindung mit der Welt (wenn anders meine Pflicht es nicht gebietet) abbrechen will. –

 

Ist es nicht als verlöre Jemand etwas dadurch, es sei hierin nur mein irdischer Sinn bezwungen, der in Eitelkeit dabei sich selbst suchte.

 

Der Samstag soll (wenn ich einst wieder ruhig sitze im Vaterland) dazu bestimmt werden, alle Besuche zu empfangen, die etwa meine Freunde und Bekannte bei mir machen möchten.

 

1. Juli 1824 am Tage der Abreise von Rom.

 

Von zu vielen Besorgnissen zur Reise abgehalten konnte ich in den letzten Tagen keine Notizen machen. Und ich weiß nicht soll ich es Glück oder Unglück nennen, ich konnte über diese Dinge zur Fassung nicht kommen, mein Herz war einem Steine gleich.

 

Doch der letzte Tag machte mich bisweilen empfinden, als mein Freund Kestner mit – noch ein paar Freunden zur Porta Salara hinaus fuhr und dann in die paradiesische Villa Severina und in die St. Bartholomäuskirche, auf welchem Wege mir Kestner von den himmelreinen Gedichten erzählte, und sie auch bald darauf abgeschrieben mit der Reliquie von San Loretto zuschickte, daß sie mich begleiten wie ein Engel des Himmels. Wir reisten glücklich – Umgang mit trefflichen Menschen ist doch eine wahre Speise für den Geist. Ich danke Dir o Gott. Du führtest mich unter die Zahl Deiner Besten.

 

Mit der letzten Stunde kam mir noch recht das tiefe Empfinden meines genossenen Glücks und es flossen meine Thränen in Dank und Schmerzen. O daß ich hätte segnen können die vortreffliche Frau Sirletti,32 ihren kranken Mann, und die treue liebe Dominica, sie weinte bitterlich, o daß ihr Gott vergelten möge ihre Liebe womit sie uns in stets heiterm Sinn bediente. Also ging ich heraus aus dem lieben Hause in dem nie eine Glücklichere war als ich, ja nie hat ein Obdach eine Glücklichere beschützt. Ich danke Dir o Gott.

 

Nun saßen wir im Wagen, meine Freundin die Predl und Herr Maas33 ein Niederländer Maler geschickt und ein vortrefflicher Mensch und brav und fromm und gefällig und liebenswürdig heiteren Sinnes. Kein 4. Fremdes durfte zu uns sich gesellen, denn den Wagen nahmen wir für uns alleine, der ein halbgedeckter schöner Reisewagen war und der Vetturino war auch ein braver Mensch, der den ganzen Tag pfiff und sang und so schnelle fuhr, daß wir immer bei guter Zeit lange vor Sonnenuntergang ankamen, und folglich noch schöne Spaziergänge machen konnten.

 

Die erste Station war Bomasso, da zeichnete ich einen Blinden und auf den Abend kamen wir nach Civita Castellana, da zeichneten wir alle drei nach der Natur und dies Städtchen gefiel mir so wohl und wir sahen schöne Mädchen, die in schön geformten Krügen Wasser holten; sie hatten Nelken vorgesteckt, und eine gab mir alle es waren beinahe sieben. Ich bedauerte die Nelken, denn an meiner Brust standen sie nicht so gut, darauf begegneten wir Farstapan34 und schauten mit ihm das Wundergebirg um diese und Hannibals Bogen und speisten fröhlich ein Nachtmahl. Jezt ging es über Narni und Terni, da kamen wir um Mittag an, speisten und schliefen, dann gingen wir zu den Cascaden. Ueber den Berg ging’s auf einem niedlichen Esel und wie malerisch sah nicht das Städtchen aus, wo wir aufstiegen und von wo aus uns so freundliche Jungen begleiteten. Wir kamen an bei dem erhabenen Schauspiel der Natur, da strömt und rauscht und tobt es und der Bogen des Friedens glänzte im Staube an der Sonne.

 

Heilig bist Du o Herr!

 

Hier nun in den Schlangenwegen der Berge verloren wir die Predl, aber mit einem der Führer nahm sie nur einen anderen Weg und wir fanden sie glücklich wieder, aber eine Angst wollte sich unserer schon bemächtigen. Freilich mußten wir nun deshalb zu lange verweilen und kamen also tief in die Nacht, es machte ein herrlicher Mondschein, und die Sternlein funkelten so freundlich und der Weg führte uns immer an dem tobenden Strome vorbei und im Gebüsch flatterten die Lichtwürmchen wie Blitze in unzähliger Menge. Das war prachtvoll. So sehr man auch in diesen Zeiten wieder von Räubereien und Mordthaten sprach, so konnte uns doch nicht Angst werden, es war eines seliger als das andere. Doch einmal wurde es mir schauerlich als wir zu einer eingeheckten Stelle kamen, wo mir 3 Gräber zu sein schienen, ich durfte vor stiller Furcht nicht reden und später wußte sich der Führer nicht mehr genau zu erinnern. 30 Schritte von da lag ein alter Hut im Wege, dann kamen wir zu einer großen Gruppe von Ruinen wo wir durchgehen mußten, durch eine kleine ganz dunkle Öffnung, vor dieser schauerte mir, denn ich glaubte unser Wegweiser führe uns zu einer Räuberbande, aber sieh da, es war ein guter Junge, wir gingen bei der entgegengesetzten Seite wieder heraus, und so kamen wir dann nach langen Schlangenwegen endlich nach Hause.

 

Des anderen Tages reisten wir früh ab, erquickten uns unterwegs mit köstlichen Fischen zu welchen wir auf eine lustige Weise gekommen sind. Über Mittag Spoleto, da sah ich in einer Kirche eine schöne Madonna mit einem weißen Schleier und einem weißen Vorhang hinter ihr; und jene auf Gold in gothischer Form mit zwei anbetenden Engeln, diese zwei Cherubinen waren recht schön; und das angefangene Bild von Raffael in der Kleinen Kirche wie schön und fromm ist es nicht, die hl. Maria betet das Kind an, und Engel und Hirten weit davon weg nur daß sie der Gottheit nicht zu nahe kommen.

 

Eine heilige Gemütlichkeit erfüllt das Bild.

 

Am Abend in Foligno da zeichneten wir nach einfachen Fresko-Gemälde aus einem Halbzirkel über einer Thüre und treffen da den gefälligen Architekten Lucginiano35 und Revi36 an.

 

Auf den Mittag nach Assissi – durch das lieblichste Thal in goldenen Früchten glänzend, wunderschön.

 

Und wie wunderbar schön die dreifache gotische Kirche von St. Francesco. Welcher Reichthum da von Fresken von oben bis unten. Welch mystisches Dunkel, und so malerisch sieht das ganze Städtchen aus, daß man nicht genug schauen kann.

 

Abends in Perugia – es war Sonntag. Am Montag gingen wir herum. Ja fanden wir im Universitätsgebäude ein Zimmer mit lauter alten Malereien. Vorzüglich ein großes mit vielen Figuren von Perugino, das allerschönste aber von ihnen in einer Seitencapelle auf einem ganz goldenen Altar. Da ist Maria angebetet von zwei Engeln in der Luft, (die ganz hell nach unten fast weiß) 2 Heiligen erscheint in der Mitte am Horizont ist Perugia, der uebrige Boden ist ganz einfach. Hier schaut man doch lieber in den hellen Grund als in die verneblichten der übrigen umherhängenden Bilder.

 

Aus einer früheren Zeit bewunderte ich in wahrer Andacht jenes liebe sanfte Madonnenbild in St. Apostino. Im Cambio wurde dann der zweite und dritte Tag gezeichnet. Hier läßt sich die ganze Größe dieses erhabenen Malers schauen. Kraft ist in allen Umrissen und Maaßen von Licht und Schatten ohne Gleichen, aber nichts gesucht, sondern wie der Geist sie empfand; und die Macht des Gestaltungsvermögens. Es ist keine ängstliche Ausführung Fülle herrscht in jedem Zuge. Kein unbedachtsamer hat sich zu den andern gesellt, es waltet über dem Ganzen der Geist einer gesegneten kraftvollen Seele.

 

Wie kraftvoll ist nicht die Madonna die das Kind anbetet, wie reich die Lichtformen der Stirne, weit über die Hälfte geht da der Horizont und Pilasterbögen, oben die drei singenden Engel auf einem Wölkchen stehend. Der Horizont an den ersten zwei Wänden bei den stehenden Figuren ist in der Höhe, daß er bis an die Mitte der Achsel reicht, und schmal das kleine Luftgebirg, es kommt gleich dunkles Land welches sich nach dem Vordergrund sehr erhellt, die Schlagschatten der Füße sind aber dunkler als das Fleisch.

 

In der Geburt Maria woran ich zeichnete hat jene die das Kind badet blonde Haare und ein grünes Kleid, recht hell in Licht und das Höchste ist gelb; die breiten Ärmel sind rot, fast weiß die Maasse des Lichts. Hellmeergrün mit rot ist die Decke des Bettes.

 

A Severino enthält auch noch einen großen Schatz. Christus in der Glorie angebetet von zwei Engeln zwischen sechs heiligen Männern von Raffael die lieblichsten Engel, die ich sah, in himmlischer Reinheit. Und welch große Anordnung in den Gewändern der Heiligen und ihre Hände und Köpfe. Christus hat einen roth violetten Mantel an von den Heiligen hat an jeder Seite der erste und dritte ein weißes Gewand an. Der erste Engel hat ein goldgelbes Kleid an mit rothviolett, hellgrüne Ärmel Flügel auch grün mit violett, gelb die Ärmel, gelb auch die Flügel, dann in’s rothe jezt in’s tiefe dunkel, und fangen sie hellgrün an; nehmen roth wieder an und enden im dunkeln.

 

So lebten wir drei glückliche Tage in dem freundlichen Perugia und setzten dann den Weg weiter fort bis wir am dritten Tage morgens in Florenz ankamen. Aber anstatt Freude überfiel mich eine Art Schwermuth als ich die Kuppel von Florenz erblickte, ich hätte lieber jene von Rom wieder gesehen und fühlte mich zum ersten Mal weit entfernt und verbannt.

 

Freilich konnte ich da noch nicht wissen wie überglücklich unsere Aufnahme war bei dem vortrefflichen Herrn P. Metzger.37 In ihm fand ich eine Schule von Ruhe und Weisheit, einen Freund, einen Ratgeber ein Vorbild.

 

Gott sei Dank, aber was ist nun was mich am glückseeligsten macht. Ich sehe mich hingebracht in die heilige Klause, in die Nähe meines lebendigen Gottes, in die Kirche „Alle Cancelli“ (die zum Hause gehört, ehemals Malteserhaus). Mein Kammerfenster öffnet sich dem ewigen Licht gegenüber und was will ich mehr? – –

 

Herr Du hast das Maaß Deiner Gaben nun vollends gefüllt. Ich danke Dir zwar aber ich zittere, denn ich bin nicht wie ich sein sollte. Gieb mir Gnade, komme mir zu Hilfe, gieb mir Mut, gieb mir Fleiß. Ach gieb mir ein gehorsames Herz und laß schweigen das Begehren meines saumseligen Ichs.

 

Florenz lächelt mich an, hat auch erhabene Gestalten von Gebäuden und ernst und heilig sprachen die Tempel mich an, die ich sah. In der Galerie und dem Palazzo Pitti sah ich einen Reichtum von Kunstschätzen, aber im Leben und der Natur entbehre ich das Großartige, weitumfassende des heiligen Roms.

 

Mein Geist ist nicht unternehmend, und die Hitze macht mir schlecht. Die Sorge für meine bald zerlumpte Garderobe und die kleineren geheimen Wünsche der Eitelkeit beunruhigten mich auch, und zerstreuten das ernste Nachdenken über meinen schweren Beruf.

 

Diese Gedanken zertrümmern sich aber wenn der ernste Herr Metzger seinen Mund öffnet und über die Forderung der Kunst spricht. Neulich auf dem Wege (wegen unserer Pässe) sprach er von einem Auffassen der Bewegungen und Ausdruck im Sehen, die schnell zu Hause aufgezeichnet werden, und er malte die Alten seelenvoll, denn im Modell kann man es niemals finden.

 

Dann sprach er neulich bei uns an unserem kleinen Tisch bis lange in die Nacht hinein. Es war eine wahre Predigt für mich, die ich nicht mit dem Golde vertauschte. – –

 

Von den Zusammensetzungen der Farbe sagte er, wenn eine Farbe in der Linie die wir nehmen schwächer ist als die andere geht es zurück oder vorwärts und es unterscheidet sich und ist fleckig, ist aber jede Farbe in der anderen in ihrer gleichen Kraft, so wird sie auch gleich heraustreten. So verfahren die Alten auch im Fleische, es ist aber schwer und sie haben mehr um Ehre als um Geld gemalt; daher ist es am sichersten sie als Muster zu wählen und Raffael ging auch keinen anderen Weg.

 

Vorzüglich nennt er mir auch Masaccio.

 

Es war gestern der 13. Juli, am 4. Tage unserer Ankunft, und habe noch keinen Strich gezeichnet. Wäre die liebe Kirche nicht und unser Freund mit seiner freundlichen Frau und Kinder und sein großes geräumiges Haus, das alle Thüren und Bequemlichkeiten uns geöffnet hält. Mächtig müßte das Heimweh nach dem großen heiligen Rom in meiner Seele entsteigen. Denn samt dem großen Glück neigt mein Herz sich zu einer stillen Schwermuth hin.

 

Das war eine köstliche Stunde als heute Herr Metzger meine Arbeiten durchging und sein freundschaftliches Urteil darüber aussprach.

 

Bei dem Johannes & Cecilia rügt er daß die Engel mithandeln die von den Heiligen nicht bemerkt werden sollen. Und von der Cecilia die Hände inniger an’s Herz gedrückt wird ein höheres Gefühl aussprechen. Er bejammert auch immer das traurige Versäumnis, daß junge Künstler nicht immerwährend aufmerksam gemacht werden, die Ausdrücke mit den Bewegungen im Leben zu suchen, sich eines schnellen Auffassens anzugewöhnen, und dies als die erste Aufgabe des Studiums zu betrachten. – – Und hat man die Aufgabe einen großen Heiligen zu malen wie ich, jezt den Hl. Bartholomäus wie sehr muß da die Idee von so großen Helden gesteigert werden.

 

So oft sich mir ein einziges Versäumnis einschlich, so oft schlich sich auch ein anderes nach. Zu wenig beschäftigt gebe ich auch mich noch einem gewissen Schwärmen preis, und indem ich meine eigenen Fehler aus Unaufmerksamkeit nicht bemerke, erhöhe ich mich über Andere bis ich in der Verwirrung von luftigen Gedanken, von Sünde zu Sünde geschwächt in Ohnmacht falle.

 

(Skrupulöse Selbstanklage Wiederholung)

 

8. August Florenz. Der Apostel Bartholomäus wird mehr zurückweichen, wenn die Engel nach der Mitte gewendet sind, die Landschaft müßte wie ein wahrer Morgen dazu gemalt werden. Farben aber aufschreiben wie man sie da sieht wäre nicht nützlich, sondern sie betrachten, empfinden und in der Seele auffassen und behalten, daß man sich sie zur Zeit der Anwendung lebhaft vorstellen kann.

 

Im Malen liegt alles am Dosieren. Eine Farbe kann die andere fressen, es giebt 3 Arten. Aus Mineralien, Erde und Pflanzen. Es geht bis in’s Unendliche was ein Maler zu denken und zu studieren hat, daher sagt Herr M. wenn ein Maler nicht demütig ist, soll er kommen und hören und er werde demütig werden. Man muß sich auch nie erheben als habe man eine Gabe.

 

Wie sehen Andere doch auch alles an, was ich kaum dachte. So hat die Predl mit Feinheit bemerkt, wie Perugino die Daumen so gut zu machen weiß.

 

O heilige Apollonia, die Du für Deinen Glauben starbst, und die grauenvolle Marter nicht scheutest, sondern in Gott versenkt seiner Kraft vertrautest und siegtest, bitte für mich arme Sünderin, daß ich gewürdigt werde mit unverwandtem Hinblick zu Dir Holdselige Himmelsbürgerin in Deiner Schöne darzustellen durch Jes. Chr. Amen.

 

Derjenige hat die Bezahlung und anderes Gute verdient, der mit wahrem Eifer seine Kraft anstrengt, wenn auch dabei nichts Besonderes hervorkommt. Nicht der, der seiner Gabe bewußt der Kraft vertraut und dabei seine Nachlässigkeit pflegt, wäre es auch etwas Schönes. Kein Wunder von einer Hervorbringung kann die geheime Trägheit entschuldigen die ihn verdammungswürdig macht.

 

Darum muß man nie jemand verachten, weil wir die Art der Mühe nicht kennen.

 

(Nach einer Unterredung mit der Predl.)

 

Prato 29. August im ausgemalten Chor von Lippi.

 

Wer giebt mir den Ausdruck das Leben und die Wahrheit wieder in den Sinn.

 

Das Bedeutsamste liegt überall in den Contouren, sie sind treulich nach den Wendungen des Lichts gehalten, die Köpfe wie die ganzen Figuren; aber es ist kein unfreundlich Dunkel; schwach gegen die hinteren Figuren vom hellen Grunde ab. Und was ist das nicht für eine schlanke Figur von der Herodias mit welcher Grazie tanzt sie in ihrem lichten weißen Gewand; das überall hell abgeht und doch so bestimmt und kräftig gehalten ist. Und die Königin ist so einfach, so recht aus dem Leben gegriffen, und ihr Anzug ist ganz den heutigen Damen gleich. Die Herodias hat aber lange weite offene Aermel über ihr aufgeschürztes Gewand herab hängend, und dunkelgrüne Unterärmel.

 

Das war ein schöner Tag mit Emilien zugebracht und wie hat uns ihr schönes neues Kleid mit königsblauen und goldfarbenen Streifen nicht das Rätsel von den Gebirgstönen gelöst. – – –

 

Aber die .... macht im Kaffee, und das theuere pranzo im Poggi lajano. Festlich waren die grünen Wiesen und die langen Alleen.

 

Und der Morgen, den ich mit Emilie verdämmerte war nicht minder schön. In St. Lorenzo sprach der beredte Geist Michelangelos ernst von den Grabdenkmälern der Medicis zu uns herab. Die gotische Micheliskirche muß jedes Herz zur Andacht bewegen und wie schön ist nicht die junge Ritterfigur in den Nischen mit dem Schilde gleich dem Engel von Peruggino. Nun ging es in den Palazzo vecchio, da sieht man wohl prunkvolle Dinge aber nichts besonders lehrreiches.

 

Aber in der Chiesa Nuova ist ein schönes Bild ein frommer Geist versiegelt den Willen der heiligen Mühe des Malers. Da liegt das göttliche Kind hingelegt auf den Boden, angebetet von Maria und einer Gesellschaft priesterlicher Engel, die theils anbetend, theils staunend auf den Knieen liegen und in einem Zirkel haben sie sich seiner genaht ein großer Raum ist also um das göttliche Kind gelassen. Hinter den Engeln sind auch anbetend schon die Hirten gekommen. Zu diesem Bilde scheinen die Seitenbilder Thüren gewesen zu sein. Auf den einen sind 3 Frauen vorne eine mit ihrem Kinde auf der Erde knieend mit aufgehobenen Händen, das junge Mädchen aber schaut und läßt in Gedanken ihre aufgehobenen Hände sinken mit einer Natürlichkeit ohne Gleichen. Auf der anderen Seite scheint der Vater mit seinen zwei kleinen Söhnchen zu sein. – – Von da kamen wir in die Chiesa St. Ursula, da ist auf einem Seitenaltar ein wunderschöner englischer Gruß von Perugino, aber nur ganz schmal neben einem verdeckten Bilde. – – Unsere Vermutung war das könnte auch ein altes Bild sein. Und siehe da es wäre ein Wunderbild die heilige Lucia darstellend, welches aber nur einmal im Jahr abgedeckt werde; aber wir ließen mit Bitten nicht nach, und so erschien sie nun zwischen zwei leuchtenden Kerzen die man vorher anzünden mußte. Ernst und heilig als Heldin und Überwinderin. In einem dunkeln Kleide, einem hellrothen Mantel und einem weißen Schleier, beinahe en face das Gesicht. Der Körper ganz en face. – Von Giotto gemalt.

 

Wenn ich die Sache nur oberflächlich behandle gelange ich niemals zum Kern der Bescheidenheit.

 

Bei allem muß man der Perspective gedenken, daß der Horizont immer unserem Auge gerade gegenüber ist.

 

Dann riet er mir die steifen Falten zu unterbrechen, denn kein Gewand ist so steif, daß es nicht bei einer so langen Strecke einfallen müßte und dann dachte ich auch nicht daran, daß der Mantel wie ich ihn geordnet hatte, nicht halten könnte. Am Morgen vor Sonnen – Aufgang rieth er mir die Landschaft zu schauen. Und erinnere Dich, wie er mir einmal vom blauen Gebirge sprach, und wie alle entferntesten Gegenstände sich allmählich in’s Dunkel hüllen.

 

Palazzo Strozzi. Da gefiel mir doch das Frauenportrait von Leonardo. Ruhig sieht sie heraus, die Hände über einander geschlagen, die weiten Ärmel hindern die Schlankheit nicht welche bezaubert; hoch ist der Horizont der Landschaft etwas dunkel gehalten. – – Das kleine Bildchen von Bartholomeo ist auch wunderschön, die Mutter – Gottes sitzt auf einer Art Piedestal mit dem Kinde unten spielt ein Engelchen und spielt Guitarre. Zu beiden Seiten eine Heilige. Der Hintergrund ist eine wolkenlose blaue Luft. In einiger Entfernung des Thrones geht eine niedere Mauer, welche gleichsam den Horizont ausmacht. Nun schmeckte das Pranzo vortrefflich und kaum als wir gleich dem süssesten Dessert eine kleine Unterredung mit Herrn Metzger gepflegt hatten über die liebenswürdige Sorglosigkeit des italienischen Volkes und ihrem anderen a buscare so wurden wir von unserem fleißigen Beobachter Herrn Maass zu einem wunderschönen Spaziergang abgeholt. Es war die Villa Strozzi und der Monte Ciero das ganze Panorama des zierlichen überreichen Florenz sehen wir an verschiedenen Stellen und in der allerschönsten Farbenpracht Gold und Himmelblau mischte sich klar und rein und auf diesem brach sich ein helles wunderschönes Grün und dann ein

dunkleres, vornehmlich an einer Stelle.

 

Das ist ein poetisches Bild von Beato Angelico in der Chiesa ..... die pazzi und es ist doch recht liebenswürdig und nachahmungswürdig von Herrn Maass, daß er uns an alle Stellen führt, wo etwas Schönes zu sehen ist. Wie vieles war unserem Auge entkommen.

Man muß niemals mehr thun als man kann. Sondern bescheiden die Fehler erkennen und sie in der Zukunft verbessern wollen, ohne diese fehlerhaften Gegenstände über den Haufen zu werfen. Warum sucht ich die Zierlichkeit in den Händen meiner Apollonia, hätte ich nicht lieber die Innigkeit des Ausdrucks bedenken sollen.

 

Die Grazie folgt dem gemütlichen Ausdruck auf dem Fuße nach. Auch suchte ich an den Ärmeln etwas neues zu machen, was auch gar nicht schön ist.

 

28. September, eine Lustreise.

 

Was ich lange gewünscht ging nun in Erfüllung wir reisten nach Pisa.

 

Ein kühler Herbstmorgen verkündigte uns einen süßen Tag. Hohe und niedere Gedanken entstiegen dem Herzen als ich vor mein Fensterchen kniete, da forderte die innere Stimme des Gewissens dem Kampfe den Sieg zu versprechen in Entsagung. Nicht ganz aber hielt ich mich zurückgezogen in der Klause in die – durch die hl. Taufe geheiligte Wohnung der unerforschlichen Gottheit. Und so fort kommen wir nach Agripoli wo die Predl uns in einer Loecando eine Eiersuppe kochte während daß wir in die Kirche gingen weil ein halber Festtag war.

 

St. Michelangelo.

 

Dann fuhren wir weiter in dem schönen Toscana wo gerade die Girlanden der Vignen von ihrer schweren Frucht behangen das Herz in der Tiefe erfreuten.

 

Nun kamen wir nach dem schönen Pisa – nach dem heiligen Tempel mit dem Baptisterium und dem schiefen Turm und dem Campo Santo, wo wir aussen blieben bei Untergang der Sonne bis die Dämmerung begonnen hatte.

 

Welch erhabener Geist atmet da in seiner Kraft mit welcher Aufforderung kündet da die Seele dem schwachen Herzen den Krieg an.

 

Heilig bist Du o Gott, heilig müßten auch die Deinen sein. Heilig aber ist  nur jene beglückte Seele, die von der Welt nichts will, sondern treu von Dir gemahnt, den Blick nach Deiner Gegenwart wendet.

 

Am Abend in dem lieblichen Wirtshaus San Marco fuore ... della Porto ein deutscher Wirt Faller.

 

Den 30. September.

 

Wie von aussen ist sie auch im innern, diese wunderschöne unvergeßliche Kirche. Schade daß wir die Bilder im Chore nicht sehen konnten; unter den anderen fanden sich vorzüglich die Taufe einer Jungfrau, schön die halbentblößte vor dem Wassergefäß knieend wo ein Bischof sie tauft von den Ihrigen umgeben, das Costüm ist aus dem Mittelalter. –

 

Dann die Auferstehung, wo die erschreckten Wächter nur auf einer Seite sind, da aber Christus auf der Seite ist verliert das Bild das Gleichgewicht nicht. Die hl. Agnes von Andrea del Sarto ist auch recht schön, und wie schön sind nicht die Darstellungen von eingelegtem Holz in den Stühlen. Ach es ist des Reichthums des wahren erhabenen Kunstfleißes so viel, daß man vor Erstaunen stille steht.

 

Auf der Akademie ist eine heilige Katharina, die mir unvergeßlich bleiben wird.

 

Sie ist von Lucas van Leyden. Der Ausdruck dieser weisen Heldin überglänzt das ganze Bild, denn es fehlt weder die Grazie noch die Ausführung und ist ein reines Gebild der Kunst, gesegnet von Gott.

 

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Vom Camposanto schweige ich aber, denn er ist unfaßlich – und ach, wenn es mir nur bliebe, daß ich es festhalten könnte vor meinen Augen die unendliche Wahrheit in den mannigfaltigsten Darstellungen und die Größe des beseelten Ausdrucks.

 

Darauf ging ich auf den schiefen Turm dann verirrten wir uns auf einem Spaziergang um die Stadt, daß wir uns an einer Stelle über den Arno mußten fahren lassen. – Nun gab’s wieder ein fröhliches Nachtmahl mit ein paar köstlichen Speisen und am Ende eine recht billige Zeche. – – – –  (Gebet.)

 

Ich stehe nun vor Beginn eines großen Unternehmens; kein Aufschub leidet die Aufforderung zum denkenden Fleiß, drum verstummt also alles um mich her gleich der ernsten Stille des Campo santo.

 

Es betet eine heilige Gemeinde um Schutz und Fürbitte zum Apostel Bartholomäus.

 

Pisa 2. Oktober.

 

O hl. Bartholomäus. Einer der zwölf Auserwählten die den Heiland in seinem Lehramt begleiteten, Du bist Nathanael der unter dem Feigenbaum schlief. Du hast die Wunder, die den neuen Bund versiegeln mit Deinen Augen gesehen, Du warst mit Christus dem lebendigen Gott. – – Von ihm in der Kraft des Glaubens gestärkt tratst Du hinaus um die Wunder des Evangeliums mit Wundern zu verkünden.

 

Unzählig war die Menge der Gläubigen. Ein ganzes Land mit seinem Herrscher pries in seiner Bekehrung den erbarmenden Gott. Endlich bekräftigtest Du vor Himmel und Erde durch Deine entsetzliche Marter Deine himmlische Lehre.

 

Heiliger Bartholomäus bitte für mich.

 

Bitte den Geist der Stärke, daß ich mein Gemüt allem Irdischen entreiße, daß meine Seele gesegnet sei in seiner Kraft, die Pflichten ihres Berufes zu erfüllen.

 

Mich wählte eine christliche Gemeinde38 Dich als ihren Schutzpatron in einem heiligen Bilde zu malen. Aber wie kann eine Sünderin Heiligkeit malen, die in ihren Zerstreuungen stets die Gegenwart Gottes vergißt.

 

Ich flehe also zu Dir, daß Du auch m e i n Fürbitter sein möchtest um Duldung, Gnade und Segen bei der ewigen erbarmenden Dreifaltigkeit. Amen.

 

Signore Giovanni Metzger Borgo Corbalinia. Palazzo dei Cavalieri di Malta.

Die drei Engel in der Kirche St. Francesco unterhalb der via armorica.

 

 

1 Badische Landesbibliothek Karlsruhe, HSA, Inv.-Nr. K 2678.

2 Müsste wohl September lauten.

3 Karl Begas d. Ä. (1794-1854), Maler aus Hainsberg bei Aachen, stellte sein Gemälde »Taufe Christi«, das er im Auftrag von König Friedrich Wilhelm III. für die Potsdamer Garnisonskirche gemalt hatte, 1823 unter dem Portikus des römischen Pantheons, gewöhnlich La Rotonda genannt, aus. Bei dem anderen erwähnten Gemälde handelt es sich um »Christus mit Maria und Magdalena«, welches J. K. Eggers zur gleichen Zeit dort ausstellte (Klaus Gallwitz (Hrsg.), Die Nazarener in Rom. Ein deutscher Künstlerbund der Romantik, Ausst.-Kat. Galleria Nazionale d'Arte Moderna, Rom 1981, S. 48).

4 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 329. Der Karton ist dort nicht verzeichnet.

5 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 349.

6 Vincenzo Camuccini (1771-1844), Präsident der Accademia di San Luca.

7 Papst Leo XII (1760-1829). Am 23. September 1823 zum Papst gewählt.

8 Wie Fußnote 3.

9 August Kestner (1777-1853), Diplomat in Rom.

10 Ludwig Kronprinz von Bayern (1786-1868).

11 Katharina von Predl (1790-1871), befreundete Malerin aus Teisbach.

12 Katharina Prinzessin von Montfort (1783-1835), geb. Prinzessin von Württemberg.

13 Herr Spenze, nicht ermittelt.

14 J. Klink, Maler und Lithograf aus München in Rom im Dezember 1823/24 (s. Friedrich Noack, Das Deutschtum in Rom, Stuttgart 1927, 2. Band, S. 317).

15 August Remy (1800-1872), Maler, später Professor in Berlin. Seine Zeichnung »Jakob und Rahel am Brunnen« war für das Vermählungsalbum von 1823 für das preußische Kronprinzenpaar Friedrich Wilhelm und Elisabeth bestimmt und bildet dort Blatt 14 (siehe Gerd Bartoschek und Adelheid Schendel, Das Vermählungsalbum von 1823. Zeichnungen deutscher Künstler in Italien für das preußische Königspaar, Ausst.-Kat. Potsdam 2008).

16 Johann Caspar Schinz (1798-1832), Maler aus Zürich.

17 Heinrich Maria von Heß (1789-1854), Maler aus Düsseldorf, später Professor in München.

18 Valentine Detrey, geb. Ellenrieder (1777-1847), Schwester der Künstlerin.

19 Franz Xaver von Nachtmann (1799-1845), Maler und Lithograf aus Obermais, studierte ab Dezember 1815 an der Münchner Kunstakademie Figurenzeichen (Kunstakademie München, Matrikelbuch 1809-1841). Er war Studienkollege von Marie Ellenrieder.

20 Moritz Daniel Oppenheim (1800-1882), Maler aus Hanau.

21 von Roden (sollte wohl von Reden lauten).

22 Wie Fußnote 3.

23 Franz Ludwig Wilhelm Freiherr von Reden (1754-1831), Gesandter des Königreichs Hannover in Rom.

24 Dürenberg, nicht ermittelt.

25 Müsste wohl 9. 3. lauten.

26 Louise Seidler (1786-1866), befreundete Malerin aus Jena.

27 Josef Thürmer (1789-1833), Architekt, Zeichner und Radierer, später Professor in Dresden.

28 Johann Friedrich Overbeck (1790-1854), Hauptvertreter der Kunstrichtung der sog. Nazarener, lebte seit 1810 in Rom.

29 Gebrüder Franz und Johannes Riepenhausen, Maler und Kupferstecher aus Göttingen.

30 Philipp Veit (1793-1877), Maler aus Berlin, seit 1815 in Rom.

31 Wie Fußnote 28.

32 Frau Sirletti war in Rom die Hauswirtin der Malerin.

33 Jan Baptist Maes (1794-1858), Maler aus Holland.

34 Farstapan, nicht ermittelt.

35 Lucginiano, nicht ermittelt.

36 Revi, nicht ermittelt.

37 Johann Metzger (1771-1844) aus Staufen im Breisgau, Gemälderestaurator und Kunsthändler in Florenz. Protégé von Karl Freiherr von Baden aus Freiburg i. B. auf dessen Empfehlung sich Marie Ellenrieder zusammen mit ihrer Freundin Katharina von Predl in Florenz aufhielt und bei der Familie Metzger wohnte.

38 Die Katholische Gemeinde von Ortenberg gab der Künstlerin zwei Altarbilder in Auftrag (siehe Edwin Fecker, Die Altargemälde von Marie Ellenrieder in der Pfarrkirche von Ortenberg, in: Die Ortenau, Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden, Bd. 93, 2013, S. 391-402).

 

 

Fünftes Buch1

 

 

in Florenz begonnen 12. Oktober 1824 (Freitag)

 

28. Oktober. Wunderbar ist es denn doch, daß in unser gleichsam ernstes Leben so manchmal ein abenteuerliches sich mischt, dazu gehört der heutige süße Tag wo Graf Raisach2 und Herr Durcie auf ihrer Durchreise in Florenz uns das freundliche Mittagmahl auf dem Lande veranstalteten, wo wir so vergnügt waren und der Himmel so heiter über uns schien. Ich zeichnete dann das Lustschloß des Großherzogs, dann gingen die anderen in die Größe des Gartens, und als wir uns hätten begegnen sollen schauten wir vergebens umher, da kam ein Reiter und wollte vorüber, aber bittend winkte ich mit der Hand, und wir frugen nach unseren verlorenen Kindern, in freundlichem Bescheid sagte er uns, er hatte weit und breit Niemanden gesehen, und sieh da, er sprengte sein Pferd und versprach sie zu suchen, in einem anderen Bezirk, er fand sie aber nicht, diese Nachricht brachte er mit teilnehmender Miene und dann wandte er sein Pferd und ritt seinen Weg. – –

 

Diese Freundlichkeit eines Fremdlings die wir auch waren erfreute uns in der Seele und wir kehrten dann nach der Stadt zurück, aber wir verirrten uns und kamen zu einem anderen Thor hinein. Doch fanden wir endlich nach Hause noch ungewiß ob die anderen angekommen wären. Aber siehe da: Es gab ein Wiedersehen.

 

Und so verließen wir sie dann, denn ihre Reisen gingen nach der heiligen Stadt. Unsere Verehrung folgt ihnen nach, denn beide sind für den Priesterstand würdige Männer.

 

Wer stets in wahrer Thätigkeit lebt und in dem Streben nach Wissenschaft und Kenntnissen der wird nicht leicht in niedere Gedanken verfallen. Davon nahm ich heute ein schönes Beispiel an Herrn Niehaus dem Architekten der so viele Kenntnisse mit dem eifrigsten Vorwärtsstreben vereinigt.

 

Die Fresken in St. Cruce sind doch ein bedeutender Wink, wie man Nebendinge nicht achtend die Geschichte im Ausdruck der Seele darstellen soll.

 

Ein großer Geist wohnte in diesen frommen Malern. Wie ist das nicht so schön ausgedacht auf der großen Wand in der Sakristei in der Form.

 

Rechts wird Christus zur Kreuzigung geführt, links ist seine Auferstehung, in der Mitte sterbend am Kreuze und aber auch die Verklärung.

 

Schön sind auch zwei Engel am Grabe mit den fragenden zwei Frauen die dritte hl. Magdalena ist schon weg gewendet und sieht den erstandenen Heiland in der Erscheinung. Und wie süß und niedlich ist nicht die Darstellung wo Joachim und Anna Maria zum Priester in den Tempel schicken. Es wartet ihrer aber vieles Volk und so wurden sie mit Musik empfangen. Und dann, wer fühlt nicht heiligen Schmerz beim Anblicke der Grablegung von Giotto.

 

Groß ist die Wirkung eines erhabenen Bildes sie gibt der Seele eine ganz andere Stimmung sie führt näher zu Gott.

 

Sonntag Oktober. Ein ruhiges Betragen – ein vorgenommenes Tagewerk – Anstrengung und Ruhe.

 

Was ist Zaudern, das Entbehren der lebendig machenden Gnade Gottes.

 

Es ist mir ein Kleinod anvertraut – trage es mit Hochachtung damit es durch Deine Schwäche nicht verletzt wird. Sei wirklich sei in der That liebevoll, sei tätig, gedenke Deines Berufes, den Du keineswegs vergessen mögest. –- Schaue auf Gott – denke der Weisen, arbeite, ohne Arbeit gibt es keinen Lohn. Schaue in dich hinein – Innen muß es gut bestellt sein. – –

 

Als ich mich wieder besser als andere glaubte ließ Gott mich frei, da fiel ich tiefer als jene über die ich mich erhob. Es war in den Tagen als ich aus meiner florentinischen Klause der Höflichkeit wegen oft zum Dienste der Welt auszugehen genötigt war.

 

Statt des Lohnes bezahlte ich meine genossenen Freuden nun beschließe ich aber auch vor meinem Fensterchen der Welt nicht wieder Opfer dieser Art zu bringen.

 

14. November. Also am Tage unseres Kirchenfürsten in meiner heiligen Klause. Es brennen über 200 Wachskerzen in verschiedenen Gruppen um das Allerheiligste, und Lorbeer wurde gestreut und der balsamierte Geruch davon verbreitete sich bis mein Zimmer davon erfüllt war. – – Oft frage ich Gott warum er mir so viel Gutes erweise, aber er sagt nichts denn die Liebe der Erbarmung ist stumm.

 

Am hl. Communionstag 5. März Gebet im süssen Kirchlein.

 

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Wenn ein Künstler nicht immerfort lernt, nicht immer stets unzufrieden ist und nicht immer bereit ist seine Fehler von Anderen zu hören, der geht zurück, allerhöchstens bleibt er stehen, wo er ist. Aber beunruhigen muß er sich auch nicht, wenn ihm das eine oder andere nicht gelingt. Die Alten besiegten jede dieser Leidenschaften und befragten bei allem und den geringsten Zweifeln die Natur.

 

Denn es gibt och ein immer weiteres Streben denn wenn man einmal so weit gekommen ist die Sache nach seinem Vermögen zu gestalten, so muß man suchen die Gestaltungsmittel immer mehr zu vergeistigen. –

 

Es ist wahr der Sonntag ist zur Ruhe. –

 

Aber er ist immerhin ein Tag – ein Geschenk womit man nicht verschwenderisch umgehen darf. Es gibt eine Zeit darin zum Lob und Dank und Bittopfer – dann kömmt die weitere Sorge für das Seelenheil, nun könnte man noch etwas zum Vorteil des Berufes ausdenken und beginnen – dieses habe ich leider ganz hinten an gesetzt. Auch habe ich sehr gefehlt die Predl3 gegen ihren Willen zu einem Spaziergang zu überreden da ich mich im Widerspruche ärgerte und mich deswegen des stillen Einflusses der schönen Natur unwürdig machte.

 

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Ich hätte wohl nicht säumen sollen nach der mißlungenen Zeichnung von der Sakristans Tochter das zu schnelle Verfahren zu rügen, denn ich beging den gleichen Fehler auch bei dem wunderschönen Vincenzo. Es ist keine Zeit verloren an der ersten Contur zu verweilen. – – –

 

Das waren schöne Erzählungen von Herrn Metzger,4 von jenen zwei frommen Priestern, wo von der eine auf dem Betstuhl, der andere nach dem hl. Meßopfer starb. Und von jenen zwei Fremden, wo von der eine in Livorno sich ins Meer stürzen wollte und von dem Vertrauen auf Gott nach dem erhaltenen Briefe gestärkt auf die Post ging und plötzlich Hilfe erhielt.

 

Es ist darum eine betrübte Geschichte da meine Abendmodelle schlechter als in Rom waren. Indessen aber ist es gut, damit nicht meine Eitelkeit überhand nehme. – – –

 

Die Erinnerungen, die die Predl mir bei der Skizze der hl. Cecilie machte waren sicher wahr. Sie hatte ein zu gemeines Aussehen, der Ausschnitt des Kleides war zu enge, die Achseln zu schmal, der Leib zu lang und der Schoß mit den Füßen zu kurz.

 

Überhaupt ich glaube viel weniger Fehler zu machen als die geschehen.

 

Die zwei Portraits von Raffael darf ich nimmer vergessen denn schön sind sie in ihrer Fülle von Geist und Leben.

(Beklagt sich daß im inneren Leben verflacht.)

 

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Die neuliche Unterredung von Herren P. R. und M.5 war auch lehrreich, sie sprachen von Colorit, daß man nämlich das Fleisch niemals weiß malen soll, denn gegen etwas Weißes gehalten, wird es doch immer ein ganz anderes Wesen von Tinte sein. Und daß die großen Meister die Glanzlichter einst machten, wie z. B. jene auf der Nase, dem Munde und bei meinen Köpfen aus der Idee, rieth er mir bisweilen einzelne Teile wie Nase, Mund aus dem Leben aufzufassen um mich in der Originalität zu üben.

 

Und die zwei Engel vor den Heiligen werden besser stehen, wenn sie eher hinter dieselben gestellt sind.

 

8. Januar 1825. Wenn im heimatlichen Lande, wo es mir für meine Gesundheit weniger behaglich schien, meine Lust und mein Muth wie das Gelingen zu wanken beginnen, so gedenke ich des 17. Jenner als ich das Engelsgewand zu zeichnen anfing, und es Klopfens an der Thüre meiner Schwermuth und des Spaziergangs wo die einsamen verlassenen Cypressen und Pinien stehen und der großen Mahlzeit des vorigen Tages und der Thränen die ich heute schluckte und meiner Versäumnis im Tagebuch und anderer nützlicher Dinge.

 

Warum ging es mir schlecht mit meinem hl. Bartholomäus Kopf,6 weil ich früher zur Auszeichnung schritt ehe ich mit der Contur zufrieden war.

 

Es kommt mir hart vor, wenn Herr Metzger so sehr den neuen Künstlern ihre Art und Weise verwirft und so wenig Funken von jenem Geist ihnen zutraut, wovon die alten Bilder so deutliche Spuren zeigen; ich meine ich könnte es nicht ertragen und glaube daß Meinungen dieser Art den Geist an der Ausübung hemmen.

 

Aber wahr ist, es liegt kein wahres Streben in mir, und diese Krankheiten der Seele scheinen die Alten überwunden zu haben.

 

Für blasse Köpfe bei Portraits rät Herr M. einen schwachen Grund z. B. grau untermalt, und dann ganz sehr schwach mit einem grünen Lack lasiert.

 

Meine Gewänder haben in dem Carton etwas lederartiges angenommen und das kommt daher weil ich bis an’s End hinaus gleich dunkel machte, er hingegen immer und vorzüglich bei fließenden Gewändern gegen dem Ende zu heller sein soll.

 

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Viele Tage sind wieder vorübergegangen und viele Beobachtungen sind versäumt und wie oft hatte ich notieren können daß ich in meiner Eigenliebe widersprach. Und ausgewichen bin ich auch der Erfüllung meines Berufes.

 

Suche niemals Sentenzen von dir zu geben, noch streite gegen eine Meinung, die dir nicht gefällt. Hochachtungsvoll betrage dich, da du die Geringste von allen bist.

 

Florenz am Faschingssonntag.

 

Dieses heutigen hl. Aschermittwoch werde ich zeitlebens mich erinnern so oft ihn mir Gott noch schenken wird; in welchem mir der fromme hl. Kapuziner zu meinem hl. Bartholomäus Modell saß.

 

Rein strahlten der Glaube und die Frömmigkeit aus seinem engelreinen Gesicht. – – O wie segnet Gott die frommen Seelen die in der Selbstverläugnung und in Fasten und beten Gott dienen. – – Heiliger Bartholomäus Dir ist das Verlangen bekannt, wie Gottes Angehörige beschaffen sein müssen. Du siehst die Wege auf welchen er sie zur Erkenntnis ihrer Fehltritt führt, und so stehe ich also vor dem Anblick eines großen Lasters, das Wurzel gefaßt stets in neuen Keimlingen ausbricht, siehst Du, er hat mich hingeführt auf den Punkt wo eine große Gnade mir beschert werden sollte, aber als gerechter Vater fordert er Gehorsam. Er fordert das Opfer zu kämpfen und den edlen Kampf zu bewahren, seinen Willen mit Wachsamkeit. Nun denn es sei in Zukunft meine Zunge bezähmt.

 

Sei also mein Fürbitter, daß wenn ich schon der Vergebung unwürdig ich dennoch begnadigt werde, daß es mir gelingen könne Dich hochheiliger Apostel in Deiner Verklärung darzustellen.

 

Überhaupt meine Thätigkeit steht derjenigen der Predl viel nach; und dann glaubte ich in stolzen Gedanken ich übertreffe sie weit in der Kunst, aber nun bin ich gedemütigt denn sie bewies mit meinem Portrait das Gegenteil, auch im Auffassen ganzer Bilder und Urteile. Hat man einmal einen Carton nach seinen Ideen zusammengebracht, so höre man nimmer auf kleine Zwickurteile die mehr eines aus der Fassung bringen können, als daß sie nützen. Denn im Malen finden sich solche Dinge von selbst wenn man fleißig und prüfend arbeitet.

 

Ach wie lange ist es nun, daß ich nicht thätig und prüfend Beobachtungen auffasste. Es kam mein Abschied von Florenz, meine Trennung von Italien meine Reise, und meine Ankunft und mein heimatliches Leben.7

 

( Selbstanklagen )

 

Auf Heimweg keine Beschreibung weist aber im Tagebuch hin, daß sie auf der Heimfahrt Beschreibungen gemacht habe . .....

 

4. Juli. Mein Benehmen gegen die Pepi8 bei jener Schiffahrt ist sehr zu tadeln. Schon am Abende als sie ankam blieb ich nicht auf, und den ganzen Morgen verließ ich meine Arbeit nicht, und als ich nach Hause kam vergaß ich ganz auf sie und sprach mit Anderen. So behandelte ich die, die so viel für mich thut, ohne sich damit zu brüsten.

 

Jezt wirken und schweigen sei mein Prinzip für mein künftiges Leben.

 

Dezember 1825. Rückschau auf Reise nach Italien, Dankbarkeit.

 

Das erste und größte Gebet ist die Liebe, und mit dieser Liebe verachte die Welt.

 

28. Januar. Da mein Leben so innig mit der Kunst zusammenhängt, so wird es besser sein die Beobachtungen und Erfahrungen ? .....

 

Beim kleinen Johannes9 habe ich den Fleischton gemischt, wozu ich eine grüne Tinte mit Neapel gelb und Ultramarin setzte in der Stärke drittes Dunkel und so setzte ich sie auch neben die zweite es schien mir nicht übel, doch glaube ich, daß ich besser zum Zweck kommen kann, wenn ich es so mache wie beim rechten Engel des hl. Boromäus,10 da mischte ich das Licht warm und dann ließ ich es nach dem Schatten mit immer mehr blau erkalten. Beim Übermalen hat es dann gut gethan als ich im Licht mit kalt darüber ging und im Schatten mit warm

 

Das Gelbe anstreichen hat nichts genützt, ich denke die Wirkung des Vorarbeitens beim Joh. Evangelist11 wird besser sein, da müßte ich schon eine helle Fleischtinte mit zwei gelblichen Mezzitinten und bei den Gewändern noch mehr Töne.

 

Die graulichte Landschaft beim kleinen Johannes lasierte ich mit Terra di Siena in ultramarin ich will gern sehen wie sich darüber arbeiten läßt. –

 

Die Gesichter der beiden heiligen Jungfrauen sind auch zu blaß und wie werde ich nun die verstärken können.

 

Bei der hl. Rosa12 bemerkte ich wieder, daß beim Anfange schon die Sache in Wirkung gemalt werden muß und nicht blos so angestrichen. Die Rose im Felde ließ mich Rosa Dich finden. – Ich sah dich entäußert von allen Gedanken der Welt, aber unbewußt peinigte eine Nadel dich unter dem schmuckvollen Kranze, daß sie dich warne vor jedem anderen Gedanken als an Gott. So mehrte Deine Schönheit sich und Würde bis endlich zum reinen Opfer gereift Du den Martyrertod starbst. Heilige Jungfrau bitte für mich, bitte daß kein irdischer Gedanke meine Seele umfasse, sondern von der Gnade Gottes beseelt ich einzig nur meinen Blick nach Dir wende wo Du im Himmel wohnst mit der Siegespalme prangend, daß ich den Schatten und Deine stille Heiligkeit zu gestalten vermöchte. Bitte um Segen für mich durch Jesus Christus.

 

Die röthlich blond gemalten Haare der Ana13 ..... mit nero di Colonia lasiert, hat sich zu einem schönen braunen umschaffen lassen und muß ich in Zukunft alles immer vorher auf ..... da man es mit einem Leder ja wieder reinigen kann; so bleibt doch kaum ein ähnlich Teil darauf.

 

Wie es mir beim Radieren meiner Madonna ging.14

 

Im Namen Gottes fing ich an, und es ging wie es schien alles gut. Dann goß ich vertrauensvoll auf Gottes Beistand das Scheidewasser darauf und es gelang mir, so wie ich es ungefähr wünschte.

 

Immer aber im Namen Jesu, sehnte ich mich plötzlich nach einem Farbendruck denn an die Stelle des Verstandes trat eine Art Leidenschaft, und da lief ich durch Schmutz und Nebel zu einem Steindrucker, von dem ich mir vorgeben ließ, man könne da recht gut einen Abdruck machen. Gott vergessend. verließ mich auch Klugheit und aller Verstand, daß ich unfähig war zu überlegen, daß die gewaltigen Streichpressen auch meine zart graziösen Blättchen verderben könnten. Mittlerweile zog es der grausame Mann 4 mal durch mit jedesmal schlechterem Abdruck, bis das stumpf gewordene Blättchen mich plötzlich erschreckte. Hier wurde ich gestraft.

 

Das Blättchen mußte doch nach Zürich15 und wahrlich so weit es auch dahin ist, so wäre es doch der nächste Weg gewesen die Vollendung des Blättchens zu fördern; denn gerade für einen Probedruck muß es unter eine geschickte, geübte Hand kommen.

 

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Von diesem Mal fiel es wieder zu schwach aus und ohne Harmonie, besser würde ich gethan haben, wenn ich nicht hinein mit dem Grabstichel gearbeitet hätte.

 

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Den 2. April 1826 nach dem ich Besuche machte.

 

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Der Hang zur Trägheit und die Beunruhigung von Geschäftsgängen der Eitelkeit riß mich heute unwiderstehlich von  meiner Amtstreue und was hab ich nun errungen. Was nützt mich all mein Plaudern, muß ich es nicht eher bereuen als loben der Welt anstatt dem Himmel gedient zu haben – vielleicht meiner Gesundheit geschadet, und vielleicht noch mehr mit der Zunge meine Seele befleckt. Ist das wohl Christenthum so einen edlen Nachmittag ganz zu vergeuden. Es gibt ja einzelne Stündchen, wo hie und da ein Gang aus Geselligkeit geschehen kann, warum ganze Tage opfern?.

 

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Wenn alle euere Handlungen nur aus reinen Beweggründen flössen, sagt der hl. Hilarius, wird euer Leben ein ununterbrochenes Gebet und eine beständige Betrachtung des Göttlichen Willens sein, weil ihr ihn Tag und Nacht zu erfüllen sucht.

 

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Hl. Bartholomäus. Nie konnte ich mir recht die Farbenpracht vorstellen und festhalten wenn ich so die Gruppe dachte und da es nicht ordentlich in meiner Seele lag, so konnte ich auch dahin nichts arbeiten, manches hätte ich reiner in der selben Farbe gehalten, und alles viel kräftiger, nicht daß ich hätte so viel nachhelfen müssen. An manchen Stellen ist es nicht markig genug. Deswegen sagte mir auch Herr Schinz,16 daß man bei Beginn eines Bildes auf die Wirkung von Licht und Schatten sehr bedacht sein muß, und besonders wäre dies notwendig wenn ein Bild so hoch in die Ferne kommt.

 

Anstatt Neapelgelb riet er mir für die Zukunft hell ocker, daß die Bäume dunkler wurden, hatte der Landschaft vortrefflich gethan.

 

Die meisten Mängel mahnen mich am deutlichsten nach jeder Behandlung, es wäre daher gut, wenn ich jedesmal aufschreiben würde um es vornehmen zu können wenn ich darüber sinne.

 

 

Rastatt August 1826.

 

Baden auf dem alten Schloß 1826   21. August.

 

Wo Du über die Vergänglichkeit das Siegel Deines Sieges aufdrückst, da lehrst Du daß auch einmal im Triumphe die Tugend ihr Fest haben wird, wenn sie gekämpft und gerungen hat. Zusammengerissen sei aber das emporgetürmte Gebäude der Sinnlichkeit, und sprießen über den Ruinen hochstämmige Bäume, die von der Erde herab nach dem Himmel schauen. So himmlischer Vater laß stehen die zerfallene Burg über meinem Herzen, bis das Abendlicht ihre Wipfel vergoldet und ich dankend hinfalle im Staub, Dich für die Größe Deiner ewigen Erbarmung zu preisen. –

 

Baden 21. September 1826.

 

Als ich zurückkam fand ich Briefe von zu Hause. Eine fremde Zunge sprach mir von einer Besinnung für’s geistige Leben – ich stutzte – obwohl ich früh schon in der Blüte des Lebens mein Herz dem Himmel verkaufte. – – – Ich mußte erkennen daß ich es dem Himmel nicht ließ.

 

Baden 16. September vor meiner Abreise nach Stuttgart mit meinen lieben Freunden Fr. von Vincenti17 und Fräulein Biedenfeld18 und dem kl. Carl19 zu einem fröhlichen Wiedersehen der lieben Gattin.

 

Baden 21.   ?   Bei der Rückkunft Briefe von Hause, (freut sich sehr und ist dankbar.) Kl. Johannes glaubt sei nicht gut weil ich vom dunkelsten an mich stufenweise .......... ohne den Verstand überlegen zu lassen, daß die Natur ihre unendlichen Weisheiten hat. – – –

 

(Menge lieblichster Aufträge.)

 

Wie konnte ich neuem zwecklosen Begehren huldigen „Gott schau noch einmal auf den Staub hernieder und gieb mir meine Freiheit wieder.“

 

 

Carlsruhe Dezember 1826.

 

(Besuch 2 Portraits angeschaut.)20

 

Carlsruhe 8. April.

 

Überhaupt muß ich auf Kraft und Wirkung mehr bedacht sein.

 

3. August 1827.

 

Wie ein freundlicher Bote aus der heiligen Stadt erschien auf einmal unser theurer Freund Kestner,21 er rieth mir die Wirkungen der Natur belehrend aufzufassen. Wie schön legte er aus, warum die gothische Bauart am meisten zur Andacht stimmt. Aus der Tiefe erhebt sich die Masse und endet nach oben verjüngt immer höher und höher bis die höchste Stufe erreicht ist, die Vollkommenheit.

 

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An meiner Glorie stellte er aus, daß sie zu unruhig und zu lebhaft sei, offene Himmel dieser Art müssen gleichsam als Ornament betrachtet werden, an dem die Ruhe und ein stiller hoher Geist nicht fehlen darf. Dann hatte ich so viele steife gleichlaufende Linien, die sein Zartgefühl beleidigten, da machte er mich auf jene schwellende Linie der Vasen aufmerksam, die die deutlichsten Spuren offenbaren, daß die Alten immer die schöne Natur studierten, die in ihren Umrissen nie steif ist. – Auch bemerkte er, daß ich meine Figuren gerne zu lang mache und Hände und Füße zu klein.

 

Das Mädchenköpfchen gefiel ihm, indem seine schmachtenden Äuglein bezeugen, daß halboffene Augen für diese Welt genug sind.

 

Herr Gessler22 sagte heute in seiner Predigt „Die Liebe ist die Waffe gegen die Widerwärtigkeiten.“

 

Ich empfand es, indem ich sie mir aber nicht geben konnte.

 

Der hl. Simon Stiliti machte es sich zum Grundsatz nie von seinen Leiden zu reden.

 

An den Studien zu meinen Engelsköpfen rügte man mir, daß sie zu viel Portrait und nicht jung genug wären; und die Köpfe ein wenig breit.

 

Sylvester 1827.     (Neujahrsbetrachtung)

 

Hagedorn sagt: „Es giebt dem Künstler eine Würde, wenn der Künstler ein rechtschaffener Mensch ist.“

 

            Lasst auf dem gespannten Tuche,

            Wie auf stiller Meeresfläche, sanfte

            Ruhe sich verbreiten, überdachte Stille sein. – –

 

1828 Halsentzündung.

 

Meine Arbeit sollte von einer heiligen von allen irdischen Schwachheiten freien Seele geleitet werden.

 

Ich will mit Überwindung beginnen nicht finster zu sein.

 

Heiligenberg 1828   26. September.

 

Es ist nun ein halbes Jahr daß ich nicht in mein Tagebuch schreibe. Wenn schon keine äußeren Eindrücke mein Gemüt mehr in Bewegung setzen wie in Italien so ist das keine Entschuldigung.

 

Auf der Reise nach Freiburg.

 

Ach stille sein und thun was mir obliegt es mag ein Augenblick der Freude sein oder des Leides, die ununterbrochene Ausübung aller Pflichten in allen Lagen des Lebens ist die Hüterin.

 

Tadle nicht, suche das Gute.

 

3. Oktober 1828 Heiligenberg.

 

Hier auf dem hl. Berge da glaubte ich wird der Geist seine feste Richtung neu gesetzlich nach der Endabsicht des höchsten Willens auf künftige Tage in Ordnung bringen können; allein er ist so sehr in Versunkenheit, daß wenn er sich auch erhebt nimmt er seine Wendung auf’s Lieblose und läßt den Eigennutz emporschnellen wie Herbstnebel, welche die Sonne verdunkeln.

 

Hat wirklich die Welt mich wieder großmütig belohnt, so weißt es Du ewiger Vater der Du es den Meinen und mir vergelten kannst wozu eine viel größere Summe als ich sie gehabt hätte, nicht würde hingereicht haben ohne noch des Segens zu gedenken, den Du über unsere Seelen ergießen wirst, wenn wir Dulden und Lieben.

 

Hier in dieser edeln fürstlichen Familie23 wo eines dem anderen mit lieblicher Miene begegnet, und ohne viel Worte Freundlichkeit ausübt.

 

Hier sollte ich ein Beispiel des Benehmens gegen andere einstudieren, damit ich meine Vielrederei abgewöhne und eine kurze von Liebe erfüllte Antwort lernen kann. Es ist mir auch physisch wohler, weil ich weniger reden darf, auch scheint es in jeder Hinsicht heilsam, mit dem äußeren Benehmen und nettem Anzug sich in Acht nehmen zu müssen. Es sei mir daher vorgenommen meine Kleider nicht mehr gar so sehr auszutragen und immer ordentlich und reinlich mit mir selbst zu sein.

 

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Es ist nicht bald ein Mensch dessen Wünsche und Wille so befriedigt werden, als wie das von den Meinigen gegen mich geschieht. Ein besonderer Drang lange und ungeteilt bei der Arbeit zu bleiben bewog mich um eine andere Tagesordnung zu bitten.

 

Frühstück und Mittagessen auf Zimmer, dann bis abends 4 Uhr arbeiten, nur Vater durfte stören, wurde mit der Zeit zu anstrengend so daß abends so nervös, daß die geringste Geselligkeit Folterbank des Geistes.

 

1828 Sylvesterbetrachtung, Dankgebet etc.

 

1. Jan. 1829     (Gebet)

 

Hagedorn24 glaubte, daß große Künstler niemals unterlassen haben mit kennendem Auge die Menschen und ihre Neigungen zu beobachten. Wir sind zu diesem Fortgang in Erkenntnissen bestimmt, die Natur wenn sie am größten erscheint ist allemal den kürzesten Weg gegangen. Diese Kunststücke teile sie dem Genie mit, das nach ihren Gesetzen wirkt an der klugen Enthaltung von allem Ueberflüssigem entsproßt oftmals jene scheinbare Leichtigkeit in der Verbindung.

 

Und weiter heißt es, forschet und untersucht das Wahre, so werdet Ihr auch zu dem Wahrscheinlichen in der Kunst gelangen.

 

Brandgefahr. – Gelübde nicht zu murren. 15. Januar.

 

1. März. Schöne Predigt bei Herrn Geßner25 nur fromme Gefühle noch keine Frömmigkeit. Mein Herz gleicht dem Monde.

 

Gesundheit litt wenn nach vollbrachter Arbeit sie Besuche etc machte, und doch der Ruhe so dringend bedurfte.

 

Man hat immer Zeit die Kranken und Armen zu besuchen, das ist christliche Geselligkeit von Gott vertraut.

 

                                                    Der hl. Johannes Evangelist.

 

In ewiglich jugendlicher Schönheit. Er sieht die Offenbarungen Gottes, wird von einem Boten des Himmels bey der Hand genommen, daß, er hier schreibe was sein Geist in heiliger Reinheit und Liebe zu sehen gewürdigt ist. Erfüllt von Gottes Gnaden schaut er hinauf, die Wunder der allmächtigen Fügungen in seiner Seele aufzufassen.

 

Es ist ihm wohl denn vor seinen Augen hat sich der Himmel erschlossen.

 

Der Engel freut sich der kindlichen Liebe und des stillen Gehorsams des frommen Jüngers auf seinem erhabenen Gesichte zu lesen, und sieht der Erfüllung seines Auftrags entgegen, der in ewige Zeiten den Willen des allliebenden Gottes, unseres erbarmenden Vaters verkündet.

 

Heiliger Johannes bitte für mich, mahne mich stündlich und alle Augenblicke an jene Sanftmuth Deiner himmlischen Seele. Deine Worte waren stets liebevoll, denn sie kamen aus der Fassungskraft eines schonenden Gemütes. O Du, der Du so nahe an dem Herzen Jesu ruhtest, lehre mich die Liebe, jene alles besiegende Liebe, die die Gedanken ordnet und helfen kann wenn im Gedränge alle niedrigen Empfindungen sich erheben und von allem irdischen Gut losgebunden ohne Nebenabsicht ihre Pflichten erfüllt, Gott zu verherrlichen.

 

Nun bin ich im Begriffe die letzte Hand an meinen geliebtesten Jünger zu legen. So lange malte ich schon an Deinem Herzensfreunde und noch keiner seiner Tugenden habe ich mich ernstlich beflissen.

 

11. Dezember 1829.

 

Hier im Sale der Dompropstei muß ich Dir o Gott meinen Schmerz klagen wegen Franzens.26

 

(Heilige Stunden mit ihm verlebt – Vorwürfe weil Wünsche versagt.)

 

(Franz Arbeiten nicht genug geschätzt)

 

Wollte angefangenes Bild in der Dompropstei sehen, hatte es ihm versprochen aber vergessen, ehe Gerüst weggenommen war starb Franz am Sylvestertag 1829.

 

Noch nie haben nach einem Abschied der mannigfaltigen Natur so wenig die Gedanken der Trennung besänftigen können wie dieses mal. Ein Heimwehgefühl ergriff mein Herz mit Thränen benetzte ich meinen Weg.

 

Nachdem ich mich von meiner Freundin Predl27 trennte in Florenz im April 1825. Sie blieb noch eine Zeit, dann reiste sie nach London, ich nach Hause nach dem ich zwei Jahre und 2 Monate mit ihr in Rom und Florenz überglücklich war.

 

Gottes Segen sei mit ihr.

 

 

1 www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/besondere-bestaende/nachlaesse/nachlaesse-a-h.php

Badische Landesbibliothek Karlsruhe, HSA, Inv.-Nr. K 2678.

2 Karl August Graf von Reisach (1800-1869), aus Roth bei Nürnberg auf der Reise nach Rom, wo er in das Collegium Germanicum eintrat. Graf Reisach wurde später Bischof von Eichstätt und Erzbischof von München und Freising.

3 Katharina von Predl (1790-1871), befreundete Malerin aus Teisbach.

4 Johann Metzger (1771-1844), Gemälderestaurator und Kunsthändler in Florenz.

5 Wohl Johann Metzger.

6 Vergleiche Fischer u. Blanckenhagen WV 338.

7 Beschriftete und datierte Zeichnungen aus dem Nachlass der Künstlerin, die sich im Besitz des Kunsthauses Zürich befinden, erlauben eine Rekonstruktion der Rückreise von Florenz nach Konstanz. Demnach müsste Marie Ellenrieder am Montag den 4. April 1825 in Florenz abgereist sein. Ihr Reiseweg führte über Bologna und Padua, weiter über Bassano nach Grigno, wo sie am  Donnerstag den 14. April eine Mutter mit ihren Kindern skizzierte. Am Freitag den 15. April erreichte sie Trient und ihr Aufenthalt in Bozen und Gargazon am Samstag den 16. April  ist wieder durch Skizzen von Personen in Tiroler Tracht dokumentiert. Es kann davon ausgegangen werden, dass sie am Sonntag den 17. April Meran erreichte und am Montag den 18. April müsste sie in Landeck gewesen sein, denn am Dienstag den 19. April zeichnet sie in St. Anton am Arlberg eine Frau am Spinnrad. Über Bludenz und Bregenz dürfte sie am Freitag den 22. April in Konstanz angekommen sein.

8 Josefine Ellenrieder (1785-1871), Schwester der Künstlerin.

9 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

10 Nicht bei Fischer und Blanckenhagen.

11 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 348.

12 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 365.

13 Vergleiche Fischer und Blanckenhagen WV 335.

14 Fischer und Blanckenhagen WV 329A.

15 Geändert in Zürich statt zurück.

16 Johann Caspar Schinz (1798-1832), Maler aus Zürich.

17 Anna von Vincenti, geb. von Hüetlin (1793-1866), Freundin der Künstlerin, war seit 1818 verheiratet mit Carl August von Vincenti (1792-1824). Das Badewochenblatt zum Nutzen und Vergnügen der Badegäste in der großherzoglichen Stadt Baden. Jahrgang 1826, Nro. 39. Samstag den 12. August 1826, verzeichnet unter den vom 9. bis 11. August angekommenen Badegästen Frau von Vincenti mit Fam. und Bed., und Fräulein von Biedenfeld aus Karlsruhe sowie Demoiselle Ellenrieder aus Konstanz.

18 Wohl Henriette von Biedenfeld (geb. 28. Februar 1798), Tochter der Friedericke und des Ferdinand von Biedenfeld, großherzoglich badischer Generalmajor in Karlsruhe.

19 Dabei dürfte es sich um Carl von Vincenti, geboren am 28. Februar 1820, dem ersten Sohn von Anna von Vincenti und Carl August von Vincenti handeln.

20 Ludwig Robert berichtet in einem Brief aus Karlsruhe vom 27. Januar 1827 an seine Schwester Rahel Levin Varnhagen über einen Besuch der Künstlerin, bei dem sie das Portrait seiner Frau Friedericke, das Eduard Magnus 1826 gemalt hatte, folgendes: »Rickens Bild gefällt hier außerordentlich. Die Ellenrieder (Mahlerin aus Konstanz) hat stundenlang davor untersuchend geknieet, und kann auch die technische Kunst nicht genugsam loben« (Consolina Vigliero (Hrsg.), Rahel Levin Varnhagen. Briefwechsel mit Ludwig Robert, München, Verlag Beck, 2001, S. 489).

21 August Kestner (1777-1853) besuchte die Künstlerin in Konstanz und übernachtete in ihrem Atelier (vergl. Marie Jorns, August Kestner und seine Zeit 1777-1853, 1964, S. 187).

22 Josef Anton Gässler (1776-1857), Kaplan in der Münsterpfarrei in Konstanz, ab 1831 Stadtpfarrer in St. Stephan in Karlsruhe.

23 Fürsten zu Fürstenberg.

24 Christian Ludwig von Hagedorn (1717-1780), erster Direktor der Dresdener Kunstakademie. Seine kunsttheoretische Schrift »Betrachtungen über die Mahlerey« erschien 1762 bei Johann Wendlern in Leipzig.

25 Sollte wohl Gässler lauten.

26 Franz Hutter (1814-1829), Neffe der Künstlerin.

27 Katharina von Predl (1790-1871), befreundete Malerin mit der zusammen Marie Ellenrieder in Rom und Florenz wohnte und arbeitete.

 

 

Madonna_mit_segnendem_Christusknaben

 

Madonna mit dem Jesusknaben an der Hand (Fischer und Blanckenhagen

WV 329 B). Radierung nach dem Hauptwerk der Künstlerin. Fischer und

Blanckenhagen datieren »Nach 1855.«

 

 

Sechstes Buch1

 

den 19 Oktober 1840 die Kindersegnung im Hirschgarten angefangen2

 

den 14 Juni 1842 von Karlsruh abgereist.

 

                                                                            Maria Ellenrieder.3

 

 

                Den 29ten December 1833.

 

Lange schwankte ich hin & her, zu welchem

Zweck ich wohl dieß theure Buch verwenden sollte.

 

Da gieng ein Licht in meinem Inner auf

Ich soll es weyhn’ dem höhern Lebenslauf:

Dem Leben in der Seele. –

Daß ich treu nach Tugend ringe,

Täglich Gott ein Opfer bringe:

Und daß ich stetz des Buchs gedenke,

Und wer es gab, mir zum Geschenke! –

 

Rein und fromm & fröhlich gut

Sey der Geist, der Sinn, das Herz,

Und wenn ich brauche Kraft und Muth

Achte nicht die Müh’ den Schmerz.

Alles was ein fromm’ Gemüth

zu denken & zu sagen weißt

Das singe wie ein heilig Lied

Um Stärke für den müden Geist.

 

Und sollten auch der Erdenleiden herab

mich stimmen,

Denk ich des Buchs –  es fordert auf

hinan zu klimmen. –

Und, rasch beginnt die Flucht von einem

zerstörten Gemüthe

Es wallt zu des Buches entfallender

Blüthe. –

Und wenn dir Heil und frische Kraft

Aus Edens Heimath, Gott verschafft.

Dann raffe alles Glück zusammen

Und male Schönes in Gottes Nahmen.

Ach möge mir aus Himmels Auen

Der Segen Gottes niederthauen!

amen.

 

Diesem folgte dan die bildliche Darstellung vom 26ten Januar 1834.4 & nun beginnt das Tagebuch

vom Jahr 1835.

                                                                               

                                                                                   Tagebuch

                                                                                       1835.

                                                                                           –

 

Ich danke Dir O Gott! – Wachend und bethend habe ich die erste Stunde dieses Jahres aus deiner milden

Vaterhand empfangen. – Segne ferner mich daß ich wachend & bethend täglich erfillen kann meine Pflichten.

 

 

Alles was du o Jesu uns lehrtest und von uns verlangtest ist göttliche Weisheit & göttliches Wohlwollen. – Wer

nach dem ersten ringt, empfängt die Kraft das Zweite zu auszuüben. – und wer nun hiermit seine Seele zu

kleiden sucht, gleicht einem beschenkten Kinde am Weihnachtstage, – das dann kömmt & dem Vater

danken will. –

 

Und welcher Trost! – es darf wißen, daß der Vater es nicht zurückweist – ja liebend breitet er die Arme aus. –

 

Ach! so eile ich denn, in der ersten Stunde des neuen Jahres – hinauf zu rufen aus der ganzen Macht meiner Seele

                                                                   Vater unser, der Du bist im

                                                                                Himmel!!!

 Besuche mich in Deinem Weinberge, daß ich gestärkt werde zu heiligen Dein Name, und ich entgegen wirken

kan, dem Reiche, daß da kommen soll, bis wir Alle, ein Herz & eine Seele nur einen Willen erfillen, den

Deinen, o ewige Liebe! – wie es bei Dir in dem Himmel geschieth. – Gieb, daß wir nicht müde werden &

den Muth nicht sinken laßen, täglich unser Brod.

 

Vergeße unsere Vergehungen, daß wir auch recht eilig vergeßen wenn etwa die Mitbrüder uns kränken.

Führe uns aus jeder Versuchung zum Bösen, und lenke die wohlverdienten Strafen gnädiglich von uns ab.

                                                                                Amen

                                                                                    –

 

Ich fühle, daß ich doch nicht recht that; zwischen den hohen Festtagen die in die Mitte der Wochen fielen,

meine pflichtmäßigen Tagesordnungen zu unterbrechen. –

 

Ich schrieb Briefe am hellsten Tage, machte Besuche, ordnete anderes auch, was nur für Nebenstunden

paßend wäre, ließ mehrere Tage kein Modell mehr kommen, auch übte ich mich nicht mehr auf dem Klavier,

besah keine Kupferstiche, zeichnete nicht ins Zwickbuch; gieng ohne alle malerische Bemerkungen dahin,

wie ein gedankenloses Dienstmägdlein.

                                                            So, darf es nicht wieder gehen!

                                                                                    –

 

An meinen Geist.

 

Da meine Seel’ nicht schuldlos ist

Und du doch der Reinste bist,

Daurt die Verwirrung immerfort,

Ich bin ein Schäflein ohne Hort.

 

Ach könnt das Herz dich nie verlieren

O! Geist! dies wär’ ein süßes Glück.

Ach Hand in Hand thätst du mich führen,

Mein Herz wär weis, & sanft der Blick.

 

Aber so – flieh’n Tag’ & Stunden

Und ich hab dich nicht gefunden,

In Jammer& in Plag verschwendet

Viel Gutes, das mir Gott gespendet.

 

Ich bin ins Nichts herabgesunken

Ohne, dich, du Lebensfunken!

Ach komme weil’ & leite mich

Du weist, der Herr liebt mich & dich.

 

Als meine Mutter mich gebohren

Hat Gott mir auch den Geist erkohren,

Ein Funken seiner Lieb’ & Treu

Zum Gottes Wort „nun leb & sei“!

 

In der Kindheit unschuldstagen

War ich weise, fromm & heiter

Alles war voll Wohlbehagen

Und nun – flieth dieses immer weiter.

 

O süßer Geist, o Lebensfürst

Komm zu deinem Reiche wieder,

Ich strebe – daß du finden wirst

Die verlohrne Unschuld wieder.

 

Das, gestärkt mit dir vereint

Ich die Faßung stetz behalte,

Und so, – das Leben uns erneut

Sich das Beste froh entfalte.

 

Im Akord der reinsten Töne,

Ueben wir dann alles Schöne

Liebend, bethend, opfernd hin

Weil ich mit dir glücklich bin.

 

Gottes Geist kömt dann hernieder

Und wir sind dann Himmelsbrüder

Himmelsfreude, Himmels Sinn,

Leitet uns zum Ziele hin.

Konst, den 5ten Jenner.

 

                                                    Über die Genremalerei.

 

Es giebt jezt der Maler so viele, die aus der Natur die schönsten Darstellungen hervorbringen: wir verweilen

gerne dabei, und es thut unserem Herzen wohl, so liebliche Bilder aus dem Leben vor unsere Augen gestellt

zu sehen. – Aber so viele Bewegungen zum Guten die Natur überhaupt uns darbiethet, auch zu höhern

Ahnungen erweckt, – ist sie doch noch lange nicht die Religion selbst, die Jesus vom Himmel brachte &

ausübte; Er lehrte uns glauben & lieben, was wir nicht sehen, machte aber doch des himmlischen Vaters

Verhältniß zu uns so anschaulich, daß wir nicht anders als fortwährend an ihn denken können.

 

Einem Solchen ist es dan nicht genug, sich an irdischen Bildern zu ergötzen, sein Blick nach dem Himmel

gerichtet sucht heilige Gegenstände, und so wie wir auf dieser Erde die wahre Heimath nicht haben, so kann

die Seele an zeitlichen Gegenständen ihre Sehnsucht nicht stillen, wo sie aber etwas Himmlisches auf der Erde

begegnet, da erweitert sich das Gemüth, auch wenn es nur eine leise Bedeutung ist, von dem was sie in ihrem

Innersten empfindet: sie verzichtet gern auf Vollkommenheit, und begnügt sich es dennoch zu verehren & zu

lieben; den das sichtbare Zeichen nach dem Höchsten gerungen zu haben, ist dem frommen Herzen ein

bekannter Kampf. – Im Umgange mit Göttlichem, göttlich gesinnt zu werden, ist der Seele heiligstes Streben. –

 

Drum laßt dan die Kunst in ihrem vollen Tage dem Heiligen sich weyh’n; edleres Streben giebts (nach den

Wohlthaten der Liebe) keines.

 

                                                                                ! –!–!–

 

Mag der Welt Urtheil auch gegen mich sein und mit keiner Liebe sich mit diesen & jenen Compositionen

aussehnen zu wollen. – Nimmer gehe ich wieder von meinem ersten Gedanken zurück: – den schwer genug

mußte ich es fühlen, was eine wesentliche Veränderung hervorbringt. Sie ist die Störerin eines originellen

Bildes: – wo dieses aber tief in der Seele sitzt, da ist es unverdilgbar; und kaimt wie eine heimische Blume

hervor, wenn nach langen Versuchen der Boden wie müde nur unbefriedigende Gräschen hervor brachte. –

 

Da sieht man dann, daß Dinge die nicht dem angebohrnen Genie angehören, keine Wurzel faßen können. –

Auf die Fehler aber die sich bei der Ausübung einschleichen muß mann sich fleißig aufmerksamm machen

laßen, wäre es auch bisweilen etwas, daß den Sinn einigermaßen änderte, aber dem wesentlich Gedachten

nicht widerspräche, so könnte dieses auch gut sein.

 

Sonst aber beruhige man sich mit der treuen Ausführung nach Allen Kräften, um den Gegenstand in ein tichtiges

Ganzes zu bringen. – Neuerer erscheint dan ein solches Bild; als Eines das nach allen Gradazionen von Regeln

abgemeßen worden ist.

 

Ellenrieder Marie Tagebuch

 

 

Ich wanndte meine Augen nach Dir o Gott! und versprach – zu denken & zu wandeln als wäre der Himmel

stetz offen über mir.

 

                                    Carlsruhe d. 26 Jenner 1834.

 

1835 im Mayen, geschrieben den 21ten als am Geburtstage der theuren Frau Großherzogin Sophie.5

 

Wie lange schon hätte ich gerne wieder einmal Einiges von meinem inneren Leben in dieses liebe Buch

geschrieben. Aber leider hätte ich mit dem Geständniß einer Entwürdigung beginnen müßen, und das

that mir zu herzlich leid. –

 

Kleine unbedeutende Vernachläßigungen führen, wer sollte es meinen, stuffenweis abwärts, und so wenig

bemerkbar, daß wehrend man sich noch beßer als andere denkt, man schon tiefer als diese gefallen ist.

 

Ach sehe meine Sinden nicht an o Gott! den verwerffen müßtest du mich, und verworfen von Dir, wo fände

ich ein Glück ohne dich! –

 

Lieben will ich Dich, lieben Dein Joch, lieben die Menschen – daß Du mich wieder liebst wie Du mich bisher

geliebt hast. Ach! und habe ich Dich nicht auch geliebet, habe ich Dir nicht täglich Beweise davon gegeben?

und auch öffentlich Dich bekennet! –

 

Bei allem Treiben und Jagen nach Faßung & Geistesthätigkeit, konnte ich immer nur Eines wahrnehmen was noth

thut um wirklich ganz tugendhaft werden zu können: nemlich eine völlige niemals zögernde Hingebung in den Willen

Gottes; und eine gänzliche Entäußerung des eigenen Willens. – Dieses ist aber die allerschwerste Aufforderung auf

der ganzen Erde! –

 

Denn da bethet der Mensch nicht nur den Willen Gottes an, der sich zeigt in ganzen Schicksalen & wunderbaren

Führungen: sondern er ist äußerst wachsamm dem unangenehmsten Willen eines Andern mit Ruhe & Freundlichkeit

zu begegnen, und wo möglich immer zu erfillen. Unerträglich schien mir oft diese Last zu werden. Ach vieleicht

wird noch viel Herberes kommen: entzezlich bittere Begegniße: dann aber rede Du die Worte zu meinem Herzen

„bleibe beharrlich“ bleibe beharrlich.

 

                                                                                    –

                                                            Am Auffahrtstage den 28ten May.

 

Es ist mir, als hätte ich nie so wenig gethan als diese Zeither. – Führe o Engel mich auf den Standpunkt, von wo

aus ich überschauen kann die Hemmungen meines Geistes und die Hemmungen meiner phisischen Kräften. –

 

Der Engel. – Meines Erachtens siehst du zu viel nach Außen und was von Andern geschieht, und was von

denselben gethan & unterlaßen wird, und dieses Alles lobest oder tadelst du, beides mit überspannten Kräften. –

 

Der göttlichen Weisheit gemäß, sollte man nicht einmal mit ruhigem Gemüthe urtheilen, sondern, gar nicht, –

gerade so, als ob nichts vorgienge. – Dann sammelst du deine Kraft zu der Seele & des Körpers Gesundheit;

bethest arbeitend, bethest ruhend, denn immer stehst du vor der Gegenwart Gottes, von keiner irdischen

Störung befangen. – Alles was du dann thust wird Gott segnen, wird dich liebend sein Kind nennen, dich vor

allen Rükfällen bewahren, und dich meinem Schutze empfehlen, daß du Kühlung findest am Schatten meiner

über dich ausgebreiteten Schwingen. –

 

Auch solltest du eßen dein Brod im Schweiße und gleichsam weder Ruhe noch Erholung die gönnen: den – Gift

trinkest du statt Würze wenn du freywillig dich zerstreuest oder gedankenlos stille stehst. –

 

Du hast diese zeither zu wenig auf dich Acht geben, als daß du wißen könntest, wie sehr du dich selbst suchst &

genießen willst. – Diese sind die Haupthinterniße im Fortschreiten des Geistes & der übrigen Übungen.

 

Alles Suchen hierunten ist tödend; wer aber mit Gott vereinigt ist, deßen ist, dieses Leben & die Ewigkeit: und

die Ruhe, die Freude & der Frieden. Amen.

 

                                                                            –

 

Arbeite getrost und sei fleißiger als bisher; besonders suche die öfftern Unterbrechungen zu vermeiden: Alle

Störungen aber die ungerufen kommen ertrage mit Gelaßenheit; nur Jenne vermeide mit allem Ernst die du

dir gerne selber machest.

 

                                                                            –

 

Abermals bethe ich zu Dir O Gott! Lehre Du allein mich Weisheit. – Die Gespräche hierüber, auch von den

besten Menschen verwirren mich und ziehen mich stetz mehr herab, von dem einfachen Fluge zu Dir.

 

                                                                            –

 

Ich mache immer neue Beobachtungen, du lieber Gott! In deiner Schule.

 

Ich glaubte oft Ruhe zu verdienen, und suchte sie – aber fand sie nicht; dann glaubte ich wieder nach so mancher

Anstrengung, wohl ein bischen für mich leben zu derfen, indem ich mich mit schönen Gedanken begeistern wollte,

allein wie vernagelt war dann der Geist in einem undurchdringlichen Gehäuse: anderemal glaubte ich wieder,

mir wohl durch ein Vergnügen mir eine Erholung verschaffen zu derfen, – und da war ich gerade am allerwenigsten

empfänglich, oder es entfaltete sich zu einer großen Widerwärtigkeit. –

 

Ganz anders war es dann, wenn recht viel Unangenehmes sich sammelte; und ich es wo möglich mit Gedult

übertrug; da – erweiterte sich nachher das Herz, und es war der Freude und der Ruhe geöffnet, auch eines

Denkens fähig welches sich festhalten ließ. –

 

Es ist also wahr! daß da wo ich mich selbst suche, ich nichts finde, wo ich aber hingebend meine Pflicht erfillte

wie es gerade die äußeren Umstände forderten, da bereitete ich mir den schönsten Lohn; und eine Art Ruhe,

die viel süßer war, als alle sogenannten Erholungen.

 

                                                                            –

 

Den 19ten August, als ich meine Madonna nach dem Ludwigshafen begleitete.

 

Die Verpackung des Bildes hat mir viele Unruhe gemacht, und die Trennung davon auch Schmerz. – Ich konnte

2 Nächte nicht schlafen & nagende Ängstlichkeiten beschlichen mein Herz. Ich kämpfte dagegen, aber ich konnte

sie nicht gänzlich besiegen. – Die Ruhespendende Weisheit ist eben nur den reinen Herzen verliehn!

 

Du hast dieses nicht rein erhalten; daher auch nicht die Summe deiner Pflichten erfillt: deßwegen verließ dich die

Weisheit mit ihrer Schwester  der Ruhe.

 

                                                                            –

 

„Ein geglaubt großer Mensch, ist ein wahrer Vorgeschmack des Himmels.“

 

Doch warum ringt man nicht nach der Ächtheit dieses Schlußes? Wie viel könnte man seinen Mitbrüdern nützen,

und sie auf einen schönen Standpunkt führen: und auf welch’ gesichertem Standpunkt stünde man selbst! –

 

Laß mich o Gott nach diesem dürsten, ringen, & erungen es festhalten, daß im Strome der verschiedenen

Umstände ich es niemals vergeße.

 

           Ellenrieder_Marie_011.jpg                                                                 –

           Was ich vorzunehmen

           Dir versproche

           werde ewig nie

           von mir gebrochen.

 

 

 

 

 

 

 

Was ich gelobt, will ich betheuren

Heute Dir in That es feyren.

Erstens, bethend meine Wege gehn,

Priffend die Natur zu sehn,

Nun sie ins Büchlein aufzunehmen,

Und mich nicht meins Thuns zu schämen.

Jezt nach Geistes Nahrung ringen,

Jede bittere Plag bezwingen,

Mit Ruhe denken, reden, schweigen,

Mein Haupt den Stürmen willig neigen:

Daß mein Leben Abrahams Opfer gleicht,

Bis der Tod mein Antlitz bleicht.

 

                        –

 

Die Kämpfe des Lebens sind lang dauernd, nie völlig ruhend, dann aufs neue wieder zurückkehrend;

vieleicht nie ganz zu vertilgen. –

 

Wäre der Mensch stark genug eine eiserne Brust in sich zu tragen; daß die Andränge von welcher Art sie

auch sein möchten, vergebens sich näherten: wie viel reine Liebe und große Thaten würden sich da entfalten,

und so die Züge der Gottähnlichen Seele sichtbar werden. – Es würden die guten Vorsätze in Erfillung gehn,

das Gebeth zu bestimmten Zeiten besonders entrichtet, beständig gearbeitet, Jedem freundlich begegnet,

in Allem das Gute gesehn, das Böse entfernt, und die Ruhe des Herzens gesichert sein.

 

                                                                                  –

 

Kurtz vor der Vollendung meiner großen Madonna mit den CoorKnaben.6

 

Mit betrübtem Herzen gestehe ich vor Himmel & Erde, daß ich bei der Malung dieses Bildes lange nicht

so fromm war als ich hoffte es zu sein.

 

Die Gedult und den Muth verlohr ich zwar nie; aber dieß allein schafft noch kein frommes Bild. – Wenn die

heiligen Empfindungen verstummen, der Geist nicht bethet und das Herz wie zu schlagen aufhört, weil so das

Wesen von irrdischem Sinn beherrscht, entfernt von Gott in Labarinthen irrt: dann arbeitet die Hand ohne

gesegnete Kraft, und sodann ist auch das Bild leer von gesegneter Kraft; den – wo Gott nicht war, können

auch von ihm keine Spuren sein.

 

Ach! So war ich also oft der Werkzeug der Verdilgung göttlicher Spuren. –

 

Herr! Du weist indeß wie offt ich nach Fassung rang & heiliger Stimmung, & wie oft ich zu bethen begann, &

kämpfte & nicht siegte. – Möchtest Du mir in den lezten Stunden noch beistehn, daß etwas von Deiner

heiligen Nähe darinn sichtbar würde! amen!

 

                                                                                –

 

An die Stelle deßen, was mich oft in Gedanken beschäftigte, seien nun meine Pflichten gestellt. Sie sollen

Gegenstand meines Nachdenkens sein, bei Tag und bei Nacht, vor der Gegenwart des himmlischen Vaters,

der mir zusieht, wie es geschieht, ob mit Ruhe oder Ängstlichkeit. –

 

Dann hüthe dich besonders vor Jammern und klagen; Klagetöne und Mangel an völliger Hingebung haben

schon zu oft dem Frieden meiner Seele geschadet: Aber ich denke leider immer nicht an meine schönen

Vorsätze, ich höre die Stimme meines Schutzgeistes nicht, den ich wandle wie ein Kind der Zeit, daß, –

wie nur für den Augenblick gebohren die höhere Bestimmung vergißt.

 

Mann giebt ein böses Beispiel, wenn mann seine Pflichten nicht erfillt, und nicht thut was Gott gefällt, – auch

wenn mann nicht nachgiebig ist. Der Weise läßt keine Unruh aufkommen, er ist zu groß, um sich von ihr

beherrschen zu laßen.

 

                                                                                –

 

Am Sontag.

 

Dieß ist der Tag von Gott gemacht, auszuruh’n von allem irdischen Treiben, zu seiner Ehre. – Und Entschlüße

zu faßen, die bis an das End des Lebens fortdauern sollten, besonders wenn mann das Maaß der Sinden

völlig angehäufet hat. – Die Lebensbeßerung ist das Wichtigste aller Geschäfte, und man sollte dieß in

den Stunden der Ruhe wie unter der Arbeit immer berücksichtigen.

 

Erhöbe dich also sogleich, wenn Gedanken sich nähern die nicht von Gott kommen. Benehme dich wie ein

Engel des Lichts, der gewaltig herrscht über den dunklen Räumen des Erdballs, und der freundlich dahin

schwebt, gesegnet von Gott, ihn lobpreisend, und in Ruhe die Arbeit verrichtend.

 

                                                                                 –

 

Es befremdet mich nicht o Herr! daß Du ein Opfer von mir verlangst, heute dieses, und morgen ein anderes,

und zum Voraus Eines – daß die Macht des Reitzes mich nicht überwälltigt, wenn ich etwa unvorbereitet in

deßen Schlingen fiele. – Du hast mir schon so viel gegeben, und Du giebst mir alle Tage. Dein Wohlthun hat

mich vom Mutterleibe an, gleichsam durch die Welt getragen.

 

Es ist daher meine Pflicht bisweilen auf einen Genuß zu verzichten, der Dir beweisen kan, daß ich Dich

aus ganzem Herzen und aus ganzer Seele und aus allen Kräften liebe. Nimm ihn hin als ein Geschenk meiner

kindlichen Treue. –

 

                                                                                –

 

Dein Auge will ich nicht betrüben, Dein Herz nicht kränken; dieses ist der Wunsch für mein Thun und mein

Laßen. – Dein Kind und Deine Schwester bin ich Dir o Jesu, und Dein Wille ist der Meine, & Deine Fußtritte

sind mir ehrwürdig: Aber warum bethe ich nicht, wenn ich ungestört bethen könnte, warum kürtze ich so gerne

die Augenblicke der Andacht ab, warum bin ich so schwach, und vergeße Deine Gegenwart vor Deinem

Angesichte??? –

 

O wie Schade! daß ich nie treu verharre, zu sein, ein unschuldiges Kind: denn wenn ich nicht ein Solches bin,

ist dahin die Fröhlichkeit meiner Seele!

 

Ein Kind nimmt die Kränkungen der Vergangenheit nicht zu Herzen: es kränkt sich auch nicht auf künftige

Widerwärtigkeiten; es lebt ruhig und liebereich von Stund zu Stund; es ist ein Ganzes, denn es ist ungetheilt.

Der Herr ist über ihm, denn es hat sich durch kein Vergehn von ihm getrennt, (entfernt); es hat das

Hauptgeboth erfillt, die Liebe; und es hat an der Stelle wo es stand & wo es gieng seine einfache Rolle

gespielt.

 

So könnte auch Ich leben. – Mehr als Eines kann nie auf einmal geschehn, und weist du dich gleich einem

Kinde nur auf Eines zu beschrenken, dann ist die Last nicht so groß, und so sehr wie es schon oft geschah

der Gesundheit nachtheilig. Es übereilt sich nie, denn es glaubt für Alles Zeit genug zu haben, wie es auch dem

also ist; – den dulden gilt mehr als Arbeiten; übrigens läßt es sich nicht hemmen in der Ausübung des kindlichen

Gehorsamms; es sagt es mit Freimüthigkeit, die Eltern hätten ihm Dieß & Jennes befohlen, und eilet so hin die

heiligste Pflicht aus zuüben. – – –

 

Ein Kind redet auch nicht viel, aus diesem Grunde haben seine Antworten etwas besonders Entzückendes. –

 

O Heiland! welch köstliches Bild zur Nachahmung hast Du in den Kindern uns anempfohlen! Würden wir nur

immer daran denken. – 10 Jahre wie die meinigen sind, worinn ich so oft Deiner vergeße, gäbe ich für Eines

in welchem ich Dich stetz vor den Augen behielte! – Ach wäre es am Ende nicht möglich daß Du mir nur

einen einzigen solchen Tag bescherrtest? – Du, der Du gesagt hast, werdet vollkommen, wie euer Vater im

Himmel vollkommen ist: – wie könnte dieß ohne Deine beständige Hilfe geschehn! Ach helfe mir nur einen

einzigen Tag!

 

                                                                Amen.

                                                                    –

                                                                1836

 

 

Unschuldig und rein, wie ein Kindlein zu sein,

Ist nicht mehr mein, ist nicht mehr mein!

Fünsteres Klagen, zu Vieles sagen

Heimliches Schwärmen, äußeres Lärmen,

Hat die Stille, die ruhige Fülle,

Das zarte Empfinden, der himmlische Wille,

Aus des Herzens Mauren vertrieben,

Und Gottes Seegen ist ausgeblieben.

Leer an Tugend, schwer von Sinde

Gleich’ ich nicht mehr einem Kinde.

Ferne von des Vaters Blicken

Will die Arbeit nicht mehr glücken.

 

                    – – –

 

Und als ich rang und priffend gieng

Mein Aug und Herz an Beßrung hieng,

Da war ich auf einmal wieder stiller & frei,

Nun bath mich mein Engel, ach bleibe hiebei,

Gedenke des Friedens, der Gott die bescheert,

Und bethe, das nimmer die Unruh dir kehrt.

 

Laß mich o Herr! meine wenigen kurzen Tage noch weise benutzen. Oder vielmehr laß mich doch endlich so

leben, wie Du wünschest daß wir vor Dir wandeln sollen: nemlich, gefaßt; ruhig; sanft & ergeben den widrigsten

Begegnißen; heilig im Geiste, indem ich immer vor Dir stehe, und diesem innern Verhältniß angemeßen, gieb mir

eine Würde in Anstand, und eine Fröhlichkeit und Freundlichkeit, die keine Schmeichelei ist, sondern eine

gesammt Erinnerung verschafft an die Ehre die wir Dir allein schuldig sind. –

 

Ich möchte bitterlich weinen, daß ich so viele Zeit & Lebenskräfte in der totalen Nichterfillung dieser Tugenden

zugebracht habe. Ach und wie Viel habe ich unnützes geredet, und durch manigfache Äußerungen die Bitterkeiten

meiner Stimmung zu erkennen gegeben.

 

Ich habe Dir o Gott das Mittel womit Du mich segnen wolltest aus der Hand gerißen, drum fühle ich mich aber

auch, so arm, so vernachläßigt! –

 

In diesen Tagen wurde mir ein Büchlein von der Andacht zur Mutter Gottes gesannt, begleitet mit einer Metalie

worauf Maria mit strahlenden Händen erscheint; es war mir willkomm und ich war nicht im mündesten geneigt

es für etwas Überspanntes zu halten: ich begann gleich es zu lesen und es wahrhaft zu lieben; indem ich fühlte,

daß diese Andacht dem Herzen eine Gott wohlgefällige Richtung geben kan. – Denn Er, der durch Maria den

Seegen der Welt uns sendete; wird fortan gerne durch sie seine Gnade uns zukommen laßen.

 

Es ist eine Art von Demüthigung, daß wir durch sie unsere Vermittlung suchen, und diese Tugend gefiel Gott

hauptsächlich an Maria, darum folgen wir ihr nach, damit wir Gottes Wohlgefallen uns erwerben.

 

Carlsruhe den 25ten Aprill 1836.

 

Ach daß ich doch immer im Andenken an Dich o Gott mich schnell von einer Arbeit zur andern begeben würde!

oder zu ruhen in Anbethung deiner Liebe. –

 

Im Wirbel der Begegniße verlohr ich zu offt die Faßung; denn obschon es fast täglich etwas Drängendes &

Treibendes giebt, erinnere ich mich doch immer zu späth der Ruhe mit welcher ich handeln sollte. –

 

Fange doch einmal an, nichts zu reden als worüber du gefragt wirst, und dieß so kurtz und befriedigend wie

nur immer möglich, und du frage nichts als worüber man dich belehren kann.

 

Die Nöthigen Höflichkeiten drücke mehr mit Achtungsvoller Verneigung als mit vielen Worten aus. –

 

Es ist ein trauriges Zeichen, Diesem und Jenem Unangenehmen entgehen zu wünschen. Mann kan der Zucht

nicht entgehn: außer wenn du aus freiem reinen Willen tadellos in Liebe wandelst – und wo du dich ärgern

möchtest, geschwind das Erhabenste von all’ dem Schönen was du gelernt und gesehen hast zu Gemüthe

führest. –

 

Du mußt mich versuchen Du liebender Gott! weil Du meine Erziehung übernommen hast. – Du hast vor,

mich zu segnen, wenn ich die verdienten Strafen mit Gedult werde übertragen haben: und wenn ich gänzlich

schweige und Dich machen laße. –

 

Konstanz den 9ten Okt 1836.

 

                                                                            1837!

 

Am Silverstertag.

 

Wie war es nur möglich, das dieses Jahr kam und gieng ohne daß ich in dieß mein Tagebuch schrieb!?! –

 

Doch, ein paar Zeilen verwahrte ich auf einem Blättchen daß der Anfang einer längeren Vortsetzung hätte

werden sollen, denn auch noch ein paar andere Blättchen behielt ich mit diesen.

 

Das erste lautet also. –

 

Dießmal habe ich wohl wachend & bethend die erste Stunde des neuen Jahres aus deiner Hand empfangen

O Gott; aber ich habe mir diesen goldenen Zeitpunkt mit keinem besonderen Versprechen festgehalten &

eingetragen. Auch kam ich an diesem wichtigen Abend späth in meine stille Einsammkeit, wo nur ich und Du,

du Gott meines Herzens allein gewesen wäre. Und dann, als ich wirklich alleine war, verfolgte mich ein Vorwurff

über ein unartiges Benehmen gegen eine liebe Schwester; so lange, bis es endlich mir möglich war, daßelbe

innig zu bereuen. – Erst dann zog die begeisternde Ruhe in meine Seele ein.

 

                                                                            – – –

 

Als ich längere Zeit unwohl war hätte ich manches aufschreiben können, aber wie der Körper so war auch der

Geist; – nemlich müde & Thatenlos.

 

Einige Bemerkungen fand ich jedoch vor.

 

In all’ unserem Thun & Laßen reifen wir dem Tod entgegen. – Die Welt hört nicht auf zu urtheilen, weil sie zu

wenig an die ewigen Rathschlüße Gottes gedenkt. Und es ist ganz lächerlich diese meine Krankheit angestrengtem

Arbeiten zuzuschreiben, da auch eine Frau diese Gelbsucht hatte, die ganz ruhig und fast träge ihr ganzes Leben

war, auch einige Kinder hatten dieselbe Gelbsucht. –

 

Das ist der Weltgeist, immer von der Sache reden und die unbezwinglichen Meinungen einander aufdringen und

so die Zeit tödten, das Gemüth beunruhigen und die Liebe zum Gebeth einbüßen. –

 

Bei Andern muß man sich vergessen..

 

                                                                                –

 

Ich erfahre nicht das viel schlafen gesund ist, den von dem Verschlafen fühle ich mich nicht frisch, und von dem

vielen Eßen zu sehr beschwehrt. Also beim Eßen darf ich es nicht vergeßen, und daß ich langsam und nicht nach

Lust zugreife, sondern wohl bemerke wie viel und nicht mehr. Und um wie viel fröhlicher sind mir jenne Tage an

denen ich um 5 Uhr aufgestanden bin, & folglich nur 7 Stund zu Bette lag. –

 

Ich verzichtete gern auf jeden Genuß, wenn ich nur mit Vergnügen ganz edel sein könnte. – –

 

Nichts verlangen ist eine kostbare Sache. –

 

Nie nichts mehr vorschlagen & wünschenswehrt erachten, noch befehlen in Dingen die mich wenig angehn. –

                                                                    Heilige Maria!

 

Erbitte mir am Throne Gottes eine gänzliche Verläugnung meines Willens und eine Liebe zur Erfillung aller meiner

Pflichten; aber übrigens eine völlige Gleichgültigkeit über das Thun & Treiben Anderer. So auch wo sich

Meinungen zeigen die bei gebildeten Menschen öffters in Vorschein kommen. –

 

O Maria! erbitte mir ein goldenes Stillschweigen und eine Ruhe wie die Deine.

 

                                                                            Amen.

 

                                                                              – –

 

 Versuche es doch einmal zu leben nur im Augenblick der Dir soeben aus Gottes Hand geschenkt wird; –

könntest du nun diesen vor Gottes Gegenwart mit einer Sinde brandmarken? Nimmermehr – d’rum sei stetz

des Augenblicks bewußt.

 

                                                                              – –

 

Jezt nähert die Mitternacht sich. – Empfange meinen Dank o Gott! die Zahl deiner Wohlthaten ist groß. – – –

 

Wie gern möchte ich Dir einiges Versprechen; wenn ich Heldensinn hätte. Wie Vieles habe ich schon für gut

erkannt, aber ich verharrte nicht darin. Und wie schwer ist mir oft das Leichte geworden, weil ich ohne Dich

war, fern von Dir wandelte, vom Irdischen mich umstricken ließ. – Wird es vielleicht beßer wenn ich täglich

des Abends mein Gewißen erforsche, wie es mein Beichtvater mir anrieth? O! daß Du tröstend mir diese Frage

beantwortetest; und so den Stein mir vom Herzen nähmest der mich drückt. O Komme zu mir, und bleibe bei

mir; schenke mit dem neuen Jahr auch Dich mir. Amen.

 

Wenige Minuten noch – und das Jahr sinkt hinab. Ich bin vor Dir Du Vater der Erbarmungen.

 

                                                                           ! ! ! – –

 

                                                                            1838.

 

Konstanz, den 27ten März. Bereits 3 Monate!

 

So lange wieder unterließ ich in mein Tagebuch zu schreiben. Der Winter war sonst am geeignetsten, die stillen

Wirkungen des Geistes auf die Oberfläche zu bringen; er ist eine wahre Ärntezeit für denselben, und ich habe

sie auch nicht ganz unbenützt gelaßen: doch, warum ich weniger niederschrieb ist mir noch ein Räthsel; Ob der

Verstand, der wohl einsieht daß ich mit allen niedergeschriebenen Gesätzen dennoch kein beßerer Mensch

wurde; oder ob die Mehrzahl der Jahre die Betriebsamkeit geschwächt hat? eine achtsamme Probe könnte es

entscheiden. –

 

Nun habe ich es abermals versucht eine Art von Tagesordnung zu machen. –

 

Nemlich die Zeit von 8 Uhr dem Schreiben & anderen Dingen widmen; denn, nach der Kirch beginnt die Zeit

für die Kunst sammt Zubereitungen, 6 Stund des Tags. – Bei Hinternißen oder längerer Fortsetzung sie ab &

zurechnen.

 

Vielleicht, so dachte ich, bleibt mir sodann Zeit meines Tagebuchs zu gedenken, oder anderes zu lernen & a

uszuüben. –

 

Bisher fühlte ich mich zu oft abgemüdet, und wenn ich Ruhe suchte, fand ich sie nicht. –

 

Nimmermehr wie ehmals, sinne ich ungestört der Tugend & Kunst nach, kein himmlischer Eindruck kehrt

in meine zerstreute Herrberge ein. Leer an Erfindung und leer an triumpfierender Freude schleiche ich gedrückt

den Gang meines Lebens. –

 

Ich habe nun schon seit langem versucht, zu den oben angegebenen Stunden zu kommen; aber ich sehe nun

wie wenig ich oft bei der Arbeit war, denn nur selten komme ich zu diesen Stunden. – So viele Störungen,

so viele Selbstaufhaltungen! so viel Mangel an Aufmerksamkeit! – Außergewöhnliche Aussetzungen laßen sich

aber nicht einbringen, wie z. b. Zubereitungstage auf eine Reise, oder der Besuch eines besonderen Freundes

oder Gönners, oder ein Spaziergang der den halben Tag fordert: leztern darf ich aber nur einnen des Monats

mir erlauben, dafür aber alle Wochen einmal nur 5 Stund arbeiten um den gewöhnlichen Spaziergang verlängern

zu können. Es geschah freilich auch daß (wenn Etwas fertig werden mußte) ich den ganzen Tag arbeitete. –

 

Nur Ein Räthsel möchte ich lösen können; – mich selbst; und wie weit meine Pflichten gehn, damit eine Art

Ruhe in mein Thun & Laßen käme, und sich eine Entschiedenheit in mir offenbarte die alle Andränge liebend

an ihre Stelle zu weisen wüßte, und daß aber auch zugleich mein Begehren nicht auf Eitles & Unnöthiges verfiele.

 

Wen ich in der Liebe bleibe, wird der Geist sich mit der Seele vereinigen, – dann ist Ruhe im Herzen.

Lieblosigkeit entfernt den Geist, der als unendlicher Funke Gottes zu heilig und weise, nicht bleiben darf; und

so ist dan die Ruhe dahin und die Weisheit & der Segen, dann wandelst du nicht bewußt vor dem Herrn,

und ohne Zusammenhang mit dem Himmel ist alle Mühe & Arbeit nutzloses Treiben & Jagen. –

 

Betrachte dich wie Eine, die auf der Bühne steth und ihre Rolle spielen muß, nicht nach Willkür, sondern

nach der, nach Gottes Willen geregelten Vernunft. – Nach Gott; (wie der Schauspieler nach dem Suffleur)

wende den Blick, von Ihm empfange die Eingebungen für Fragen & Antworten, daß dein Ich zu schweigen

lerne & gedötet werde, denn das ist unsere Schule Allem entsagen lernen; indem Gott wohl weißt das kein

Besitz & keine Lust auf dieser Welt unsere Seele befriedigen kan: Er ist die einzige Sättigung unserer

hungernden Seele; Und drum fühlen wir auch nach schweren Sinden einen so mächtigen Drang uns zu beßern,

weil wir uns hierdurch so weit von ihm entfernten. – Was muß ich thun o, Herr! daß in mir der lebhafte Drang

zur Beßerung beständig fortdaurt: denn immer durch Sindigen auf die erste Stuffe herab zu sinken ist ein

betrübender Anblick für Dein hochheiliges Auge; und Du mußt nicht richten nach Gerechtigkeit. –

Ach! laße mich nie wieder sindigen; und so durch beständiges Mich=Enthalten Deine Gerechtigkeit

versöhnen! Amen.

 

                                                                            ! Italien !

 

Venedig den 1ten Okt 1838.

 

Es wäre umständlich wenn ich mir aufnottieren wollte, wie ich so stetz den Wunsch im Herzen trug noch einmal

nach Italien zu gehn: Die ewige Unruh von 1000 Bekannten aller Art, wie das ewige Drängen & Treiben, &

Schalten & Walten; benahm allmählig meinem Geist die nothwendige Schwungkraft; so, daß es mir gleichsamm

ein Bedürfniß schien, auf eine Zeit aus diesen hemmenden Banden zu entfliegen; um zu versuchen ob die

jugendlichen Begeisterungen nicht wieder in meine Seele kehren möchten! –

 

13 Jahre sind es nun, daß ich den glaßischen Boden verließ. – Doch arbeitete ich zwar bereits immer mit

fröhlichem Sinne & gesegnetem Glück, Gott sei Dank, auch haben 2 Monate in Dresden wehrend dieser

Zeit stärkend auf mich gewirkt.

 

Nun fügte es sich endlich, aller Hinderniße los zu werden, und die Reise7 begann den 9ten Septembr 1838.

 

Freilich reise ich dießmal nicht so leicht wie das erstemal, da man mich dem ehrwürdigen alten Herrn Keller8

von Zürich mitgab, der in Italien geheurathet schon 40 Jahre da lebte: auch gieng der vortreffliche schlichte

Bildhauer Zwerger9 mit. Dießmal nun ohne männliches Ansehen mit meiner Schwester allein & unserem

Dienstmädchen; sie und ich übelhörend und der italienischen Sprache deßwegen schwerer verstehend; war

es oft mühselig genug! Doch könnte man nicht anders sagen, als daß wir glücklich reisten und meistens ganz

vergnügt waren: bis wir zufälliger Weise gerade auf die unruhigste Zeit, (wo der Kaiser erwartet wurde), in

Venedig ankamen; wo nun 1000 Schaulustige herbeiströmten. Im ersten Gasthof wurden wir wieder

abgeschickt, und es regnete & das Wetter war ganz gewitterhaft. Im Gasthof zu Regina d’ Inghilterra nahm

uns aber ein liebliches Zimmerchen auf, aber theur genug; drauf fanden wir morgens eine Privat Wohnung,

bis endlich am 5ten Tag wir zu ganz ordentlichen braven Leuten kommen, aber ganz in einem Winkel,

doch nahe beim Markusplatz und 1 Thahler per Tag! Das Eßen, trinken, Gondolieri, Lohnbedienten,

alles ist theurer als sonst. Und zusehends vergrößert sich die Maße der Menschen. Bisher ist es mir

noch nie möglich geworden ganz ruhig in den schwindelichten Wexel hinein zu sehn noch das Aug ganz davon

abzuziehn. Auch gelange ich hier zu keinen ordentlichen Tagwerken, mann hat zu viel Umstände zu überwinden:

und wenn mann des Abends dann ordentlich schlafen könnte; wie wohltätig wäre dieß! aber da fliegen die

Schnacken durch die ganze Nacht und stechen & winseln einem über das Gesicht & die Arme hin. Wenn man

da nicht so viel Großes & Schönes von Kunst sehen würde, wie sehr müßte mann es bereuen, hieher

gekommen zu sein.

 

Es giebt so verkrüppelte Tage hier! ich fühlte mich so sklavisch dem verkehrten Willen eines Andern

preisgegeben und in Ketten geschmiedet – daß kein ordentlicher Gedanke aufkommen konnte; eher würde ich

bei der alten Frau Lidofin in der Reingaße einer Begeisterung fähig gewesen sein als hier an den Ufern des

Meers und in den glänzenden Tempeln von Carrarischem Marmor! Übrigens war es doch gröstenteils meine

Schuld: den ein ergebner Wille lohnt der Herr seinem ihm vertrauendem Kinde. hätte ich nicht noch am

Nachmittag die kleine Skitze v: Titian iluminiert, so wäre der mühselige Tag ein schrecklich verlorener

gewesen: aber wie gesagt, von meiner Schuld kann ich mich nicht frei sprechen: denn wie weiß ich es,

daß ein Weiser über alles Stürmen der Wogen ruhig sein kann. Und hat der Geist, der freigeborene

Geist! nicht Kraft, das Walten von Außen seiner Bemerkung unwürdig zu achten? – hierinn wäre der

Mensch groß – Und die Größe verkauft der Herr um treues Festhalten an seinen heiligen Willen. Da geht

dann ein Solcher von Dornen bald da bald dort gestochen im Gemüthe unverletzlich seinen poetischen Gang –

unabänderlich auf Eines gerichtet, bethend, liebend, & seinen Beruf ausübend. –

 

Später ging es beßer, und ich sah so viel Schönes, schrieftlich suchte ich es mir festzuhalten, daß ich hoffe

ein bleibendes Andenken davon zu haben. Auch meinem Vorsatz im Benehmen blieb ich zimmlich treu, und wie

schmeckte dan nicht das Manzo con riso und die gut zubereiteten Maccaroni: naher gieng ich noch in die

St. Marcuskirche um zu zeichnen. Daß ich aber die Einladung das moderne Palais zu sehen, annahm, that ich

unrecht, indem ich eine eigendliche Abneigung habe, Sachen dieser Art zu besichtigen. Doch so drocken und

elend stellte ich es mir nicht vor: so etwas plindert mich wirklich ganz aus! Nur das Gute finde ich noch in

dem Winkel meines Herzens, der Vorsatz nemlich, mich nie mehr gegen meine Natur überreden zu laßen. –

 

Schon sind mehrere Tage wieder vorüber und noch nie kann es mir hier ganz heimlich werden; so herrlich

und großartig der Markusplatz mit seinem Tempel und dem Docen Palast ist, habe ich es mir doch noch

ergreifender vorgestellt; so ist es aber in der Welt: die Menschen werden gewöhnlich geteuscht. Ach stellte

ich mir da ein ächt orientalisches Leben vor, & ein Quodlibeth von Spectacel auf den Straßen und vorzüglich

am Haven erwartete ich die schönsten Costüme von italienischen Bauern und auswärtige Ankömlinge

anderer Nationen. Auch die Gondeln dachte ich mir in den buntesten Farben, und diese sind nun nicht

nur nicht farbigt, sondern von schwarzem wollenem Tuch überzogen wie unsere Todenwägen und ihre

Godelieri haben nicht die mündeste Auszeichnung.

 

Von der Menge Fremden die überall herum stehn & gehn wird man beobachtet, und die Damen machen

großen Staad. – Wen man aber zu den Kirchen geht & auf die Gallerien, da wird man ausgesöhnt; der Geist

findet da seine Aufgabe, er fängt an rege zu werden, fühlt seine Kraft gewinnt Muth, hofft Stärke für die

Zukunft eingeschlürft zu haben; und wünscht, ach! daß es wahr sein möchte!

 

                                                                                    – –

 

Von den Festifidäten wird mir der Einzug deß Kaisers unvergeßlich bleiben; das heist, die reichverzierten

Gondeln mit ihren Gondelieri die ihn in Fusina abholten. Der Anblick wie sie eine um die andere kamen,

und Eine schöner als die Andere; dieß war ein ganz bezaubernder Anblick, und zugleich auch wirklich

rührend; weil sie von eigentlicher Großmuth und verschwenderischer Liebe zeugten. – Brillianteres,

originelleres & unterhaltlicheres kann auf dieser Welt nichts gesehen werden.

 

Hier fühlte mann recht, daß man in dem einzigen Venedig war! –

 

Den 17ten Oktobr reisten wir von da ab. –

 

In Rovido nun, schlief ich seit 25 Tagen zum ersten mal wieder gut; Und der Wirth war so freundlich, auch

die spezifizierte Zeche war bescheiden, und der Wetturino sehr gut und verständlich in seinem Bescheid. –

In Ferrara sahen wir schöne Altarbilder von Garofalo:10 wo er eine Madonna auf dem Thron malte, war dieser

immer von weißem Marmor, meistens Staffeln wovon die Oberen nur Striche bilden, des tiefen Augenpunkts

wegen; obwohl im Hintergrund ziemlich hoch Landschaft gesehen wird.

 

Hier machten die Kellner die Betten an, wovon der eine ein niedlicher Junge von 18 Jahren war. Von da bis

Bologna hieß es gehe ein Herr mit uns, und ich hoffte & wünschte daß dieser Reisegefährte ein Schutzengel für

uns sein möchte, und sieh’ da, es war wirklich ein achtungswürdiger Mann Signor Zannini aus Ferarra. Wie ein

Vater nahm er sich unser an, und er that wirklich mehr, als ein Teutscher für uns gethan hätte. In Bologna

angekommen ließ er kaum seine Sachen aufs Zimmer bringen, dann gieng er mit der Pepi unsern Landsmann

aufzusuchen. Im Gasthof ordnete er alles für uns an, und blieb bis zum Ende seines dortigen Aufenthalts auf

die freundschaftlichste Weise für uns besorgt: und unsere Lebensweise war mehr nach italienischer Sitte. –

 

Auch dießmal vor unserer Abreise war mein Schweigen wieder gut, denn, dadurch verzögerte sich die

Entschließung und so hat sich nun zum 2tenmal ein wahrer Schutzgeist eingefunden. Hr. Lafranchini mit

seiner lieblichen Frau. Wir setzten also unsere Reise wieder recht glücklich bis Florenz fort: wo ich den

treuen alten Freund Metzger11 wieder sah; und wo ich überall wieder so viel Schönes und Belehrendes

begrüßen durfte.

 

Und von da bekamen wir nun abermals eine recht liebe Reisegesellschaft an Herrn Caroselli & seiner Frau;

der wie der edelste Freund sich unser annahm. Und so kamen wir endlich in Roma, santa Roma an! Es war

der erste November, das Fest von allen Heiligen. –

 

Ein besonderes Gefühl durchzog bisweilen mein Herz. Als wir aber eingefahren waren, und uns auf dem (nun ganz

umgeänderten) Piazza di Poppolo befanden: raßelten die eleganten Wagen mit geputzten Damen so hin & her,

daß ich den Blick nidersenken mußte um vor Schwindel mich zu verwahren. – Ganz anders war es da vor 14

Jahren; es standen nur Bauren und mahlerische Faulenzer herum; wehrend sich jezt die Elegantesten nur in einem

ermüdeten Wirbel threhen! –

 

Nun will ich mir noch ein paar Punkte niderschreiben die ich mir auf der Reise festhielt.

 

Es ist doch wahr, daß in unserem Lande die Luft nicht so rein ist. Stärkend muß eine solche Reinheit der Luft

auf den Menschen wirken: und ach! daß wir doch nicht unbenützt ließen, bei dieser einschlürfenden Kraft

unsere Absichten auch so zu reinigen! –

 

Ist es nicht Dein Wille o Gott, daß jenne poethischen Stimmungen meiner Jugend wieder kehren, daß ich Dich

lobsinge, und lobsingend meine Widergeburt feiere in Entsagung & treuer Pflege meines Berufes? –

 

Mit Sehnsucht war oft meine Seele nach einer lebhaften Begeisterung erfillet; aber Du gabst sie mir auf dem

ganzen Wege nicht, nur kleine Fünkchen derselben, die so hie & da mein Innerstes durchplitzten laßen mich

hoffen, daß Du sie später mir wieder schenken wirst. –

 

Herr! Öffne den Kelch meines Herzens gleich einem dürstenden Blümlein daß Dein Seegensthau in daßelbe

herabfließen kan. –

 

Alles widrige sollte mich nicht abhalten, mit fröhlichem Sinn meines Berufes und meiner zunächst malenden

Bilder zu gedenken. Vor allem wäre es auch nöthig mein Betragen zu bewachen, daß ich des Abends

Rechenschaft ablegen könnte, und ich nicht immer so träge versäumte mein Gewißen zu erforschen: hat doch

vor allem in der Beßerung dieses am besten gewirkt! –

 

Herr! siehe den Stillstand meiner Thätigkeit sowohl des Leibs als des Geistes: ich warte auf Deinen Ruf, und

sehne mich mit Ungedult darnach: öffne meine Augen sowohl vor den Bildern als vor der lebenden Natur, daß

ich nie leer nach Hause komme: wenigstens mit einer Stellung oder mit den Zügen eines Gesichtes: am besten

wäre es, an der Stelle selbst zu entwerffen. –

 

Ich bin froh o Herr! daß mein Herz im Gefühle der Trennung von Constanz bisweilen von einem Heimwehgefühl

durchzuckt wurde; ich würde sonst glauben, es wäre auch gar so sehr mein Innerstes erkaltet & verarmt an

zärtlicher Liebe! –

 

Wie man die Sterbsakramente nicht auf die Lezte schieben sollte, so sollte auch die heilige Comunion nicht am

letzten Tage vor einer Abreise geschehn; wenn noch gar so Vieles zu besorgen ist. –

 

Ich habe überhaupt in meinen Erwartungen von mir, mich schon so oft geteuscht.

 

Als wir im letzten Sommer nach Baden in der Schweitz reisten, komponierte ich auf dem Wege und am anderen

Morgen drauf eine Zusammenstellung, die zu dem Besten gehört was mir gelang: wehrend dem Fahren dachte ich

mir Figur um Figur und als man stille hielt zeichnete ich es auf. Und am 2ten Morgen als wir unsere bleibende

Wohnung bezogen hatten, fieng ich schon an meinen mitgebrachten angefangen Bilder in Öhl zu malen an. –

 

Und auf dieser Reise nun, von welcher ich für meinen Geist eine ungewöhnliche Wirksamkeit versprach,

geschah zu meiner größten Plage, gerade das Gegentheil. –

 

Ach mit welcher Sehnsucht stand oft mein Herz dem Himmel offen, belebender Thau einzusaugen; aber der

Herr versagte ihn mir.

 

Wie dieses Blatt, so rosenfarb sollten nun alle meine Worte sein: weil ich wirklich in einer solchen Stimmung

bin. – Wir feiren heute das Fest der unbefleckten Empfängniß Maria: an diesem Tage wurde mir, als ich in

meiner Krankheit vor 2 Jahren die 9 Tägige Andacht begann, pletzlicher Anfang der Beßerung bescherrt; ja

wenn es so ist, sagte der Arzt als er am Morgen mich besuchte & den Puls fühlte, da kann ich Ihnen etwas

anderes verschreiben denn die Krankheit hat sich über meine Erwartung geändert. – Welche dankbare Freude

strömte da durch mein ganzes Wesen, und welche Andacht & Liebe fühlte ich immer lebhafter zur Madonna

seit jenner Zeit: und nun bin ich sogar in Rom an diesem Tage!!!

 

Che felicità è la mia! –

 

 

Am Silvestertag 1838.

 

Nun naht die Stunde der Mitternacht, die Letzte in diesem Jahre. Wie festlich sollte sie von mir begangen

werden! Denn, wie viel Gutes wurde mir bescherrt! Wie viele Gefahren von mir abgewendet! –

 

Von Deiner Lieb’ o Gott, nach Rom gesendet

Und 1000 Freuden mir gespendet

Von süßer milder Luft umgeben

Fühl’ ich verjüngt mein glücklich Leben. –

Wie dank’ ich Dir nach Schuld & Pflicht,

O, sag’ sie mir ich kenn’ sie nicht:.

Ich weiß zwar wohl was Dir gefällt,

Wenn Geist & Herz sich standhaft hält;

Wenn aus dem Innern wo Du bist

Die That und Stimmung göttlich ist.

Dich, preisend, so mein Pfad zu gehn

Dieß müsst’ als Dank vor Dir bestehn.

Ach, laß mir diesen Wunsch gelingen

Des Geistes Störung treu bezwingen

Das endlich meine Beß’rrung sagt

Ich hätt’ das Gute kühn gewagt. amen!

 

                                    –

 

                                                                                    1839.

        Den 1sten Jenner

 

Bethend empfieng ich also die erste Stunde aus Deiner Vaterhand o Gott! Möge nun fortwehrend mein Wandel

bethend & heilig sein: daß Du segnen könntest mein Thun & mein Laßen. Und daß ich mit Dir bin, und die Welt

kein Antheil habe, als den, den Du gebiethst & der Dir ein Weihrauch ist. Amen!

 

        Den24ten August 1839

 

Es ist mir wirklich ein wahrer Schrecken, die Bemerkung machen zu müßen, daß ich nicht nur ungerne Briefe

schreibe, sondern auch mit unverzeilicher Nachläßigkeit mein Tagebuch nicht fortsetze. – Was ich also nicht

freiwillig that, will ich mir nun zur Strafe gebiethen: thue ich ja doch immer zu wenig Buße für meine

Zahlosen Sinden!!!

 

Herr! Du segnest meine Arbeiten, und ich, verlaße Dich. Du sendest mir alle nöthige Hilfe, und ich, versindige

mich. Du spendest in mein Herz Seligkeiten Deiner Liebe, und ich, folge der Lockung böser Triebe. – So, ist

mein Inneres & Äuseres beschaffen, und ich kämpfe nicht mit den anvertrauten Waffen. –

 

Ach! nimm o Jesu! mich Sinderin auf, weil ich umkehren will auf meinem Lebenslauf: zu der unschuldigen Zeit

der Taufe entsproßen; wo Engel waren meine vertrauten Genoßen.

 

Ach! rechne mir meine Sinden nicht an: daß ich vor Dir bestehen kan. Leite mich auf den Weg der Buße, und

daß ich nimmer ausgleite mit dem Fuße. Und daß ich nicht im mündesten breche die Treue. Und bis an mein

Ende bestehe die Reue.

 

Wie muß nicht auch mein Engel sich über meine Sinden kränken, und betrübt die Augen nieder senken!

   

Ellenrieder Marie RomRoma

Santa Roma!

den 19. Sept:

            1839.

 

 

 

 

 

 

Hier in Rom, wo ich mehr Ruhe, als überall

wo ich noch war, genieße, dachte ich schon

oft im Stillen, ob sich den nicht für immer

eine gewiße Tagesordnung festsetzen ließe,

die (meinen schwachen Kräften fürs

gesellige Leben) angemeßen wäre? – Ich war

bisher nie genug aufmerksamm was dießfals

gut & weise war, und was das Gegentheil. –

 

Nun jezt aber, glaube ich, christlich & billig zu handeln, wenn ich in der Regel, den ganzen Tag, sowohl der

Arbeit als jedem Kommenden ergeben wäre; dafür aber den Abend von Ave Marie an gänzlich für mich

behielte; und am Sontag umgekehrt, den Tag gänzlich für Gott & mich, den Abend aber, den Meinigen

& etwa ein paar Freunden. – Dieses scheint nun überall vollkommen anzugehn. Nur in Carlsruh müßte

ich einmal des Abends in der Woche zu meiner Freundin. –

 

Mich aber bei der Arbeit besuchen laßen, finde ich schon seit längerer Zeit nicht so übel. Erstens war niemand

mehr beleidigt; und für mich selbst war es nicht so störend; wenn ich die rechte Stimmung hatte, aber öffters

war ich zu gesprächig, und offt habe ich zu schnell mein Wunsch zu erkennen gegeben, daß ich nothwendig

fortarbeiten sollte, worein sich gewöhnlich ein bitteres Gefühl müschte: – War ich aber ruhig im Gemüthe,

& von meinem Gegenstand den ich malte eingenommen,: Dann waren es auch die Kommenden, die

arbeitend mich antrafen, und so verweilten sie nie lange; sie erhielten was sie suchten, und

auch mir ward zu Theil was ich suche; nemlich, daß die Menschen der Kunst nachfragen möchten,

und sie lieben, und so wir uns Eines Sinnes & Eines Strebens freuen möchten! –

 

Weniger war es klug, daß ich fast immer auch den Sonntag verschenkte, denn da man mich nicht an der

Arbeit antraf, verweilte mann länger; oft gar aus eitlen Absichten geschahen da Besuche; (das heist in

Teuschland) man sprach von neuen Kleidern; man ließ sich darinn sehen, ich nicht weniger: welche

Erbärmlichkeit!

 

Aber auch hier werden längere Gespräche gehaltlos, und für mich jedenfalls sehr ermüdend.

                                                                                      –

 

Die Erfahrung hat mir bewisen, daß ich von allen Einladungen des geselligen Lebens, leer & ermüdet nach

Hause kam:da schwor ich & hielt wie ein Gelübte, mich hierin gänzlich zurück zu ziehn; und das schon seit

vielen Jahren. – Es gab jedoch ein paar einzelne Fälle, wo die Umstände eine Ausnahme zu rechtfertigen

schienen, wie hier auch einmal, bei Md: Br: Da, war ich nachher zu unglücklich! – Erstens weil ich gegen

meine Überzeugung handelte & 2tens weil ich der Zudringlichkeit nachgab; weil

Weil ich nicht stand wie ein Held

Vom beßeren Willen regieret.

Und weil ich verlaßend mein Feld

Mich sah, von der Welt verführet.

 

                                –

 

Später hat mich auch eine ähnliche Unruhe gefoltert, wenn ich nur aus Höflichkeit einen Besuch machte.

 

Ich sage mir daher abermal, wenn mich nicht eine wirkliche Ursache zu einem Besuche Auffordert, bleibe

zurück! –

 

Was aber meine Sehnsucht nach Alleinsein betrifft, diese ist nicht so gut als sie mir bisweilen vorkömt. Mann

sollte die Unruhen mit gelaßener Weisheit benützen: hiefür war ich aber immer zu träge & zu müde; daher

konnte ich aber auch, zur Strafe die heiligen Stunden der Einsammkeit nicht gehörig anwenden. –

Wenn ich nicht siegend mit freiem Geiste wirke, wird auch nicht siegend mein Tagewerk zeugen!!

 

                                                                                –

 

So vielen Dank ich auch habe, für jeden guten Rath, deren mir Seitz12 an meinem großen Carton gab, so fühle

ich doch, daß es in Zukunft wieder beßer sein wird; niemals mehr bedingnißweis hiefür zu sorgen: Sondern

selbstringend, ohne irgend eine Hilfe zu hoffen, mich Gott & dem Talent zu überlaßen. Das übrigens immer, –

das Jedermann mich aufmerksamm machen möchte, wenn irgend ein Fehler oder sonst etwas Auffallendes

das Aug beleidigen würde.

 

Rom am 30 Sept: 1839 am Morgen vor dem Auszuge in die andere Wohnung.

 

Herr! Du hast mir bei den Vorfällen in diesen Tagen ein hinlängliches Zeichen gegeben, daß es beßer ist, wenn ich

dem Rathe Anderer folge, und so meine Wünsche kreutzige. Im ergebenen Sinn & Willen willst Du mich vor Dir

wandeln sehen, und nur auf diese Weise unter den Gnadenstrahl gelangen laßen, der in gerader Richtung aus dem

Himmel mit dem Frieden sammt dem Seegen auf mich herab kommen will. – Aber wie bog ich mich auf alle Seiten

hin, und wie viel habe ich dabei gelitten & Gutes versäumt! – Hätte ich früher beigestimmt den Winter noch in Rom

zu bleiben, so wäre alles ruhiger geschehn. –

 

O! möchte doch von jezt an, aller Widerspruch und alle Klage auf meinen Lippen & im Herzen verstummen! –

Und da wir nun also noch hier bleiben, wäre diese Winterszeit besonders geeignet mich hierin zu beßern;

und daß ich Buße wirkend wandle wie ein Engel vor dem Herrn.

 

Auch daß ich aufs neue mich einer beßeren Tagesordnung bemühe. Und das wäre .... –

 

Erstens täglich 1 Rosengranz, 1 Abbruch, 1 Überwindung.

2tens genau achtgeben daß ich täglich Sonn- & Festtage ausgenommen 6 Stund für die Kunst arbeite, und

sie nach den Umständen ab & zu rechne.

3tens daß ich täglich ohne Ausnahme die Natur studierend beobachte, und davon entweder etwas nachzeichne,

oder aus der Erinnerung probiere, oder wenn gänzlich die Stimmung fehlt, doch wenigstens von den kl:

Zeichnungen etwas für die Sammlung ordnen, welches alles auch zu den 6 Stunden des Werktags darf

gerechnet werden.

 

Nur machen jezt ganze & halbe Tage keine Ausnahme mehr. amen!

 

                                                                            –

 

              Am Silvester Abend.

 

Gott! Mit welcher Gemütsstimmung erscheine ich vor Dir! – Eine Last von Versäumnißen klagen mich

schuldig an. So leicht hätte ich oft meine Pflichten aufs genaueste ausüben können, wehrend das widerstrebende

lieblose Herz den Willen verweigerte; so vergiengen oft Tage & 100 & 100 einzelne Stunden dahin. Wie

Vieles daß ich hätte thun sollen ist noch zu thun. Durch täglichen Aufschub schwächte ich alle meine

Vorsätze. – So ...

So darf es im neuen Jahr nicht wieder gehn,

Ich muß auf meine Pflichten sehn.

Ein rasches Ergreifen befördere die That,

Daß der Herr segnen kann die fröhliche Saat.

Und wenn er auch noch lang inne hält

Mit Glück das meinem Herz gefällt;

Nicht laß leg’ ich die Hände nieder

Noch einmal kömmt die Freude wieder

Im neuen Jahr muß neues Leben

Dem armen Herzen Wonne geben. –

 

                                                                            1 8 4 0.

 

Herr! Ich bin in Deiner Hand, und ich thue wie ich glaube, was meine dießfalsige Lage & Stellung von mir

fordert.Segne diese Ausübung, daß mein tägliches Brod nicht ausgeth und ich auch immer noch etwas habe,

für Die, welche Du meiner besonderen Liebe empfohlen hast. Auch an keinem Unglücklichen will ich nicht

ohne kleine Theilnahme vorübergehn: damit Du mir bewahrest mein bescheidenes Glück, in welchem ich

Dir mit so viel Freude & Trost ergeben bin. Ein auffallendes Unglück könnte mich (die Du immer auf Deinen

sorgsammen Händen trugst) vieleicht entrüsten. Ach! bewahre mich vor großem Unglück, wenn es Dein

Wille ist, doch einzig nur wenn, es Dir wohlgefällt: Anders will ich lieber, auch das größte Unglück erleben;

denn – nicht Mein ist alles was ich habe; sondern Dein, Du lieber heiliger Gott! – Ich bin die Verwalterin,

Du bist der Herr! --

 

Was soll ich thun, wenn mein Geist keinen Ruhepunkt finden kan, gleich einen Täubchen das hin & her

flattert und nicht weist an was es sich halten soll? –13

 

________________________________

 

Ich zeichnete Etwas, da war es beßer. Wenn ich vieleicht bei den leisen Anregungen zum Zeichnen früher

gefolgt hätte; wäre es mir im Geiste heimlicher gewesen.

 

Wenn der Mensch nur nicht so viel Ruhe suchen würde; er findet doch keine. – Abwechselnde Arbeit oder

Lesen, oder bethen, oder mußizieren; auch eßen zur Zeit und wo nichts dieser Art gethan werden kann.

Etwas Entschiedenes denken oder beobachten . –

 

Ich bin schon zimlich Vielem abgestorben, und ich habe noch Vielem abzusterben, worunter Eines mich am

härtesten ankömmt: nemlich meiner Abneigung.-

 

                Herr! Du bist stark in den Schwachen.

 

                            Erbarme Dich meiner.

 

Reiße mich aus der hilflosen Verborgenheit an die leuchtende Wirksamkeit Deiner Gnade, daß Deine Ehre

befördert werde. – Und laß zum Heil derrer die wider mich sind, erkennen, daß Du es bist, der mich eine

Zeit lang demüthigen wollte, und daß ihre Demüthigungen gegen mich, von keiner Wirksamkeit waren. –

 

Nun kam o Gott auch Deine zweite Heimsuchung, in welcher ich ruhig überdenken konnte, wie wenig ich auf

dem rechten Standpunkt stehe, der allein heilbringend und für mich das nothwendigste Bedürfniß ist, um in

den Bitterkeiten & Zeitvernichtenden Lagen nicht sindigend zu seufzen, so daß jeder meiner Atemzüge wie

aus einem Sumpfe steigen und alles um mich herum freudenlos und Verlust erzeugend wird; wie es nun schon

lange her so ist! – Ach wie traurig! daß meine Seele, die Du o Gott so fromm erschaffen hast, unter der

Herrschaft deß beleidigten Herzens seufzt; und so, zu keiner raschen Freiheit gelangen kan. –

 

Ich habe mich in den unützen Wünschen ganz abgemüdet: aber, laß o Gott, mich noch einmal mit Deiner Gnade

alle Kraft versuchen, ob ich mein Herz nicht nach dem schönen Ideale bilden & daßelbe darinn gewöhnen kan:

nemlich einzig & allein nur an Dich zu denken und den offenen Himmel mir forzustellen, daß nichts Niedriges

mich mehr betrüben, und alle Mühe zu überwinden ich entschloßen= thätig allem entgegen trette und

Kunstausübend auf meiner Laufbahn nicht stehen bleibe, wie es in dieser langen Zeitfrist so geschah. –

 

                                                        Carlsruhe am St. Silvestertag 1840.

 

Welch’ traurige Bemerkung muß mich abermal überraschen, daß über meinem Tagebuch ein ganzes Jahr

vergieng; – zwei Seiten & eine Halbe ausgenommen! – Kein Wunder, wenn ich mich selbst nie kennen lerne;

denn ich stehe nicht beobachtend stille um zu sehen, wie ich lebe, was ich thue & was ich unterlaße. Zu flüchtig

behandle ich diese Fragen stetz; – so frug Pilatus was ist Wahrheit, und mit diesen Worten gieng er weg. – – –

 

Wie undankbar, daß ich nicht einmal meine glückliche Rückkehr aus Italien einschrieb, & den seligen Tag

als ich von meinem Elterlichen Haus, voll von allem was das Herz erfreut wider Besitz nehmen konnte! –

 

Freilich, habe ich es nach 5 Monaten wieder verlaßen; weil ich doch schon 4 Jahre nicht mehr in Carlsruhe war,

wo ich meine kleine Anstellung habe. Und wie schön habe ich es nun auch hier! Durch die Güte der lieben

Fr: Gräfin Langenstein,14 die mir das Haus des Hirschgartens anboth, um da ein Malerfenster zu bauen. Es war

stetz mein Wunsch einmal ein rechtes Malerstudium zu haben!

 

Wie gnädig & barmherzig bist Du o Gott in Deinen Führungen! – Mein Herz glüht von Dank; Du gabst mir in

diesem Jahre auch wieder so viel Gutes: obschon auch körperliche Leiden & Leiden anderer Art mich

züchtigten: es war nöthig, zu Dir nur wolltest Du mich führen, zu Dir, welche Liebe!

 

Schon nähert die Mitternacht Stunde sich, Der Eintritt in das neue Jahr, – O, laß mich daßelbe bethend

aus Deiner Hand empfangen: höbe segnend Deine Hand und schenke es mir zu Deiner Ehre, im Nahmen

Jesu! Amen!

 

                                                    Carlsruhe 1841, im Hirschgarten.

 

den 2ten Jenner.

 

O Heiliger Joseph! Der Du alle Deine Unternehmungen mit Entschiedenheit & Ruhe ordnetest, Du! Bitt für

meine Anstalten. –

 

Und Eines möchte ich mir besonders erbitten, - das wäre – Ein beständiges Bewußtsein vor dem offnen

Himmel; wo Du weilst über uns Du liebender Gott, und von wo Du uns zusihst, ob wir nach Vollkommenheit

ringen. Ein einziger Blick abgewendet verursacht schon pletzliche Unruhe und es regiert das bösartige Herz

mit seinem Eigennutz & seinen Klagen. –

 

Überhaupt habe ich in meinem Benehmen immer nicht genug Ruhe & Langsamkeit; ich bin bei Besuchen so

zerstreut, daß ich die Leute nicht eigentlich anschaue. – Immer, immer rede ich unbefragt: geberde mich zu

lebhaft; widerhole & bekräftige meine Meinungen, und glaube die Leute mit vielem Schwätzen unterhalten

zu müßen: daß ich nachher ganz erschöpft davon bin. Es ist dann kein Wunder wenn man mir nicht glaubt

daß ich schwach bin.

 

                                                                                –

 

Die heiligen Bilder versammeln den Geist & geben dem Leben eine höhere Weihe, denn es kann doch nichts das

menschliche Herz ausfillen als göttliche Dinge.  Irrdisches läßt immer eine Leere zurück.

 

Das wir allem Irrdischen absterben sollen; ist unsere Aufgabe. Wer in Gemeinschaft mit Jesu lebt, ist schon

von selbst Allem abgestorben; weil alles wie Nichts ist gegen dieses unaussprechliche Gut. – Wir halten ihn

aber nicht fest, & so schrecken uns gewaltsamm die zeitlichen Bedrängniße!

 

Bin ich mir nicht recht verdächtig, indem ich künftige Leiden befürchte & ihnen entgehen möchte?? – Da es

mir selten eine wahre Freude ist besucht zu werden, so bin ich im Anfange wenn die Leute kommen gewöhnlich

verlegen. – Ich beraube mich der Verdienste die ich dabei sammeln könnte, und es wäre meine Schuldigkeit so

schön abgethan, wenn ich beim Empfang ernst & freundlich, dan still & ruhig, und später von der Historienmalerei

etwas reden würde.

 

                                                                            –

 

Es schläft so träge der Geist in meiner

Brust

Wach auf am Ostertag du

träger Geist

Fühle werkthätig was geistig leben heist,

Zu wachen & zu bethen sei deine Lust.

                                                               Carlsruhe den 11 April 41.

 

                                                                            –

 

Wie es für die Natur einen Mai giebt, so muß es auch Mai im Gemüthe werden; Nemlich das Leben aller

Tugend & Weisheit muß erwachen.

 

                                                                            –

 

In dieser Zeit habe ich nun wieder eine Probe gemacht, daß ich wirklich keine Einladung zu mir allein machen

kann: indem ich mich so sehr vom reden & hören erschöpft fühlte; daß ich pletzlich um eine Unterbrechung

bitten mußte, weil mir eine Ohnmacht zu kommen Trohte. –

 

Auch jenne 2 Stunden die ich für die Besuchenden festsetzte hat nicht gut gethan. – Ich that es aus freiem Willen,

aber ich wurde sodann der Sklave meiner Freiheit, indem ich die angebothenen Stunden auf meine Zimmerthür

schrieb.Ich habe nicht vor, dieß je wieder einmal zu thun: doch giebt es Leute, die durchaus eine Zeit wißen

möchten wo sie am wenigsten genieren; diesen sage ich nun vor Tisch um 11 Uhr; weil schon einige mal viel

früher Besuche kamen, die mich schrecklich störten; auch war ich bisweilen so frei, bis zur 11 Stunde mich

einzuschließen.

 

Sonst trage was jeder Tag bringt; es ist gewiß nicht zu viel, denn, der Herr ists der das ganze Weltall lenkt.

Meine Vorkehr der Last zu entrinnen, hat mich beinahe erdrückt.

 

O! wie wenig ist es, was man zu thun hat, wenn man nur das thut was jeder Augenblick fordert! – Was

vergangen ist kan nicht mehr geändert werden & die Last der Zukunft tragen ist Thorheit und Sinde. –

 

Also – nur die pletzliche Gegenwart behaupte man immer; aber im Lichtstrahl der von dem offnen Himmel

zu der Erde herabfließt. –

 

Versiegle den Schluß, sei wachsamm & bethe & arbeite. Sehe nicht auf Andere, um nicht verstrickt zu werden. –

Es giebt für den frommen Christen nur Eine Richtung.

 

Um wie vieles würde man weniger reden, wenn man Jedes nach seinem Sinne machen ließ: das heist wo man

wirklich nichts einzureden hat oder wo es vergebens wäre. – Auch die Handlungen nicht rügen, und nicht klagen

über die dadurch erfolgten Plagen; es wäre eine Übung sich die Faßung zu erwerben: den wehrend man

sich unöthig kömmt wie ein Wurm, stände man fest – etwas nützliches denkend. –

 

                                                                            Gebet.

 

Als Du o! Jesu die Kleinen um Dich sammeltest, legtest Du ihnen segnend die Hände auf. Sie achteten nicht die

Verweise Deiner Schüler, die ihren Meister zu schonen suchten; nur einer hatte ihn noch nicht bemerkt, und die

Müttern hielten sich etwas schitern zurück. – Die Unschuldigen fürchten sich nie, ihr Engel sehen das Angesicht

Gottes; mehr daher, als die Anderen mußten sie die Gottheit Jesu fühlen, und davon angezogen werden. – –

 

Drum strebe du mein Herz nach Schuldlosigkeit daß es sich auch nähern darf Jesu Seegen zu empfangen,

wie die holden Kleinen.

 

Aus ihrer kleinen Brust athmet die Liebe & wo Du o! Jesu Liebe findest, da spendest Du etwas von Deinem

Schimmer, Schimmer der Gottheit, Spuren Deines Daseins, Wirkung Deiner Beseligung, Triumpf der

Überwindung, Kraft der Ausübung!

 

Diese alles o! Göttlicher Heiland! hätte mein armes Herz so nöthig! – Erbarme Dich meiner, ordne mein

Tagewerk, und lege auch mir segnend die Hände auf! Amen.

 

                                                                                    –

 

So – arbeitete ich mitunter lange getrost u. glücklich – aber nachdem die beßere Jahreszeit kam, & die Besuche

sich mehrten, wovon die Meisten glaubten über das Bild sprechen zu müßen und zu tadeln & zu kurigieren

und ich dann zu ändern anfing; da wurde ich auf einmal müde und körperlich so geschwächt: daß ich mich

genöthigt fühlte nach Baden zu gehen, wo sich dan in wenig Tagen, mein schreckliches Schleimfieber

entwikelte.

 

                                                                                     –

 

Es war aber eine große Himmelsgnade, doch wenigstens den Anfang dieses Bildes so alles nach Wunsch zu haben.

Die ruhige Stille & der behagliche Frieden gaben dem Herzen & dem Körper unaussprechlich viel Angenehmes.

Mit frommem Dank und auch unter christlich religiösem Wandel suchte ich mein Heil zu wirken. – Als aber die

Welt mit ihrer Unruhe besonders auf die Letzte ihren Einzug hielt, da verlohr ich Verwöhnte mein Selbstgewicht &

ich neigte mich hin zu innerem u. äußerem Jammer & Klage, was einem rechtschafenen Christen do übel

ansteht!!! – – – Es war also gut, daß mich der Herr so strafend heimgesucht hat; und ich könnte auch nicht anders

als dankend Gottes Barmherzigkeit preisen & ewig seiner Gnaden gedenken!!!

 

Der Herr hat mich in meinen kranken Tagen neuerdings auf meine auffahrenden Fehler aufmerksammer gemacht,

und mich über mein so oft unvernünftiges Betragen belehret. Da schrieb ich mir einiges in mein Gedankenbüchlein,

& nannte sie Pfundnoten. – –

 

Nemlich, - Täglich wider die heilige Meße anhören, denn ich hatte damals gar weit in die Kirche.

                           Wenig reden. –

                           Nichts unschicklich finden. –

 

Niemals Etwas gegen Jemand bei Andern. – Gänzlich thun, oder still unterlaßen was Andere wollen, in gewöhnlich

gleichgiltigen Sachen. Aber in Sachen von Bedeutung zuerst überlegen & dann erst widersprechen. –

 

                        Nichts begehen ohne Noth.

 

Gewalt über mich brauchen, um ein gutes Beispiel zu geben.

 

Seyn wie ein Lamm, daß aber seinen Sinn im Himmel hat.

 

Mein Arbeitszimmer schließen & die wirkliche Arbeit nicht mehr zeigen. (Aus Erfahrung wie mich dies ermüdet

& gelehmt hat, indem ich dem Einreden und kurigiert werden zu oft folgte). – Bei Besuchen besonders im

Anfang;

 

                        Freundlich, doch ernst & nichts von sich. Kurz u. bindig die Antwort. –

 

Wo möglich nichts Unnützes reden. –

 

Von der Krankheit ja keine Erzellung, sondern nur, daß es eine heilsamme Sache wäre, so von Gott gestraft zu

werden. –

 

                           Wo möglich niemals widersprechen. –

                           Nur nie rathen. –

 

Zur Ausführung dieser Dinge möge Gott mir seine unaussprechliche Gnade verleihn.

 

                                                                            Ammen.

                                                                                 –

 

Einen Aufsatz möchte ich noch einrüken, dessen Inhalt ich durchaus nicht verwerffen möchte: weil ein

selbständiger Mensch ohne eine Sinde zu begehn, Etwas unternehmen darf; obschon Viele dagegen wären. –

Ich verfaßte ihn der letzten unruhigen Zeit in welcher ich schon einigemal an dem Bilde aussetzen mußte,

weil mich kleine Übelkeiten überfielen. . Also! –

 

                                                                                  –

 

Wenn es o Gott! vor Dir erlaubt ist im Stillen noch einen Plan zu entwerffen, so gieb mir jezt die Gnade, daß ich

nach Deinem heiligen Willen im Geiste mich damit beschäftige, und dann reiflich durchgedacht daßelbe festhalte. –

 

Jedenfalls steht derselbe vor 2 Wegen. Entweder hier zu Land die fast unübersteigliche Überwindung angewöhnen,

im Umgang mit Menschen nichts Unnützes zu reden & zu fragen, und wo es möglich ist gänzlich zu schweigen. –

Nur so scheint es mir mit der Gnade Gottes möglich das unzählige Zusammentreffen der Bekannten & Verwannten

phisisch auszuhalten. – Unmöglich aber, wenn ich nach meiner gewohnten lebhaften Art – rasch zu sprechen, zu

scherzen, zu loben & zu tadeln, zu urtheilen & zu klagen, auch mitunter zu schmeicheln fortfahren würde. –

Diese Bemerkung habe ich schon seit längerer Zeit gemacht; aber ohne mich überwunden zu haben; – doch

jezt, bei diesem öfteren unwohl werden, bei diesem mächtigen Empfinden wie mein ganzes Wesen geschwächt

ist, wie ein inneres Sehnen nach Abgeschiedenheit mich auffordert, die letzte Kraft zu versuchen, ob es denn

nicht möglich werden kann, daß ich in allen Begegnißen mit Ruhe & Stille mich verhalten kann. – Wo nicht –

O! so laß mich noch einmal die reine italienische Himmelsluft begrüßen & an geweihten Stellen das Paradies

meiner Seele finden.

 

Weit entfernt träge Ruhe & Bequemlichkeit zu suchen: – Nein, im Schweiße meines Angesichts will ich gern

mein Brod essen. – Nur nutzlos mich wehrend der Arbeit abmühen zu müßen, nur Diesem möchte ich wenn

es Dein heiliger Wille erlaubt, entfliehn, und auch nur so lange, als ich Kraft zur Arbeit fühle: und das wäre

dann in Mailand oder Florenz wo ich unbekannt bin.

 

Giebst Du mir aber Gnade, daß ich ruhig & schweigend werden kan, so verbleibe ich im lieben Vaterland.

 

                                                                                    –

 

                                                                                           Baden15 den 21ten Dec 1841

 

Jezt wäre ich vor der Welt leichter zu entschuldigen; wenn ich weniger redete, und die Änderung vornähme

über meine wirkliche Arbeit nicht mehr zu sprechen. – Und mich zu entfernen bis man das Bild gesehen hat:

oder wenn es ein Kleines ist, daßelbe umzuwenden. Um aber im erstern Fall, (wo ich die Besuchenden im

andren Zimmer erwarte) nicht zu viel Zeit zu verlieren, müsste ich immer ein Blatt aus meinem Tagebuch

(Zwikbuch)  in Arbeit haben. – Eine Stund habe ich nicht im Sinne je wider zu bestimmen; dafür

hoffe ich aber mit der Gnade Gottes, durch ein christlich vernünftiges Betragen die Besuche so sehr

abzukürzen wie möglich.

 

                                                                                      –

 

                                                                                  1 8 4 2 .

 

Zum ersten mal wieder seit vielen Jahren durchschlief ich am heiligen Silvestertag die Mitternachtsstund. –

Wachend und dankend trat ich sonst so gerne ins neue Jahr hinüber. – Ehrwürdig war mir stetz der Übergang,

und meistens hatte ich für ein fast gänzliches irrdisches Glück & Wohlsein zu danken. Wie herzlich und innig

freute ich mich darüber: doch, dießmal nach der schweren Heimsuchung ist mein Dank und meine Freude

noch viel größer. – Denn ich stand an dem Rande meines Lebens und war einen Schritt näher bei Gott;

und seine Gnade und Barmherzigkeit war so tröstend; daß keine irrdische Wohlthat damit zu vergleichen

wäre! –

 

Nimm also meinen Dank o! himmlischer Vater! Laß mich die Wolken druchdringen daß ich ihn hinlege zu

den Stuffen Deines Thrones. Laß mich da niederknieen wo ich oft war im Geiste: reiner zwar als jezt; denn

damals war ich unter Deiner strafenden Hand; jezt bin ich schon länger mir frei überlaßen; süßen Schlaf und

gute Kost zu genießen; dieses entfernte mich schon wider viel weiter von Dir O Gott! Ach, wie oft schon

übertrat ich wieder Dein heiliges Gesetz! –

 

O, heilige Dreifaltigkeit, nur 3 Kräften möchte ich zu Deiner Ehre empfangen. Die Wachsammkeit

des Geistes, die Ruhe des Gemüthes, und die wahre christliche Liebe. O Himmlischer Vater! Gieb mir im

neuen Jahr diese 3 Tugenden, und was ich sonst noch nöthig habe; denn Du weißt ja daß ich nichts habe;

wenn ich es nicht von Dir empfange. Segne mir dieß begonnene Jahr im Nahmen Jesu&. erbarme Dich

meiner. Amen.

 

                                                                        Den 3ten Jenner.

 

Meine liebe Schwester Pepi ist jezt heute abgereist, ein wehmüthiges Gefühl durchdringet mein ganzes Herz:

denn – sie kam mich zu pfegen, & ihr Eifer und ihre Anstrengung war so groß daß auch sie arg angegriffen

wurde; und noch nicht genest trat sie nun ihre Rückreise an. – Wie müßte mir sein, wenn ihr in der Gesundheit

Nachtheil bliebe! O! heiliger Gott, verhüthe aus Gnad & Barmherzigkeit solche traurige Folgen & mir einen

so herben Vorwurff. Ach! laß uns im Frühjahr ein fröhliches Widersehen genießen und ein Beisammensein,

daß Dir wohlgefällig sein kann. Amen.

 

                                                                                    –

 

Obwohl ich im Anfang nach der Krankheit, des Tags nur eine Stund, dann 2, und später 3 & 4 Stund arbeiten

durfte, so kam ich in der letzten Zeit doch wieder zu 6 & noch mehr Stunden: 6 sollte ich aber wirklich nicht

mehr überschreiten, und ich muß mich des Rathes, den der ehrwürdige Hr: v: Thülis meiner Freundin Predl16

gab erinnern: nemlich des Tags nicht mehr als 6 Stunden zu arbeiten,

 

Ich fand es immer zu wenig, doch kam ich der innern & äußern Abhaltungen wegen, gar oft nicht zu diesen

6 Stunden; aber dann gab es auch Zeiten wo ich sehr anhaltend fortmachte; da tratten dann fühlbare

Entkräftungen ein. –

 

Aus diesem Grund habe ich mich nun abermal entschloßen mit Aufmerksamkeit die Stunden zu zählen.

Freilich wird die Zeit für Zubereitungen auch mitgerechnet.

 

Und an den Sonntagen wie sehr kam ich da zurück, und wie sehr hat mich der heilige Fleiß verlassen daß ich

nemlich nicht in meinem Sonn & Festagsbuch arbeitete. Ich wollte mich schonen, und doch, so oft ich nach

Ruhe rang, so oft entfernte sie sich von mir: hingegen, wenn ich meine Trägheit überwand, strömte süße

Fröhlichkeit in mein Herz.

 

„Ohne Kampf giebt es kein Sieg“.

 

                          Nur wer überwindet,

                          Ist würdig, daß er Ruhe findet.          

                          Ein Stilles Herz an Eifer groß,           

                          Trägt wahre Schätz! In seinem Schoß!         

 

                                                –

 

Meine wirkliche Arbeit nicht zeigen & die Besuchenden im andern Zimmer empfangen, das hat sich nur bei der

Vollendung des großen Bildes thun laßen: wohl aber die Thiere zu schließen war immer sehr gut; auch schon

nur deßwegen, weil ich wehrend des Aufschließens mich für den Empfang des Kommenden faßen konnte.

 

                                                                                –

 

Diese zwei Punkte trug ich aus Versehn vor den früheren hier ein. –

 

Am 7ten Jenner also reiste ich nach Carlsruh ab: ein wunderschöner von Schnee & Himmelsglanz leuchtender

Tag war mir bescheert um meinen Einzug im Hirschgarten zu halten: von dem vortrefflichen Hr. Schabinger war

die beste Anstalt getroffen; warme Zimmerchen nahmen mich auf; und so lebte ich dann mit meiner lieben treuen

Pepine meine stillsten liebsten Tage wider. Bis dann aber nach vielem Allerlei die Zeit meiner Abreise kam. –

 

Am 18 Juni kam ich sodann glücklich Gott sei Dank in Konstanz an, sah meine gute Schwester Pepi wieder

auch wohl & vergnügt und wie freundlich & wohlthuend nahm mich das elterliche Haus auf: da gieng dann

wieder das alte auch sehr liebe heimathliche Leben an: welches ich nun nicht mehr freiwillig zu unterbrechen

gedenke. – .

 

Nun muß ich noch einige Beobachtungen einrücken.

 

Ohne stolz zu sein, kann man sich nicht für wichtig genug halten: um nicht mißbraucht zu werden; – denn wenn

ich überlege wie oft ich wegen einer geringen Gefälligkeit oder für eine Ehrbezeugung den Menschen freundlich

war, ihnen sogar eine beliebige Zeit anboth in welcher sie meine Arbeiten sehen wollten; und wenn sie dann

nicht kamen! – Und wenn ich Jemand bewirthete, wie ich dabei mich erschöpfte! – – –

 

Soll ich nun so fortfahren? mit Gottes Gnade nicht. – Ich sage mit Gottes Gnade, denn es ist schwer gegen das

eingewohnte Höflichkeits Gefühl zu handeln und sich entschieden auszusprechen wo die Sache ein beleidigendes

Aussehn hat. – Wer der Welt viel & lang gedienet hat, der kann & darf von den ihm lästigen Höflichkeitsregeln

ausruhen. Für wahre christliche Liebe hat er dann noch Gelegenheit genug, wenn er jedem Kommenden

freundlich begegnet und wo er einen Dienst erweisen kan denselben vollzieht.

 

                                                                                –

 

Ich habe schon mehrere mal bemerkt, daß wen ich für Andere oder für mich ein Vergnügen veranstaltete, es mir

entweder eine Last oder ein Kummer bereitete. Auch that ich einmal das Gelübd in Zukunft lieber dem Willen

eines Andern zu folgen als aufsteigenden Plänen Gehör leisten.

 

Dieses mal getraute ich mir auch noch nicht am Silvestertag bis über die Mitternachtsstunde aufzubleiben.

Nun – so sei es denn am Frühabend schon beschloßen das theure Jahr 42. Es hat zwei tiefe Kränkungen

und eine große Beeinträchtigung für mich in seinem Schooß getragen: aber wunderbar hat der Herr es mir

gesegnet, und vor Allem habe ich viel Ruhe & Frieden genoßen; auch kann ich in Hinsicht der Gesundheit

von Glük sagen. – Und wie konnte ich wieder arbeiten! Und wie freundlich O Herr, giengst Du mit mir um!

Dank! Dank! Dank! durch Jesus Christus amen.

 

                                                                           am St. Silvestertag 1842.

 

                                                                                            –

 

                                                                                        1 8 4 3

 

Was ist doch mein inneres Leben, eine Kette von Zerstreuungen, aus welchen ich mich selten heraus winde!

Schon oft gab ich mir zwar Mühe, die Sammlung des Geistes festzuhalten, aber umsonst: nur durch anhaltendes

Gebeth kann ich es hoffen; der Herr zögert vieleicht noch lange; aber er wird sie mir geben: denn Er ist der

Wahrhaftige, Er hält was Er verspricht. Meine Seele frohloket in seiner Güte!

 

Es wäre doch gut wenn ich wieder ein wenig anfienge meine täglichen Begebenheiten zu beschreiben, es trüge

vieleicht auch bei mich in der Sammlung des Geistes zu üben; es ist auch hierin schon einigemal beßer gegangen;

doch allzuleicht trette ich aus dem Geleiße, wie gestern, als ich im Eifer die Begebenheit des großen Bildes

erzellte. –

 

Daß ich auch immer & immer zurecht weisen will & so gern auf alles statt Zucker Wehrmuth streue! Wie werde

ich Andere ändern, wenn ich selbst trotz aller guten Vorsätze mich nicht ändere! Es ist alles umsonst: der Beweis

ist klar genug, daß es anders ohne Einwirkung des göttlichen Geistes von oben herab nicht geschehn kan: weil

unser eigene innere Geist nichts vermag, wenn nicht der Göttliche dazu kömmt, diesen kann ich aber weder mir

noch Anderen geben: also giebt es kein ander Mittel als unausgesezt darum zu bitten und zu warten, wie die

Apostel vor dem Pfingstfest. –

 

Ich habe meinen Blick doch oft und lange dem Getriebe der Menschen zugewendet, ohne die geringste nützliche

Beobachtung zu machen. Laß’ in Zukunft solche Sachen. – Und bei der Malerei besorgte ich eine Menge Dinge,

die ein Anderes für mich hätte thun können: mühe dich also mit keinem Geschäft dieser Art mehr ab; sondern

rufe zu dem kleinsten Dienste die Hilfe & Beistand bei. Die zweimalige Krankheit am rechten Arm ist eine

hinlängliche Mahnung zur strengsten Schonung.

 

                                                                                    –

 

Wie gehe ich es nur auch an mein Gewißen zu erforschen, da ich schon im kommenden Augenblick den

Vergangenen vergeße! – Und daß ich nie einen halben Tag vieleicht nie eine Stunde in gänzlich ruhigem

Bewußtsein zugebracht habe:ich werde es zwar gleich gewahr, daß ich aus dem Geleiße trat, und suche wieder

einzulenken; ein mühseliger Kampf! weil er fortwährend daurt! Werde ich nie mich leichter thun? Niemals ruhig

im Gemüthe bleiben? nie heilig athmen? von Andacht warm durchdrungen, liebevoll & Gottähnlich?

Langmüthig! – !

 

Wie mich die Erfahrung lehrte, daß jenne gegebenen Stunden am Nachmittag mich oft zum Sklaven machten;

eben so fühle ich geth es mit der 11ten Stunde. – Die menschliche Vorsehung kann nicht vor den Lasten schützen

die der Herr auflegen will. Zur Strafe macht er sie nur schwerer auf irgend eine andere Weise: – daß wir

seufzen u. jammern. –

 

O, so bignne deine Tage wie Gott sie haben will; gewiß geth es bßer & gesegneter: den was Gott thut ist gut;

unsere Weege führen zum Verderben! – Es ist nicht nöthig daß Du es sagest du kommst sonst wieder zu keinem

Zwek; man wird es schon von selbst sehn, wenn ich gelaßener bin, eifrig – doch zum aufbrechen bereit. amen.

 

                                                            Den 7ten Oktober.

 

Wenn ich Gott angehöre, was beunruhigen mich die Genugthuhungen für Ehrbezeugungen, & warum so vieles

Reden! – ? – Wie ruhig, wie weise, wie nützlich könnte ich sein, wenn ich nichts unnützes redete, und nur so für

mich hinhandelte als faßte der Engel mich am Arme; daß ich nicht in den nahen Abgrund hinabstürze: wie

schweigsamm wäre auf diese Art mein Thun u. Laßen! – Und warum biethe ich meine Bilder nicht zum Kaufe

an, als hätte ich keine zeitliche Hilfe nöthig; ein geheimer Hochmuth hielt mich gewaltsamm zurück: dieses soll

nun mit der Gnade Gottes nicht mehr so geschehn.

 

Dieß war besonders damals der Fall als Md Lin17 mit einer so großen Gesellschaft da war.

 

                                                                                        –

 

Die äußerst störenden Vorfälle bei dem Porträt des kleinen Graf Alfred,18 scheint in der That eine Strafe zu sein,

weil ich so nachgiebig war; nachdem ich doch zehn Jahre lang mein Gelübde hielt kein Porträt mehr zu malen.19

Habe ich doch so vielfältig erkannt welch große Eitelkeit es ist; daß die meisten Menschen immer & immer i

hre Porträtte wünschen. – Gott sagt „werdet vollkommen wie ich vollkommen bin“ also, göttliche Vorbilder

soll der schwache Mensch sich wählen um nachzueifern; sollte auch das Kunstwerk weit hinter dem Ideal

zurück bleiben; das sichtbare Zeichen muß ihn doch erinnern an das was über ihm ist, dahin wir alle berufen sind:

Von Fesseln aller Art gelangt mann aber nicht dahin; – es ist also kein gutes Werk Ketten zu schmieden, die nur

noch fester an die Erde binden, hangen wir ja ohnedieß zu viel an Allem was uns lieb ist! –

 

                                                                                          –

 

Der Winter ist eine wahre Erndezeit für den Geist! – Mit den Jahreszeiten aber & den langen hellen Tagen,

kam ich immer um meine stillen kostbaren 2 Abendstunden, die ich im Winter ohne Jemand zu beleidigen für

mich ganz allein nehmen konnte: – allmälig hatte es sich jedesmal geändert, ich wußte selbst nicht wie es kam,

daß ich mich von dem Wirbelwind aus allen 4 Erdgegenden im beständigen Kreisel herum treiben ließ. –

Möge es Gott nicht mißfallen, wenn ich in Zukunft für 2 stille Abendstunden mich sichere.

 

                                                                                            –

 

Ich rede oft von Sachen, die weder Dem, zu welchem ich es sage etwas nützet, noch mache ich Gott eine Ehre

wen ich so eifrig ins Vielreden gerathe & mich ärgere: mir hat es noch jedesmal geschadet sowohl an der innern

Ruhe als an der Gesundheit, auch habe ich manchmal hierdurch etwas Wichtiges zu fragen vergeßen. – O, armes

empfindliches Herz: werde doch vor deinem Absterben, größerer Gesinnung; es ist ja erbärmlich statt eines

Heldensinnes zu sein, mit dem Auskehricht sich abgeben! –

 

                                                                                        –

 

                                                                                    1 8 4 4 .

 

Nun ist abermal ein Neues Jahr angetretten; – Diesesmal habe ich keinen besonderen Ackt nidergeschrieben:

denn Du o Herr! verlangst keine Zeremonie mehr, Du siehst in mein Herz & meine Seele ist entfaltet for Dir;

freilich gebrandmarkt mit 1000 & 1000 Fehlern: aber das unübersehbare Meer Deiner Erbarmungen hat mir

alle Furcht benommen: –  Nur vor mir selbst fürchte ich mir, weil mein Herz so viele böse Neigungen hat.

Es jammert Stundenlang & möchte allem Unglück entfliehn, – so klein ist meine Gesinnung! – Ich kann mich

nur schwer zum Verlust entschließen, und doch muß ich entblößt von Allem aus der Welt scheiden, von

der Erde, so wie sie mich empfangen hat, und wie bald! –

 

                                                                                        –

 

Als ich aus Gefälligkeit eines Festages zu Hause blieb um mehrere Besuche zu empfangen.

 

O! lieber heiliger Gott! was war das für einen Tag! ein Tag voll Eitelkeit Thorheit & herbe Abmühung, ich fühle

mich durch & durch abgeschwächt. Das – was ich Dir heute O, Gott zum Geschenk anboth, nemlich nicht

mehr zu klagen, habe ich zimmlich gehalten, aber sieh’ da, ich fehlte auf eine andere Art. Ich wollte artig sein,

redete, fragte, schmeichelte, begleitete, o welch’ elende Dummheit übte ich aus! sind solche Dinge auch eines

vernünftigen Menschen würdig! Soll ich in meinem 53ten Jahr noch nicht Herr über mich werden, Herr, über die

Erbärmlichkeiten der Welt? Nachdem mir Gott alles dieses schon so tief durchblicken ließ. – Ich kann meine

sindhafte Nachgiebigkeit hierinn gar nicht begreifen: ich bin schwächer als alle Schwachen.

 

                                                                                        –

 

Wie kann ich auch so sehr an diesem Leben hangen, welches eine so laute Forderung an mein Ich macht: das

Ich ist nicht die Seele, drum ist alles so geistlos, was auf dem Ich beruht, das Ich ist der Staub & die Asche,

daher hat auch das Gute das durch das Wörtchen Ich wirken will keine Kraft, wie ein Löffel voll Speise, in

die man Staub & Asche wirft, sie wird ausgespien; die Seele ist göttlichen Ursprungs, sie hat keinen Theil an

dieser Welt, ihre Sehnsucht geht nach dem Himmel & ihr Wille ist, des Herrn Ehre vergrößern, der Wille des

Ichs möchte den Vortheil hievon selbst genießen. – Das schreckliche in den herben Widerwärtigkeiten kömmt

nur aus dem Ich das nicht leiden will; die Seele hingegen hat Gott im Auge der unendlich mehr gelitten hat: und

der die Seinigen nur durch Mühseligkeiten & Leiden zu sich führen will: was erschwerst du dir also deinen

Gang so sehr durch Widersetzlichkeit! O! werde doch ruhig & stille!! Ach, gieb mir o Herr die Ruhe & Stille.

 

                                                                                        –

 

Und schon wieder bei einigen Zusammentreffen verlohr ich das Gleichgewicht, sprach und erkundigte mich zu

lebhaft, auch bei Besorgung eines auswärtigen Geschäftes betrieb ich das Gehn und Reden zu rasch: da schnierte

es sich wider zusammen auf der Brust und ein Gefühl wie zum Schlag treffen durchdrang mich eine gute Weile.

Sollte alles das mich nicht vorsichtig machen; ach, siehe o Gott wie nothwendig wäre mir eine beständige

Faßung, o gieb sie mir, daß ich anfange mich weise zu betragen.

 

                                                                                        –

 

Ich bin gar oft selbst Schuld wenn Verdruß & Unruh über mich kömt.

 

Wäre ich diesen Abend auf mein stilles Studium gegangen, hätte man es auch gefühlos gescholten, was würde

das mir geschadet haben; so aber kam ich auf eine Beleidigung eines Andern, ärgerte mich darüber und sprach

Böses aus; so gieng der Abend im Wirbel der Unruh zu Grunde.

 

O, daß ich ein andermal daran dächte, daß nicht im geringsten ein kleiner Umstand mich anzöge. (es war als sie

Maskeraden machten)

 

Rasch entreiße dich dem ziehenden Strom, eile in deine 4 Wände, erhöbe die Hände, und falle vor Gottes

Gegenwart nieder – bringe dich selber ihm wieder. Amen.

 

                                                                                        –

 

Da mir die Zubereitungen so viele Zeit nehmen, wäre es doch gut sie am Abende zu treffen: besonders

das Mischen.

 

                                                                                        –

 

Gieb mir o Gott die wirkende Kraft

                        Die immer schafft,

Gieb mir das mächtige Thun,

                        An deinem Herzen zu ruhn – –

Laß mich den Blick von Allem abziehn,

Dem, was Dir mißfällt entfliehn:

Ja alles Thun & Laßen der Andern vergeßen,

Nur meine Schritte meßen.

Mit Dir nur reden, vor Dir nur klagen,

Das seien meine Sagen.

 

Zu schwer ists mir geworden, nebst meinen Pflichten der Kunst mich um das Thun der Andern zu bekümmern:

so lange ich also mit Fähigkeit die Kunst ausüben kan, ist sie die hinlänglich Wirkende für das Gute; mehr

verlangt der Herr nicht fürs Äußere, fürs Innere habe ich nur eine heilige Ruhe zu bewahren.

 

den 26ten Februar.

 

                                                                                    –

 

Was will ich klagen über ein paar Menschen, die aus meinen freien Reden Gebrauch machten mir zu schaden;

und noch einige Andere die vieleicht mir übel wollten. Sie sind Alle, Werkzeuge in Deiner Hand, o fürsichtiger

Gott – die Du immer mehr gebrauchst, je weniger ich ergeben bin. – Drum schweige o törichter Mensch,

daß andere Waffen ergriffen werden können, die der Frieden & das Glück wieder bringen. –

 

Es fällt in meinem hiesigen Leben so wenig vor, daß mich bereits nie eine Begeisterung ergreift um es festhalten

zu mögen. – Das meiste was in meinem Innern vorgeht ist mit Anklagen beflegt: daher ich abermal ein Kelch

voll Bitterkeit vor mir sehe; und wenn ich nun diesen nicht für immer vor Deinem Angesicht o Herr ausgieße

& ungewendet laße: so mußt Du mich auf ewig verdilgen. – Deine Barmherzigkeit hat mir so viel Wesentliches

an Seel & Leib geschenkt, und mich schon lange vor schweren Versuchungen bewahret, nur eine Last willst

Du daß ich trage: nemlich das oftmalige Gefühl der Müdigkeit & des gänzlichen Erschöpftseins: Der größte

Theil der Menschen kennt aber dieses Gefühl nicht; es ist daher vergebene Mühe darüber nach Bedürfniß

zu reden: dieß habe ich schon 1000mal erkannt, und doch rede ich & rede ich ohne Unterlaß im alten Geleiße

anklagend & jammernd; statt dankend & lobpreisend. So entehrte ich gleichsamm die heiligen Führungen;

welche Sinde! – Sende, Sende mir o Herr Deinen Geist daß ich es dauerhaft erkennend furchtbar bereue,

Er gebe mir in Seinen Gaben die rechten Worte auf die Zunge & das rechte Stilleschweigen.

 

                                                                                    –

 

Es war niemals mein Absehn durch Erwerb mir ein Vermögen zu sammeln: warum soll ich also klagen daß

schon längere Zeit keine glänzenden Belohnungen mehr mich beglücken. – Hättest Du o Gott stetz mir so

viel gegeben daß ich Allen um mich her wesentliche Hilfe hätte leisten können; da würde mein Herz zu irrdisch

glücklich gewesen sein! – – –

 

Im Verlust aller Art den Frieden Gottes gewahren & mit Ihm & allen Heiligen & Engeln vereinigt sein, das ist das

Wünschenswehrte, das sind die Flügel die die unsterbliche Seele über alle Vergänglichkeit fliegen macht; man

kann in diesem erhabenen Fluge Alles besorgen: denn die Arbeit & das Dulden gehöret zum Leben. – Wie

dieses dann angenommen wird, daß soll mich nicht kümmern, Er der alles anordnet leitet die Herzen, und muß

ferne vorüberziehn laßen, die für solche Sachen Herz & Gelt zugleich hätten; – damit mir das höchste Gut nicht

verlohren gehe: – also Gewinn soll mein letzter Wunsch sein. – Doch etwas Anderes möchte ich für dieses

Leben mir wünschen, nemlich daß mir nie zu viel Unruh & Wechsel auf einmal zusammen treffe, wo ich jedes

Mal die gehörige Faßung verliere und nachher ermüdet hievon in unaufhörliches Klagen ausbreche: deßen

möchte ich, daß die Vorsehung mich verschonte. –

 

Ein Bild der Ruhe im Geiste vor dem offnen Himmel das schwebt mir so Erfolgreich vor den Augen und kann

es nie erreichen! – Gewiß wäre ich dann auch leiblich gesund. –

 

Gottes Engel zur rechten Seite

mache mich zu seiner Beute,

Wenn  der Böse Streit beginnt

und er mir das Herz gewinnt.

Öffne Du o Mutter Deine Arme
Nehme auf mich Arme

Verleihe mir Rast & Ruh
Träufle mir Kühlung zu.

 

            –

 

Ich kann mich nicht darein fügen, so ganz andere Grundsätze bei den Jüngeren wahrzunehmen, ohne mich

darüber zu ärgern: ich fühle mich oft gänzlich ohne Freude, und doch will ich nicht eingehn in mein Inneres

wo mir Gott so viel Frieden schenkt! –

 

                                                                                    –

 

Wie war ich doch so thöricht über etwas mißfällig Geschehenem so aufgebracht zu sein; was so geschehen ist,

ist neben Dir mit dem reißenden Strom dahingefahren, o, bleibe nicht stehn, blick ihm nicht nach; schone deine

Seele, trag sie in den Händen dem Himmel entgegen; schmäle nicht, der Herr ist jedes seiner Geschöpfe

Zuchtmeister.

 

                                                                                    –

 

Schaue nicht auf Andere dort,
O, wandere fort
Den im Thal der Thränen
Mußt du dich gewöhnen,
Die eignen Sinden zählen
Und das Gute wählen.
Sieh’, wie die Sonne so eilig verschwindet,
Die Tage losbindet,
Zaudere nicht dich zu entschließen,
Den Vergessenheit umfließen
Dein Gewißen sonder Rast,
Wenn du Gott beleidigt hast.


im November.

 

In dich hat der Herr viel Böses gesenkt

daß du dagegen kämpfen sollst; –

Eine außerordentliche Gnade!

 

Denn – befließest du dich des inneren Unthiers stetz bewußt zu sein, & dagegen zu kämpfen: – ein Heldengang

wäre dein Leben; zur Umarmung des Herrn würde es dich führen: wie viel verscherzest du also! –

 

Die Tage fliegen wie Pfeile, klagen dich an, & auch ein Jahr geth wieder zu Ende, O! daß vor dem Schluß deßelben

Die Besinnung sich gründe
Und das Herz sich finde

Mit dem Geiste vermählt
Im Guten gestählt.

Auf alles Walten, Ordnen, Richten,
Mußt du von nun an blind verzichten.

 

                                                                                    –

 

Ich hatte mich in diesen Tagen zu sehr mit Arbeiten und äußeren Störungen ermüdet, daß ich wie am Körper so

im Geist mich abgespannt fühle; doch empfange O, Gott! noch an dem letzten stillen Abend, deren ich in diesem

Winter viele glücklich & thätig durchlebte, meinen millionenfältigen Dank für alle unsäglichen Wohlthaten, die Du

in Deiner Liebe, Langmuth & Barmherzigkeit das ganze Jahr mir erwiesen hast. –

 

Auf meine Knie hingeworffen, bitte ich Dich unter Thränen, erbarme Dich fortwehrend meiner in Deiner Gnade

& in Deinen Züchtigungen nach Deinem heiligen Willen. Amen.

 

                                                                                    –

 

                                                                                1 8 4 5 .

 

Sonntags den 10ten August!!! – So lange nichts eingesamelt! –

 

Von den vieljährigen Gefälligkeiten abgemüdet, die ich ohne Unterschied, (ich lüge nicht) Tausenden erwies;

begann ich allmälig mich etwas zurückzuziehn, nammendlich erkohr ich die Sonn- & Festage hiezu; und besonders

nach meiner schweren Krankheit, beschloß ich an solchen Tagen Niemand mehr in mein Attlier zu führen: doch

bothen sich unabweisliche Gelegenheiten dar, und auch Solche, die durch ihre Zudringlichkeit es so einzurichten

wußten mich zu fangen; diese Alle machten sich keinen Begriff von meinem Übersattsein solcher Begegnißen:

daher ist es eine unmögliche Sache förmliche Schohnung zu erwarten, ich darf & muß selbst auf solche bedacht

sein: um so mehr, da mir die Sammlung des Geistes immer schwerer wird. – Und es kommt aus des Menschen

Herzen, wenn es nicht in heiliger Faßung spricht? lauter Eitelkeit, Schmeichelei, unnütze Fragen, bittere Urtheile

und eine Menge Thorheiten die die Würde tief herabsetzen; ein solches Benehmen erinnert nicht an die obere

Vollkommenheit die wir nachzuahmen haben; daher kommt es, daß man mit dem großen Strome fortgerißen

wird – und das Licht ausgelöscht wird, welches wir auf den Leuchter stellen sollten, daß die Menschen es

sehn und Gott preisen. –

 

Um so strafbarer bin ich also, die ich immer von heiligen Beschäftigungen umgeben bin; Wenn dann Jemand

kömmt der eine edle fromme Meinung von mir hatte, wenn es mich gerade nach dieser obigen irrdisch

befangenen Art findet! Und wie oft & fast immer ist dieses geschehn! – Wehrend ich Gott hätte verherrlichen

können, war ich in Erdfinsterniß gehüllet!

 

Die ewigen Unruhen haben meinen Geist erbittert. – d’rum ist es nothwendig, daß ich stille heilige Stunden

aufsuche, in welchen das an ruhiger Nahrung verarmte Herz Speise zu sich nehmen kann. – Man sollte zwar

glauben, daß ich der stillen Stunden genug hätte, die ich bei der Arbeit zubringe; allein die Anstrengung dabei

zehrt mehr oder weniger an den Kräften des Geistes.

 

                                                                                –

 

                                                        1 8 4 6 ,   1 8 4 7 ,   1 8 4 8 .

 

Ich hielt früher sehr viel auf schrieftliche Beobachtungen, weil ich hoffte, daß sie mir wesentlich nützen sollten:

aber es scheint, daß Gott mich lebenslänglich ringen laßen will nach Weisheit und Ruhe; ohne sie mir zu geben.

Abgerechnet die hochheiligen Stunden, in welchen ich Ihm ganz angehörte und Er mir im allerheiligsten

Sakramente, und auch im Ganzen mein oftmaliges sehnsüchtiges Glühen zu Ihm betend und liebend. – Daß

mir aber diese heilige Gemeinschaft ohne mein Bemerken so oft entwitcht, daß ist meine einzige Traur, mein

höchstes Vergehn, denn dann bin ich böse!

 

O mein Gott, wie lange noch?


Giebt es kein Mittel? und willst Du mich dieses
nicht finden laßen? –

 

So oft ich dem Herrn ein kleines Opfer zu Füßen legte,
Dem ewigen Vater der mich immer pflegte;
Nie unbelohnt ließ er die Gabe,
Ihm sei mein Herz und Alles was ich habe.

Auch jezt in diesen Priffungsstunden
Hoff’ ich die Rettung schon gefunden,

Nur harren muss des Herzens Sehnen,
Um tausend Sünden zu versöhnen.

 

                –

 

O, Vater im Himmel!
Laß mein Auge bei Dir weilen,
Halt den Stern Dir unverwannt,
Will er immer seitwärts eilen
Wie es Dir ach, wohl bekannt,
O, so hülle Du in Leiden
Meine Seel’ durch neue Pein,

Lehre mich doch alles meiden

Um endlich gänzlich Dein zu sein.
Auch die Zunge kennt die Schranken
Nicht, nach Deiner Weisheit Maaß;
Sende Heil herab mir Kranken
An Einem Tage, lehr’ mich Das. –
Ist die Scheidewand durchstoßen
In des Heiligthums Gebieth,
Wird mir alles unverdroßen
Ruhig ist dann mein Gemüth. –

Aber mit dem besten Willen,
Konnte ich nicht schweigsamm sein;
O, Gnade Gottes, komm’ zu stillen
Meinen Wunsch zum weise sein.

 

                        –

 

Diese Gedichte schrieb ich in Kanstadt.

 

Auch äußerlich stieß mir manch’ Betrübendes zu; Du züchtigtest mich auf alle mögliche Weise, o Gott! um

meinen widerspenstigen Sinn zur Ruhe zu bringen; O wie heilig sind Deine Führungen Du strafender Gott!!!

 

                                                                            –

 

Nach einer großen Kränkung und innerem stürmischem Verdruß, raffte ich mich zusammen, um fromm ergeben

zu sein: - da wirkte die Gnade Gottes, und ich redete nicht mehr in der Bitterkeit des Herzens.

 

Honigfließend ist Deine Liebe o Herr!

Honigfließend sollen auch unsere Worte sein.

 

                                –

 

Später kamen die schrecklichen Ereigniße der Zeit; da machte ich einst die zwei nächstfolgenden Gedichte.

 

O Gott! Ich bin ein Lämmlein Deiner Heerde;

Und wenn nicht ganz, so gieb, daß ich es werde.

Denn eine Gnade scheint mir hierzu nöthig.

Gieb sie! Ich bin zu jedem Dank erbötig.

Sie ist: mich künftig nicht mehr kümmern derfen

Um Jenne, die zum Stall hinaus sich werfen.

Ihr giftiger Widerstand empört mein Herz

Und statt der Ruhe, quält mich bitt’rer Schmerz.

In diesem Sturm sollt’ ich den Pinsel führen?

Mit frommen Bildern Deine Tempel zieren?

In diesem Kampf verzehrt sich meine Kraft,

Und was ich brauch’, mir keine Lind’rung schafft.

Verzeihe, Gott! wenn ich es also wage,

Nicht mehr den Blick aus Deinem Stall’ zu thun,

Und Dir, o Hirt! die Sorge übertrage

Für solche Schaf’; um frei vor Dir zu ruh’n.

Doch sollten ja die heil’gen Wände zittern

Will frech der Zeitgeist Deine Burg erschittern;

Dann will ich laut und frei die Stimm’ erheben;

Ja auch mein Leben für den Hirten geben.

                                          Amen!

 

                            –

 

        “ Der Hirte an sein Lämmlein.“

 

1)      Mein Lämmlein, wie? Ich kümmere mich um Alle,

Die draußen sind sowohl, als die im Stalle;

Liebkose, hüte diese, rufe jenne,

Mit Langmuth duldend ihre bösen Pläne:

Und Du? du willst wohl theilen meine Freuden,

Die Leiden aber, die mich drücken, meiden?

So will die Liebe nicht, die Heil’ge, wahre:

Nicht ruh’n will sie, wo sie mich trauern sieht,

Und duldet gern, daß sie viel Leids erfahre

Ermahnend den, der Glück und Weisheit flieht.

 

Die draußen sind, die magst du gehen laßen.

Ich habe Hirten aufgestellt, die sollen

Sie rufen, welche ihnen folgen wollen,

Mit Weisheit, klug, beharrlich und gelaßen.

Jedoch nicht ohne alle Sorge sollst du bleiben.

Kannst du nicht handeln, kannst doch liebend beten.

So halt’ es auch; wenn Manche hastig treiben

Mit blinder Freiheitswuth hinauszutreten.

 

Doch steh’n sie näher dir, mit dir verbunden

Durch Freundschaft, Liebe, Pflicht und Bürgschaft;

Mußt du durch Lehre, Mahnung unumwunden,

Durch Warnung, Bitte, freundlich bald, bald ernsthaft

Zurück zu halten, wie du kannst, und wehren,

Daß nicht noch ärger die verkehrten Lehren

Der Weltweisheit, des Hochmuths sie bethören.

Und dann? ist wohl die Mühe zu bereuen,

Die Du aus heil’ger Liebe nicht gespart,

Um deinen Freund zu retten, zu erfreuen

Den Herrn, um den der Gläubiger Chor sich schaart?

 

Üb Langmuth, Nachsicht, Liebe und Geduld,

Wie ich es that; verein’ge was du leidest,

Mit dem, was Ich litt. Dann wird Gottes Huld

Mit dir sein, und wen sonst du zu Ihn leitest.

Wenn auch die hl Kunst darunter leidet,

Daß Kampf und Unruh in der Seele streitet;

Glaub’ mir, die Bilder, die der Pinsel malet,

Wenn selbst die Kunst unübertrefflich strahlet,

Sind nicht so schön, so herrlich, mild,

Als eine hl. Seele, Gottes Bild.

Drum wenn Tage, Wochen, Monden

Schon oft Dich nicht ermüden konnten,

Galt es, ein todtes Bild zu schaffen;

Wie willst du denn so bald erschlaffen,

Um ein lebend’ges Gottes=Bild zu retten

Vom Untergang: die Farben zu erneuern,

Die matt geworden; oder zu befreien

Wo eine Seele läuft in Satans Ketten!?

 

                    –

 

                    2.

 

Wenn uns nur die Kirche bleibt,

Wo das Herz des Heilands weilt;

Wo aus deßen heil: Wunde

es Zuflucht gibt zu jeder Stunde.

Du, o Jesu! Hast’s gegeben;

Deine Wort’ sind Wahrheit, Leben.

Bis an’s End der ganzen Welt,

Hast Du hier Dich aufgestellt.

 

                    –

 

Lieberfüllt und wonnetrunken,

In ein Meer von Glück versunken

Liegt man bethend da vor Dir.

Selig machst uns Du schon hier!

Weder Haß noch Hohnesworte

Treiben uns vom heil: Orte.

Leib und Blut für Denn als Gaben,

Deßen Leib und Blut wir haben! –

 

                    –

 

Noch habe ich mir nachzutragen daß das Jahr 46 ein wahres Priffungsjahr für mich war; von einem

Flechtenausschlag am Kopf heimgesucht, kam ich dann in die Heilsanstalt nach Kanstadt, 3 Monate daurte die

herbe Kur,20 hier lag die Kunst u. auch die Freude dazu ganz darnider; doch wurde ich mit der Gnade Gottes

hergestellt: aber lange nachher blieb mir die Schwäche: doch arbeitete ich almälig wieder emsig in dankbarer Liebe

u. Lust; im Jahr 47 befiel mich eine fast gänzliche Erschöpfung, eine 3 Monatliche Kur in dem schönen Baden21

stellte mich nicht her: bis später Gott nach und nach mich liebvoll stärkte, am besten war dann das Jahr 48. –

O, Gott! wie gnädig und barmherzig führtest Du mich an Deiner Hand und zu Deinen Altären; ließest mich da

Gesundheit für die Seele & den Leib holen. –

 

Wenn ich nicht fast immer sehr glücklich in meinem Leben gewesen wäre, würde ich diese lezte Zeit die

glücklichste nennen: und wirklich sie war die Glücklichste! – Denn das ist das gröste Glück, sich mit Gott

vereinigen im allerheiligsten Altarssakrament: und zwar alle Sonn- und Festage, ja sogar bisweilen auch in

der Woche: es wurde mir dies von meinem frommen Beichtvater erlaubt.

 

Wohl einer Gemeinde in welcher ein Priester wie ein Heiliger lebt und als treuer Nachfolger Jesu Christi, die

göttlichen Wahrheiten unbemäntelt lehrt. –  Wie danke ich Dir o Gott für dieses gnadenvolle Geschenk!22

 

                                                                                    –

 

Schon nahen die lezten Stunden dieses verhängnißvollen Jares: für uns gieng es ohne großen Schaden vorüber:

wie müßen wir Unwürdige Dir für Deine Schohnung danken!23 Noch throhen aber schwere Gewitter; rette vor

Allem unsere Seelen zu Deinem Lob und Preis! –

 

Nun danke ich Dir auf meinen Knien –, o Gott & Herr! für alle Wohlthaten der Seele und des Leibs: schenke

Allen und mir ein glückseliges neues Jahr, wenn es Dein heiliger Wille ist. Amen!

 

                                                                                1 8 4 9 .

 

In Gottes Namen sei also dieses neue Jahr angefangen!

 

                                                                                    –

 

Ein weiser Rath der mir zum neuen Jahr gegeben wurde, ist: von den Tugenden nemlich, die mir am meisten

abgehn; zuerst die Demuth und heilige Liebe, dann die Selbstverleugnung zu üben.

 

                                                                                    –

 

                                                                                1 8 5 0 .

 

Seit meiner schweren Krankheit im Jahr 42 habe ich nicht mehr wachend die Erste Stund des neuen Jahres aus

Deiner Hand empfangen o mein Gott und mein Alles! Mit welchem Dank muß ich also vor Dir knien? denn

überschwänglich hast Du Dich meiner erbarmet! – Ich war immer wohl, ich bethete, ich malte, und Du segnetest,

das gieng Tag für Tag, und Gnaden hast Du mir erwiesen ohne Zahl. – An Deinem Tische war ich Dein Gast, wo

Du mich so reichlich erquicket hast! In dieser Beziehung möchte ich mein gegenwärtiges Leben mein goldenes

Zeitalter nennen.

 

Sonst aber gieng Vieles vor, was mein Herz mit Bitterkeit erfillte, und Kummer & Trübsal lag bisweilen nicht ferne

von mir: auch gezüchtiget hast Du mich auf einige Weise o heiliger Gott! Aber wenn ich Dich betrachtete, war ich

glücklich – überglücklich! und nun, nur eine Gnade noch: – Laß mich in Deiner Liebe sterben! – Bis dahin gieb

Kraft mir, zu thun was recht ist, und dann segne wie es Dir beliebt, Du weißt wohl, es freut mich, wenn Du mir

gnädig & barmherzig bist.

 

Dieses schrieb ich um Mitternacht des Jahr 49 auf 50.

 

1 8 5 1 .

1 8 5 2 .

1 8 5 3 .

1 8 5 4 .

1 8 5 5 .

 

Schon früher hatte ich in meinem Tagebuch ganze Zeitenlang ausgesezt, meine Beobachtungen & Herzensergüße

niederzuschreiben, und nun sehe ich daß sogar wieder Jahre um Jahre auf diese Weise vorübergegangen sind.

 

Nachzuholen wäre eine allzu schwere Aufgabe; – Im Ganzen gieng es mir immer gut, wenn auch Betrübendes

mich drückte, lag doch der Frieden mir nie ferne und mitunter war ich glückselig! –

 

Gott sei also Lob & Dank für seine allzugroße Gnade & Barmherzigkeit!!!

 

                                                                                    –

 

Einige fliegende Blätter will ich jedoch eintragen: sie sollen mich erinnern, daß ich unablässig ringen & streben

soll nach dem, was ich noch niemals erreichte; nemlich, eine anhaltende fromme Faßung. – Schwache Kämpfe

reichen nicht hin; energisch muß es errungen werden, unter Mitwirkung der Gnade Gottes. –

 

Was sich im Äußern begab, ist, daß, als ich im Jahr 50 in Baden war, und mein leztes Bild der 3 heil Jungfrauen

überreichte;24 da hatte ich zugleich Einiges zu bitten & zu sagen. – Es lag mir schwer auf dem Herzen. –

 

Warum so verzagt? – Steh’ fest & beharrlich, der Heiland unterstützet dich; Er hilft dir das Kreuz tragen bis du

wieder zu Hause bist; zwar nicht um es dort abzunehmen, sondern dem Alter gemäß daßelbe beßer tragen zu

können. –

 

Wenn alle Strike brechen,

Bleib’ ich dennoch treu;

Auch nicht im Geist mich rächen,

Das ich gehorsamm sei.

Ein fröhliches Gemüthe,

Ein heiteres Gesicht,
Sei meines Herzens Blüthe,

Erquickt vom Himelslicht.

Bald ist der lezte Schritt gethan,

Mit wankenden Gebeinen:

Das die Welt nicht sagen kann,

Ich wollt’ die Pflicht verneinen.

Ich hab’ gedient in Liebe,

Die Kräfte nicht gesparrt.

In Ruh’ und im Getriebe,

Im strengen Ernste & auch zart. –

Von jezt an, geb’ ich treu und wahr,

Dem Heiland mein Gesuch,

Er sorge für mich ganz & gar,

Er ist mein Herz – mein Buch.

 

                        –

 

Es ist doch imerhin Freundliches geschehn; mehr hat der Herr nicht wollen, sonst würde es sich ereignet haben:

daher wäre eine Klage –, Sünde: was Sünde ist, verbiethet die Kirche & das ganze Gesätz.

 

Ich bitte dich heiliger Schutzengel, ermahne mich wenn ich unter Menschen bin, daß ich doch nicht so viel

Ueberflüßiges rede: auch nicht klage & jammere. Nur das verlangt Gott jezt in diesem Augenblick & nicht

mehr; ist das nicht Wenig genug, für so viel Liebe?! Er wird mich behüthen, wenn ich Beharrlichkeit übe,

und dann den Ausgang segnen.

 

                        –

 

        Von meiner Geschwätzigkeit.

 

Mit weichem Pinsel malest du pastos,

Er deckt die Farb’ des Grundes;

So deckt die Zunge, läßt du sie los

Den Ursprung deines Mundes.

Des Pinsels Wirken den Maler ehrt,

Die Zunge aber wirkt verkehrt.

Wenn wenig zwar und bündig sie

Die Liebe Gottes lobt & preist

Ist es zu loben, doch sonst nie;

Weil gar zu leicht sie aus den Schranken kreist.

Am meisten bind’ die Zunge an,

Wenn durch Empörung dein Herz in Wallung ist:

O bet’ im Stillen Jesu an

Bis daß du im Gemüthe wieder ruhig bist.

 

                        –

 

        Nach einem unützen Besuch.

 

Am Abend darf ich’s gar nicht wagen

Mit der Welt noch umzugehn,

Denn meine Schwäche kann’s nicht tragen

Und mein Zünglein bleibt nicht stehn.

Besonders wenn nicht gleichgesinnt

Verschiedenheit der Meinung waltet,

Wo Eines sucht, & doch nicht find’;

Das Andere Dieß u. Jennes spaltet.

 

Das Beste ist, wenn Pflicht nicht soll

Man bleibe an dem B’stimmungsort,

Der Geist & Körper bleibt dann wohl,

Und Weisheit ist’s mit Einem Wort.

 

                        –

 

Versuch’ es doch, zu reden nur was nöthig;

       Zu schweigen mit Gewalt: –

Zwar sei für jeden Dienst erbötig,

       Und ja in Andacht doch nie kalt.

Berufsgedanken sonder Rast,

       Obschon du dich ermüdet hast, –

Dieß mußt du troz dem eitlen Treiben

       Üben, um bei Gott zu bleiben:
Denn theilst du dich mit weltlich’ Sitten

       Hat gleich der fromme Sinn gelitten.

       Zu heiligen uns, sind wir berufen,

Ja vorzuschreiten von Stuf’ zu Stufen.

 

 

Höflichkeitsfragen sollten gar nicht über unsere Lippen kommen.

Denn wie können diese die Anderen frommen?

Ein frommer Wunsch, das laße ich mir gefallen,

Und ein freundlich Gesicht erweise Allen.

 

Wohl mir, daß ich doch wenigstens gleich nachher mir bewußt werde, daß ich Unützes geredet & gefragt habe;

dieser Schritt vorwärts hat die Gnade Gottes mich machen laßen; ich hoffe daher mit Zuversicht, daß es immer

beßer kommen wird.

 

                                                                                         –

                                                                                       1856.

                                                                                       1857. 

 

Diese beiden Jahre waren Verhängnißvoll für mich: und zwar sind es nicht nur diese 2 Jahre, sondern noch die l

ezten drei Monate des Jahres 1855, als nemlich am 9ten Oktober mich die Kniegelenkentzündung überfiel;

nachdem ich drei Tage zuvor, ein für mein Alter, zu großer Spaziergang machte. Schreklich war das für mich bis

ich nur nach & nach ganz in den Willen Gottes ergeben war. – Jezt aber, sehe ich es als eine große Wohlthat

an: Drum sage ich auch 1000 & 1000mal dem lieben Gott Lob & Dank dafür! – Als ich dann im December

55 im Geiste nach Bethlehem wanderte zu dem lieben Jesulein in der Krippe, da entwarf ich das hier

folgende Verslein:

 

O, Jesulein, O, Jesulein!

Hast Du den keine Hilf’ für mich?

Muß lange noch ich elend sein,

Als wär’ ich ohne Dich.

 

O, Jesulein, Du süßes Kind!

Hör’st Du mich den gar nicht?

Weist nicht wo meine Schmerzen sind,

Im Dunkel ohne Licht?

 

Du schlafst doch nicht im Krippelein,

Ich seh’ die Äuglein offen:

Für mich soll keine Rettung sein,

Kein’ Milderung, kein Hoffen?

 

Nur einen Blick der Gnade,

Nur einen milden Strahl,

Send aus des Himmels Pfade,

In’s kranke Knie einmal!

 

O, Jesulein, O, Jesulein!

Ich hör’ nicht auf zu fleh’n,

O, möchtest Du mir gnädig sein,

Zum gehn & zum stehen.

                                                –

 

Langsam hat Es mir geholfen: aber wie bündig! – Die Weisheit und die Barmherzigkeit sind die Wege die

es geht; – Und Maria war meine Fürbitterinn, beim Vater Sohn & Heiligen Geist!

 

 

1 8 5 8 .             1 8 5 9 .

1 8 6 0

 

Rede nichts als worüber du gefragt wirst, und du frage nichts als worüber du belehrt werden kannst.

 

Ich habe schon oft die Bemerkung gemacht, wenn ich z. B. ein Bild übermalte und regelmäßig daran fortarbeitete,

das heißt, in den gewöhnlichen Stunden in welchen ich an der Staffeley sitzen soll, ich mich dabei viel weniger

ermüdete, als wen ich diese Stunden zu andern Beschäftigungen verwendete: und diese waren gewöhnlich

Höflichkeitsdienste, die man ohne Sünde schon unterlassen dürfte, obschon es in den Augen Vieler tadelnswürdig

wäre. – Es soll mich aber kein menschliches Urtheil mehr bekümmern. Gebet u. Berufspflicht ist die Hauptsache,

zwischen diesen beiden kömt die Nächstenliebe in Wort u. That: was aber nur eine leere Höflichkeit fordert,

das sollte unter vernünftigen Menschen ganz aus der Mode komen.

 

Um wie viele kostbare Stunden haben mich solche eingewurzelte Geselligkeitsregeln

gebracht!!

 

                                                                                –

 

Die Welt lag von jeher im Argen, sie ist trügerisch & man muß weder wünschen noch verlangen von ihr

gepriesen zu werden, den da würden wir an uns selbst trügerisch, und hätten statt Gott unser fehlerhaftes

Ich allein Im Herzen.

 

                                                                                –

 

Solche Ermahnungen schrieb ich mir Viele nieder, aber ich kam denselben nicht nach; und es reuet mich daß

ich auch diese hieher gesetzt, und sie nicht stillschweigend mit andern zurück gelegt habe.

 

Vieleicht daß ich doch noch zu dem schönen Ziele gelange, ganz nach dem Willen & Wohlgefallen Gottes zu

denken, zu reden u. zu Handeln.

 

1 8 6 1 .

1 8 6 2 .

 

 

Darf ich es der freundlich-fleisigen Künstlerin anbiethen?

 

Diese obigen Worte schrieb die edle Frau Großherzogin Sophie in dieses Buch & schenkte es mir sodann zu

freiwilligem Gebrauche. –

 

Ich besaß es lange bis ich mir ausgedacht hatte auf welche Art ich es benützen wollte. Gleichgültiges dachte ich,

soll nicht hinein komen; und so beschloß ich daßelbe dem höhern Leben der Seele zu weihn: aber nachdem ich

begonnen hatte, verfloß abermals eine lange Zeit; weil ich meinem Tagebuch das wenige Gute nicht entziehn

wollte; daher nahm ich mir jezt vor, es zum Tagebuch vom Jahr 1835 zu machen.

 

Mit der ernsten Aufforderung durch kein Bekenntniß eines freiwilligen Vergehens dieß holde Buch entweyhen

zu müßen; in der Kraft deßen, der mich stärken wird, Jesus Christus.

Amen! – *

 

* und sodann gebrauchte ich es auch für die übrigen Jahrgänge.

 

 

1 Rosgartenmuseum Konstanz. Blindgeprägter Ganzledereinband mit der Bezeichnung ALBUM auf dem Rücken.

2 Vergleiche Fischer u. Blanckenhagen WV 307.

3 Eintragungen des vorderen Innendeckels.

4 Diese Bemerkung bezieht sich auf eine Zeichnung auf der Vorderseite des 8. Blattes dieses Tagebuches, welche

dort auf den 26. Januar 1834 datiert ist.

5 Sophie Wilhelmine Großherzogin von Baden (1801-1865).

6 Vergleiche Fischer u. Blanckenhagen WV 330.

7 Für die zweite Reise nach Italien zusammen mit ihrer Schwester und einer Bediensteten können wir folgende

Route rekonstruieren:

Konstanz          ab     Montag den 9. September 1838 mit dem Schiff nach Meersburg und der Postkutsche

                                 nach Bregenz, Bludenz, St. Anton, Landeck, Meran, Bozen, Verona und Vicenza nach

                                 Venedig.

Venedig            an     ca. am Donnerstag den 20. September 1838.

Venedig            ab     am Donnerstag den 1. November mit der Postkutsche nach Ferrara, Bologna (drei Tage

                                 Aufenthalt) und Florenz (fünf Tage Aufenthalt) nach Rom.

Rom                 an     am Donnerstag den 1. November 1838.

8 Heinrich Keller (1771-1832), Bildhauer aus Zürich, lebte seit 1794 in Rom.

9 Johann Nepomuk Zwerger (1796-1868), Bildhauer aus Donaueschingen.

10 Benvenuto Tisi da Garafalo (1481-1559), Maler aus Ferrara.

11 Johann Metzger (1771-1844), Maler und Kunstagent in Florenz.

12 Alexander Maximilian Seitz (1811-1888), Maler, lebte seit 1833 in Rom.

13 Über die Rückreise der Künstlerin von Rom nach Konstanz im Frühjahr 1840 enthält das Tagebuch keine

Eintragungen. Von Zeichnungen, die sie damals anfertigte, wissen wir aber, dass sie am Sonntag den 26. April

1840 morgens ½ 5 Uhr mit der Postkutsche nach Mailand abfuhr und dass sie dort spätestens am Sonntag

den 3. Mai 1840 angekommen war, weil eine Zeichnung des Christus aus dem Abendmahl von Leonardo

da Vinci im Refektorium des Dominikanerklosters Santa Maria delle Grazie in Mailand mit diesem Datum

bezeichnet ist. In Konstanz muss sie Mitte Mai 1840 angekommen sein, denn zu Beginn dieses Tagebuches

schreibt sie »den 19 Oktober 1840 die Kindersegnung im Hirschgarten [in Karlsruhe] angefangen« und an

anderer Stelle, dass sie Konstanz nach fünf Monaten wieder verlassen habe, um in Karlsruhe zu arbeiten.

14 Katharina Gräfin von Langenstein (1799-1850).

15 Im Spätjahr 1841 musste die Künstlerin den Aufenthalt in Karlsruhe unterbrechen und sich in Baden-Baden

von einem »Schleimfieber« erholen. Wie lebensbedrohend dieser Krankheitszustand gewesen sein muss, geht

aus einem Brief vom 5. Dezember 1841 von Philipp von Wessenberg an seinen Bruder Ignaz Heinrich von

Wessenberg hervor, wo er schreibt »Gestern erhielt ich deine liebe Epistel vom 26. Nov. Ich vernehme dadurch

mit großem Vergnügen, daß für die Ellenrieder beßere Symptome eingetreten. Tags zuvor schrieb man mir von

Freiburg, die Ärzte hätten sie bereits aufgegeben.« (Aland und Müller, Ignaz Heinrich von Wessenberg, Band II,

1987). Am 7. Januar 1842 reiste Marie Ellenrieder von Baden-Baden nach Karlsruhe zurück, um dort ihre

Arbeit an der »Kindersegnung« fortzusetzen.

16 Katharina von Predl (1790-1871), befreundete Malerin aus Teisbach.

17 Emilie Linder (1797-1867), Malerin und Kunstmäzenin aus Basel.

18 Graf Alfred (nicht bei Fischer u. Blanckenhagen erwähnt).

19 Die Aussage bezieht sich auf ein Gelübde aus dem Jahre 1833, fortan keine Portraitaufträge mehr anzunehmen.

20 Durch einen Flechtenausschlag am Kopf war die Künstlerin genötigt, vom Juni bis September 1846 die

Heilanstalt in Bad Cannstatt aufzusuchen.

21 Vom Juni bis Anfang August 1847 besuchte die Künstlerin Baden-Baden, um sich von einer »gänzlichen

Erschöpfung« zu erholen.

22 Klemens Schaubinger (1787-1865), war von 1839 bis 1865 Pfarrer der Gemeinde St. Stephan in Konstanz.

Er tat sich als Förderer der Herz-Jesu-Bruderschaft hervor und ließ 1850 durch drei Jesuitenpatres eine

Volksmission abhalten, die in Konstanz tiefen Eindruck machte (Ruppert, 1957, S. 238).

23 Gemeint ist wohl die Revolution von 1848, deren Ziele Marie Ellenrieder nicht billigte.

24 Gemeint ist wohl die Übergabe des Pflichtbildes für den Hof im Jahre 1850 in Baden-Baden. Das Gemälde

mit dem Titel »Drei Jungfrauen« befindet sich heute unter der Inv.-Nr. 517 im Besitz der Staatlichen Kunsthalle

Karlsruhe (Fischer u. Blanckenhagen WV 460).

 

 

IV. Gedichte

 

Von der Künstlerin sind mehrere Gedichte erhalten, darunter aus ihrer Jugendzeit zwei Gedichte, die sie

für ihre Mutter geschrieben hat. In den Tagebüchern sind ebenfalls Gedichte enthalten, die hier nicht

wiederholt werden.

 

 

1 [KV Coburg, V, 1085]1                             [1812]

 

Mutter! O Mutter Du Beste!

Am großen heutigen Feste,

Ruft Freude und Jubel mir zu;

Innere Wohlthat und diese bist Du

Ach Himmel gebe, daß Sie lebe.

 

            An diesem hohen Tage,

Da freut sich meine Seele.

            Darum ich meine Sage,

Jezt in Reimen wähle.

 

Ich fühle die Triebe

Zur Kindlichen Liebe

O! Könnt ich Sie sagen

In Versen zu wagen

Die Achtung zu schildern

Wie sie in Bildern

Im Herzen sich machen,

Es immer bewachen,

Und miemals vergehen;

Kein Lüftchen verwehen,

Dich immer zu lieben

Sey tägliches üben,

Für alles zu danken

Und niemals zu wanken,

Sey immer mir Pflicht.

Bis einst der Tod bricht;

O! Möchst Du noch lange

Ohne Kumer und Drange,

Viele Jahre noch zehlen,

Unter irrdischen Seelen.

Gott Vater erhöre,

Die Bitten vermehre.

So bleibst Du gesund.

Aus innerem Grund.

Dan ist der stete Wunsch erfillt,

Der aus dem wahren Herzen quillt.

 

Nun beste Mutter laß gefallen,

Die Wünsche die mein Herz dir that.

Und die Saiten sollen schallen,

Für Die, für Die das Verschen galt.

 

  

1 Gedicht der Künstlerin aus dem Nachlass der Alexandrine Herzogin von Sachsen-Coburg und Gotha,

geb. Prinzessin v. Baden. Laut beiliegendem Schreiben vom 5. Januar 1867 handelt es sich um ein

Geschenk der Josephine Ellenrieder, ältere Schwester der Künstlerin  an die Herzogin.

 


 

2 [GLA S Rosenberg, 674,1]1                                     Den 8ten September 1815

                                                                                      Am Namensfeste meiner ge-

                                                                                                               liebten Mutter

            Meiner lieben Mutter!

 

 

Der Schöpfer hat Menschen der Erde gegeben,

            Ich fühle durch solche mein Daseyn und Leben;

Sie gleichen den Engeln in Worten und Thaten,

            Und lieben beständig durch wirken und rahten -

Sind keines Verbrechens bewußt zum bereuen,

            Und glücklich nur dan erst wenn andere sich freuen -

 

Wer sind sie die guten die himmlischen Seelen,

            Deren der Erdball nur selten kan zehlen?

O, Seele, O Herz, O rufe sie sind,

            Die besten der Eltern, und ich bin ihr Kind!

 

Einst lag ich ganz schwächlich im mütterlich`n Schoß,

            Ohnmächtig zu allem, ach weinend und blos;

Da gab Dir der Schöpfer die Triebe ins Herz,

            Dann warst Du voll Liebe und theiltest den Schmerz -

 

O Mutter nie ließst Du die heilige Pflicht,

            Mein Leben recht gut zu besorgen:

Und alles was immer mir jezt noch gebricht,

            Erfillest Du jeglichen Morgen -

 

Erfreut ist die Seele ich danke Dir Heut`,

            Am Feste daß Gott Dir gegeben,

O dringe O Bitte! O dringe so weit,

            Zum Himmel um recht langes Leben -

 

Der gütige Schöpfer ist mächtig und gut,

            Er segnet die Tag` Deines Lebens;

Drum baht` ich auch Täglich mit fröhlichem Muht,

            Und hoffe, es ist nicht vergebens -

 

Die Ruhe, den Frohsinn und himmlische Wonne,

            Das hast Du verdient allein nur um mich;

O Himmel! laß strahlen die segnende Sonne,

            Durch zahlose Tage, zum Lohne für Dich!

 

                                                           Daß sagt, wünscht und fleht

                                                                       Dein Kind,

                                                           Weil es die Trieb`deß

                                                                       Herzens sind

                                                                                              Marie

 

  

1 Gedicht der Künstlerin in der Sammlung Marc Rosenberg im Generallandesarchiv Karlsruhe.

Nach einer rückseitigen Notiz von C. R. Detrey, datiert Constanz den 7. October 1864, von

der Malerin selbst komponiert und niedergeschrieben. Das Gedicht ist abgebildet in:

Baden : Land - Staat - Volk 1806-1871 hrsg. vom Generallandesarchiv Karlsruhe in Verbindung

mit der Gesellschaft für kulturhistorische Dokumentation. Karlsruhe 1980, Abb. 87.

 

 

 

3 [StA Coburg, LA A 8775]1                                 

 

 

        Den 6ten December.

Geliebteste Prinzeßin Allexandrine!

 

Verschmehen Sie nicht an Ihrem Feste,

Aus dem beglücktesten Gemüthe

Der besten Wünsche – Blüthe;

 

Ich binde sie den Blümchen ein

Aus dem Herzen froh und rein.

 

Mit den schönen Lebenstagen

Wird sie ihre Früchten tragen.

 

    Ihre

 

                        Sie innigst liebende

                        Dienerinn Marie

                        Ellenrieder.

 

  

 

1 An Alexandrine Prinzessin von Baden (1820-1904) zum Geburtstag [um 1835].

 

 


 

4 [ZB Zürich Ms. Autogr. Ott]1                                                        [Konstanz, 21. Juni 1848]

 

                                   An das Kind Jesu.

 

                        Sei uns gegrüßt in dunkler Nacht

                        O Kind so arm so reich!

                        Du hast den Himmel uns gebracht

                        Wer ist an Lieb Dir gleich?

 

Konstanz den 21 Juni

                        1848.

 

                                                                       Marie Ellenrieder

 

 

 

1 Aus der Autographensammlung von Hans Konrad Ott (1788-1872), Kaufmann und Sammler

in Zürich.


 

5 [RM Konstanz]1                                                        [1850]

 

Jesus!

All mein Leben bist Du;

ohne Dich nur Tod.

Meine Nahrung bist Du;

ohne Dich nur Noth.

Meine Freude bist Du,

ohne Dich nur Leid.

Meine Ruhe bist Du;

ohne Dich nur Streit.

 

 

 

1 Rückseitig beschriftet: Geschrieben von Tante M: Ellenrieder im Jahr 1850=

 

 

Albumblätter

 

1 [E. Fecker Ettlingen]1                                                [um 1850]

 

"Der Glaube ist eine Gemeinschaft mit

der ewigen Weisheit."

 

                            Maria Ellenrieder

                                Gr: Bd: Hofmalerin.

 

 

1 Spruch auf einem Albumblatt. Aus der Sammlung Künzel 

 

 

2 [Privatbesitz, Konstanz]1                                              [10. Juli 1818]

 

Acht’s nicht, wenn in der Jugend,

Der Seele Düsterheit droht,

Durch Traurigkeit kommt sie zur Tugend,

Und diese siegt über den Tod.

 

Marie Ellenrieder

den 10ten Juli 1818

 

1 Spruch auf einem Albumblatt, welches mit der Zeichnung einer blütengeschmückten jungen

Frau verziert ist.

 

 

3  [E. Fecker Ettlingen]                                                                [um 1855]

 

Ein Englein

zum Gruß!

Es betet, daß das südliche Clima

der lieben Frau Marquise de Feriére

recht wohl bekomme!

 

 

 

Anhang 1

Ausstellungen bis zum Jahre 1900 mit Beteiligung der Künstlerin

(zeitlich geordnet)

 

1817

Beteiligung an der Kunstausstellung in München mit zwei Zeichnungen, Katalog Nr. 86 und Nr. 87 ferner »Radirte Blätter«.

(Siehe dazu: Freyberg, M. P. von: Blicke auf die Kunstausstellung des Jahres 1817, S. 17 und Müller, Chr.: Auch ein Wort über die Kunstausstellung der königl. Akademie der bildenden Künste zu München im Herbste 1817, S. 12))

 

1820

Beteiligung an der Kunstausstellung in München mit dem Karton zum Altarbild »Thronende Madonna« für Ichenheim, »Die heilige Jungfrau als Kind in einem Buche lesend« und der Radierung »Heilige Cäcilie«.

(Siehe dazu: Kunstblatt, 1. Jg., S. 360 u. 368 und Flora. Ein Unterhaltungs=Blatt, Nr. 66, München, 24. Oktober 1820, S. 263)

 

Beteiligung an der Kunstausstellung in Zürich mit dem Portrait des Bistumsverwesers »Ignaz Freiherr von Wessenberg«.

(Siehe dazu: Morgenblatt für gebildete Stände, 14. Jg., Nro. 200, S. 804)

 

1821

Beteiligung an der Kunst- und Industrie-Ausstellung in Karlsruhe mit »Eine kleine Madonna im Profil«, Katalog Nr. 40.

(Siehe dazu: Rezension von Aloys Schreiber im Kunstblatt, 2. Jg. sowie Bericht über die Kunst und Industrie-Ausstellung für 1821 erstattet von dem Vorstand des Kunst- und Industrie-Vereins für das Großherzogthum Baden. Karlsruhe, im October 1821, C. F. Müller)

 

1823

Beteiligung an der Kunst- und Industrie-Ausstellung in Karlsruhe mit den Gemälden »Ein Kind in einem Buch lesend, nach der Natur gemalt« (= »Bibellesendes Mädchen«) und »Madonna« (Kat. Nr. 1 und Nr. 59a).

(Siehe dazu: Kunstblatt, 4. Jg., S. 190 und Karl Nehrlich, Ueber die Kunst- und Industrie-Ausstellung für das Großherzogthum Baden von 1823 in Karlsruhe. Verlag G. Braun, Karlsruhe, 1823 sowie Katalog über die Kunst und Industrie-Ausstellung für das Großherzogthum Baden von 1823 in Karlsruhe. G. Braun)

 

1825

Beteiligung an der Kunst- und Industrie-Ausstellung vom 10. bis 26. Mai in Karlsruhe mit den Gemälden »Eine Betende Heilige« (Kat. Nr. 10) und »Madonna mit dem Kinde, lebensgroße Figuren« (Kat. Nr. 33).

(Siehe dazu: Kunstblatt, 6. Jg., S. 193; Karlsruher Zeitung vom 14. und 19. Mai 1825 sowie Katalog über die Kunst- und Industrie-Ausstellung für das Großherzogthum Baden von 1825 zu Karlsruhe. C. F. Müller)

 

1827

Beteiligung an der Kunst- und Industrie-Ausstellung in Karlsruhe mit den Historischen Gemälden »Brustbild Seiner Königlichen Hohheit des Großherzogs Ludwig« (Kat. Nr. 1), »Hl. Johannes der Täufer« (Kat. Nr. 2), »Hl. Anatolia und Hl. Victoria« (Kat. Nr. 33) und dreier Portraits in Pastell (Kat. Nr. 31, 32 und 159).

(Siehe dazu: Kunstblatt, 8. Jg., S. 179 sowie Katalog über die Kunst- und Industrie-Ausstellung für das Großherzogthum Baden von 1827 zu Karlsruhe. G. Braun)

 

1829

Beteiligung an der Kunst- und Industrie-Ausstellung in Karlsruhe mit den Gemälden »Kleiner Hausaltar, in Oel« (Kat. Nr. 117) »Der Evangelist Johannes« (Kat. Nr. 118) und »Portrait in Miniatur« Betendes Mägdlein nach Fräulein Ellenrieder (Kat. Nr. 116).

(Siehe dazu: Kunstblatt, 10. Jg., S. 45-47 sowie Katalog über die Kunst- und Industrie-Ausstellung für das Großherzogthum Baden von 1829 zu Karlsruhe. C. F. Müller)

 

1832

Beteiligung an der Ausstellung des Kunstvereins für das Großherzogthum Baden in Karlsruhe mit den Gemälden »Krieg v. Hochfelden und seine Gemahlin, zu Pferde« (die Figuren von Marie Ellenrieder und die Pferde von Rudolf Kuntz), »Madonna mit dem Kinde« (Kat. Nr. 1), »Zwei von Wolken umgebene Engelchen« (Kat. Nr. 156), »Madonna di Tempi, Kopie nach Rafael« (Kat. Nr. 2) und einer »Hl. Cäcilie mit Orgel«.

(Siehe dazu: Kunstblatt, 13. Jg., S. 209, 315 und 318 sowie Katalog über die Kunst- und Industrie-Ausstellung für das Großherzogthum Baden von 1832 zu Karlsruhe. W. Hasper)

 

Beteiligung an der Kunstausstellung der Königlich Bayerischen Akademie der Künste in München mit den Gemälden »Maria mit dem Kinde« Katalog Nr. 92 und »Die heil. Agnes« Katalog Nr. 486.

(Siehe dazu: Verzeichniß der Kunstausstellung der Königlich Bayerischen Akademie der Bildenden Künste in München 1832. München 1832)

 

1833

Beteiligung an der Kunstausstellung in Weimar mit einem Gemälde

»Schutzengel«

(Siehe dazu: Kovalevski 2006, S. 291)

 

Beteiligung an der Kunstausstellung in Zürich mit einem unter der Katalog-Nr. 33 verzeichneten Gemälde »Betende Heilige«.

(Siehe dazu: Zürcherisches Wochenblatt,1833, Nro. 63, S. 302)

 

1835

Beteiligung am Salon der Königlichen Akademie in Paris mit zwei Gemälden:

»La Vierge et l’enfant Jésus« und »Sainte Cécile«

Livret du Salon Nr. 710 und 711.

(Siehe dazu: Brief an A. Kestner vom Sommer 1834 und Becker, W.: Paris und die deutsche Malerei 1750-1840.- München 1971 sowie Kunstblatt, 15. Jg., S. 135)

 

Beteiligung an der Ausstellung des Kunstvereins für das Großherzogthum Baden in Karlsruhe mit dem Gemälde »Der kleine Johannes« (Kat. Nr. 146) und »Magnificat in Pastell« (Kat. Nr. 144) sowie »Maria, Pastellgemälde« (Kat. Nr. 145).

(Siehe dazu: Kunstblatt, 16. Jg., S. 262 sowie Katalog über die Kunst- und Industrie-Ausstellung für das Großherzogthum Baden von 1835 zu Carlsruhe. W. Hasper in Carlsruhe)

 

1836

Beteiligung an der Kunstausstellung des Kunstvereins Frankfurt mit dem Gemälde

»Heilige Cäcilie mit Orgel«.

(Siehe dazu: Didaskalia. Beilage der Frankfurter Nachrichten, Nr. 9, 1. März 1925)

 

1837

Beteiligung an der Kunstausstellung des Rheinischen Kunstvereins in Darmstadt, Mannheim, Karlsruhe, Straßburg und Mainz mit dem Gemälde »Madonna mit dem Kinde nebst zwei heiligen Jungfrauen« (Kat. Nr. 4).

(Siehe dazu: Kunstblatt, 19. Jg., S. 27 und Jagemann, L. von: Die Mannheimer Kunstausstellung von 1837, Europa. Chronik der gebildeten Welt. 3. Bd., S. 35 sowie Catalog der Kunst- und Industrie-Ausstellung für das Großherzogthum Baden zu Karlsruhe im Monat Juni 1837. Carlsruhe, W. Hasper)

 

1838

Beteiligung an der Kunstausstellung des Rheinischen Kunstvereins in Mannheim, Mainz, Darmstadt, Karlsruhe und Straßburg mit dem farbigen Karton »Der heilige Borromäus« (Kat. Nr. 473, 7 Louisdor) sowie den Gemälden »Glaube, Liebe und Hoffnung« und »Christuskopf« (Kat. Nr. 389) in Straßburg und Karlsruhe zudem das Altargemälde »Der heilige Carl Borromäus« (Kat. Nr. 341).

(Siehe dazu: Kunstblatt, 19. Jg., S. 310 und Kunstblatt, 20. Jg., S. 31 sowie Rheinischer Kunst-Verein. Verzeichnis der Gemälde und plastischen Werke bei der Ausstellung des Kunst-Vereins für das Großherzogthum Baden zu Carlsruhe im Monat September 1838. Carlsruhe, W. Hasper)

 

Beteiligung an der Kunstausstellung des Dürer-Vereins in Nürnberg mit dem Gemälde

»Heilige Cäcilie mit Orgel«.

(Siehe dazu: Kunstblatt, 19. Jg., S. 364; Fränkischer Merkur Nr. 373 vom 30. September 1838, S. 3153)

 

Beteiligung an der Kunstausstellung in Zürich. »Die verirrten Kinder, auf Stein gezeichnet von C. Scheuchzer, nach dem Pastellgemälde von Fräulein Marie Ellenrieder, welches auf hiesiger Kunstausstellung so vielen Beifall erhielt, sind in schönen Abdrücken auf chinesischem Papier à 4 Schweizerfranken zu haben in der Fr. Schultheß′schen Buchhandlung und bei H. Meier, Kupferstecher im Zeltweg.«

(Siehe dazu: Das Zürcherische Wochenblatt, Nr. 96, vom 29. November 1838)

 

1839

Beteiligung an einer Kunstausstellung in Rom

(Siehe dazu: Kunstblatt, 20. Jg., S. 67: Dem Großfürsten Thronfolger zu Ehren haben die hiesigen deutschen Künstler eine Ausstellung in vier Ateliers veranstaltet, welche von Se. Hoheit gestern besucht war. In Lindaus Atelier ein Engel in Pastell von Mlle. Ellenrieder.)

 

Beteiligung an der Kunstausstellung des Kunstvereins in Rom mit einer farbigen Kreidezeichnung.

(Siehe dazu: Kunstblatt, 20. Jg., S 128; Raczynski, 1841, Bd.III, S. 335)

 

1843

Beteiligung an der Kunstausstellung des Münchner Kunstvereins

(Siehe dazu: Münchner Konversationsblatt, Nro. 2, 4. Jg., 1843: von Ellenrieder „ein betender Engel“.)

 

1844

Beteiligung an der Ausstellung des Kunstvereins für das Großherzogthum Baden in Karlsruhe mit dem Gemälde »Die christliche Tugend« (Kat. Nr. 42), »Ein betendes Kind« (Kat. Nr. 43, 110 fl.), »Eine römische Waise« (Kat. Nr. 44, 77 fl.) und »Ein Mädchen unter Blumen« (Kat. Nr. 224).

(Rheinischer Kunstverein. Verzeichnis der Gemälde bei der Ausstellung des Kunstvereins für das Großherzogthum Baden zu Carlsruhe im Monat Juni 1844. C. F. Müller. Laut Akte GLA Karlsruhe 69 Badischer Kunstverein, Nr. 32, betrug der Kaufpreis für »Die christliche Tugend« 343 Gulden.)

 

Beteiligung an der Turnusausstellung in der Schweiz mit »Der betende Knabe«, Pastell (Kat. Nr. 27), »Kind mit der Taube«, 200 Fr. (Kat. Nr. 28), »Die heilige Cäcilie«, Pastell (Kat. Nr. 29).

(Siehe dazu: Schweizerische Kunst-Ausstellung in St. Gallen 1844. Verzeichnis der in derselben ausgestellten Kunstgegenstände. St. Gallen 1844)

1845

Beteiligung an der XI. Kunstausstellung der königlich bayerischen Akademie der bildenden Künste in München mit dem Gemälde »Heilige Tabitha« (Kat. Nr. 31).

(Siehe dazu: Kunstblatt, 26. Jg., S. 358 und Verzeichnis der Werke lebender Künstler, welche in dem neuen k. Kunst- und Industrie-Ausstellungsgebäude vom 25. August an öffentlich ausgestellt sind. 1845. XI. Kunstausstellung der königlich bayerischen Akademie der bildenden Künste. München 1845, Nr. 31, Tabitha, eine Jüngerin des Herrn.)

 

1848

Beteiligung an der Kunstausstellung des Kunstvereins für das Großherzogthum Baden in in Karlsruhe mit dem Gemälde »Geburt Christi« für die Pfarrkirche in Forbach.

 

Beteiligung an der Turnusausstellung in der Schweiz mit den Gemälden »Madonna mit dem Kinde« 384 Fr. (Kat. Nr. 46) und »Christus mit der Dornenkrone« 256 Fr. (Kat. Nr. 47).

(Siehe dazu: Schweizerische Kunstausstellung in St. Gallen, 1848. Verzeichnis der in derselben ausgestellten Kunstgegenstände. St. Gallen 1848)

1849

Beteiligung an der Kunstausstellung in Den Haag mit den Gemälden »Christus mit der Dornenkrone« und »Der göttliche Kinderfreund«.

(Siehe dazu: Cuijpers, C. P. M: A Computerised Compilation of Contemporary Art at Dutch Exhibitions in the Nineteenth S(C)entury. Nijmegen 1998)

 

Beteiligung an der Kunstausstellung des Rheinischen Kunstvereins mit den Werken »Zwei singende Engel«, »Die Ruhe in der freien Natur« und »Die heilige Felicitas mit ihren sieben Söhnen«.

(Siehe dazu: Rheinischer Kunstverein. Verzeichniß der Gemälde bei der Ausstellung des Kunstvereins zu Freiburg vom 11. Oktober bis 6. November 1849, Freiburg i. Br., Wagner, 1849, Nr. 229, 230, und 302)

 

1852

Beteiligung an der Kunstausstellung des Münchner Kunstvereins mit dem Gemälde

»Heiliger Antonius mit dem Jesuskindlein«.

(Siehe dazu: Münchner Punch, Nro. 33 vom 8. August 1852, S. 256)

 

1855

Beteiligung an der Exposition Universelle in Paris mit dem Gemälde

No 160 »Deux anges gardiens«.

(Siehe dazu: Exposition Universelle de 1855. Explication des ouvrages de peinture, sculpture etc. exposés au Palais des Beaux-Arts, Paris 15. Mai 1855)

 

Beteiligung an der Ausstellung des Kunstvereins für das Großherzogthum Baden in Karlsruhe mit dem Gemälde »Die Auferweckung des Lazarus« (Kat. Nr. 220, 300 fl.) und »Zwei edle Freundinnen, Kartonzeichnung« (Kat. Nr. 221).

(Siehe dazu: Rheinischer Kunstverein. Verzeichnis der Gemälde bei der Ausstellung des Kunstvereins für das Großherzogthum Baden zu Karlsruhe im Monat Juni 1855. F. Gutsch)

 

1857

Ausstellung der Diözesan-Kunstvereine in Regensburg. Nr. 159 »Christus der Kinderfreund. Original=Federzeichnung bezeichnet: Maria Ellenrieder am St. Johannistag 1821«.

(Siehe dazu: Die mittelalterliche Kunst in ihrer Anwendung zu liturgischen Zwecken. Aufzählung und Beschreibung sämtlicher mittelalterlicher Kunstgegenstände, ausgestellt bei Gelegenheit der 2ten Generalversammlung der Diözesan-Kunstvereine in der St. Ulrichskirche zu Regensburg den 15., 16. u. 17. Sept. 1857. Regensburg Pustet)

 

1858

Beteiligung an der Kunstausstellung des Kunstvereins in Karlsruhe mit den Gemälden »Hl. Cäcilia« und »Mutter Gottes mit dem Kinde«. Letzteres für die Pfarrkirche in Böhringen.

Beteiligung an der deutschen allgemeinen Kunst-Ausstellung in München mit dem Karton

»Christus segnet die Kinder« (Kat. Nr. 1349)

(Siehe dazu: Katalog zur Deutschen Allgemeinen und Historischen Kunstausstellung in München. München 1858.)

 

Westermann´s Illustrierte Deutsche Monatshefte. Band 5, Nro. 26, November 1858.

Die Deutsche allgemeine und historische Kunstausstellung in München.

S. 199: Von zwei Frauen, Ellenrieder und Elektrine von Freyberg-Stunz, sind aus dem Kreise religiöser Kunst und aus der neubelebten edlen Richtung derselben preiswerthe Bilder da, namentlich von der leztern anmuthvolle Madonnen.

 

1860

Beteiligung an der Turnus-Ausstellung des Verbandes Schweizer Kunstvereine im Theatersaal in Konstanz (Eröffnung 1. April 1860).

(Siehe dazu: Schweizerische Kunstausstellung in Konstanz 1860. Verzeichnis der in derselben ausgestellten Kunst=Gegenstände. Druck von J. Stadler in Konstanz. Die Nummern 79 bis 82 verzeichnen die Gemälde »Hagar mit Ismael«, »Die heilige Maria als Kind«, »Der Engel mit dem Anliegen« und »Die heilige Jungfrau Maria«.)

Beteiligung an der Rheinischen Kunstausstellung mit den Gemälden »Engel« und »Heilige Jungfrau Maria«.

(Siehe dazu: Württembergische Jahrbücher für vaterländische Geschichte etc., Jahrgang 1860, 1. Heft, S. 69, Verlag Karl Aue, Stuttgart 1862.)

1861

Beteiligung an der Akademischen Kunst-Ausstellung in Dresden mit dem Gemälde »Der Jesusknabe mit dem Kreuz und der Dornenkrone«.

(Siehe dazu: Katalog der von der Königlichen Akademie der Bildenden Künste veranstalteten Kunstausstellung. Dresden 1861.)

 

1862

Beteiligung an der Ausstellung des Kunstvereins für das Großherzogthum Baden in Karlsruhe mit den Gemälden »Die Taufe der Lydia aus der Apostelgeschichte« (Kat. Nr. 8, 189 fl.) und »Ein Schutzengel« (Kat. Nr. 80, 52 fl. 30 Kr.).

(Siehe dazu: Rheinischer Kunstverein. Verzeichnis der Gemälde bei der Ausstellung des Kunst-Vereins für das Großherzogthum Baden zu Karlsruhe im Monat Juni 1862. Karlsruhe, W. Hasper, 1862)

 

1865

Verkaufsausstellung in Konstanz

(Siehe dazu: Katalog zur Verkaufsausstellung der nachgelassenen Werke)

 

1868

Ausstellung der Künstler-Gesellschaft in Zürich

(Siehe dazu: Verzeichnis der Gemälde und Zeichnungen, welche den 12. Juli 1868 auf Veranstaltung der Künstlergesellschaft in Zürich ausgestellt werden. Zürich 1868. Die Nummern 31 bis 67 verzeichnen Gemälde, Cartons und Zeichnungen aus dem künstlerischen Nachlass Marie Ellenrieders) 

1871

Ausstellung von Zeichnungen und Gemälden aus dem Nachlaß der Künstlerin in Konstanz.

(Siehe dazu: Konstanzer Zeitung, 20. Juni)

 

1891

Ausstellung des Konstanzer Kunstvereins zum Gedächtnis des 100. Geburtstages.

(Siehe dazu: Konstanzer Zeitung, 20. März)

 

Anhang 2

Literatur über die Künstlerin

(zeitlich geordnet)

 

1818

Allgemeine Literatur-Zeitung vom Jahre 1818, 3. Band, September bis December, Halle und Leipzig, S. 330

Literarische Nachrichten: Steinbrüchel … nach einer Büste in dem Sessionszimmer der Curatoren

der Stadtbibliothek von einer Künstlerin, Maria Ellenrieder, gezeichnet und radiert.

 

1820

Kunstblatt, 1. Jg., S. 360 u. 368

Betrachtungen über die Kunstausstellung zu München im Jahre 1820.

Beschreibung eines Kartons zu einem Altarbild in Ichenheim und Radierung einer heiligen Cäcilie.

 

1823

Kunstblatt, 4. Jg., S. 356

Fräulein Ellenrieder hat für den Herrn Minister von Berstett ein kleines Bild aus Rom geschickt, welches ihre Fortschritte in der Oelmalerey auf die erfreulichste Weise bekundet. Es ist ein betendes Mädchen, einen Heiligenschein um das Haupt; eine höchst anmuthige Gestalt mit dem reinsten Ausdrucke der Unschuld, Frömmigkeit und Demuth. Draperie, Colorit und Zeichnung deuten auf tiefes Studium der italienischen Schule in der Zeit ihrer schönsten Blüthe.

 

Nehrlich, K.: Ueber die Kunst- und Industrie-Ausstellung für das Großherzogthum Baden von 1823 zu Karlsruhe.- Karlsruhe, Verlag G. Braun, 48 S.

Zuerst erschienen in: Charis. Rheinische Morgenzeitung für gebildete Leser, 3. Jg., 1823, Mannheim, Verlag Groos.

Beschreibung der Gemälde Ein Kind in einem Buche lesend (Katalog Nr. 1) und Madonna (Katalog Nr. 59a).

 

Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst, 14. Jg., 1823, S. 116, Wien, Verlag Härter.

Altarblätter zu Ichenheim.

 

1824

Kunstblatt, 5. Jg., S.231

Notizen über einige jüngeren Historienmaler in Rom.

Beschreibung der Bilder Madonna mit dem Jesusknaben an der Hand und eines sitzenden Johannes.

 

1825

Kunstblatt, 6. Jg., S. 193

Die Karlsruher Kunstausstellung im Mai 1825.

Beschreibung des Bildes Madonna mit dem Jesusknaben an der Hand.

 

Karlsruher Zeitung, Nr. 168, Sonntag den 19. Juni 1825.

Darstellung der im verflossenen Mai statt gehabten Ausstellung von Kunst- und Industrie-Gegenständen.

Beschreibung des Bildes Madonna mit dem Jesusknaben an der Hand.

 

Kunstblatt, 6. Jg., S. 240

Kunstneuigkeiten. Carlsruhe 8. Juli 1825.

Fräulein Ellenrieder in Konstanz malt gegenwärtig ein Altarbild, einen hl. Bartolomäus, für die Kirche in Ortenberg.

 

1826

Kunstblatt, 7. Jg., S. 176

Kunstnachrichten aus dem Badenschen.

Das Altarbild für Ortenberg ist seiner Vollendung nahe.

 

Badewochenblatt zum Nutzen und Vergnügen der Badegäste in der großherzoglichen Stadt Baden. Jahrgang 1826, Nro. 39. Samstag den 12. August 1826, Verzeichnis der vom 9. bis 11. August dahier angekommenen Badegästen und Fremden. Baden, Verlag Scotzniovsky

S. 261: Frau von Vincenti mit Familie und Bediensteten, und Fräulein von Biedenfeld aus Karlsruhe. Demoiselle Ellenrieder aus Konstanz.

 

Offenburger Wochenblatt, Nro. 33, 19. August 1826, S. 130-131

Zellano, Giuseppe: An Dem. Marie Ellenrieder. Gedicht nachdem ich das von ihr gemalte und für die Kirche in Ortenberg bestimmte Altarblatt, den heiligen Bartholomäus gesehen hatte.

 

Offenburger Wochenblatt, Nro. 34, 26. August 1826, S. 135-136

Der heil. Bartholomäus in Ortenberg. Bericht über eine vom hiesigen Herrn Prof. Binz am 6. d. M. in der Kirche in Ortenberg gehaltenen Predigt. Autor: G.

 

1827

Kunstblatt, 8. Jg., S. 16

Kunstnachrichten aus dem Badischen.

Fräulein Ellenrieder, die jetzt in Carlsruhe verweilt, hat eine hl. Anatolia gemalt.

 

Kunstblatt, 8. Jg., S. 116

Kunstnachrichten. Carlsruhe, 18. März 1827.

Fräulein Ellenrieder hat den Auftrag erhalten, für den Hauptaltar der katholischen Kirche einen hl. Stephanus zu malen.

 

Kunstblatt, 8. Jg., S. 179

Die Kunstausstellung in Karlsruhe im Mai 1827.

Beschreibung der historischen Bilder Hl. Anatolia und Hl. Victoria sowie Hl. Johannes ein Kreuz zusammenbindend. Ferner die Beschreibung des Porträts des Großherzogs von Baden in Oel und dreier Kinderbildnisse in Pastell.

 

Wessenberg, I. H. v.: Die christlichen Bilder ein Beförderungsmittel des christlichen Sinnes.-  Konstanz 1827.

Bd.1, S. 338 Beschreibung des Gemäldes Madonna mit dem Jesusknaben an der Hand, Bd. 2, S. 211 Beschreibung des Gemäldes Auferstehung Christi in der kath. Kirche von Ichenheim.

 

1828

Kunstblatt, 9. Jg., S. 368

Neue Kunstsachen: Eine betende Heilige, gemalt von Maria Ellenrieder, lithographiert von Hörter.

 

1829

Großherzogliches-Badisches Staats- und Regierungs- Blatt, Nr. XVIII, S. 142

Dienst-Nachrichten. Ernennung zur Hofmalerin.

 

Der Friedens- und Kriegs-Kurier. Tagblatt für Politik, Literatur und Bekanntmachungen, Nr. 104, Nürnberg, 14. April 1829

Miszellen. In der großherzogl. Straf-Anstalt zu Freiburg (im Breisgau) wurde die Leinwand-Fabrikation unter der Leitung des dermaligen Vorstehers, Verwalters Lang, seit 1 ½ Jahren, zu einem so hohen Grad von Vollkommenheit gebracht, daß für die Malerin, Fräulein Ellenrieder in Konstanz, zu dem Altargemälde in der katholischen Kirche zu Karlsruhe die Leinwand in der Breite von 7 ½ Elle, zu größten Zufriedenheit dieser Künstlerin geliefert werden konnte.

 

1831

Das Gemälde der Hofmalerin Maria Ellenrieder auf dem Hochaltar der katholischen St. Stephanskirche zu Karlsruhe. (Autor laut Aland, 1957, Nr. 275, I. H. v. Wessenberg).

Badischer Merkur, Karlsruhe, Nr. 36 vom 23. 7. 1831, S. 147-148.

 

1832

Kunstblatt, 13. Jg., S. 209

Kunstausstellung in Carlsruhe im Mai 1832.

Kritische Bemerkungen über vier Oelgemälde. Beschreibung eines Gemäldes von Endres, einem Schüler der Künstlerin.

 

Kunstblatt, 13. Jg., S. 315

Oeffentliche Kunstausstellung in Carlsruhe im Jahre 1832. (Fortsetzung.)

Beschreibung des Gemäldes Krieg v. Hochfelden und seine Gemahlin, zu Pferde. Die Figuren von Marie Ellenrieder und die Pferde von Rudolf Kuntz.

 

Kunstblatt, 13. Jg., S. 318

Oeffentliche Kunstausstellung in Carlsruhe im Mai 1832. (Fortsetzung.)

Beschreibung der Gemälde zweier Engelchen und einer hl. Cäcilie mit Orgel.

 

1833

Zürcherisches Wochenblatt, Nr. 63, 8. August 1833

Verzeichnis der bei der Kunstausstellung 1833 verlosten Kunstgegenstände und deren Gewinner.

Ellenrieder, Betende Heilige. Fr. 64 – Hr. alt Reg. R. Spöndli

 

1834

Kunstblatt, 15. Jg., S. 107

Aus dem Badischen. 1. Februar 1834.

Lithographie des Gemäldes Maria mit dem Jesusknaben an der Hand als Gabe des Karlsruher Kunstvereins an seine Mitglieder 1833.

 

1835

Kunstblatt, 16. Jg., S. 135

Der Pariser Salon im Jahr 1835.

Kunstblatt, 16. Jg., S. 262

Kunstausstellung in Carlsruhe 1835.

Beschreibung des Gemäldes Magnificat.

 

1838

Heller, J.: Lexicon für Kupferstichsammler.-  Bamberg 1838.

Auflistung von drei Radierungen.

 

Kunstblatt, 19. Jg. S. 27

Karlsruher Kunstausstellung, im Juni 1837.

Beschreibung einer Madonna mit dem Kinde nebst zwei heiligen Jungfrauen.

 

Kunstblatt, 19. Jg., S. 310

Darmstadt, den 1. August 1838.

Ausstellung eines lebensgroßen Bildes des heiligen Borromäus.

 

Kunstblatt, 19. Jg., S. 364

Nürnberg, 7. September.

Ausstellung einer heiligen Cäcilie.

 

Fränkischer Merkur, 30. September 1838, S 3153

Kunstausstellung des Albrecht Dürer-Vereins zu Nürnberg 1838.

Ausstellung einer heiligen Cäcilie, lebensgroßes Bild, Kniestück.

 

Zürcherisches Wochenblatt, Nr. 96, 29. November 1838

Zürcher Kunstausstellung 1838.

Die verirrten Kinder.

 

1839

Kunstblatt, 20. Jg., S. 28

Nachrichten vom November. Persönliches. Rom.

Auch Fräulein Ellenrieder aus Constanz wurde unter den Zierden des hiesigen Kunstpublikums begrüßt.

 

Kunstblatt, 20. Jg., S. 31

Carlsruher Kunstausstellung. September 1838.

Beschreibung dreier Bilder "Glaube, Liebe und Hoffnung", "Christuskopf" und "Hl. Borromäus".

 

Kunstblatt, 20. Jg., S. 67

Nachrichten vom Januar. Kunstausstellungen. Rom, 5. Januar.

Dem Großfürsten Thronfolger zu Ehren haben die hiesigen deutschen Künstler eine Ausstellung in vier Ateliers veranstaltet, welche von Se. Hoheit gestern besucht war. In Lindaus Atelier ein Engel in Pastell von Mlle. Ellenrieder.

 

Kunstblatt, 20. Jg., S 128

Kunstausstellungen. Rom, 23. Febr.

In der Ausstellung des Kunstvereins zeichnen sich aus: Ein Kopf in farbiger Kreide von der bekannten Ellenrieder aus Konstanz.

 

1840

Giovanni Corboli, Di alcuni quadri della signora Maria Ellenrieder, Sonderabdruck aus: Il Tiberiano, anno 6, no. 30, Roma, Puccinelli, 10 S.

Beschreibung der Kartons »Christus, der die Kindlein zu sich kommen läßt« und »Engel mit Tränenschale« sowie des Pastells »Bauernknabe, vor Wegkreuz betend«.

http://www.archive.org/details/dialcuniquadride407roma

 

Kunstblatt, 21. Jg., S. 222

Rom, 19. Mai 1840.

Beschreibung zweier Kartons »Christus, der die Kindlein zu sich kommen läßt« und »Engel mit Tränenschale«.

 

Bayerische Nationalzeitung, Nr. 147 vom 15. September 1840, S. 600

Konstanz, den 6. September. Heute Vormittag wurde das neu erbaute schöne eiserne Dampfschiff Konstantia dahier in Gegenwart der hierzu als Taufpathin eingeladenen Großherzogl. Bad. Hofmalerin Fräulein Marie Ellenrieder … feierlich getauft.

 

1841

Karlsruher Zeitung, 4. Februar, S. 203

An Fräulein Marie Ellenrieder.

Gedicht.

Raczynski, A.: Histoire de l′art moderne en Allemagne.- Paris, Jules Renouard, 1841, Bd. III, S. 335.

Kunstausstellung in Rom.

 

1845

Ignaz Heinrich von Wessenberg, Die Malerin Marie Ellenrieder zu Constanz, in: Kunstblatt, 26. Jg., S. 182-183.

 

Kunstblatt, 26. Jg., S. 358

Münchner Kunstausstellung vom Jahre 1845.

Beschreibung des Bildes der heiligen Tabitha.

 

1847

Universal-Lexikon vom Großherzogthum Baden.- 2. Auflage, Karlsruhe

S. 333 ein kurzer Artikel über die Künstlerin.

 

1848

Kunstblatt, 29. Jg., S. 230

Ueber Denkmale der Kunst.

Gemälde »Ein Mädchen mit Blumen«.

 

Wechmar, K. v.: Handbuch für Baden und seine Diener, Heidelberg 1848.

 

1849

Rheinischer Kunstverein (Hrsg.): Verzeichnis der Gemälde bei der Ausstellung des Kunstvereins zu Freiburg vom 11. Oktober bis 6. November 1849, Freiburg i. Br., Wagner, 1849

Katalog Nr. 229 »Zwei singende Engel«, Katalog Nr. 230 »Die Ruhe in der freien Natur« und Katalog Nr 302 »Die heilige Felicitas mit ihren sieben Söhnen« (Kaufpreis 110 Gulden).

 

1855

Frommel, C. L.: Verzeichnis der Kunst-Gegenstände in der Großherzoglichen Kunsthalle zu Carlsruhe.- 3. Auflage, Carlsruhe, W. Hasper, 1855, 168 S. Verzeichnet zehn Werke von M. Ellenrieder.

 

1858

Gallerie religiöser Bilder in Stahlstichen nach Gemälden und Zeichnungen von M. Paul v. Deschwanden, Theodor v. Deschwanden, Maria Ellenrieder u. a. Mit Gedichten von P. Gall Morel.- Verlag Gebr. Benziger, Einsiedeln, New-York und Cincinnati, VI. und X. Heft, ca. 1858.

Enthält drei Stahlstiche nach Vorlagen von M. Ellenrieder.

1859

Konstanzer Zeitung, 19. September

Der Großherzog erteilt den Auftrag für ein historisches Bild.

 

Frankfurter Intelligenz-Blatt, Sonntag 18. Dezember 1859, 21. Beilage

Frankfurter Kunstverein. Neu ausgestellte Kunstwerke:

Maria Ellenrieder, großh. bad. Hofmalerin: Madonna

 

1862

Beck, J.: Freiherr I. Heinrich v. Wessenberg. Sein Leben und Wirken.- Freiburg, Wagnersche Buchhandlung, 1862

S. 482 ff. I. H. von Wessenberg und Marie Ellenrieder

 

1863

Konstanzer Zeitung, 9. Juni

Bericht über die Beerdigung der Künstlerin.

 

Karlsruher Zeitung, 24. September

Nekrolog von Fr. Pecht.

 

Konstanzer Zeitung, 26. September

Zur Erinnerung an Marie Ellenrieder, badische Hofmalerin, geb. in Konstanz den 20. März 1791, gest. in Konstanz den 5. Juni 1863. Autor: Friedrich Pecht.

 

Pecht, F.: Zur Erinnerung an Marie Ellenrieder, badische Hofmalerin, geb. in Konstanz den 20. März 1791, gest. in Konstanz den 5. Juni 1863.-

in: Recensionen und Mittheilungen über bildende Kunst. Jg. 2, Wien 1863, S.159-160.

 

1864

Großherzoglich Badisches Regierungsblatt, Nr. II, 16. Januar 1864, S. 10

Es haben gestiftet: Die Erben der Hofmalerin Marie Ellenrieder zu Konstanz aus der Verlassenschaft derselben an die Taubstummenanstalt in Pforzheim 90 fl.

 

Großherzoglich Badisches Regierungsblatt, Nr. XIX, 27. Mai 1864, S. 169

Es haben gestiftet: Die Hofmalerin Marie Ellenrieder in Konstanz in das Lehrinstitut Zofingen 100 fl.;

Die Hofmalerin Marie Ellenrieder in Konstanz in das Waisenhaus Konstanz 1/3 ihrer hinterlassenen Gemälde im Werthe von 547 fl.

 

1865

Verkauf von Gemälden der verstorbenen Hofmalerin Fräulein Marie Ellenrieder in Constanz.

Katalog zur Verkaufsausstellung der nachgelassenen Werke.

 

1867

Pecht, F.: Zur Erinnerung an Marie Ellenrieder, badische Hofmalerin.- Freya. Illustrierte Blätter für die gebildete Welt. 7. Jg. 1867, S. 99-100.

S. 93 Holzschnitt nach einem Selbstbildnis. 

1868

Verzeichniss der Gemälde und Zeichnungen, welche den 12. Juli 1868 auf Veranstaltung der Künstlergesellschaft in Zürich ausgestellt werden.- Zürich. Gedruckt bei J. J. Ulrich

 

1870

Andreas Andresen, Die deutschen Maler-Radirer des neunzehnten Jahrhunderts, 4. Bd., Leipzig, S. 30-45.

Werkverzeichnis der Graphik.

 

Woltmann, A.: Fürstlich Fürstenbergische Sammlungen zu Donaueschingen. Verzeichnis der Gemälde.- Carlsruhe, W. Hasper, 1870, 80 S.

Verzeichnet 274 Gemälde, darunter auf Seite 55 die Nr. 122 von Marie Ellenrieder: Madonna mit dem Kinde im Arm. Bezeichnet auf der Rückseite: Marie Ellenrieder pinx. 1847. Holz. h. 71 b. 52.

 

1871

Konstanzer Zeitung, 20. Juni

Bericht über eine Ausstellung von Zeichnungen und Gemälden aus dem Nachlass der Künstlerin.

 

Nagler, G. K.: Die Monogrammisten.- IV. Bd., München & Leipzig, S. 479-480.

Verzeichnis der nach ihren Gemälden angefertigten Stiche und Lithographien.

 

1874

Konstanzer Zeitung, 21. März

Beiträge zu einer Lebens- und Kunstgeschichte der Hofmalerin Marie Ellenrieder. Autor: J. Marmor.

 

1875

Pecht, F.: Marie Ellenrieder.- Badische Biographien, Teil 1, S. 226-228.

 

1877

Pecht, F.: Marie Ellenrieder.- Allgemeine deutsche Biographie, 6. Bd., S. 49-50.

 

1884

Reber, F. v.: Geschichte der Neueren deutschen Kunst.- 2. Aufl. Leipzig

Kurze Notiz über die Künstlerin (mit falschem Geburts- und Todesjahr) im 1. Band, S. 326.

 

1887

Kraus, F. X.: Die Kunstdenkmäler des Landkreises Konstanz.- Freiburg i. Br.

Auf Seite 411 heißt es über Schloss Werenwag: Schließlich dürfen die 4 im Wirtshaus des Schlosses mit schwarzer Kreide auf der weissen Wand eines Gastzimmers gezeichneten Heiligenbilder der bad. Malerin Marie Ellenrieder (1. kleiner betender Engel „der lieben Frau Bürgermeisterin Pepina Anger von Marie Ellenrieder“ 1844 gewidmet; 2. Jesusknabe mit der Himmelskugel 1851, 9. 10. u. 11. Sept.; 3. hl. Franciscus 1844, 2. 3. 4. u. 5. Julius; 4. Ave Maria, 1845, 8. 9. 10. u. 11. Octob. – reizende Compositionen von grosser Innigkeit und Reinheit der Empfindung K.) nicht unerwähnt bleiben.

 

1891

Konstanzer Zeitung, 20. März

Zum 100jährigen Geburtstage Marie Ellenrieders. 20. März 1791 - 5. Juni 1863.

Bericht über die Künstlerin anlässlich einer Ausstellung des Konstanzer Kunstvereins zum Gedächtnis des 100. Geburtstages.

 

Boetticher, F. v.: Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts.- Dresden 1891 ff.

 

1892

Bernow, L.: Marie Ellenrieder.- in: Badische Fortbildungsschule, Jg. 6, 1891/92, S. 33-36.

 

1901

The New York Times, 14. April

Bericht über die Ausstellung im Grolier Club in New York: „Engravings by women“

Die Künstlerin ist unter No. 133 mit der Radierung „Bärtiger Mann nach Rembrandt“ beteiligt.

 

1905

Carl Brun, Schweizerisches Künstler-Lexikon, I. Bd., S.417.

 

1907

Pückler-Limpurg, S.: Andresens Nachträge zu seinen "Deutschen Malerradierern".- Mitt. Ges. f. vervielfältigende Kunst. Beilage der Graphischen Künste, Jg. 1907, S. 39-43.

 

1910

Zingeler, K. Th.: Fürst Karl Anton von Hohenzollern und Marie Ellenrieder.- in: Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland, 145. Bd., S. 454-460.

 

Geck, A.: Zum Barthlefest in Ortenberg.- D´r alt Offenburger. Belletristische und humoristische Chronik der Kreishauptstadt Offenburg, Nr. 589, Ausgabe vom 28. August 1910.

Beschreibung des Altarbildes von Ortenberg.

 

1912

Oscar Gehrig, Maria Ellenrieder, in: Die christliche Kunst, 9. Jg., S. 292-296 , S. 328-332 und S. 350-356.

 

1913

Geigges, A.: Mitteilungen über die erste Studienreise Marie Ellenrieder`s nach Italien.- in: Bodensee-Chronik, 7. Jg., Nr. 12 und 13.

 

Konstanzer Zeitung, 5. Juni

Marie Ellenrieder. Zur Erinnerung an die 50. Wiederkehr ihres Todestages am 5. Juni 1863. Autor: Dr. Cathiau.

 

Konstanzer Zeitung, 10. Juli

Nachricht über Selbstbildnisse der Hofmalerin M. Ellenrieder.

 

Konstanzer Zeitung, 14. August

Bericht über die Ellenrieder-Ausstellung anläßlich der 50. Wiederkehr ihres Todestages in Konstanz. Autor: E. A. Grv.

 

1914

Klemm, M.: Eine vergessene Künstlerin (Marie Ellenrieder). Mit sieben Illustrationen nach Gemälden der Künstlerin.- in: Über Land und Meer, 112. Bd., S. 1112-1113.

 

Thieme, U. & Becker, F.: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart.- Bd. X, Leipzig.

 

1916

Klara Siebert, Marie Ellenrieder als Künstlerin und Frau, Freiburg i. Br. 1916.

 

Brinzinger, A.: Das Marienbild von St. Eberhard - Stuttgart.- in: Archiv für christliche Kunst, Bd. 34, S. 53-55.

 

1920

Eberlein, K. K.: Die Kunst der Nazarener in der Badischen Kunsthalle zu Karlsruhe.- in: Die Rheinlande. Vierteljahresschrift des Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern a. Rhein, 22. Jahrg., 1. Heft, S.69-76.

S. 70 Selbstbildnis der Künstlerin.

 

Koelitz, K.: Katalog der Gemälde-Galerie.- Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, 8. Aufl., Karlsruhe.

Kartons I (Lebensgröße): Nr. 22 Christus die Kinder segnend, Nr. 23 Josef mit dem Jesuskind.

Ölgemälde: Nr. 429 Madonna aus dem Hause Tempi (Kopie nach Rafael Santi), Nr. 511 Madonna mit dem Jesusknaben in der Glorie, Nr. 512 Heilige, mit Gebetbuch, Nr. 513 Mädchen, bibellesend, Nr. 514 Maria schreibt das Magnifikat, Nr. 515 Kniendes Mädchen, Blumen aus dem Korbe schüttend, Nr. 516 Erweckung der Tabitha, Nr. 517 Drei Jungfrauen mit dem Motto: Lasset uns von Gott reden und seinen hl. Geboten, Nr. 783 Jugendl. Selbstbildnis v. 1818,

Neuerwerbungen von 1882-1920: Nr. 852 Mutterglück, Nr. 853 Selbstbildnis v. 1827, Nr. 854 Johannisknabe, Nr. 918 Zwei schreibende Engel, sitzend, Nr. 962 Mädchenbildnis, Nr. 1260 (gemeinsam mit R. Kuntz) General Krieg v. Hochfelden und Frau.

 

1922

Beringer, J. A.: Badische Malerei 1770-1920.- 2. Aufl., Karlsruhe. Nachdruck 1979 mit Künstlerbiographien von R. Theilmann.

 

1924

Nagler, G. K.: Neues allgemeines Künstler-Lexikon.- 3. Aufl., Leipzig.

 

1925

Klemm, M.: Maria Ellenrieder. Eine Künstlerin aus dem Nazarenerkreise.- in: Die Berg-Stadt, Jg. 13, H. 9, S. 17-23.

 

Karl Obser, Marie Ellenrieder in Rom, in: Oberrheinische Kunst, Jg. 1925/26, Heft 1, S. 222-223.

 

1927

Friedrich Noack, Das Deutschtum in Rom seit dem Ausgang des Mittelalters, Berlin und Leipzig.

 

1928

Fritz Hirsch, 100 Jahre Bauen und Schauen, Badenia Verlag, Karlsruhe.

Bd. 1, S. 501 ff.: Das Bild für den Hochaltar der St. Stephanskirche in Karlsruhe von Marie Ellenrieder.

 

Erich Scheurmann, Marie Ellenrieder, in: Das Bodenseebuch 1928, S. 41-43.

 

Erich Scheurmann, Die schöne Maria Ellenrieder, in: Gartenlaube 1928, Nr. 26, S. 544-546.

 

1933

Julia Virginia Laengsdorff, Maria Ellenrieder. Zur 70. Wiederkehr ihres Todestages am 5. Juni, in: Die Brücke. Freitagbeilage der Konstanzer Zeitung, Jg. 1933, Nr. 22, S. 85-86.

Ellenrieder-Ausstellung im Kunstverein Konstanz anlässlich des 70. Todestages.

 

Sauer, J.: Die kirchliche Kunst der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Baden.- Freiburg 1933.

 

1934

Julia Virginia Laengsdorff, Marie Ellenrieder, in: Volk und Heimat. Monatsschr. der Badischen Presse, Nr. 8.

 

Feurstein, H.: Fürstlich Fürstenbergische Sammlungen zu Donaueschingen. Verzeichnis der Gemälde.- IV. Ausgabe, Druckerei Meder Donaueschingen 1934.

S. 20 ff. Marie Ellenrieder.

 

1935

Arthur von Schneider, Badische Malerei des 19. Jahrhunderts, Berlin. 2. Auflage, Karlsruhe 1968.

 

1940

Margarete Zündorff, Marie Ellenrieder. Ein deutsches Frauen- und Künstlerleben, Konstanz 1940.

 

1943

Kurt Aland, Wessenberg-Studien, in: Z. G. O., NF. 56.

 

1950

Margarete Zündorff, Marie Ellenrieder, in: Unser Konstanz, S. 48-49.

 

Lisa Barck, Marie Ellenrieder. Ein badisches Frauenleben in der Kunst, in: Baden. Monographie einer Landschaft. Bd. 2, H. 2., S. 25-26.

 

1952

Hans Geller, Die Bildnisse der deutschen Künstler in Rom 1800-1830, Berlin 1952.

 

Fleischhauer, W., Baum, J. & Kobell, St.: Die schwäbische Kunst im 19. und 20. Jahrhundert.- Stuttgart.

 

1953

Südkurier, 5. Juni

Maria Ellenrieders letztes Bild. Die große Konstanzer Malerin starb vor 90 Jahren am 5. Juni 1863.

 

1958

Für Kunst und Stadt. Vom 100jährigen Wirken des Kunstverein Konstanz.- Konstanz 1958

Mit einem Selbstbildnis von Marie Ellenrieder und ihrem Bildnis von Freiherr von Wessenberg (Abb. 4 und 5).

 

1959

Otto Kähni, Marie Ellenrieder in der Ortenau, in: Ekkart, Jb. f. d. Badner Land, S. 87-93.

 

Roswitha Beyer, Marie Ellenrieder, in: Neue deutsche Biographie, 4. Bd., S. 455.

 

1963

Gedächtnis-Ausstellung MARIE ELLENRIEDER aus Anlaß ihres 100. Todestages. Wessenberghaus Konstanz vom 4. August bis 6. Oktober 1963.- Katalog zur Ausstellung der Stadt Konstanz mit einer Einführung von F. W. Fischer.

 

Friedhelm Wilhelm Fischer und Sigrid von Blanckenhagen, Marie Ellenrieder. Leben und Werk der Konstanzer Malerin, Konstanz 1963.

 

Friedhelm Wilhelm Fischer, Die Konstanzer Malerin Maria Ellenrieder (1791-1863), in: Bodensee-Hefte 1963, H. 6, S. 236-241.

 

Brigitta Hilberling, Marie Ellenrieder - Zu ihrem 100. Todestag, in: Konstanzer Almanach, IX. Jg., S. 25-32.

 

1964

Marie Jorns, August Kestner und seine Zeit 1777-1853, Hannover 1964.

 

1965

Jens Christian Jensen, Rezension der Biographie von Fischer, F. W. & Blanckenhagen, in: Kunstchronik, 18. Jahr, H. 9, S. 258-261, 1965.

 

Hermine Maierheuser, Marie Ellenrieder und die Altarbilder zu Ichenheim, in: Geroldsecker Land, Heft 8, S.81-87, 1965/1966.

Der Artikel wurde nochmals abgedruckt in Geroldsecker Land, Heft 32, S. 92-99, 1990.

 

1966

Georg Richter, Zum 175. Geburtstag der badischen Hofmalerin Marie Ellenrieder  - 1966 (20.3.1791-5.7.1863), in: Welt am Oberrhein, Bd. 6, Heft 5, S. 296-297, 1966.

 

1970

Friedrich Isenmann (Hrsg.), Denkschrift zur Kirchenerneuerung 12. April 1970, Ortenberg 1970.

 

1971

Jan Lauts und Werner Zimmermann, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe. Katalog Neuere Meister 19. und 20. Jahrhundert, Karlsruhe 1971.

 

1976

Ulrike Gauss, Die Zeichnungen und Aquarelle des 19. Jahrhunderts in der Graphischen Sammlung Stuttgart, Stuttgart 1976.

Verzeichnet S. 43 drei Zeichnungen der Künstlerin.

 

1983

Carina Mahlbacher, Johann Baptist Kirner. 1806-1866. Badischer Hofmaler, Diss. Phil. Universität Stuttgart, 409 S., 1983.

 

1982

Renate Berger, Malerinnen auf dem Weg ins 20. Jahrhundert, Köln 1982.

S. 169 wird über die Romreise der Künstlerin berichtet.

 

Herbert Schindler, Nazarener. Romantischer Geist und christliche Kunst im 19. Jahrhundert, Regensburg 1982.

S. 62 kurzer Lebenslauf Marie Ellenrieders und S. 218 Tagebuchauszug vom 15. April 1823.

 

1986

Franz Xaver Vollmer, Ortenberg. Schritte zurück in die Vergangenheit eines Ortenaudorfes, Selbstverlag Ortenberg, 1986.

S. 433-435: Das Hochaltarbild von Marie Ellenrieder.

 

1987

Renate Berger (Hrsg.), „Und ich sehe nichts, nichts als die Malerei“: autobiographische Texte von Künstlerinnen des 18.-20. Jahrhunderts, Frankfurt a. M. 1987.

S: 76-79: Louise Seidler über ihre Freundschaft mit Marie Ellenrieder.

 

Neue Gesellschaft für Bildende Kunst e.V., Berlin (Hrsg.): Das Verborgene Museum I.- Dokumentation der Kunst von Frauen in Berliner öffentlichen Sammlungen. Berlin 1987.

S. 134-136 Marie Ellenrieder.

 

1988

Hans Leopold Zollner, Ihr Leben der heiligen Kunst gewidmet. Vor 125 Jahren starb die badische Hofmalerin Marie Ellenrieder, in: Beiträge zur Landeskunde, 1988, Nr. 6, S. 17-19.

 

Gottfried Sello, Malerinnen aus fünf Jahrhunderten, Hamburg 1988.

S. 74-75 Marie Ellenrieder.

 

1990

Lothar Klein, Marie Ellenrieder, Leben und Werk. Erinnerung an die vor 200 Jahren geborene Konstanzer Malerin, in: Konstanzer Almanach, 37. Jg., 1991, S. 73-74.

 

Alice Rössler, Katalog der Graphiksammlung Luthardt der Universität Erlangen-Nürnberg, Band III,1 Druckgraphiken des 19. und frühen 20. Jahrhunderts Künstler A-Ko.- Schriften der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, 21, 1990.

S. 98-100 Ellenrieder, Marie (1791-1863).

 

1991

Bott, T. und Vogel, A.: Marie Ellenrieder (1791-1863) zum 200. Geburtstag.- Information des Rosgartenmuseums Konstanz anläßlich einer kleinen Werkschau.

 

Hans Leopold Zollner, »Umwoben von einer Poesie des Leidens«. Die badische Malerin Marie Ellenrieder, in: Aufbruch. Evangelische Kirchenzeitung für Baden, 27 (1991), 13, S.12.

 

1992

Städtische Museen Konstanz Rosgartenmuseum, Angelika Kauffmann (1741-1807) Marie Ellenrieder (1791-1863). Malerei und Graphik, Ausstellungskatalog Konstanz 1992.

 

Bettina Baumgärtel, Künstlerinnen am Bodensee im 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts: Angelika Kauffmann (1741-1807) und Marie Ellenrieder (1791-1863), in: Leben am See. Das Jahrbuch des Bodenseekreises, Bd. X, 1992/1993, S. 164-171.

 

Gerlinde Brandenburger-Eisele, Malerinnen in Karlsruhe 1715-1918, in: Karlsruher Frauen 1715-1945. Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs, Bd. 15, 1992, S. 257-267.

 

Erwerbungen der Städtischen Galerie im Prinz-Max-Palais Karlsruhe 1981 bis 1991. Hrsg. Stadt Karlsruhe, 1992.

S. 199 Marie Ellenrieder.

 

Karin Stober, »… UND HAT ALS WEIB UNGLAUBLICHES TALENT.« in: Konstanzer Almanach, XXXIX. Jg., 1993, S. 49-53, Konstanz 1992.

 

1993

Jutta Dresch und Wilfried Rößling (Hrsg.), Bilder im Zirkel: 175 Jahre Badischer Kunstverein Karlsruhe, Ausstellung im Badischen Kunstverein Karlsruhe 1993. Karlsruhe 1993.

 

Gerlinde Brandenburger-Eisele, Marie Ellenrieder (1791-1863), Blick in die Geschichte. Karlsruher stadthistorische Beiträge (Beilage zum Amtsblatt der Stadt Karlsruhe), 1993, Nr. 18 vom 19. März, S. 1.

 

Christina Klausmann, »... und hat als Weib unglaubliches Talent«. Ausstellungskatalog über Angelika Kauffmann und Marie Ellenrieder, hg. v. Städtische Museen Konstanz. Rezension in: Feministische Studien: Die nebensächliche Frau, 11. Jahrgang, Mai 1993, Heft Nr. 1, Verlag: Deutscher Studien Verlag.

 

Bettina Baumgärtel (Hrsg.), ... ihr werten Frauenzimmer, auf! Malerinnen der Aufklärung, Katalog zur Ausstellung im Bremer Roselius-Haus vom 27.11.1993 bis 09.01.1994. Bremen 1993.

 

1995

Bettina Baumgärtel, Wider die namenlose Genialität, in: Malerinnen in der Aufklärung, Frankfurt 1995, S. 362-371.

 

Gerlinde Brandenburger-Eisele, Von Hofmalerinnen und Malweibern. Karlsruher Künstlerinnen im 19. Jahrhundert, in: Frauen im Aufbruch? Städtische Galerie Karlsruhe 1995, S. 129-149.

 

1998

Regula Malin, Marie (Maria) Ellenrieder, Biografisches Lexikon der Schweizer Kunst, Bd. 1, Zürich 1998, S. 297.

 

Bärbel Kovalevski, Randerscheinungen? Deutsche Malerinnen in der Zeit des Dürer-Jubiläums von 1828, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 1998, S. 65-71.

 

1999

Elisabeth von Gleichenstein, Marie Ellenrieder 1791-1863, in: Baden-Württembergische Portraits. Frauengestalten aus fünf Jahrhunderten. Herausgegeben von E. Noelle-Neumann. Stuttgart 1999, S. 98-109.

 

Bärbel Kovalevski (Hrsg.), Zwischen Ideal und Wirklichkeit: Künstlerinnen der Goethe-Zeit zwischen 1750 und 1850, Ausstellung des Rosgartenmuseums Konstanz zum 250. Geburtstag von Johann Wolfgang von Goethe. 28. August bis 24. Oktober 1999. Ostfildern-Ruit 1999.

 

2000

Christoph Michel, Ein Tagebuch der Marie Ellenrieder, in: Frauenstimmen, Frauenrollen in der Oper und Frauen-Selbstzeugnisse. Herausgegeben von G. Busch-Salmen. Herbolzheim 2000, S. 168-180.

 

Sebastian Bock, Bestandskataloge der weltlichen Ortsstiftungen der Stadt Freiburg i. Br., Band IV, Die Gemälde: Spätmittelalter - Anfang 20. Jahrhundert, Rostock 2000.

S. 151, Nr. 96, Portrait eines älteren Mannes, Marie Ellenrieder. / pinx. 1818.

 

2002

Edwin Fecker, Die Druckgraphik der badischen Hofmalerin Marie Ellenrieder (1791-1863), Edition Winterberg, Heidelberg 2002

 

Klaus G. Saur, Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Bd. 33, S. 290-292, München, Leipzig 2002.

 

Irene Joekel,  Die Malerin Marie Ellenrieder, in: 1877-2002 Ellenrieder Gymnasium Konstanz. 125 Jahre Ellenrieder Gymnasium 2002, S. 65-70. Konstanz 2002.

 

2003

Elke Linda Buchholz, Künstlerinnen. Von der Renaissance bis heute, Prestel, München 2003.

 

2004

Seitz, A.: Marie Ellenrieder (1791-1863) badische Hofmalerin vom Bodensee, in: Schwäbinnen und Badnerinnen. Mühlacker 2004, S. 23-24.

 

Fredy Meyer, Auf Schritt und Tritt. Burgen, Höhlen und heilige Orte am Bodensee, Band 124 der Hegau-Bibliothek. Stockach 2004, 207 S.

 

2005

Brigitte Elsner-Heller, Jungbrunnen für Marie Ellenrieder. Altarbild der Dreifaltigkeitskirche wurde mit Spenden restauriert, in: Konstanzer Almanach, 51. Jg., S. 56-57, Konstanz 2005.

 

Jochen Schmidt-Liebich, Lexikon der Künstlerinnen 1700-1900 : Deutschland, Österreich, Schweiz, Saur, München 2005, 547 S.

S. 120-124 Artikel über Marie Ellenrieder.

 

2006

Ingrid Maisch, Weibliches Zartgefühl oder allgemeiner Zeitgeschmack? Zu zwei Altarbildern der Malerin Marie Ellenrieder, in: Variationen des Christseins – Wege durch die Kirchengeschichte, herausgegeben von R. Wunderlich u. B. Feininger, Verlag P. Lang, Frankfurt a. M. 2006, S. 325-350.

 

Katharina Büttner, Marie Ellenrieder (1791-1863). Bildfindungen einer badischen Nazarenerin, in: Kunst und Architektur in Karlsruhe. Festschrift für Norbert Schneider, herausgegeben von K. Büttner u. M. Papenbrock, Universitätsverlag Karlsruhe, S. 45-58.

 

2008

Meike Hopp, »Mehr rezeptiv als produktiv«? Frauen an der Akademie der Bildenden Künste München von 1813-1945.- in: 200 Jahre Akademie der Bildenden Künste München, herausgegeben von N. Gerhart, W. Grasskamp u. F. Matzner, Hirmer Verlag München 2008, S. 66-75.

 

Bärbel Kovalevski, Marie Ellenrieder 1791-1863, Verlag Dr. Bärbel Kovalevski, Berlin 2008.

 

2010

Barbara Stark, Lehrreich, erbauend und unterhaltend. Ignaz Heinrich von Wessenbergs Gemäldesammlung. Ihre Struktur und Geschichte, in: Ignaz Heinrich von Wessenberg. 1774 – 1860 Kirchenfürst und Kunstfreund. Katalog zur Ausstellung in der Wessenberg-Galerie Konstanz 2010, S. 21-34.

 

Katharina Büttner, Vor der Fassade von „Schutzgeist“ und „Kunstgenius“ Ignaz Heinrich von Wessenberg und die Künstlerin Marie Ellenrieder – Essay einer Spurensuche, in: Ignaz Heinrich von Wessenberg. 1774 – 1860 Kirchenfürst und Kunstfreund. Katalog zur Ausstellung in der Wessenberg-Galerie Konstanz 2010, S. 109-118.

 

Claudia Pohl, Marie Ellenrieder Malerin 1791-1863, in: Lebensbilder aus Baden-Württemberg, herausgegeben von G. Taddey und R. Brüning, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2010, Band 23, S. 148-175.

 

2012

Sarah-Lena Schuster, Marie Ellenrieder (1791-1863). Die Dreizehnte im Bunde, in: Die Eroberung der Wand. Nazarenerfresken im Blick der Gegenwart. Katalog zur Ausstellung im Arp Museum Bahnhof Rolandseck 2012, S. 144-148.

 

2013

Tobias Engelsing und Barbara Stark, „Ich gehe stets meinen Weg" Sonderausstellung zum 150. Todestag von Marie Ellenrieder, in: Konstanzer Almanach 2013, Verlag Stadler, Konstanz, 59. Jg., 2013, S. 56-58.

 

Tobias Engelsing, Ich gehe stets meinen Weg und bin immer so fleißig wie möglich, in: Einfach himmlisch! Die Malerin Marie Ellenrieder 1791-1863, hrsg. von Tobias Engelsing und Barbara Stark, Ausst.-Kat. Rosgartenmuseum Konstanz und Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz 2013, Stuttgart 2013, S. 12-67.

 

Katharina Büttner-Kirschner, Nichts thun wäre meine Lust, Schwärmen meine Seligkeit, in: Einfach himmlisch! Die Malerin Marie Ellenrieder 1791-1863, hrsg. von Tobias Engelsing und Barbara Stark, Ausst.-Kat. Rosgartenmuseum Konstanz und Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz 2013, Stuttgart 2013, S. 69-81.

 

Bärbel Kovalevski, Liebe Freundin – was meinst Du dazu? in: Einfach himmlisch! Die Malerin Marie Ellenrieder 1791-1863, hrsg. von Tobias Engelsing und Barbara Stark, Ausst.-Kat. Rosgartenmuseum Konstanz und Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz 2013, Stuttgart 2013, S. 101-111.

 

Barbara Stark, Die Altar- und religiösen Wandbilder von Marie Ellenrieder, in: Einfach himmlisch! Die Malerin Marie Ellenrieder 1791-1863, hrsg. von Tobias Engelsing und Barbara Stark, Ausst.-Kat. Rosgartenmuseum Konstanz und Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz 2013, Stuttgart 2013, S. 113-135.

 

Edwin Fecker, Vervielfältigungen nach Werken von Marie Ellenrieder, in: Einfach himmlisch! Die Malerin Marie Ellenrieder 1791-1863, hrsg. von Tobias Engelsing und Barbara Stark, Ausst.-Kat. Rosgartenmuseum Konstanz und Städtische Wessenberg-Galerie Konstanz 2013, Stuttgart 2013, S. 137-157.

 

Edwin Fecker, Die Altargemälde von Marie Ellenrieder in der Pfarrkirche von Ortenberg, in: Die Ortenau. Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden, Bd. 93, 2013, S. 391-402.

http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013

 

2014

Edwin Fecker (Hrsg.), Marie Ellenrieder : Der schriftliche Nachlass, Maulburg 2014, 622 S.

www.edwin-fecker.de/ellenrieder.htm

 

2017

Natalie Gutgesell, Die Werke der Malerin Marie Ellenrieder in der Sammlung der Herzogin Alexandrine von Sachsen-Coburg und Gotha, in: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung, Coburg 2017, Bd. 61,  S. 169-196.

 

2018

Danica Elena Kuzmits, Die Ausbildungsmöglichkeiten für Künstlerinnen aus Deutschland um 1800 in Europa, Masterarbeit Universität Graz 2018, 134 S.

https://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/download/pdf/2581687?originalFilename=true

 

2019

Annina Brida, Ein Leben in Bildnissen. Marie Ellenrieders Portraitmalerei, Masterarbeit Universität Wien 2019, 141 S.

 

2020

Astrid Reuter, „ … und habe für die Zukunft mehr zu erwarten“ – Marie Ellenrieder und ihre Stellung als Hofmalerin in Baden, in: Wolf Eiermann, Talent kennt kein Geschlecht, Ausstellungskatalog Museum Schäfer, Schweinfurt 16. Februar bis 10. Mai 2020, S. 22-29.

 

Barbara Stark, Marie Ellenrieder, in: Janine Mackenroth und Bianca Kennedy (Hrsg.), I Love Women in Art, München 2020, S. 62.

 

2021

F. Carlo Schmid, Angelika Kauffmann, Marie Ellenrieder und die Druckgrafik, in: Librarium, Zeitschrift der schweizerischen Bibliophilen Gesellschaft, 64. Jahr, Heft II, 2021, S. 16-27.

 

2023

Edwin Fecker und Barbara Stark (Hrsg.), Ellenrieder-Werkverzeichnis, Konstanz 2023, http://dx.doi.org/10.57962/regionalia-21227

 

2023

Edwin Fecker und Annika Stello, Neu entdeckt: eine unbekannte Zeichnung der Künstlerin Marie Ellenrieder, BLBlog 2023-05-02,

https://doi.org/10.58019/e1jt-qx61

 

 

 

 

Anhang 3

Lebenslauf der Künstlerin

verfasst von Gebhard Gagg1

 

Maria Ellenrieder.

Großh: bad. Hofmalerin.

 

M. Ellenrieder war geboren am 20 März 1791 als Tochter eines Konstanzer Uhrmachers, sie starb in ihrer Vaterstadt am 5 Juni 1863, erreichte hiermit ein Alter von 72. Jahren. Schon frühe zeigte sich bei dem Mädchen ein hervorragendes Talent für zeichnende Kunst, bei phantasiereichem Geiste. Den ersten Unterricht im zeichnen und malen erhielt Marie von einem Miniaturmaler namens Einsle, der nach der damaligen Zeit der Mode das Portrait in Zierlichkeit, Kleinheit und Feinheit pflegte. Zu ihrer eigenen Weiterbildung fertigte das strebsame Mädchen Portraits in Kreide, Pastell und Oel, kopierte Stiche und Lithographien. Zwei erkennbare Kräfte trieben mit Marie ihr Spiel: ein bedeutendes malerisches und zeichnerisches Können, das die Dinge dieser Welt klar zu erfassen und darzustellen vermochte, und eine tiefe Frömmigkeit, die von dieser Welt weg sich nach himmlischem sehnte.

 

Die fromme, hingebende Innigkeit ihrer Arbeiten erregte die Aufmerksamkeit des damaligen Generalvikars des Bistums Konstanz Ignaz Heinrich von Wessenberg. Wessenberg brachte der Kunst, besonders der Malerei großes Interesse entgegen, er hatte bei seinen Berufsreisen öfters Gelegenheit öffentliche Kunstsammlungen zu studieren und bei solchen Anlässen auch manches Schätzenswerte zu eigenem Besitze zu erwerben. So lag es ihm in Konstanz nahe, ein, in bescheidener Verborgenheit erblühendes künstlerisches Talent zu unterstützen. M. Ellenrieder verdankt seinem empfehlenden Beistande, daß sie die Malerakademie in München besuchen durfte, welche soeben eine durchgreifende Erneuerung erfahren hatte.

 

Mit dem Besuche der Münchner Akademie im Jahr 1813 eröffnete sich für Marie eine neue Richtung ihres Schaffens. Das Studium der Antike war es hauptsächlich, welches sie unter Leitung des damaligen Direktors Johann Peter Langer beschäftigte. Im schroffen Gegensatz zu ihren Miniaturbildchen zeichnete sie in großen, kräftigen Zügen mit Kreide und Stift die bedeutendsten Meisterwerke der Bildhauerkunst des klassischen Altertums, nebenbei malte sie Portraits in Oel und Pastell, studierte Rubens, Rembrandt, die französische, und englische Schule, ihr Pinselstrich, so wie die Technik wurden kräftig, dunkeltonig ihr Farbenauftrag, ihre künstlerische Entwicklung bekundete ein erstaunlich rasches Tempo, Marie war im Vollbesitze ihres Könnens, sie stand damals Ende der zwanziger Jahre in jugendlicher Frische und Kraft, die zeigte sich an allen ihren zu jener Zeit gefertigten Arbeiten. Die Künstlerin versuchte sich auch zu gleicher Zeit mit großem Erfolge in der Radierkunst. Mehr und mehr regte sich bei der jugendlichen Malerin ein Drang nach größerer Unabhängigkeit und eine unwiderstehliche Sehnsucht nach dem Paradiese der Kunst – nach Italien. In ihrem ganzen innersten Wesen ward sie bestrebt sich der religiös-künstlerischen Ideenwelt zu unterwerfen.

 

Wiederum mit warmen Empfehlungen ihres Protektors von Wessenberg kam Marie 1822 nach Rom, wo sie bis 1825 verblieb. Im Künstlerverein, unter der Bezeichnung „Nazarener“ schloss sich Ellenrieder eng an Overbeck, Schadow, Cornelius, Veit und Schnorr u. a. an, in der Richtung, eine gründliche Wiedererhebung und Wiederbelebung der deutschen Kunst auf der Basis der Religion zu pflegen und insbesondere auch zu propagieren. Die Overbecksche Schule wirkte mit bestimmendem Einflusse auf Maries künstlerisch religiöse Entwicklung. Vornehme Ruhe der Composition, Korrektheit der Zeichnung, sowie Feinheit und Wärme des Kolorites verdankte sie ihrem unablässigen Studium in den reichen römischen Galerien. Eine lebensgroße Madonna entstand 1824 und verschaffte der Künstlerin einen weitren breiteren Ruf. Unschwer war an dieser Arbeit der Einfluss der Rafaelschen Madonna di Foligno zu erkennen. Im Jahr 1825 kehrte M. Ellenrieder wieder nach Konstanz zurück, sie wurde zur Hofmalerin ernannt. In den folgenden Jahren entstanden größere Schöpfungen der Künstlerin, eine Madonna, den Christusknaben in die Welt einführend, ein Altarbild nach Ichenheim, nach Schloss Ortenberg, ein Altarbild die Steinigung des Stephanus mit 20 Figuren, ein Altarbild nach Karlsruhe, Evangelist Johannes, das Altarbild der göttliche Kinderfreund, der Spitalkirche zu Konstanz als Geschenk vermacht. Im Jahr 1838 sieben und vierzig Jahr alt unternahm M. Ellenrieder nochmals eine Reise nach Rom um Studien zu malen. Im Jahre 1840 kehrte sie nach ihrer Vaterstadt zurück und konnte noch 26 Jahre hindurch ihre schöne Kunst in stets neuer Schaffensfreude und bewundernswerter Rüstigkeit obliegen. In allen ihren Bildern, welche sie in ihren späteren Jahren gemalt hatte, war deutlich ein Erblassen des Lebens zu erkennen, nur die fromme Empfindung blieb ihrer Kunst noch eigen, die Seeligkeit kindlichen Glaubens und die Reinheit eines sanften Herzens. In gelegentlichen Kleinigkeiten lebte zuweilen wieder ein Funke frischen Lebens auf, doch versagte das Gedächtnis an ihre italienischen Jahre. Die schöne Stilempfindung und ein gewisser Reiz der zarten Färbung behielt sie aber bis zuletzt.

 

Marie Ellenrieder war eine jener seltenen Frauen, welche die Reinheit des Herzens, der Adel des tiefsten Seelenfriedens und die kindlich gläubige Eingebung an ihre religiöse Überzeugung so recht für die Richtung ihrer frommen Kunst bestimmt hatten. Umweht von einer Atmosphäre der Reinheit und Jungfräulichkeit, wie sie wohl selten uns entgegentritt, machte auf jeden dem Gelegenheit geboten war mit der Künstlerin in näheren Verkehr treten zu dürfen und sie in ihrem Atelier zu besuchen, den Eindruck der echten Beseligung, des tiefsten inneren Friedens, einer mit edlem Stolze gegen alles Unreine gewaffneten und doch demütigen Natur. Dieser keusche Adel, die tiefe, fromme, kindlich gläubige Hingebung an das Unendliche, das Ahnungs- und Weihevolle sind denn auch das wertvollste Element ihrer Produktionen. Schließlich klingt ihr Leben in einen Seufzer einer himmelwärts gewandten Seele aus, welche für ihre Kunst zu einer bildhaften Umschreibung geworden ist.

 

Zum Leichenbegräbnis

der großh: Hofmalerin Maria Ellenrieder

Am 5 Juni 1863.

 

Mittags um die dritte Stunde verkündete die große Glocke vom Münster herab, daß die irdische Hülle der M. Ellenrieder, Bürgerin der Stadt Konstanz, zur Ruhe bestattet wird. Der mit Blumen und Kränzen reich verzierte Sarg wurde von 14 Studenten des hiesigen Gymnasiums getragen. Es folgten hierauf schwarz gekleidete Jungfrauen mit Blumengewinden. Im Auftrage des Großherzogs waren der Amtsvorstand, die staatlichen und städtischen Behörden vertreten, in zahlreicher Begleitung die Geistlichkeit, Lehrer und Schulen, das Militär, Marine und Corporationen schlossen sich dem Zuge an. Die Großherzogin sandte einen Kranz. Eine ergreifende Andacht durchwehte den Zug als er durch die Hauptstraßen der Stadt nach dem Friedhof sich bewegte.

 

Am Grabe sang der Verein Bodan. Der Geistliche hob in ergreifenden Worten die tiefe, aus innerster Überzeugung entsprossene, kindliche Unschuld, Mildtätigkeit, Arbeitsamkeit und das künstlerische Talent der Verblichenen hervor.

 

Sie war geboren am 20 März 1791.

 

Requiesca in Pace.

 

 

Ehrengrab der Künstlerin auf dem Hauptfriedhof in Konstanz

 

Die Wessenberggalerie in Konstanz besitzt gezeichnete Kartons, Portraits in Kreide, Pastell und Oel, das „goldene Buch“, eine Sammlung Aquarelle aus dem Leben und Leiden Christi, in hochfeiner Ausführung. Das städtische Museum hat ein Ellenriederzimmer eingerichtet mit Arbeiten der Malerin, auch die letzte Arbeit der Künstlerin, eine unvollendete Madonna ehrt das Andenken an die Künstlerin. In Privatbesitz befinden sich außer in der Verwandtschaft und allernächsten Bekanntenkreisen keine Werke der Malerin.

 

Die Leistungen der Malerin lassen sich in drei Perioden, in ziemlich merklichen Abstufungen zusammenstellen.

 

Als erste Periode, im Elternhause, die Miniaturerzeugnisse, Copien nach Stichen und Lithographien, in peinlicher strichmanier Ausführung.

 

Als zweite Periode, die Arbeiten während der Studienzeit auf der Akademie in München. Das Studium der Antike mit kräftigem Ausdrucke und tiefer Farbe.

 

Als dritte Periode, die Einflüsse der italienischen alten Meister in Rom, daran anschließend die Pastellbilder mit süßlicher, ausartender Manieriertheit, welche Technik, wie bereits erwähnt, ihrer schwärmerischen Sanftmut und Milde entströmten und sich bis zu ihrem Tote steigerten.

 

G. Gagg, Konstanz

 

1 Gebhard Gagg (1838-1921), Maler und Zeichenlehrer am Gymnasium in Konstanz

 

 

Stand: 13. Januar 2024